Eine Reise durch Rajasthan – Teil II

Indische Gärten

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Indische Gärten Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Schattenplätze im Sajjan Niwas Garden in Udaipur. Foto: Horst Schmidt

Die Pracht und Herrlichkeit der Paläste und Gärten der Großmogule und Maharadschas im damals sehr reichen Indien war natürlich nur etwas für die Herrschenden. Die Bauern auf dem Land und die Handwerker in den Städten hatten nichts davon. Die reichen Kaufmannshäuser (Havelis) an den Schnittpunkten und den Nebenstrecken der Seidenstraße verfügten über begrünte Innenhöfe mit Wasserbecken, die dort ein angenehmeres Wohnklima boten. Doch die goldenen Kaufmannszeiten sind weitgehend vorbei und nun versuchen die Städte wie Mandawa und Bikaner für den Tourismus einige Häuser mit Innenhöfen zu sanieren.

Ein großer Teil der indischen Tempel ist in dicht bebauten Städten integriert. Aber es gibt auch Tempel in der Landschaft, die dann Pflanzungen und Gärten aufweisen können. So wurden zum Beispiel beim größten Tempel, der Jain-Religion in Ranakpur, in einer hügeligen Landschaft große Neem- und Gummibäume gepflanzt und ein kleiner Rosengarten mit hakenkreuzförmiger Beetform angelegt. Das Hakenkreuz findet man in Indien häufig. Es ist ein Zeichen, dass das Volk der Aryer schon bei der Einwanderung vor vielen hundert Jahren mitgebracht hat. Etwas fremdartig mutet uns Europäer an, wenn durch die großen Bäume die Affen toben.

In Udaipur findet man den Sajjan Niwas Garden, einen größeren öffentlichen Park, der früher dem Palast für Freiluftveranstaltungen diente. In der Mitte steht ein kleiner, etwas herunter gekommener Palast (Leela Palace), in dem heute eine öffentliche Bücherei untergebracht ist. Bis auf einige Rasenflächen, einen Kinderspielplatz mit Geräten, einen kleinen Zoo und einen Rosengarten sind die Flächen meist hainartig bepflanzt. Schatten spielt hier durch die Sommerhitze eine große Rolle, und schon jetzt im Frühjahr sind die Schattenplätze besonders beliebt.

Die zusätzliche Bewässerung ist in allen Gärten unabdingbar. Sie wird meist per Hand mit dem Schlauch durchgeführt, oder die Rasenflächen werden einfach durch einen Zulauf mit Wasser überstaut. Vor dem kleinen Palast stand einmal eine Skulptur von Königin Victoria, die aber vor Jahren schon Mahatma Gandhi weichen musste. Der Park war auch unter der Woche gut besucht. Der Pflegezustand scheint verbesserungswürdig. Die Wasserspiele sind seit Jahren nicht mehr in Betrieb, und die Pflanzungen und Rasenflächen machten einen übernutzten Eindruck.

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Raj Path mit Blick auf India Gate. Foto: Horst Schmidt

Mit der englischen Kolonialherrschaft war ein weiterer, erheblicher Einfluss auf die gesellschaftliche, wirtschaftliche aber auch architektonische und Freiraumentwicklung verbunden. Am deutlichsten wird das noch heute für den Freiraum in Delhi, wo England am Anfang des 20. Jahrhunderts mit Neu-Delhi eine neue Verwaltungshauptstadt baute. Der englische Architekt und Landschaftsarchitekt Edwin Lutyens plante eine stark durchgrünte Hauptstadt und verwendete Planungsgrundsätze des Char Bagh der Großmogule, der indischen Mandala und natürlich auch der englischen Gebäude- und Freiraumarchitektur. Mittelpunkt ist der heutige Präsidenten Palast (Rashtrapati Bhawan), früher Sitz des englischen Vizekönigs mit dem großen Präsidentengarten (Mugal Garden) und der aufwendigen Prachtstraße (Rajpath), dem früheren Kingsway.

