Schritt für Schritt zur Kosteneinsparung mit neuem Datenbestand, Teil 1

Aufbau eines Systems zur Grünflächeninformation

von:
Grünflächenmanagement
Wechselwirkungen zu anderen Systemen. Abbildung: Datenbankgesellschaft

Die Grundlage der Erarbeitung von kommunalspezifischen Kennzahlen zur Instandhaltung von Freiraumbestandteilen im Rahmen einer modernen Betriebsführung ist der Aufbau eines digitalen Grünflächen- und Infrastrukturinformationssystems. Der Artikel erläutert die einzelnen Schritte zum Aufbau und die Notwendigkeiten zur langfristigen Absicherung dieser Investition.

Das System muss vielen Ansprüchen gerecht werden, nach der Inbetriebnahme permanent mit aktuellen Daten versorgt werden und auf individuelle Anforderungen reagieren können. In der Abbildung 1 werden mögliche Wechselwirkungen und Informationsströme mit anderen digitalen Systemen dargestellt. Durch die vielen Wünsche aus den unterschiedlichen Bereichen kann es schnell zu einer Überfrachtung des Systems kommen, so dass die Bearbeitung der vielfältigen Anforderungen gut organisiert werden muss. Der Systemaufbau beginnt mit der Initiierung einer Arbeitsgruppe, die vom Kick-off bis zur produktiven Nutzung des Gesamtsystems eine permanente, fachlich fundierte Begleitung des Projektes garantiert. Zu speziellen Themen, wie zum Beispiel der Vorbereitung der Luftbildbefliegung oder Prozessanalyse der Freiraumbewirtschaftung, ist es empfehlenswert Experten einzubinden.

Das Primärziel ist die Darstellung aller Freiraumbestandteile in Form eines Mengengerüstes sowie deren räumliche Ausprägung. Der Fachkundige spricht hier von Sach- und Geodaten. Sowohl die Sach- als auch die Geodaten werden in Datenbanken auf einem zentralen EDV-System gespeichert. Die Sachdaten werden von Kataster- und Betriebssteuerungssystemen als Auskunftssystem und für betriebswirtschaftliche Aspekte genutzt. Die Geodaten werden in grafischen Informationssystemen (GIS) verarbeitet und dienen der Aufbereitung thematischer Karten oder als Navigationshilfe.

Erster Prozessschritt - Spezifikation des Gesamtsystems

Im ersten Prozessschritt müssen die Nutzeransprüche und Erfassungsbereiche des zukünftigen Informationssystems definiert werden. Von ihnen hängen im Wesentlichen der Detailierungsgrad der zu erfassenden Freiraum- und Infrastrukturelemente und somit der Erfassungsaufwand und die Folgekosten ab. Nennenswerte Beispiele sind:

  • Objektgrenzen
  • Bewirtschaftungseinheiten
  • Nutzungsarten, Schutzzonen
  • Instandhaltungsthemen
  • Sicherheitsrelevante Themen
  • Räumliche Ausprägungen von Bäumen
  • Entwässerungsanlagen
  • Reinigungs- und Winterdienst-Areale

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Strukturaufbau OK FREI. Abbildung: Datenbankgesellschaft
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Signatur-Mosaik SK FREI. Abbildung: Datenbankgesellschaft
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Abbildung: Datenbankgesellschaft

Eine eindeutige Nomenklatur des Flächeninhaltsschlüssels ist die Basis für eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit. Die DIN 276-1 in Verbindung mit dem Objektartenkatalog Freianlagen (OK FREI) Abbildung 2 bietet eine geeignete Nomenklatur. In der Kostengruppe 500 sind die Außenanlagen grob in Flächenarten strukturiert. Auf dieser Grundlage basiert der im Regelwerk "Empfehlungen für die Planung, Vergabe und Durchführung von Leistungen für das Management von Freianlagen" der FLL veröffentlichte Objektarten- und Signaturenkatalog (Abb. 3) für Freianlagen. Er bietet eine gute Grundlage zur Strukturierung der grünen Infrastruktur und ermöglicht verschiedene Detailierungsgrade. Der OK FREI kann bei Bedarf inhaltlich erweitert werden. Die erweiterte Struktur der Formhecke 574.42.0 um Formhecke <ein Meter 574.42.1 und Formhecke > ein Meter 574.42.2 ist in (Abb. 4) beispielhaft dargestellt.

