Vom Bürgerpark vor der Stadt zum kommunalen Stadtpark

125 Jahre Wiener Türkenschanzpark

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Volksparks Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Der untere Teich im Erweiterungsteil. Foto: Christian Hlavac

Im September 2013 feiert der Türkenschanzpark seinen 125. Geburtstag. Die Großgrünanlage im Nordwesten der Stadt befindet sich auf ehemaligen Schanzen und an der Stelle eines einst großen Sandabbaugebietes. Im Jahre 1872 war auf Anregung des Architekten Heinrich von Ferstel (1828-1883) der Wiener Cottage-Verein gegründet worden, um die Idee des mittelständischen Wohnens im Grünen auf der Türkenschanze zu verwirklichen. Von dem Verein ging auch die Initiative zur Schaffung eines "Volksparks" aus. Das Projekt wurde sowohl von privater als auch öffentlicher Seite finanziell unterstützt. Kaiser Franz Joseph I. höchstpersönlich eröffnete am 30. September 1888 den rund 50.000 Quadratmeter großen, im landschaftlichen Stil gehaltenen Park. Da der eigens gegründete Parkverein nach der Fertigstellung mit großen finanziellen Problemen kämpfte, übernahm die Gemeinde Wien 1892 den Park und die Schulden des Vereins.

1908 beschloss der Wiener Gemeinderat, den Türkenschanzpark durch Einbeziehung der bestehenden, benachbarten Sandgrube im Westen zu vergrößern. Der neue Teil des Türkenschanzparks mit einer Fläche von fast 100.000 Quadratmeter wurde am 11. Oktober 1910 durch den Wiener Bürgermeister eröffnet. Der zweite Teil des Parks wurde im selben Stil angelegt wie der ältere Teil. Er ist mit ihm so harmonisch verbunden, dass die einstige Verbindungsgrenze heute nicht mehr zu erkennen ist. Charakteristisch für den Park sind die zahlreichen botanischen Besonderheiten und Raritäten, welche die Lehrenden und Studierenden der nahe gelegenen Universität für Bodenkultur für die botanische Ausbildung nutzen. Der Türkenschanzpark ist wegen seiner Teichanlagen, Wasserfälle, Springbrunnen und vielseitigen Bepflanzung bei der Bevölkerung bis heute als Ziel für Spaziergänge sehr beliebt.

Der Name "Türkenschanze" für das einst "Hohe Warte" bezeichnete Gebiet kam spätestens Ende des 17. Jahrhundert auf und bezog sich auf eine 1683 von den Osmanen rasch errichtete Schanze, die dem Vordringen des Entsatzheeres auf Wien Einhalt gebieten sollte. Bis zum Jahre 1885 befand sich auf der Geländeerhebung - einer Donauterrasse - ein Sand- und Schotterabbaugebiet, das nach dem Besitzer, dem Fuhrwerksunternehmer Severin Schreiber die "Schreiber'sche Sandgrube" genannt wurde. Die Grube deckte den gewaltigen Bedarf an Baumaterialien für die Erweiterung der Stadt Wien, die mit dem Abriss der alten Umwallung der Stadt 1858 begann.

Der noch nicht abgebaute östliche Teil dieses Gebietes war wegen seiner pannonisch geprägten Flora bekannt und wegen seiner schönen Aussicht auf Wien von den Bewohnern der Vororte Währing und Ober-Döbling sehr geschätzt. Berichte aus dem späten 19. Jahrhundert beschreiben die Gegend der Türkenschanze als wüst und unwegsam. Der östliche Teil der Türkenschanze war "verwildert" und kaum erschlossen.

