Vom Begriff zum Ort -

Geskes & Hacks Kritischer Regionalismus

Landschaftsarchitektur
Zunächst werden Begriffe gesucht, etwa in Heimatmuseen – wie Fischkiste. Danach werden die Begriffe in Formen, hier in Kleinarchitektur gebracht. Foto: Stadt Tirschenreuth

"Wie haben Sie das gemacht?" - Diese Frage stellt das Fachgebiet Entwerfen Objektplanung, Professor Weidinger, der Technischen Universität Berlin einmal im Semester erfahrenen Landschaftsarchitekten, dieses Mal Christof Geskes vom Berliner Büro Geskes und Hack. In seinem Vortrag geht Geskes unter anderem darauf ein, weshalb ihm Begriffe wichtig sind, Alltagsgegenstände faszinieren und Heimatmuseen anziehen.

Das Programm "Natur in der Stadt" ist eine Art kleine Landesgartenschau in Bayern: Vom Mai bis August 2013 wurde in der Stadt Tirschenreuth (Oberpfalz) eine solche veranstaltet. Kristina Hack und Christof Geskes gewannen 2009 den Wettbewerb. Geskes stellte anhand dieses Projektes die Arbeitsweise seines Büros vor, um Antworten auf die Frage zu geben: "Wie haben Sie das gemacht?".

Begriffe artikulieren

"Am Anfang suchen wir nach Wörtern, die für den Ort prägend sind", stellt Geskes heraus. So erzählt er von einer hölzernen "Fischkiste", die an den Uferkanten der zahlreichen Gewässer der Region stehen und in denen Angler lebende Fische für eine kurze Zeit aufbewahren. Wobei "Fischkiste" hier nicht nur ein Wort, sondern ein Begriff ist. Schließlich wird damit nicht ein abstraktes Etwas benannt, sondern es ist ein konkreter Gegenstand gemeint, der in einem Handlungszusammenhang steht. Aber wozu ist es für einen räumlichen Entwurf wichtig, Begriffe zu artikulieren? Die Antwort lautet: um ein Thema zu finden. Ist dieses gefunden, kann es zu einer Art "Vehikel" für den Entwurfs- und Vermittlungsprozess werden.

Dieser Schritt scheint insofern sinnvoll zu sein, da sich der Landschaftsarchitekt häufig mit widersprüchlichen Anforderungen konfrontiert sieht, beispielsweise Uferzonen schützen und sogleich zugänglich machen. Ein Thema kann zwischen diesen Anforderungen vermitteln. Aber wie wird das genau gemacht? Aus der Fischkiste entwickelten Geskes und Hack Kleinarchitekturen, die entfernt an Fischkisten erinnern. Damit kann zugleich der ökologisch sensible Uferbereich punktuell erschlossen werden, ohne ihn flächig zu beeinflussen. Zudem kann in den Kleinarchitekturen Schutz vor Wind, Sonne und Regen gesucht sowie Ausschau über die Teiche gehalten werden. Was anfangs ein Spiel mit Begriffen von Alltagsgegenständen zu sein scheint, kann zur Gestaltungsidee für einen Ort werden, ja sogar zwischen widersprüchlichen Anforderungen vermitteln.

Bedeutungen stiften

Indem mit Hilfe von Begriffen wie "Fischkiste" ein Thema gefunden wurde, sei das Büro bemüht die "Geschichte der Landschaft weiterzuerzählen", so Geskes. Tirschenreuth und die Umgebung ist geprägt von Fischteichen; bereits im 11. Jahrhundert legte man hier welche an. Diese Information gewinnt Geskes nicht nur aus Wettbewerbsunterlagen, sondern auch aus Heimatmuseen, die er zu Beginn der Entwurfsphase besucht. Diese Geschichte wurde sich erschlossen und soll durch den landschaftsarchitektonischen Entwurf "weitererzählt werden". Das heißt, dass die realisierte Landschaftsarchitektur nicht nur selbstbezüglich, sondern ausdrücklich auf etwas verweisen soll: die Kleinarchitekturen auf die Fischkisten, Spielgeräte in Fischformen auf den Fischfang in der Region, der neu angelegte Teich auf die historische Lage Tirschenreuths als eine Art Insel.

Damit vertritt Geskes und Hack - zugespitzt formuliert und mit allen Misstrauen gegen vorschnelle Zuschreibungen sowie einer grundsätzlichen Skepsis vor jegliche Form von "Ismen" - so etwas wie einen Kritischen Regionalismus: es werden verschiedene Bezüge zum Ort gesucht, wobei die Bezüge neu gedeutet werden. Eingehende Analysen wären hier notwendig, aber es sei erlaubt darauf hinzuweisen, dass diese Position seit Jahren von vielen Landschaftsarchitekturbüros vertreten wird. Eine Untersuchung wäre hier lohnend. Dabei müsste jeweils individuell die Frage gestellt werden: Wie haben die das gemacht?

Zumindest Geskes Antwort wurde durch den Vortrag klar: 1. Zuerst Begriffe artikulieren, um ein Thema zu finden. 2. Die Begriffe und das Thema sind nicht beliebig, sondern Teil der "Geschichte der Landschaft". 3. Letztlich wird versucht, durch eine neue Gestaltung, das wird zum Beispiel in der Formgebung, der Konstruktion und der Materialwahl deutlich, auf bestehende Alltagsgegenstände oder auf historische Gegebenheiten hinzuweisen. Damit soll mit Landschaftsarchitektur Bedeutung gestiftet werden, sodass - dieses ist der Anspruch - die "Geschichte der Landschaft weitererzählt" wird.

Sebastian Feldhusen

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