In den Abbildungen 5-8 sind drei Detaillierungsgrade an einem Beispielobjekt dargestellt. Abbildung 6 zeigt unter anderem in einen minimalen Erfassungsgrad dunkelgrün eingefärbt Sträucher als homogene Fläche an. Im mittleren Detailgrad (Abb. 7) sind bereits Strauchflächen, bodendeckende Sträucher und Solitärsträucher zu erkennen. Im höchsten Detailgrad (Abb. 8) sind die einzelnen Sträucher <ein Meter und > ein Meter sowie Rhododendren aufgelöst. Für den höchsten Detailgrad in diesem Beispiel benötigt eine Fachkraft die siebenfache Zeit gegenüber dem minimalen Detailgrad für die Erfassung der Sach- und Geodaten. Die Betonung liegt hier auf Fachkraft mit Kenntnissen in der Pflanzenkunde, im Garten- und Landschaftsbau und beim Umgang mit Digitalisierungswerkzeugen. Das Gesamtsystem soll eine möglichst flache übersichtliche Objektstruktur besitzen. Verschachtelte Systeme wie etwa "eine Parkanlage mit einer integrierten Sportanlage, auf dem sich ein Spielplatz befindet", sind zu vermeiden. Unterschiedliche Objektarten sollte man, wie in diesem Beispiel, immer als einzelne Objekte in einer Ebene unter einer Bewirtschaftungseinheit zusammenfassen. Damit erspart man sich spätere aufwendige Umstrukturierungen, wenn sich Nutzungsarten oder Eigentümer ändern.

Zweiter Prozessschritt - Erfassung der Sach- und Geodaten

Mit der klaren Vorgabe der benötigten Flächenbestandteile und den zu erfassenden Standorten kann die Ersterfassung der Objekte beginnen. Aus Kosten- und Zeitgründen ist eine Auswertung von aktuellen Luftbildern empfehlenswert. Luftbilder werden unter anderem von den Landesvermessungsämtern in regelmäßigen Abständen als Ergebnis einer digitalen Luftbildbefliegung angeboten. Möchte man selbst eine digitale Befliegung beauftragen, so bietet die DIN 18740 1-4 die notwendigen technischen Rahmenbedingungen für eine Ausschreibung. Die Erstellung eines 50 Quadratkilometer großen georeferenzierten Luftbildes mittels Befliegung kostet je nach Anbieter und Qualität ca. 20.000 Euro. Aus einem georeferenzierten Luftbild mit einer optischen Pixelgröße von fünf Zentimeter am Boden und einer Befliegung Anfang April können rund 70 Prozent der Flächenbestandteile im Büro von Fachkräften vordigitalisiert werden. Dazu werden die Objektumringe auf das Luftbild gelegt und mit geeigneten Digitalisierungswerkzeugen, zum Beispiel QGIS (kostenfreies grafisches Informations- und Digitalisierungssystem), beginnt die Erfassung der Flächen-, Linien- und Punktelemente innerhalb der Objektgrenzen (Abb.9-11). Bei der Erfassung von Straßen- und Straßenbegleitgrün können bereits durch Videobefahrung hervorragende Sach- und Geodaten erzeugt und in die Vordigitalisierung mit eingebunden werden. In einem nächsten Schritt erfolgt die Objektbegehung, bei der die fehlenden, auf dem Luftbild verdeckten Elemente erfasst werden. Diese Arbeiten erfolgen mit Hilfe von Digitalisier-Tablets, durch Fotodokumentation oder auf vorbereiteten Ausdrucken vor Ort auf den zu erfassenden Objekten. Die Nachdigitalisierung und die Einarbeitung von Korrekturen erfolgen dann wieder im Büro, sodass im Ergebnis das Mengengerüst und das Kartenmaterial vervollständigt werden. Der Prozessschritt endet mit der Übergabe der Sach- und Geodaten an die Fachabteilung. Professionelle GRIS bieten die Möglichkeit einer gleichzeitigen interaktiven Darstellung der Sachdaten in verschiedenen Grafischen Informationssystemen wie QGIS, ArcGIS, Geomedia oder MapInfo an. Damit werden Unabhängigkeit und höhere Flexibilität in den verschiedenen Fachämtern in Bezug zum grafischen Informationssystem ermöglicht. Mögliche Softwaresysteme werden an dieser Stelle nicht betrachtet.

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Objektdetail Servicelevel 1. Foto: Datenbankgesellschaft
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Hoher Erfassungsaufwand. Abbildung: Datenbankgesellschaft
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Mittlerer Erfassungsaufwand. Abbildung: Datenbankgesellschaft
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Minimaler Erfassungsaufwand. Abbildung: Datenbankgesellschaft

Dritter Prozessschritt - Optimierung für fachliche Fragestellungen

Im nächsten Schritt werden die Daten für die betriebswirtschaftlichen Folgeprozesse bearbeitet. Dazu gehören die Zuordnung der Objekte oder Teilflächen zu den definierten Qualitätsstandards sowie die Einstufungen des Instandhaltungsaufwandes einzelner Freiraumbestandteile. Qualitätsstandards können in Form von Servicelevels hier beispielhaft in drei Stufen definiert werden.

