Eine Bewegungs- und Begegnungsanlage für alle Generationen

Wasserspielplatz mit integrierter Flusssanierung in Sinsheim

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Zugang mit Kiesbänken zur Elsenz. Hier verbinden sich notwendiger Hochwasserschutz und naturnahe Bereiche der neuen Bewegungs- und Begegnungsanlage. Foto: Büro Elke Ukas

Sinsheim, mit 35.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt des Rhein-Neckar-Kreises, ist wohl am meisten bekannt durch die Rhein-Neckar-Arena und das Auto- und Technikmuseum an der Autobahn. Wer auf der A 6 an der Stadt vorbeifährt, sieht vor allem die französische Concorde und ihr russisches Pendant die Tupolev TU 144. Zwei legendäre Überschallflugzeuge, die vor vielen Jahren nach aufwändigen Transporten über Landstraßen, Flüsse und Autobahnen im Technikmuseum gelandet waren und die jetzt, wie es scheint, startklar neben der Autobahn stehen.

Doch Sinsheim hat für Besucher und Bewohner weit mehr zu bieten als Technik, Motoren und Sport. Die Burg Steinsberg, das Stift Sinsheim mit Stiftskirche, das Stadt- und Freiheutsmuseum im Alten Rathaus, das hisstorische Gerberhaus, Schloss Neuhaus bei Sinsheim-Ehrstädt oder die historischen Fachwerkhäuser des 18. und 19. Jahrhunderts prägen heute noch das Gesicht von Sinsheim. Auch manche Geschichten deutscher Revolutionäre für die Demokratie wurde 1847 in dem Fachwerkaus des alten Wirtshauses "Zum schwarzen Bären" in Sinsheim geschrieben.

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Lageplan der alla -hopp! Anlage: Die Planungen zum Hochwasserschutz mit neuer Gewässerstruktur wurden ins Freiraumkonzept integriert und weiterentwickelt. Foto: Büro Elke Ukas

Die Stadt Sinsheim ist heute in einem freiräumlichen, städtebaulichen Aufbruch, um ihre Innenstadt neu zu strukturieren und den Bewohnern mehr Raum für ein noch lebenswerteres innerstädtisches Wohnen und Arbeiten mit grünen Strukturen zum Erleben und Erholen zu geben. Kommunen und Bewohner wissen, wie bedeutend qualitätsvolle Freiräume für die Aufwertung im Alltag sind. Öffentliche Grünräume sind kein Privileg, sondern notwendige Freiräume für alle.

Die Dietmar Hopp Stiftung hat mit ihren Investitionen und ihrem hohen Anspruch, für alle Menschen die Beweglichkeit und Gesunderhaltung im Alltag zu fördern, ebenso Maßstäbe für eine gute soziale Umwelt und die Entwicklung neuer grüner Infrastrukturen geschaffen.

Im Herzen der Stadt entstand 2016 eine Bewegungs- und Begegnungsanlage auf dem ca. 11.000 Quadratmeter großen Areal des alten Postgartens beidseits der Elsenz. Diese innerstädtische zentrale Grünanlage aus den 1960er-Jahren mit marodem Wasserbecken aus Beton, einem Wegekreuz für Fußgänger und Radfahrer, einem kleinen Kinderspielplatz und Raum für Skulpturen im Stadtpark, war sehr in die Jahre gekommen.

Zudem floss die Elsenz in ihrem zugewachsenen und mit Holzpfählen kanalisierten Flussbett durch den Postgarten und kein Mensch beachtete sie. Der Fluss spielte an dieser Stelle für die Naherholung keine Rolle.

Diesen Postgarten bot die Stadt Sinsheim im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens 2013 der Dietmar Hopp Stiftung an, um daraus eine der 18 "alla hopp!"-Bewegungs- und Begegnungsanlagen in der Metropolregion Rhein-Neckar zu entwickeln, welche die Stiftung des SAP-Mitbegründers zwischen 2014 und 2017 fördert.

Sinsheim profitiert heute in sehr hohem Maße davon, dass zeitgleich mit dem "Go" der Dietmar Hopp Stiftung für eine "alla hopp!"-Anlage die Finanzierung der Elsenzrenaturierung durch den Zweckverband Hochwasserschutz gesichert wurde. So kam es auch zu einem gelungenen Beispiel für interdisziplinäre Zusammenarbeit: Unser Büro Elke Ukas Landschaftsarchitekten bdla, Karlsruhe, war zuständig für die

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Die alten erhaltenen Parkbäume bilden den Rahmen für die neue Anlage, die offene Liegewiese und die Zugänge zur Elsenz verstärken die räumliche Situation. Foto: Büro Elke Ukas
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Der Wasserspielplatz neben rollstuhlgerechtem Aufgang zur Rutsche fördert die Inklusion auf der Anlage. Foto: Büro Elke Ukas

Umgestaltung des Gesamtgeländes und das Ingenieurbüro Willaredt aus Sinsheim plante den Hochwasserschutz und damit auch die Renaturierung der Elsenz. Mindestböschungsprofile der Wasserbauingenieure wurden unter den Gesichtspunkten der Zugänglichkeit und Integration in den neuen Stadtpark durch die Landschaftsarchitekten weiterentwickelt.

