Stadtplanungamt Landeshauptstadt Dresden et al

Landschaftsarchitektur heute

von:
Bücher Landschaftsarchitektur

„Landschaftsarchitektur.Neue Positionen“, herausgegeben von der Sächsischen Akademie der Künste, der Sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt und des Stadtplanungsamtesder Landeshauptstadt Dresden, Dresden 2013. ISBN 978-3-934367-21-0, 216 Seiten mit zahlreichen Zeichnungen und Fotos.


An vielen Orten in der Stadt können klassische Freiraumtypen wie Gärten, Parks, Plätze und Promenaden mehr oder weniger klar ausgemacht werden. Seit jeher interpretieren Landschaftsarchitekten diese Orte. Entwidmete Flughafen- und Militärgelände, stillgelegte Industrieareale, geschlossene Deponien und ehemalige Verkehrsflächen in oder an den Rändern von Städten gehören seit etwa 20 Jahren zum erweiterten Aufgabenspektrum der Landschaftsarchitektur. Der Landschaftspark Duisburg-Nord aus den frühen 1990er Jahren dürfte hierfür nicht nur in Deutschland als Pionierprojekt gelten.¹

In solchen Räumen fällt es schwer, klassische Freiraumtypen ausfindig zu machen, die landschaftsarchitektonisch interpretiert werden könnten. Vielmehr müssen die Typologien erst grundsätzlich artikuliert werden. Dabei ist allerdings unklar, ob das überhaupt sinnvoll ist. Davon abgesehen stellt sich allgemein die Frage, ob Landschaftsarchitektur in einer von Ungewissheit geprägten Zeit ein zeitgemäßes Mittel ist, um mit solchen Orten umzugehen? Wenn ja, kann die Landschaftsarchitektur, so wie es in der Publikation heißt, "Anstöße" für die Stadtentwicklung geben?²

Dokumentation einer Veranstaltungsreihe

Diesen und weiteren Fragen ging die Veranstaltungsreihe "Landschaftsarchitektur. Neue Positionen" nach, die von der Sächsischen Akademie der Künste in Zusammenarbeit mit der Sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt, dem Stadtplanungsamt der Landeshauptstadt Dresden sowie dem Institut für Landschaftsarchitektur der TU Dresden von 2010 bis 2013 in Dresden veranstaltet wurde. Nun liegt deren Dokumentation unter gleichnamigen Titel vor (seit Ende 2013). Die Kuratoren der Veranstaltungsreihe, Cornelia Müller und Thomas Sieverts, entwickelten ein gemischtes Format aus thematischen und werkbezogenen Vorträgen, Stadtspaziergängen und einem studentischen Workshop. Das spiegelt sich in der Publikation wieder: Die 15 Beiträge des Buches, gerahmt durch ein Vorwort der Kuratorin und ein Nachwort der Herausgeber, speisen sich aus Mitschnitten der einzelnen Veranstaltungen. Alle Beiträge werden textlich kurz eingeleitet. Neben dem Haupttext des Beitrages, werden Zitate von den Referenten oder den Teilnehmenden angeführt sowie zahlreiche thematisch abgestimmte Fotos in unterschiedlicher Qualität abgebildet. Mit schwarz-weißen Lageplänen wird die Route der Stadtspaziergänge in Dresden formal vermittelt sowie auf die Konzepte verwiesen, die auf dem Workshop entstanden sind. Insgesamt wurden acht Konzepte zum Dresdner "26er Ring" (Verkehrsring) von Studierenden der TU Berlin, TU Dresden, TU Graz, HCU Hamburg und der HS Osnabrück mit Impulsen von Assistenten, Referenten und Gastkritikern entwickelt.

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Neophyt Hafengebäude Dresden Pieschen. Foto: Krieger

Weit über Dresden hinaus relevant

Wildnisentwicklung, Guerilla Gardening, Denkmalpflege, Bürgerbeteilung, Urban Gardening, Interventionen und Gartenschauen sind nur einige Stichworte, die die Bandbreite der in der Publikation vertretenen Beiträge kenntlich machen. Obwohl es einen klaren Bezug zu Dresden gibt, weist die Diskussion über die regionalen Grenzen hinaus. Die Relevanz des behandelten Themas wird einem spätestens dann klar, wenn man sich jüngste Beispiele aus anderen Städten vergegenwärtigt: Park am Gleisdreieck oder das Tempelhofer Feld - um nur zwei Beispiele aus einer anderen Stadt zu nennen.

