Futuristische Formensprache noch fragmentarisch vorhanden

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Eine Fußgängerbrücke über den Zoologischen Stadtgarten ersetzt die ehemalige Straße. Fotos: Soweit nichts anderes angegeben, Marketa Haist

Es war der einstimmige Beschluss des Karlsruher Gemeinderats, sich um eine Bundesgartenschau für das Jahr 1967 zu bewerben. Die Leitung des Gartenbauamtes, das eigens aus diesem Anlass wieder eingerichtet wurde, übernahm 1963 Robert Mürb. Da die Anlagen um das Karlsruher Schloss dem Staat gehören, war schon zuvor Walter Rossow als Gutachter zur Bestimmung eines geeigneten Geländes aus Stuttgart abgesandt worden¹. Von 1963 an hatten Mürb und Rossow die Gesamtleitung der Bundesgartenschau inne.

Das Standortgutachten von Walter Rossow schlug zwei Teile vor: den Stadtgarten einschließlich des Zoologischen Gartens sowie den Schlossgarten mit Fasanengarten. Es war die erste Bundesgartenschau, die nicht auf einem zusammenhängenden Gelände stattfand. 1962 wurde der Wettbewerb abgehalten. Die klar abgetrennten unterschiedlichen Bereiche ermöglichten es, die Ausführungsplanung an mehrere Preisträger zu verteilen. Den ersten Preisträgern, Johannes Peter und Hiltrud Hölzinger mit Ludwig Fischer und Herbert Dirks, wurde die Bearbeitung des Schlossgartens übertragen. Später kamen Gottfried Kühn für die Bepflanzung und Hermann Goepfert für das künstlerische Konzept hinzu. Den Bereich Stadtgarten planten die zweiten Preisträger, die Arbeitsgruppe Jürgen Klahn, Helmut Gerneth, Helmut Krisch und Dietrich Heckel. Für die Gestaltung des Schlossplatzes und des Botanischen Gartens wurden die dritten Preisträger Jacques Sgard und Gilbert Samel aus Paris gewählt. Die Gewinner des 1. Ankaufs Hildebert de la Chevallerie und Heinrich Rombusch beschäftigten sich mit dem Fasanengarten². In diesem Bereich wurden auch Hans Luz und Wolfgang Miller tätig. Die Sonderschau Haus und Garten im Rahmen der Bundesgartenschau 1967 wird an dieser Stelle nicht behandelt.

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Moderne Formen im Stadtgarten – links der neue Rosengarten. Quelle: Stadtarchiv Karlsruhe.
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Die Gondoletta – heute noch beliebt.
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Die avantgardistische Plexiglas-Kaskade im Garten Baden-Baden.

Fußläufige Verbindung

Das Konzept der "zweiteiligen" Bundesgartenschau setzte voraus, dass die Besucher auf angenehme Weise fußläufig von einem zum anderen Teil gelangen konnten. Auf diesem Weg waren jedoch einige Hindernisse zu beseitigen. Von Norden nach Süden gesehen handelte es sich zunächst um den Schloss-Zirkel, einen Ring um den zentralen Schlossturm, der im Süden für den KFZ-Verkehr offen ist. Durch die rapide Zunahme der Motorisierung war die damalige Hauptstraße Karlsruhes, die Kaiserstraße, schon Ende der 1950er-Jahre dem Verkehrsinfarkt nahe. Der Zirkel wurde als Entlastungsstrecke ausgebaut und begann, den Schlossbereich von der Innenstadt abzuschneiden. Außerdem nutzte man den gesamten Schlossplatz mit Ausnahme des Grüns als eine große KFZ-Stellfläche. Um diesen Missstand zu beheben, entstand im Vorfeld der Gartenschau eine neue Tiefgarage unter dem zentralen Bereich des Platzes. Durch die Absenkung des Zirkels in der Schlossachse wurden zwei Probleme gleichzeitig gelöst: die Zufahrt zur Garage und die autofreie Fußverbindung zwischen Stadt und Schloss.