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Bürgerliche Vereine als Motor

Am Beginn der "Wiener Cottage-Bewegung" stand die Stadterweiterung, für die Kaiser Franz Joseph I. Ende 1857 den Startschuss gab. Die Erweiterung der Stadt hatte ein privatwirtschaftlich orientiertes Fundament: Für die privaten Käufer von Grundstücken in den Vorstädten - und später in den Vororten Wiens - stand die Rentabilität im Vordergrund. Resultat war in vielen Fällen das gründerzeitliche Wiener Mietshaus, die sogenannte "Zinskaserne". Größtmögliche Bebauungsdichte und hohe Verzinsung des eingesetzten privaten Kapitals waren das Ziel. Der Architekt Heinrich Ferstel war einer der wenigen, der sich Gedanken über die Verbesserung der Wohnmöglichkeiten der Mittelschicht machte. Auf Reisen hatte er die Wohnsituation in England kennengelernt, und versuchte nun, das englische Einfamilienhaus den Wiener Verhältnissen anzupassen. Die Ideen mündeten 1872 in der Gründung eines Cottage-Vereines, dem Heinrich Ferstel bis zu seinem Tod vorstand. Die Zielgruppe der Bewegung war die sogenannte mittelständische Familie, die in einem eigenen Haus - dem Einfamilienhaus - wohnen sollte. Der gemeinnützige Zweck des Vereines war die "Herstellung gesunder und billiger Familienhäuser sammt Gärten in Wien". Zum Modellfall wurde das Cottage aufgrund der Vorschriften bezüglich Hausbau und Garten: frische Luft, freie Aussicht, uneingeschränkte Belichtung, kein angrenzendes Gewerbe, welches eine Geruchs- oder Lärmbelästigung darstellen könnte, so lauteten die Vorgaben für die Architekten und die Mitglieder des Vereines, die Bewohner. Auf Grund des Gesamtkonzepts und der Rahmenbedingungen - zum Beispiel der hohen Kosten - war es nicht verwunderlich, dass sich nur begüterte Personen die Einfamilienhäuser leisten konnten.

Die Anlage des Türkenschanzparks ist ohne diese Cottagebewegung - und insbesondere die beiden Architekten Heinrich von Ferstel und Carl Ritter von Borkowski als spiritus rectores - nicht verständlich. Denn aus dem Kreis der Cottage-Vereinsmitglieder konstituierte sich im April 1883 unter dem Vorsitz Ferstels ein "Comité zur Anlage eines öffentlichen Parkes auf der Türkenschanze". Für den Park waren Grundstücke gleich neben dem Cottage-Viertel vorgesehen. Die Lage am Rand des neuen Wohnviertels ist zwei Ursachen geschuldet: Erstens standen ausreichend unverbaute Grundstücke zur Verfügung. Zweitens konnte auf zahlreiche Geldgeber in Form von großbürgerlichen Cottage-Vereinsmitgliedern zurückgegriffen werden.

Zur Durchführung des Vorhabens wurde im August desselben Jahres ein eigener "Verein zur Errichtung eines öffentlichen Parkes auf der Türkenschanze" gegründet. Die Aktivitäten des Vereines müssen - wie die Cottage-Verein-Forscherin Renate Schweitzer betonte - gemeinsam mit der baulichen Entwicklung Wiens betrachtet werden. Diese verlief seit der Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem in westlicher Richtung auf den Wienerwald zu. Auf Grund dieser Entwicklung stellte man damals folgende Prognose: "Die Nothwendigkeit eines großen Volksparkes für die westlich gelegenen Stadttheile und Vororte war übrigens schon in den bestehenden Verhältnissen gegeben, wenn man sich die Entwicklung der Stadt Wien in den letzten Jahrzehnten vor Augen hält. Es konnte ja keinem aufmerksamen Beobachter entgehen, daß sich der Schwerpunkt der Reichshauptstadt immer mehr und mehr gegen Westen zu verschieben begann [...]. [M]an denke nur [...] , daß sich [...] in den Bevölkerungs- und Lebensverhältnissen eine Veränderung vollzieht, die sich, kurz gesagt, als successives, aber unaufhaltsames Vordringen nach dem Westen charakterisiren läßt. So rückt denn für ein Auge, das in die Zukunft zu dringen sucht, die scheinbar etwas entlegene Türkenschanze direct in die Lebens- und Interessensphäre der Reichshauptstadt hinein."