Die üppigen, sich kreuzenden Wasserkanäle mit den Lotusfontänen in symmetrischer Ausrichtung unterstreichen den Char Bagh als Ursprung der Großmogule. Die vielfältige, reichhaltige Bepflanzung weist wiederum auf englische Gärten hin. Leider ist der Garten für die Öffentlichkeit nur zwei Wochen im Frühjahr geöffnet. Der ganze Stadtteil ist stark durchgrünt und auch die großen Verkehrskreisel sind üppig mit Sommerblumen bepflanzt. Der Kontrast zum übrigen Delhi ist damit recht eindeutig. Die Prachtstraße Rajpath zwischen Präsidentenpalais und India Gate ist ebenfalls eine sehr üppige Anlage mit Blumenpflanzungen, breiten Wasserkanälen und mehreren Alleereihen. Während der Kolonialzeit wurden Parks wie die Lodi-Gärten bei den Mausoleen nach englischem Muster angelegt, und auch Hotels zeigen oft den englischen Kolonialstil in Architektur und Freiraum.

Mausoleen

Neben trutzigen Forts und prächtigen Palästen fallen im Reich der Großmogule die Mausoleen mit ihren Gärten auf. Sie treten mit dem Islam neu auf, da Inder die Feuerbestattung praktizieren, und die Asche möglichst in den heiligen Fluss Ganges streuen. An die Verbrennungsplätze der hinduistischen Fürsten erinnern oft Pavillons (Chattris) in der Landschaft. Die Muslime kennen dagegen die Erdbestattung, die zusammen mit der Personenverehrung zu diesen aufwendigen Bauten geführt hat.

Die Lodi Dynastie, die vor den Großmogulen im 15. Jahrhundert das Sultanat Delhi beherrschte, baute ihre Mausoleen im Lodi Garten in Delhi. Er weist heute aber kaum noch ursprüngliche Elemente im Freiraum auf. Die Kolonialherrscher legten dort zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine englisch geprägte Parkanlage an, die heute intensiv als öffentlicher Park genutzt wird. Neben einem kleinen See finden sich dort Sommerblumenbeete, ein kleiner Rosengarten und Rasenflächen, die von der Bevölkerung intensiv zum Spazierengehen und zum Lagern, Treffen und Spielen genutzt wird. Nur eines der Mausoleen ist durch eine Mauer umschlossen. Dieser grüne Gartenhof mit großen Bäumen wurde in einem Teil als Moschee genutzt und weist eine pietätvolle Atmosphäre auf.

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Taj Mahal Garten vom Mausoleum in Richtung Portalgebäude. Foto: Horst Schmidt
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Mausoleum Humayuns in Delhi. Foto: Horst Schmidt

Das nächste Mausoleum, bei dem schon sehr deutlich persischer Einfluss zu spüren ist, wurde für den zweiten Großmogul Humayuns 1565-1572 in Delhi errichtet. Bis dahin wurde durchgängig mit dem regional vorhandenen roten Sandstein gebaut. Nun wurde zusätzlich Marmor für die sechs Meter hohe Kuppel und verschiedene Fassadendekorationen als Steineinlegearbeit verwendet. Fenster und Türen wurden bis auf die Zugänge mit kleinstteilig durchbrochenen Steinschnitzelemente (Jalis) verschlossen, durch die man diffus hindurch sehen kann. Ein Element, das sehr häufig verwendet wurde, um nach draußen sehen zu können, ohne selbst erkannt zu werden.

In den Palästen wurde es im Harem verwendet, um den Frauen die Möglichkeit zu geben, zu sehen, was sich in der Öffentlichkeit ereignet. Die ersten floralen Dekorationselemente wurden zur Verzierung der Steinflächen verwendet. Während hinduistische Tempel mit Menschen- und Götterskulpturen verziert wurden, konzentriert man sich bei islamischen Bauwerken auf florale Dekorationen. Neben dem Marmor ist das zweite wichtige persische Element die große bogenförmige Öffnung in der Fassade, der Iwan, der in Persien für die Öffnung der Moscheenfassaden erfunden wurde. Das 3. Element ist der viergeteilte persische Garten Char Bagh. Diese drei Elemente bilden mit der floralen Dekoration nach dem ersten Auftreten hier den Grundstock für die Gebäude- und Freiraumarchitektur des Großmogulreiches, dessen Entwicklung sich dann bis zum Taj Mahal steigerte.