Weiter südlich galt es die Kriegsstraße zu überwinden, die ab 1963 als städtische Schnellstraße ausgebaut worden war. Pünktlich zur Bundesgartenschau stellte man eine Fußgängerbrücke fertig. Im anderen Teil der Bundesgartenschau befand sich ein weiteres Hindernis: Die Tiergartenstraße trennte den Zoologischen Stadtgarten in der Mitte durch. Beide Teile waren zwar bereits vor der Gartenschau durch eine Brücke und eine Unterführung verbunden gewesen, aber alles andere als großzügig. Die Lösung des Problems konnte nur radikal sein. Jürgen Klahn und seine Planungsgruppe entwickelten in Zusammenarbeit mit Robert Mürb die Idee, die Straße in eine weit gespannte Fußgängerbrücke umzuwandeln. Das Gelände senkte man so weit ab, dass der Park komplett darunter hindurchfließt.

Diese Maßnahme ermöglichte eine räumliche Großzügigkeit, die der Stadtgarten bis dahin nicht gekannt hatte. Vor 1967 gab es dort eine Ansammlung heterogener Elemente: Drei getrennte Seen, einen Zoologischen Garten, zwei große, räumlich abgeschlossene Themengärten und dazwischen Reste einer Lenné-Meyerschen Gestaltung.

Zoologischer Stadtgarten

Ein neuer Wasserlauf durchzog das neu geschaffene Tal und verband endlich die zwei großen Seen. Um den Gästen das Erleben der Anlage vom Wasser her zu ermöglichen, wurde eine Gondolettabahn installiert, die immer noch zu den Hauptattraktionen gehört.

Unter den kleineren Wasseranlagen sticht besonders die für die Bundesgartenschau 1967 von Walter Rieger entworfene Plexiglas-Kaskade im Garten Baden-Baden hervor. Sie bietet bis heute einen ungewohnten Anblick, war jedoch zu ihrer Zeit nicht ganz ohne Vorbild. Schon im Quellengarten der Bundesgartenschau 1959 in Dortmund plätscherte das Wasser über eine transparente Kaskade von Gottfried Kühn.

Die historischen Themengärten des Zoologischen Stadtgartens wurden grundlegenden Wandlungen unterzogen. In der 1920 durch den Industriellen Friedrich Wolff gestifteten Wolff-Anlage ließ man die umgrenzenden Hecken größtenteils stehen, durchbrach sie aber, um eine Verbindung zum Hauptraum zu schaffen. Innerhalb der Hecken wurde radikal vereinfacht. Mit dem Rosengarten von 1913 ging man noch radikaler um. Er war vor der Bundesgartenschau nicht nur heckenumschlossen, sondern lag außerdem erhöht auf einem ehemaligen Bahndamm. Dadurch schnitt er den Parkbereich jenseits der früheren Gleisanlagen völlig ab. Er wurde abgerissen. Jürgen Klahn und Robert Mürb konzipierten ihn komplett neu im modernen Sinne als "Strahlenkranz" mit einer großzügigen Öffnung zum Hauptraum.

Im Zoologischen Stadtgarten wurde das gestalterische Konzept durch den Kontrast zwischen weichen Linien und Ecken und Kanten bestimmt. Das Leitthema des nördlichen Eingangsbereichs war der 60°-Winkel. Die Führung der Uferlinien erinnert stark an den Stuttgarter "Eckensee", den Walter Rossow anlässlich der Bundesgartenschau 1961 geplant hatte; sicher kein Zufall.

Diese für die Nachkriegszeit typische Formensprache hat sich in Deutschland erstmals im großen Maßstab 1957 bei der Planung der Bundesgartenschau in Köln durch den damals erst dreißigjährigen, avantgardistisch gesinnten Landschaftsarchitekten Günther Schulze durchgesetzt. Zehn Jahre später war sie in Karlsruhe immer noch beliebt.