Servicelevel 1

Hochwertige, intensive Instandhaltung, mit welcher neben einer profilgerechten Pflege auch einem hohen Anspruch an Ästhetik nachgekommen wird. Diese Stufe entspricht einer sogenannten Best-Practice.

Servicelevel 2

Normale, gute, fachgerechte gärtnerische Pflege, die den Standard abbildet und damit einer Good-Practice entspricht.

Servicelevel 3

Extensive, minimale Pflege, die dem Erhalt des Materials/Pflanze oder dessen Zielzustandes dient. Die Stufe ist mit einer Minimal-Practice gleichzusetzen.

Eine zusätzliche Bebilderung von gewünschten Instandhaltungsqualitäten verbessert die Kommunikation der Beteiligten. Mit dem FLL-Bildkatalog BK FREI wurde eine Standardisierung für die output-orientierte Instandhaltung von Freiräumen als Qualitätssicherungselement geschaffen. Des Weiteren können objektspezifische Informationen für die Verwaltung des Anlagevermögens (Wertminderung, Anschaffungs- und Herstellungskosten etc.) sowie Dokumente und Instandhaltungsanleitungen für die technischen Einbauten hinterlegt werden. Teilbereiche der Objekte können spezifischen Themen wie zum Beispiel Reinigung inklusive Nutzungsdruck, Produktzuordnungen, Kostenstellenzuordnungen, Feuerwehrzufahrtsbereiche, Versieglungsbereiche, Laubentsorgung zugeordnet werden und stehen für fachübergreifende Auswertungen und Nutzungen zur Verfügung. Statistische Fragestellungen werden mit zusätzlich zu hinterlegenden Informationen zur kleinräumigen Gliederung, Zuordnung zu Wahlkreisen oder Einzugsgebieten von Nutzergruppen beantwortet. Ein spezieller Bereich sollte den Ergebnissen und Meldungen der durchzuführenden Verkehrssicherheitskontrollen vorbehalten bleiben, um den versicherungstechnischen Anforderungen genüge zu tragen. Sollen mit dem System Lebenszykluskosten berechnet werden, so sind die kostentreibenden (Hanglagen) und kostenmindernde Faktoren (große Anlage) pro Objekt festzulegen. Somit ergeben sich für unterschiedliche Nutzergruppen Informationsquellen, die die tägliche Arbeit unterstützen und das GRIS als Auskunftssystem attraktiv machen und somit die Investition gerechtfertigten.

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Luftbild mit ALK. Abbildung: Datenbankgesellschaft
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Luftbild mit Vordigitalisierung. Abbildung: Datenbankgesellschaft
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Fertiggestellte Karte nach OK FREI. Abbildung: Datenbankgesellschaft

Vierter Prozessschritt - Fortführung

Schon bei der Übergabe der Sach- und Geodaten muss mit der Fortführung und Qualitätssicherung begonnen werden. Das GRIS ist ein dynamisches System, das einer permanenten Veränderung unterliegt. Bereits im ersten Prozessschritt sollte geklärt worden sein, wie die Fortführung des Systems erfolgt. Die damit beauftragten Personen müssen alle Prozessschritte aktiv begleiten und durch gutes Coaching bereits mit der Datenübergabe bestens vorbereitet und mit allen Inhalten vertraut sein. Nur ein aktuelles Grünflächen- und Infrastruktursystem kann für die beteiligten Fachbereiche den gewünschten Nutzen bringen. Werden Objekte neu bebaut oder Bestandsflächen überplant, so sind bereits in der Ausschreibungsphase die gewünschten Übergabeformate nach DIN 276 OK-FREI zu integrieren, sodass mit nur geringem Aufwand die Sach- und Geodaten aus den Planungsunterlagen in digitaler Form in das GRIS zu importieren sind.

Zusammenfassung

Das Grünflächen- und Infrastruktursystem ist für alle Nutzer ein wertvoller Datenbestand, der Informationen für die täglichen Arbeitsprozesse in der Verwaltung beinhaltet, die Arbeits-vorbereitung bei der Instandhaltung der Freiräume erleichtert und eine nachweisliche Budgetplanung für die Qualitätssicherung ermöglicht. Die FLL-Werkzeuge (OK FREI, SK FREI und BK FREI) bilden gleichzeitig auch die Grundlage zum Aufbau von Handbüchern zur guten und fachgerechten Entwicklung und Unterhaltung von Freiräumen. Ein Grün- und Infrastruktursystems muss nach seiner Erstellung permanent aktualisiert werden. Die Weiterführung muss deshalb bereits in der Planungsphase personell abgesichert werden.

Dipl.-Ing. Ralf Semmler
Autor

Geschäftsführender Gesellschafter der d.b.g. Datenbankgesellschaft mbH

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