Symposium zur Klanggestaltung in der Stadt

"Choreography of Sound" bei den ARD-Hörspieltagen

Stadtentwicklung
Diskussionsrunde mit Referenten (unter anderem mit dem Künstler Timo Seghal ganz rechts). Foto: SWR/Peter A. Schmidt

Klanggestaltung in der Stadt: Aufwertung oder Manipulierung des öffentlichen Raumes? Zwischen Lärmbekämpfung, Wahrnehmungssensibilisierung und Sound Design bewegten sich die anregenden Beiträge des Symposiums "Choreography of Sound", die am dritten Tag unter dem Titel "Ausweitung der Hörzone" den Klängen öffentlicher Räume gewidmet waren. Das Symposium (5.11.-7.11.2013) trug der Tendenz Rechnung, dass das Auditive als Gestaltungsmedium die Nische des Radios längst verlassen hat. Hörspiel- und Theatermacher nutzen genauso wie Bildende Künstler Geräusche, Klänge und Stimmen, um die Stadt zur Bühne und zum Gegenstand der Gestaltung zu machen.

Nachdem sich die Beiträge zunächst allgemein dem Akustischen als Entwurfsmaterial gewidmet hatten, wurde es am dritten Tag für Landschaftsarchitekten und Stadtplaner besonders interessant. Das einleitende Statement des Kulturwissenschaftlers Thomas Macho betonte die historische Wandelbarkeit nicht nur der städtischen Geräusche, sondern auch der Art und Weise, wie die Menschen diese hören. Das Klangbild jeder Großstadt hat sich in den vergangenen 200 Jahren schon allein durch den Verkehr grundlegend verändert. Ob es bis heute immer lauter geworden ist, wie lärmgeplagte Stadtbewohner häufig meinen, stellte die Theaterwissenschaftlerin Doris Kolesch infrage.

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Stadtentwicklung
Vortrag des Sounddesigners Julian Treasure. Foto: SWR/Peter A. Schmidt

An unseren Hörklischees rüttelte auch der Vortrag des britischen Klangkünstlers Peter Cusack, der in den vergangenen Jahren mit seinem Langzeitprojekt "Favourite Sounds" Aufmerksamkeit erregte. 1998 in London begonnen, über Chicago, Peking und Berlin, hat Cusack mittlerweile in zahlreichen Städten weltweit die Bevölkerung dazu aufgerufen, ihm die Lieblingsklänge ihrer Stadt zu beschreiben. Cusack zog aus dem Projekt unter anderem die Erkenntnis, dass die Klänge, die man üblicherweise mit einer Stadt verbinde und auch touristisch vermarkte, wie etwa die Glockentöne des Big Ben in London, fast nie mit den Lieblingsklängen der Bewohner übereinstimmten. Diese zeichneten ein sehr viel differenzierteres Klangbild ihrer Stadt: etwa die Ansage "mind the gap" in der Londoner U-Bahn oder das Geräusch der Füchse, die nächtens die Großstadt London durchstreifen und den Bewohner daran erinnern, dass es auch mitten in der Stadt noch Natur gibt. Cusack plädierte für ein genaueres Hinhören auf die Klänge unsere Städte. Dann erst sei eine öffentliche Debatte darüber möglich, welche Geräusche wir als charakteristisch erhalten wollen und was wir dem Wandel preisgeben.

Die Klangkünstlerin Christina Kubisch stellte ihr - ebenfalls serielles - Projekt der elektromagnetischen Soundwalks vor. Fast fünfzig dieser Walks hat sie mittlerweile umgesetzt, bei denen sie elektromagnetische Felder in einem Stadtraum in Frequenzbereiche übersetzt, die für das menschliche Ohr hörbar sind. Sie sei keine Ökoaktivistin zum Thema Elektrosmog, in erster Linie wolle sie unser Wahrnehmungsfeld erweitern und das Unbekannte im scheinbar Vertrauten hörbar machen. Ob sich die Referenten und Referentinnen denn eine stadtumfassende Klanggestaltung vorstellen könnten, fragte mit zweifelndem Unterton der Moderator Walter Filz, Featureredakteur beim SWR, eine Art Masterplan, eine Klangbehörde gar? Warum denn nicht, erwiderte Julian Treasure, ein britischer Sound Designer, der städtische Klangwelten vom Einkaufszentrum bis zum Krankenhaus gestaltet. Es sei doch seltsam, dass gerade dem Klang immer unterstellt werde, er werde manipulativ eingesetzt. Sei es nicht mit der Architektur genauso? Hier stelle niemand infrage, dass sie bewusst entworfen wird.

Dass auditive Gestaltung in der städtischen Planung bislang ignoriert werde, wie von Treasure behauptet, mag vor einigen Jahren noch der Fall gewesen sein. Heute stimmt es mit Sicherheit nicht mehr. Zumindest die Debatte ist in vollem Gange, Tagungen und Veröffentlichungen mehren sich in jüngerer Zeit. In der Praxis ist das noch nicht unbedingt angekommen, und auch die Vernetzung mit benachbarten Disziplinen kann offenbar noch intensiviert werden. Mehr zur Tagung unter www.cosound.de.

Stefanie Krebs

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