Wegen der Tiergehege ist der Zoologische Stadtgarten heute ebenso eintrittspflichtig wie1967. Man geht dorthin, wenn man sich etwas Besonderes gönnen möchte. Konzerte, Gondolettafahrten, Ruhen und Schachspiel sind die bevorzugten Aktivitäten. Dennoch hinterlässt der Zeitgeist auch in dieser Idylle seine Spuren. Rasenflächen mit Blumenzwiebeln müssen eingezäunt werden, sonst zertrampeln oder pflücken Besucher die Blüten. Wegen spielender Kinder musste die Staudenpflanzung um die Plexiglas-Kaskade entfernt werden. Die Kinder verdrehen sogar die Wasserschalen, so dass das Wasser nicht mehr gesammelt werden kann, der Pumpenschacht leer läuft und die Pumpe beschädigt wird. 1967 musste man sich wegen solcher Verhaltensweisen noch keine Sorgen machen. Da der gesamte Zoologische Stadtgarten unter Denkmalschutz steht, werden neue Anforderungen wie Barrierefreiheit oder aktuelle Bestimmungen zur Tierhaltung glücklicherweise besonders behutsam umgesetzt. Der Pflegezustand stellt sich insgesamt sehr gut dar, was sicher den Eintrittsgeldern zu verdanken ist.

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Organische Schaubeete hinter dem Schloss, strenge Orthogonalität vor dem Schloss. Foto: Horst Schlesiger. Quelle: Stadtarchiv Karlsruhe.
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Der Lichtgarten existiert nicht mehr. Foto: Horst Schlesiger. Quelle: Stadtarchiv Karlsruhe.

Schlossplatz und Schlossgarten

In den anderen großen Bereich der Bundesgartenschau gelangte der Besucher 1967 über den Schlossplatz, für dessen Planung die französischen Planer Jacques Sgard und Gilbert Samel zuständig waren. Die Neugestaltung ergab sich aus einer vorangegangenen Kontroverse. Eigentlich hatte der ursprüngliche Entwurf der Franzosen ganz anders ausgesehen als das gebaute Resultat. Sie hatten eine Abtrennung des Ehrenhofes durch ein Wasserbecken und insgesamt eine historisierende Gestaltung vorgeschlagen. Nach empörten Reaktionen der Presse und des Amtes für Denkmalpflege wurde das Projekt "modernisiert"³. Der zentrale Schlossplatz war der einzige Teil der Bundesgartenschau 1967, in dem die damals als fortschrittlich geltende streng orthogonale, reduzierte Formensprache zur Anwendung kam, die Alfred Reich schon 1962 in der Diskussion "Entwicklung zu klaren Formen?"4 empfohlen hatte.

Hinter dem Karlsruher Schloss war die landschaftliche Anlage aus dem 18. Jahrhundert im Laufe der Zeit durch Wildwuchs, Kriegsschäden und ungenügende Pflege verunklärt worden. Es gab ein Wege-Geflecht ohne erkennbare Hierarchie und einen Baumbestand von zufälliger Verteilung. Das vorrangige Ziel der Planungsgruppe um Johannes Peter Hölzinger bestand darin, drei Konzepte zum Einklang zu bringen: Eine radikal moderne Parkanlage, einen Landschaftsgarten mit Öffnungen, Verdichtungen und Blickachsen sowie den berühmten Jagdstern-Grundriss Karlsruhes. Mit Ausnahme der Ost-West-Achse, der Lärchenallee und der Blickachse nach Norden waren die Sternstrahlen bei der landschaftlichen Umgestaltung Ende des 18. Jahrhunderts verloren gegangen. Durch umsichtiges Auslichten gelang es, zwei Blickachsen wieder zu öffnen. Sie bis jenseits des Zirkels zu verlängern, hätte aber allzu große Eingriffe in den Baumbestand erfordert. Sie brauchten auffangende Elemente innerhalb des Zirkels. In diesem Zusammenhang entwickelte Hölzinger sein "Schwerpunkte"-Konzept.

Heute wird eine der Achsen von einem Streifen aus blauen Majolika-Platten betont: Ein Widerspruch zur ursprünglichen Idee, denn das Wesen der Achsen bestand gerade darin, dass sie nur als Blickverbindungen und nicht als physische Linien existierten.