Der Garten ist von einer hohen Mauer eingefasst, durch Wege mit innen liegenden Wasserkanälen symmetrisch, rechwinkelig in vier Teile aufgeteilt. In der Mitte erhebt sich auf einer Plattform das Mausoleum. Weitere Wege teilen ebenfalls symmetrisch rechtwinkelig den Garten. An den Schnittstellen sind jeweils Aufweitungen und in deren Mitte findet man an wichtigen Stellen Wasserbecken mit Fontänen. Auf den weiten Rasenflächen stehen zum Teil erhabene Baumgestalten des Asoka Baumes (Saraca asoca), des Neem-Baumes (Azadirachta indica) und verschiedene Gummibaumarten (wie Ficus benjaminii). Der auch hier zu findende heilige Baum Indiens ist der Ficus religiosa, genannt Bodi-Baum. Unter einem Baum dieser Art fand Buddha seine Erleuchtung. Niedrige Hecken unterstützen die stark gliedernde axiale Wirkung der Wege. Durch die zentriert wirkende Bauweise, die betont axiale Wegeführung mit den unterstützenden Wasserkanälen, die deutliche Heraushebung aus der Umgebung durch die hohe Mauer und die ruhigen Rasenflächen wirkt die ganze Anlage sehr erhaben.

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Mausoleum Itimad-du-Daulah in Agra. Foto: Horst Schmidt

Ein nächstes sehr bemerkenswertes Mausoleum baute die Frau des Großmoguls Jehangir Nur Jahan für ihren Vater, den Schatzmeister und Großwesir Mirza Ghiyas Beg 1622-1628 in Agra. Er wurde von Großmogul Akbar aus Persien geholt und war später wie sein Mausoleum nur unter seinem Titel Itimad-du-Daulah (Stütze des Staates) bekannt. Nur Jahan war eine sehr begabte, durchsetzungsfähige Frau, die 16 Jahre für Jehangir die Regierungsgeschäfte führte, den Bau des Mausoleums wesentlich beeinflusste und viele persische Elemente bei Hofe einführte.

Das Mausoleum liegt am Fluss Yamuna. Das Wasser für die Wasserspiele wurde über die Ecktürme aus dem Fluss gefördert. Die Dimension der Anlage ist erheblich kleiner, aber sie ist von der Planung, der Ausgestaltung und Dekoration viel feiner, intensiver und eleganter. Man erkennt deutlich die Steigerung der Entwicklung. Das Mausoleum ist vielgestaltig mit Marmor verkleidet, und die Innenräume sind hochwertig und vielfarbig ausgestaltet. Die florale Ausgestaltung geht auf Studien des bekannten Hofmalers zurück. Auch das Portalgebäude, durch das man die Anlage betritt, und die anderen drei axialen Mauergebäude sind ebenfalls feingliedrig mit Marmor verziert. Die Asoka-Bäume sind gezielt an die Mauern gepflanzt, um den Blick auf das Mausoleum frei zu halten. Die Rasenflächen liegen etwa 50 Zentimeter unter dem Wegeniveau und sind mit Blumenpflanzungen aufgelockert.

Die Krone der Entwicklung der Mausoleen ist zweifelsohne das Taj Mahal, das sich blütenweiß an der breiten Biegung des Yamunaflusses schon vom roten Fort in Agra präsentiert. Großmogul Schah Jahan hat alles aufgeboten, um in 15 bis 20 Jahren für seine Lieblingsfrau Mumtaz Mahal (Erwählte des Palastes), die bei der Geburt des 14. Kindes starb, 1653 einen würdigen Grabbau zu erstellen. Aber gleichzeitig wollte er auch der Welt zeigen, mit welcher Macht und Herrlichkeit er herrschte und wie reich Indien zu seiner Zeit war.