Nicht nur der technische Aspekt war integraler Bestandteil der Anlage. Ein wichtiger Teil des Integrationsprozesses waren im Besonderen der Bezug auf die umliegenden Wohnbereiche für alte und betreute Menschen, der Bezug zur Steinsbergschule für geistig behinderte Menschen und die Nähe zu umliegenden Kindertagesstätten.

So wurde aus dieser Anlage das, was das Hauptanliegen der Dietmar Hopp Stiftung ist, die Menschen allen Alters zur Begegnung und Bewegungsförderung im Alltag zusammen zu bringen. Die Landschaftsarchitektur ist Teil der Baukultur, die für Menschen Räume schafft und gestaltet, die prägend für einen Ort sind. Der Freiraum soll für die Menschen im alltäglichen Umfeld eine angenehme Atmosphäre schaffen, in dem sie sich einfach nur wohlfühlen und deshalb immer wieder an diesen Ort kommen. Der soziale Aspekt, das Treffen mit Freunden, Familie und Bekannten und das persönliche Erleben ist dabei wesentlich. Die Anlage in Sinsheim wurde landschaftsarchitektonisch als Park geplant, in den sich die Begegnungs- und Bewegungsanlage einfügt. Eine imposante Trauerweide mit Ihren bodennahen Asten, prächtige Ahornbäume, alte Eiben und Zierkirschen wurden um neue gewässerbegleitende Gehölze von Trauerweiden und Erlen sowie neuen Zierkirschen, Ahorne und einem Blauglockenbaum im Park ergänzt.

Das Thema Wasser spielt in diesem "alla hopp!"-Konzept eine besondere Rolle: Die Besucher sollen selbst Hand anlegen. Sie fördern Wasser mit Kurbelrädern, einer Lauftrommel oder einer Spiel-Feuerwehrpumpe. Ein kleiner Fontainenplatz, ein Bachlauf und der Matschplatz für Kleinkinder werden so betrieben. Der naturnahe Bereich und dadurch die Wiedererlebbarkeit der Elsenz rundet das Spielen und Verweilen an flachen Böschungen und Zugängen zum Gewässer ab. Vielfältige Bewegungslandschaften geformt aus Stein- und Wiesenhügeln, aus spielerischen Laufstrecken in Wellenform ohne Ecken und Kanten, ein circa 300 Meter langer Rundlauf über Baumstämme und eine Trailtreppe, der blaue Trampolinhügel, ein Bewegungsparcours und eine große Spielelandschaft aus Holz fördern und fordern Kleine und Große, Menschen mit und ohne Behinderung heraus. Sie können laufen, klettern, balancieren oder rutschen.

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Vor dem Umbau in 2015 Bewohner des benachbarten betreuten Wohnens auf dem täglichen Weg durch den Postgarten. Foto: Büro Elke Ukas
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Viele neue Sitzgelegenheiten aus Holz und Naturstein am Sinnesgarten für die Senioren. Foto: Büro Elke Ukas

Die Anlage fördert mit ihren auf Modulen aufgebauten Abschnitten die Koordination und Fitness, Beweglichkeit und Motorik für alle Altersstufen - ob niedrig- oder höherschwellig - vom Kleinkind bis zum Senior.

Der Seniorengarten auf der Südseite der Anlage direkt an der Elsenz lädt die Besucher mit farbigen und duftenden Hochbeeten, unterschiedlich hohen Sitzmöglichkeiten, einem Boule-Platz und schönen Aussichten auf die Parkanlage zum Verweilen ein. Hier sind auch ein Familienkarussell mit barrierefreiem Zugang für Rollstühle und ein Summstein integriert. Das Alten- und Pflegeheim Katharinenstift mit betreutem Wohnen grenzt direkt an.

In der rund einen Hektar großen Parkanlage werden Bewegungsmodule und Räume zum Begegnen und Entspannen durch Wege vernetzt und gleichzeitig mit der Innenstadt und dem Wiesental verbunden.

Im Bewegungsparcours - Modul 1 - bieten sich für alle Generationen viele Möglichkeiten, Kraft, Ausdauer, Gleichgewicht, Beweglichkeit und Koordination in unterschiedlichen Anforderungsgraden zu trainieren. Sport- und Bewegungsgeräte wurden in der Auswahl und Abfolge nach sportwissenschaftlichen Gesichtspunkten sowie in Abstimmung mit den Senioreneinrichtungen Sinsheim zusammengestellt.

Ein Kinderspielplatz für die Jüngsten bei jedem Wetter - Modul 2 - hält Spielmöglichkeiten bereit, die die Motorik und die Kognition für Kinder bis circa sechs Jahre ansprechen. Eine kleine modellierte Landschaft mit Sandflächen, Wasserspiel, Kletterhölzern, Kunststoffbelägen, Hangelseilen, und Baumstämmen regt sie zum kreativen Spielen, Bewegen und Entdecken an. Der Kunststoffbelag schafft einen Parcours für kleine Fahrzeuge und zum Laufen. Ein circa 100 Quadratmeter großer nach drei Seiten offener Pavillon schützt vor Regen und Sonne.