Johannes Peter Hölzinger verstand sich nicht so sehr als Architekt oder gar Landschaftsplaner, sondern in erster Linie als Künstler. Er band einen weiteren Künstler, seinen Freund Hermann Goepfert, in das Projekt ein. Hölzinger beschrieb die Planungsabsicht mit folgenden Worten: "In zahllosen Arbeitsschritten und gegen erhebliche Widerstände verdichtete sich die Idee zu einem Gesamtkunstwerk. Von der Bodenmodellation und der Abfolge raumbildender Grünvolumen ausgehend, über die Pflanzriegel mit ihren Pflanzhöhen und Blattfarben, welche die dynamischen Wegeabläufe unterstützten, bis zu den künstlerischen und architektonischen Schwerpunkten und einem den gesamten Park überlagernden tongesteuerten, optophonischen Lichtkonzept steigerte sich die Idee zu einem sinnlichen Geh- und Seh-Erlebnis aus Raum, Licht und Bewegung."5 Da Hölzinger Architekt war und Dirks sich als Landschaftsarchitekt nur am Rande beteiligte, wurde für das Thema Grün Gottfried Kühn hinzugezogen, der als ausgesprochener Pflanzenfachmann mit Gartenschau-Erfahrung galt. Die Vorstellungen von Hölzinger und Kühn stimmten jedoch in einigen Punkten nicht überein. Beispielsweise fand Hölzinger, dass die Kuppen der Bodenmodellierung frei bleiben sollten, um ihre Form sichtbar zu machen. Doch gerade hier setzte Kühn massive Gehölzpflanzungen ein6.

Im Schlossgarten war alles von organischen Formen bestimmt. Diese nehmen natürlich einerseits Bezug auf die Tradition des Landschaftsgartens. Andererseits galten sie in der Nachkriegszeit mit als hochmodern. Roberto Burle Marx, der Vorreiter dieser Richtung, war in der englischsprachigen Welt schon nach dem zweiten Weltkrieg als führender Gartengestalter anerkannt. In Deutschland hingegen empfanden die Kollegen seine Formensprache in ihrer flächigen, expressiven Ausprägung zunächst als gekünstelt7, obwohl Burle Marx seine Inspiration aus der natürlichen Landschaft und Pflanzenwelt Brasiliens schöpfte. Auf harte Kritik stießen die Beete, die Hermann Mattern auf der Bundesgartenschau 1955 in Kassel in diesem Stil anlegte. Doch zwölf Jahre später regte sich kein Protest mehr gegen die tropfenförmigen Schaubeete im Schlossgarten, obwohl sie denen von 1955 stark ähnelten.

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Geschwungene Wege, Schwerpunkte und Blickachsen im Schlossgarten. Grafik: Marketa Haist
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Der Wassergarten von Johannes Peter Hölzinger heute.
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Die Wasserstelen haben Patina angesetzt.

Hölzinger und Goepfert beschäftigten sich kaum mit den Schaupflanzungen. Licht war ihr Hauptthema. Sie hatten spezielle Beleuchtungselemente für den Schlosspark entwickelt, die aus halbierten Rohren bestanden, deren Innenseiten Lichtstrahlen reflektierten. Auch das Seerestaurant, Hölzingers Schwerpunkt Nr. 7, bekam ein besonderes Lichtkonzept: bewegliche Metallscheiben erzeugten anfangs "Lichtblitze" innerhalb der aus transluzenten Kuben zusammengesetzten Deckenkonstruktion. In der Dämmerung schwebte das Restaurant-Dach wie eine leuchtende Wolke über dem Ufer und spiegelte sich im Wasser.

Der Schwerpunkt Nr. 6, der Wassergarten, nahm formal auf das Restaurant Bezug. Vertikal gestellte Kuben aus Beton spiegelten sich im Wasser und wiederholten die Struktur der Überdachung.

Bei den dreizehn von einem Wasserfilm überzogenen Betonstelen des Schwerpunkts Nr. 3 war den Planern die Reflexion des Sonnenlichts durch die feuchte Oberfläche besonders wichtig. Eine damals ungewohnte Wasserattraktion erlebten die Besucher beim Schwerpunkt Nr. 5, dem "Garten der tanzenden Wasserwände": Aus einem Beton-Bodenrelief spritzten in abwechselndem Rhythmus Wasserstrahlen, die den Blick zum Schloss mal verdeckten und mal freigaben.