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Marmorverzierung Nebengebäude Mausoleum Itimad-du-Daulach am Yamuna-Fluss. Foto: Horst Schmidt

Das Mausoleum schwebt geradezu durch den Gegensatz zwischen dem roten Sandstein und dem weißen Marmor und durch die gekonnte Form mit Kuppeln und Minaretten über der großen Plattform. Dies wird wirkungsvoll unterstützt durch die Wasserachse vom Portalgebäude aus. Der große Iwan in der Fassade des Mausoleums nimmt den Eingang auf und führt in den Innenraum ein, in dessen Zentrum die leeren Särge (Kenotaphe) von Mumtaz Mahal und Schah Jahan aus Marmor stehen, verziert mit herrlichen Blumen und Pflanzendarstellungen aus Halbedelsteinen. Auch das Gitter um die Särge aus geschnitztem Marmor ist sehr kunstvoll mit Einlegearbeiten hochwertig floral verziert. Die Särge mit den Leichnamen sind im Untergeschoß beigesetzt. Die Wände des Innenraumes sind unter anderem mit Lilienmotiven in einer überwältigenden Eleganz und Einfachheit gestaltet und leiten so die ganze Aufmerksamkeit auf die kunstvoll geschmückten Särge.

Der Garten weist die Grundzüge des persischen viergeteilten Gartens Char Bagh auf. Er wird durch eine hohe Mauer aus rotem Sandstein eingefasst und hat eine Gesamtgröße von 567 x 305 Metern. Der nördliche Teil mit einer Tiefe von 142 Metern nimmt die Plattform auf, auf der in der Mitte das Mausoleum, im Westen die Moschee und im Osten spiegelbildlich ein Versammlungsgebäude stehen. Diese beiden Gebäude sind im Kontrast zum Mausoleum in rotem Sandstein gebaut und mit floralen Elementen als Marmoreinlegearbeiten verziert. Es folgt nach Süden der viergeteilte Garten 288 x 288 Meter, der durch die vier rechtwinklig aufeinander treffenden Wasserkanäle mit begleitenden Wegen symmetrisch in vier Quadrate aufgeteilt wird. Diese Quadrate sind durch Wege jeweils wieder in vier Quadrate aufgeteilt. Die vier Wasserkanäle, die sich in der Mitte in einem Wasserbecken mit einer erhöhten Marmorplattform treffen, entsprechen nach der islamischen Paradiesvorstellung, den vier heiligen Strömen mit dem Weltberg als Mittelpunkt des Kosmos.

Im Koran sind in der 47. Sure die Flüsse des Paradiesgartens als Ströme von Wasser, das nie verdirbt, Ströme von Milch, deren Geschmack sich nie ändert, Ströme von Wein, lieblich für den Trinkenden und Ströme von gereinigtem Honig dargestellt. Die Hauptachse des breiten, flachen Wasserkanals mit Fontänen wird beidseits durch Zypressen unterstützt und führt als beherrschendes Element mittig auf das Mausoleum zu und nimmt dessen Spiegelbild auf. Sommerblumenbeete in den Rasenflächen begleiten diese Hauptachse. Vielfältige Strauch- und Baumpflanzungen in verschiedenen Arten mildern die streng symmetrische Raumauffassung heute, und es stellt sich die Frage, wie die Pflanzung bei der Anlage gedacht gewesen ist. Historische Bilder aus der Zwischenzeit zeigen zum Beispiel waldartige Vegetationsbestände, als die Anlage nicht mehr gepflegt wurde. Nach Süden schließt sich ein Vorhof mit einigen großen Bäumen an. Durch ein ebenfalls mit Marmor verziertes Portalgebäude betritt man den Garten, und sein Tor gibt überraschend den Blick auf das Mausoleum am Ende der Wasserachse frei.

Autor

Ehemaliger Leiter des Gartenbauamtes Karlsruhe

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