Obwohl die Idee eines "Volksparks" auf der Türkenschanze - im Gegensatz zum Stadtpark an der Wiener Ringstraße - einer privaten Initiative entsprang und in den ersten Jahren unzureichend finanziert war, sodass in absehbarer Zeit keine Aussicht auf Verwirklichung bestand, fand das Projekt rasch Sympathien in der (regionalen) Bevölkerung und bei öffentlichen Institutionen. Private unterstützten den Verein durch Mitarbeit, Spenden und Werbeaktionen, und öffentliche Körperschaften und Fonds beteiligten sich an der Finanzierung. Unter den Sachspendern für den Türkenschanzpark fanden sich auch Firmen aus der "grünen" Branche: die Baumschule von Sanssouci und die Gärtnerei Gebrüder Siesmayer sind namentlich aktenkundig. Teile der Gehölze und Blumen kamen von Vereinsmitgliedern und Gönnern, zum Beispiel Laubgehölze von Erzherzog Joseph und Fürst Schwarzenberg. Nadelhölzer sollen aus einer Baumschule in Metz (Lothringen) und weitere Sachspenden für die gärtnerische Ausgestaltung von Baumschulen in Erfurt und Utrecht stammen.

Trotz - teils jährlicher - Zuschüsse von staatlicher Seite war der Verein nicht in der Lage, die benötigten Mittel zum Erwerb der Grundstücke für die Parkanlage selbst aufzubringen. Zwei Privatleute kauften aus eigenen Mitteln von fast 85.000 Gulden vom Ehepaar Schreiber rund 72.000 Quadratmeter Fläche auf der Türkenschanze. Die beiden stellten dem Verein den Betrag als zinsfreies Darlehen zur Verfügung. Somit konnte 1885 der beauftragte Wiener Stadtgärtner Gustav Sennholz - ein gebürtiger Frankfurter - unter Assistenz von Carl Gustav Swensson mit der Planung und Umsetzung beginnen. Der Park mit einer Fläche von 50.000 Quadratmeter wurde auf hügeligem Gelände im zeittypischen, landschaftlichen Stil angelegt und erhielt ein Restaurant, zwei Musikpavillons und einen Aussichtsturm. Bemerkenswert ist, dass der Park bei seiner Fertigstellung kaum Nachbarn hatte. Einzig die bereits gebauten Villen des Cottage-Viertel grenzten an ihn. Heute ist der gesamte Park von Wohn- und Universitätsgebäuden umringt.

Der Parkverein hatte die Grünanlage zeitgerecht zum 40-jährigen Regierungsjubiläum von Kaiser Franz Joseph I. fertig stellen können, kämpfte jedoch mit enormen finanziellen Schwierigkeiten: Für die Herstellungs- und Instandhaltungskosten war das gesamte durch Spenden und Zuschüsse aufgebrachte Kapital verbraucht, und die Darlehen der beiden Privatpersonen waren noch nicht zurückbezahlt. In dieser Situation kam die kommunalpolitische Veränderung - die Eingemeindung der Vororte in die Gemeinde Wien - dem Verein zugute. Die Gemeinde Wien übernahm den Türkenschanzpark mit allen Schulden in ihr Eigentum.

Die Parkerweiterung

Bereits bei der Anlegung des ersten Teils des Türkenschanzparks war von einigen Seiten an eine Erweiterung der Grünanlage Richtung Westen gedacht. Die finanzielle Situation des Parkvereines ließ eine Realisierung dieses Wunsches in den 1880/90er-Jahren jedoch aussichtslos erscheinen. Mit der Übernahme des Parkgeländes durch die Stadt Wien änderten sich jedoch die städtebaulichen und finanziellen Vorzeichen.