Die Lichtanlagen des Schlossgartens wurden vom "Optophonium" gesteuert, einer von Goepfert entwickelten Schaltanlage, die Geräusche in Lichtspiele umwandelte. Heute würde man so etwas "interaktive Kunst" nennen. Hölzinger und Goepfert benützten den Begriff "Integration". Nach Hölzingers Auskunft sollten die Schwerpunkte "den Besucher anregen, das passive Verhalten des Anschauens in einen aktiven Mitvollzug umzuwandeln und durch eigene Bewegung zu erleben."8 Das war besonders im Schwerpunkt Nr. 2 möglich, dem "Lichtgarten".

Es handelte sich um eine Installation aus spiegelnden Metallwänden und durch Wind oder Besucher bewegten "Taumelscheiben". Hölzinger erläuterte das Konzept folgendermaßen: "Der Lichtgarten ist eine spiraloide Raumverdichtung aus reflektierenden Wandmembranen. Die Reflektionen der Wandmembranen schaffen eine Zusammenfügung der Lichtform hinter dem Betrachter und mit der konkreten Umwelt vor dem Betrachter. Die reflektierten Bewegungen der Umwelt werden von den geometrischen Bewegungsreflexionen der Taumelscheiben überblendet."9 Schon die Wortwahl verdeutlicht den hohen künstlerischen Anspruch. Der Lichtgarten war derjenige Schwerpunkt, der am stärksten an die sonstigen Arbeiten von Goepfert und Hölzinger anknüpfte. Goepfert stand der kinetischen Kunst und der Gruppe ZERO nahe. Besonders bei Heinz Mack, mit dem er mehrmals ausstellte, findet sich dieselbe zentrale Rolle der Spiegelung und des Lichts. Goepfert fasste seine Ideen mit den Worten zusammen: "Das Licht malt sich selbst."10 Die Vorstellung, dass sich "das Licht selbst malen" solle, leitete auch die Arbeit von Goepfert und Hölzinger in Karlsruhe.

Botanischer Garten

Schon zu Beginn der Gartenschauplanung bestand der Wunsch, im Botanischen Garten Skulpturen auszustellen. Durch die Vermittlung des Badischen Kunstvereins konnte Horst Antes für diese Aufgabe gewonnen werden. Seine Installation mit dem Namen "Lustgarten mit sieben Monumenten der Lüste" bestand aus mehreren Metallgebilden, in denen man beispielsweise einen Kopf, ein Bett oder eine nach einer Wolke greifende Hand erkennen konnte. Dieses Werk war etwas ganz anderes, als sich das damalige Durchschnittspublikum unter einem Skulpturengarten vorstellte. An abstrakte Kunst hatte man sich inzwischen gewöhnt. Auch gegen traditionelle figurative Kunstwerke hätte sicher kaum jemand Einwände gehabt. Doch die Art, wie Antes nach einer Phase des Vorherrschens der Abstraktion wider das Figurative in die Kunst einbrachte, war ausgesprochen eigenwillig. Von vielen Seiten wurde der vorzeitige Abbau des "Gartens der Lüste" gefordert. Die Veranstalter gaben jedoch nicht nach und wurden in dieser Angelegenheit auch vom Oberbürgermeister unterstützt¹¹.

In vielerlei Hinsicht kann man die Bundesgartenschau 1967 in Karlsruhe durchaus mit anderen Gartenschauen vergleichen. Die wichtige Rolle der bildenden Kunst im Schlossbereich war jedoch einmalig und blieb von keinem journalistischen Kommentator unbemerkt. Erwartungsgemäß fielen die Reaktionen in der Tagespresse und in den gärtnerischen Fachzeitschriften eher befremdet aus. Der "Süddeutsche Erwerbsgärtner" schrieb: "Vielleicht aber auch fehlt dem Durchschnittsbeschauer die Möglichkeit, in diese Gedankenwelt des Künstlers [Hölzinger] einzudringen und sein Werk zu verstehen. Gleiche Schwierigkeiten treten im früheren botanischen Garten auf, wo der Maler Horst Antes große, aus Metallfolien geschnittene und weiß gespritzte allegorische Figuren aufstellte."¹² "Wo man im Schlosspark auch hinsieht, da ist Ungewohntes, Merkwürdiges und Skurriles [ . . .]"¹³, war in den Badischen Neuesten Nachrichten zu lesen.