Der naturnahe Spiel- und Bewegungsplatz für Schulkinder - Modul 3 - lädt zum Bewegen, Erforschen und Austoben ein. Hier finden sich Hölzer, Seile, Schaukeln, Rampen und ein Treppenturm. Kinder sollen auf verschiedenen Ebenen klettern, balancieren, laufen und hangeln. Elemente zur Wasserförderung- und Wasserspiel bereichern den Aktionsraum.

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Die wellige Laufbahn bedarf noch mehr Achtsamkeit in puncto Koordinierung und Geschicklichkeit. Foto: Büro Elke Ukas
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Die Beteiligungen unterschiedlicher Altersgruppen gingen den Planungen vorweg. Foto: Büro Elke Ukas

Der Aufgang zum Kletterturm ist barrierefrei mit Rampen gestaltet und dadurch gleichzeitig ein gemeinsamer Spielpunkt für Kinder mit und ohne Behinderungen.

Die Hauptwegeverbindungen durchlaufen die Parkanlage in Nord-Süd und Ost-West Richtung. Parallel zu den Wegen erweitern Nutzungsangebote die bewusste Förderung von Bewegung und Koordination. Wiesenflächen und Sitzmöglichkeiten schaffen Rückzugsorte. Die Elsenz erhält durch die Öffnung eine neue Sicht- und Erlebbarkeit, die die Parkanlage in vielen Aspekten bereichert. Kunstobjekte eines früheren Kunstsymposiums und die historischen Torbögen vom Anfang des 17. Jahrhunderts wurden an den Originalstellen erhalten und integriert.

Die Parkanlage mit der "alla hopp!"-Bewegungs- und Begegnungsanlage ist nicht umzäunt und jederzeit zugänglich. Die Module sind zu Großteilen mit Schildern zur Anleitung für die jeweilige Bewegungsförderung ausgestattet. Der Umgang mit der Natur wird spielerisch erklärt. Alle Wegeverbindungen sind barrierefrei angelegt. Teilbereiche der Spiel- und Bewegungsräume sind rollstuhlgerecht gestaltet. Wegen der hohen Resonanz in der Sinsheimer Bevölkerung und vieler weit anreisender Nutzer ist der Park sehr stark frequentiert. Die Anlage darf daher in der Nacht zwischen 22 und 6 Uhr nicht benutzt werden.

Der Park entstand in einem drei Monate langen Beteiligungsprozess mit benachbarten Schulen und Kindergärten, mit einer Förderschule für geistig Behinderte sowie mit vielen Jugendlichen und Seniorengruppen der Stadt unter Federführung unseres Büros.

Es gab Pflanzaktionen für Senioren, Schaufelaktionen für Kinder sowie eine ständige Kommunikation zwischen Stiftung, Stadtverwaltung und Bevölkerung, dazu noch eine große Baustellenbegehung. All das hat das Interesse der Menschen schon in der frühen Phase geweckt und es hat Bürgerinnen und Bürger auf dem Weg zur Fertigstellung mitgenommen.

Projektdaten

"alla hopp!"-Anlage
Elke Ukas Landschaftsarchitekten bdla76137 Karlsruhe, Planung Lph 1-8Bearbeitungszeit: Juli 2015 bis Juli 2016Baukosten. 2 Millionen Euro brutto

Renaturierung der Elsenz mit Hochwasserschutz: Willaredt Ingenieure GbR, 74889 Sinsheim

Pavillons: Vorfelder Architekten- und Planungsgesellschaft mbH, 69190 Walldorf

Landschaftsbauarbeiten: bau+grün AG, Sinzheim

Spielbereiche, Wasserspielgeräte: ESF Emsland Spiel- und Freizeitgeräte GmbH+Co KG, Geeste

Sitzauflagen, Baumelbank: L. Michow+Sohn GmbH, Hamburg

Geländer: Schlosserei Herzog-Körber GmbH, Sinsheim

Schilder: Schicke Werbung, Frankfurt

Pavillons: NintegrA GmbH, Stuttgart

Elektroversorgung/Beleuchtung: Netze BW, Sinsheim

Wasserversorgung/Spielgeräte: AB Haustechnik, Wald-Michelbach

Wasserversorgung: Stadtwerke Sinsheim

Hochwasserschutz: Klaus Reimold GmbH, Gemmingen

Ingenieurbüros: Projektsteuerung: Codema International GmbH, Offenbach
Wasser- und Elektroversorgung, Wasserspielgeräte: Ingenieurbüro Gaberdiel GmbH, Leimen
Sigeko: hci Hennig Consulting Immissionsschutz, Heidelberg
Vermessung: IB Lamberger, Sinsheim
Bodengutachter: IB Töniges, Sinsheim

Weitere: Showmaker Entertainment, Bensheim TÜV Süd, Garching

Dipl.-Ing. Elke Ukas
Autorin

Elke Ukas Landschaftsarchitekten GmbH, bdla

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