Da die Türkenschanze mit Ausnahme der mit Bauverbot belegten und genutzten Sandgrube immer noch als Baugebiet galt, war es erklärlich, dass im Jahr 1896 die Grubenbesitzer einen Antrag auf Aufhebung des Bauverbots und auf Parzellierung und Verbauung ihrer Gründe auf der Türkenschanze stellten. Das Stadtbauamt zögerte die Entscheidung jedoch hinaus. Ein neuer Regulierungsplan für die Türkenschanze brachte Bewegung in die Sache. Das Stadtbauamt stellte die vorhandene Topographie des Gebietes klar als Entscheidungsgrundlage heraus. Das Sandgrubengelände wies nämlich Niveauunterschiede bis zu 32 Meter auf; eine regelmäßige Bebauung schloss das Stadtbauamt daher aus.

Mit dem 1902 beschlossenen Regulierungsplan war jenes Areal der Türkenschanze, welches zur Erweiterung des Parks bestimmt wurde, endgültig von der Bebauung ausgeschlossen. Aber es befand sich nach wie vor in Privatbesitz. Es begann nun ein sich über Jahre hinziehender Kampf um den Verkauf der Sandgrube, der schließlich 1908 im Verkauf einer Fläche von 96.000 Quadratmeter an die Gemeinde mündete.

Der spätere Stadtbaudirektor Heinrich Goldemund (1863-1947) arbeitete gemeinsam mit Stadtgartendirektor Wenzel Hybler (1847-1920) das Detailprojekt aus, zu dem sich Goldemund vom Pariser Parc des Buttes Chaumont anregen ließ, über den er - als er sich anlässlich der Weltausstellung im Jahre 1900 dienstlich in Paris aufhielt - geschrieben hatte: "Von den übrigen öffentlichen Gärten wären noch besonders der [...] an der Gürtelbahn gelegene Parc des Buttes Chaumont hervorzuheben. [...] Er ist eine Sehenswürdigkeit wegen der glücklichen Weise, in der Schutthalden und alte aufgelassene Steinbrüche in einen herrlichen Park umgewandelt wurden." Nicht nur die vorherige Nutzung als Materialgewinnungsstätte für Baustoffe und die ausgeprägte Topographie lassen Ähnlichkeiten mit dem später errichteten Türkenschanzpark erkennen: Durch den Park Buttes-Chaumont verläuft ebenfalls eine Eisenbahntrasse, die abgestützt durch Mauern, den Park durchquert, teils offen, teils durch einen Tunnel.

Die Stilfrage

Trotz heftiger Kritik in mehreren Tageszeitungen und der Tatsache, dass in Wien zu jener Zeit das formale gartenarchitektonische Stilprinzip Anwendung fand, wurde der im Oktober 1910 eröffnete neue Teil ebenfalls im "Naturstil" angelegt. Cordula Loidl-Reisch hat bezüglich der Gestaltung des neuen Teils des Türkenschanzparks auf einen wesentlichen Aspekt hingewiesen: Die Wahl der Gestaltung des Erweiterungsteiles war dem Faktischen geschuldet - der topographischen Rahmenbedingungen eines ehemaligen Abbaugebietes und dem bereits existierenden landschaftlich-malerischen Parkteil.

Bei der Erweiterungsfläche lag die Kunst darin, den großen Niveauunterschied von 20 Metern im Gelände mit einer geeigneten Gestaltung auszugleichen. Schnell wurde klar, dass dies nur durch große Abgrabungen von Material und neue Anschüttungen möglich ist. Dies war notwendig, um einerseits den Naturgesetzen entsprechend die Teiche an die tiefsten Stellen zu legen, andererseits eine harmonische Verbindung mit dem bereits bestehenden Park zu schaffen. Die Materialbilanz zeigt die Materialbewegung deutlich: So wurde an Ort und Stelle rund 40 600 Kubikmeter Material abgegraben und auf dem neuen Terrain wieder verwendet, während zusätzlich noch die Zufuhr von rund 130.000 Kubikmeter Material notwendig war.