Heutiger Zustand des Schlossgartens

Von den "Schwerpunkten" sind heute nur noch der Wassergarten und die Wasserstelen erhalten; diese präsentieren sich jedoch nicht im Sinne ihrer Planer. Die Patina verhindert die Lichtreflexionen und weckt eher Erinnerungen an bemooste Rocaille-Brunnen als an das futuristische Konzept von Hölzinger und Goepfert.

Das Restaurant musste weichen. Auch der "Garten der tanzenden Wasserwände" wurde leider abgebaut, so dass die Achse, deren Blickpunkt er war, heute ins Leere läuft. Während diese Anlage mit etwas Pflegeaufwand durchaus zu erhalten gewesen wäre, sah die Zukunft des Lichtgartens bald nach der Gartenschau finster aus. Bis heute hätte sich das Material wohl kaum konservieren lassen. Die Metallplatten wurden durch geschnittene Hecken ersetzt.

Anders als der Zoologische Stadtgarten wird der Schlossgarten von der Karlsruher Bevölkerung intensiv genutzt. Lagern, Sport, Feste, alle erdenklichen Aktivitäten mit den dazugehörigen Abnutzungserscheinungen finden dort statt. Seit 2011 existiert für den Schlossgarten, den Schlossplatz, den Botanischen Garten und Fasanengarten Karlsruhe ein Parkpflegewerk von Verdyck Gugenhan Freie Landschaftsarchitekten, das aber noch nicht umgesetzt wurde. Mit dem Schlossgarten und dem Zoologischen Stadtgarten besitzt Karlsruhe zwei bedeutende, hervorragend erhaltene Gartendenkmale, die bis heute im kollektiven Bewusstsein der Bürger fest verankert sind.

Literatur

BÜGA 2015 (Hg.): Grün in Karlsruhe - Parks. Gärten. Bäume. Karlsruhe 2015

Deutsche Bundesgartenschau GmbH-DBG: 50 Jahre Bundesgartenschauen, Festschrift zur Geschichte und Zukunft der Bundes- und Internationalen Gartenschauen in Deutschland. Bonn 2001.

Gesamtleitung der Bundesgartenschau Karlsruhe 1967 (Hg.) Karl Heinz Hanisch (Red.): Karlsruher Gartenbuch, Ausstellungskatalog der Bundesgartenschau Karlsruhe 1967. Heidelberg 1967.

Helga Panten: Die Bundesgartenschauen. Eine blühende Bilanz seit 1951. Stuttgart 1987.

Uta Schmitt: Der Stadtgarten in Karlsruhe - Ein historischer Streifzug. Karlsruhe 2007.

1 Robert Mürb mündlich 2015.

2 Verdyck Gugenhan Freie Landschaftsarchitekten: Schlossgarten, Schlossplatz, Botanischer Garten und Fasanengarten Karlsruhe, Parkpflegewerk, Historische Analyse, Dokumentation, Denkmalpflegerische Zielsetzung. Stuttgart 2011, S.98-100.

3 Verdyck Gugenhan Freie Landschaftsarchitekten, S. 104.

4 Alfred Reich: Entwicklung zu klaren Formen? In: Garten und Landschaft 1/1962 S.14.

5 Yorck Förster/Peter Cachola Schmal (Hgg.), Johannes Peter Hölzinger: Psychodynamische Raumstrukturen. Stuttgart/London 2013, S. 28.

6 Johannes Peter Hölzinger mündlich 2015.

7 Hans Schiller: Gartengestaltung. Berlin/Hamburg 1958, S.349.

8 Johannes Peter Hölzinger zitiert nach Verdyck Gugenhan Freie Landschaftsarchitekten, S. 96.

9 Johannes Peter Hölzinger zitiert nach Karl Heinz Hanisch in: TASPO 14 (1967) S.3-5.

10 Yorck Förster/Peter Cachola Schmal (Hgg.), Johannes Peter Hölzinger: Psychodynamische Raumstrukturen, Stuttgart/London 2013, S. 18.

11 Robert Mürb mündlich 2015.

12 G. H.: Die Bundesgartenschau in Karlsruhe, in: Süddeutscher Erwerbsgärtner 15(1967) S.8.

13 BNN vom 9.3.1967.

Dr.-Ing. Marketa Haist
Autorin

Landschaftsarchitektin

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