Als Dokumentation einer Veranstaltungsreihe, orientieren sich die Textbeiträge der Publikation stilistisch an das gesprochene Wort.³

Man bekommt zuweilen das Gefühl, Teilnehmender zu sein, der mitdiskutieren kann. Das führt allerdings in einigen Textbeiträgen dazu, dass man sich ein wenig mehr inhaltliche Schärfe wünschte. Wenn dieses - auf Grund des Platzangebotes und der gemischten Form der Veranstaltungsreihe nicht gewollt war - wären zumindest Verweise auf einige Diskurse lohnend gewesen.4

Die Publikation hat ihre Stärke darin, dass sie einige aktuelle Phänomene und Beispiele zum Umgang mit Freiräumen bündelt, die sich einer vorschnellen typologischen Zuschreibung entziehen. Die Frage ist, ob solche Freiräume nicht seit etwa zwei Jahrzehnten zum selbstverständlichen Aufgabenbereich der Landschaftsarchitektur gehören und dadurch zur Stadtentwicklung beitragen? In der Publikation heißt es an einer Stelle: "(...) den Bestand des Ortes [...] betrachten, den Charakter, die Potenziale bzw. Qualitäten nach und nach herauszustellen und dementsprechend [...] reagieren" (S. 97 ff.). Ist das eine neue Position? Das macht die Position keineswegs schlecht. Müsste man hier aber nicht von einer gängigen und anerkannten Praxis vieler Landschaftsarchitekten sprechen - eben "Landschaftsarchitektur heute"?


Anmerkungen

1) Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur und industrielle Landschaft (Hg.): Learning from Duisburg Nord. Kommentare internationaler Experten zu einem Meisterstück aktueller Landschaftsarchitektur. München 2009.

2) Müller, Cornelia: Landschaft ist überall. In: Sächsische Akademie der Künste u. a.: Landschaftsarchitektur. Neue Positionen. Dresden 2013, S. 8.

3) Einige wenige Beiträge sind ganz oder auszugsweise auch auf dem Youtube-Kanal der Sächsischen Akademie der Künste zu finden: https://www.youtube.com/channel/UCAa5XPQmI-1vkgyhUQHNqQQwww.youtube.com/channel/UCAa5XPQmI-1vkgyhUQHNqQQ (01.04.14).

4) Um nur einige sehr wenige Beispiele zu nennen: ,Historisch' gesehen auf zahlreiche Publikationen der Kassler Schule (AG Freiraum und Vegetation), auf Lucius Burckhardts praktizierte und diskutierte Promenadologie - siehe hierzu insbesondere Burckhardt, Lucius: Warum ist Landschaft schön? Die Spaziergangswissenschaft. Berlin 2006 oder hierzu aktuelle Diskussionen in Weisshaar, Bertram (Hg.): Spaziergangswissenschaft in Praxis. Formate in Fortbewegung. Berlin 2013. Ferner hätte zum Beispiel auf Literatur zum anfangs erwähnten Landschaftspark Duisburg-Nord hingewiesen werden können, siehe insbesondere Weilacher, Jürgen: Syntax der Landschaft: Die Landschaftsarchitektur von Peter Latz und Partner. Basel u. a. 2007 und Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur und industrielle Landschaft (Hg.): Learning from Duisburg Nord. Kommentare internationaler Experten zu einem Meisterstück aktueller Landschaftsarchitektur. München 2009. Zeitgenössisch gesehen hätte zum Beispiel auf das "Dornröschen-Prinzip", siehe Dissmann, Christine: Die Gestaltung der Leere. Zum Umgang mit einer neuen städtischen Wirklichkeit. Bielefeld 2011, auf einige Beiträge in Nierhaus, Irene u. a. (Hg.): Landschaftlichkeit. Forschungsansätze zwischen Kunst, Architektur und Theorie. Berlin 2010 oder auf zahlreiche Publikationen zur IBA Fürst-Pückler-Land hingewiesen werden können, siehe zum Beispiel Internationale Bauausstellung (IBA) Fürst-Pückler-Land 2000-2010 (Hg.): Verwundete Landschaft neu gestalten. Die IBA-Werkstatt in der Lausitz. Berlin 2012.

Dipl.-Ing. (FH) Sebastian Feldhusen
Autor

Hochschule Osnabrück und Technische Universität Berlin

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