Mit Fertigstellung des zweiten Teiles war der Türkenschanzpark auf 150.000 Quadratmeter vergrößert worden und somit der größte öffentliche Park von Wien. Durch die Vergrößerung wurde der Türkenschanzpark zur bedeutendsten öffentlichen Grünfläche für die nordwestlichen Stadtbezirke. Als in den 1920er-Jahren die Nutzbarkeit des Türkenschanzparks für Kinder intensiviert werden sollte, errichtete man 1926 ein Kinderfreibad im größten Teich des neuen Parkteils. Da die Sanierung des Kinderfreibades zu viel gekostet hätte, ersetzte man das Kinderfreibad 1991/1992 durch einen Lehrteich ("Biotop"), der seit einigen Jahren verfällt.

Neben Dutzenden Laubgehölzarten setzte man bereits beim ersten Teil des Parks relativ viele Nadelgehölze, wie Fichten, Kiefern, Lärchen und Tannen. Mehr als 400 verschiedene Gehölzarten wurden im Sinne eines Arboretums gepflanzt. Im ersten Quartal des 20. Jahrhunderts galt der Türkenschanzpark noch immer als botanische Sehenswürdigkeit: "Bäume aus dem fernen Osten, Japan und China, aus dem Kaukasus und den Gebirgen Kleinasiens wurzeln friedlich neben solchen aus Kanada oder dem Felsengebirge des wilden Westens." Aufgrund des ungünstigen Untergrundes, nämlich wasserdurchlässigen Sandes, musste jedoch im neuen Parkteil eine Unmenge lehmiger und humusreicher Erde aufgebracht werden, um gute Wachstumsmöglichkeiten für Bäume zu schaffen. Das Wegesystem war und ist noch heute durch einen Umfassungsweg und zahlreiche geschlungene Wege ("Brezelwege") geprägt, die den Park größer erscheinen lassen, als er tatsächlich ist.

Bauwerke im Türkenschanzpark

Optisch herausragend war vor allem zu Beginn die 1888 errichtete Aussichtswarte, welche die kleinwüchsigen Bäume weit überragte. Der Rohziegelrundbau mit horizontaler Gesims- und Ziegelfriesgliederung und einem Fachwerkobergeschoß diente nicht nur als Aussichtswarte sondern auch als Wasserspeicher.

Die nach der Gönnerin des Parkvereins Fürstin Pauline Metternich-Winneburg zu Beilstein benannte Paulinenwarte war seit den 1970er-Jahren behördlich gesperrt. Nach langen politischen Diskussionen über die Frage, wer die Kosten einer Sanierung der Aussichtswarte übernehmen kann und sollte, erfolgte eine Sanierung. Die Kosten in der Höhe von 673.000 Euro wurden zu je einem Drittel durch die Umweltabteilung der Stadt Wien, den Bezirk Währing und den Wiener Altstadterhaltungsfonds getragen. Seit Sommer 2010 ist die Paulinenwarte wieder geöffnet. Sie ist derzeit an sechs Wochenenden im Jahr zugänglich. Im Jahr 2012 zählte man - bei einer Eintrittsgebühr von 50 Cent (!) - knapp 2200 Besucherinnen und Besucher.

Mit der Anlage des ersten Teiles des Türkenschanzparks errichtete der Parkverein auch ein - bezogen auf die Gesamtfläche des Parks - großes Cáfe-Restaurationsgebäude mit zwei an beiden Seiten des Restaurantgebäudes anschließenden Musikpavillons, die den Gastgarten optisch begrenzten. Da die Besucherzahl im Restaurant (vor allem im Winter) unerwartet groß war, mussten die Räumlichkeiten bereits im Jahr 1905 erweitert werden. Die Restauration, die zuerst an die Münchner Pschorrbrauerei verpachtet wurde, war über Jahrzehnte ein Publikumsmagnet. Der Niedergang begann mit dem Zweiten Weltkrieg: Die teils durch Bomben zerstörten Gebäude wurden nicht mehr als Gaststätte genutzt, sondern standen einigen Personen als Wohnraum zur Verfügung. Die Stadt ließ 1955 die Gebäude abreißen.

Im Erweiterungsteil des Parks befindet sich ein 1909/1910 errichteter Wasserfall, der gestalterisch einen Holzpavillon und die beiden unteren Teiche verbindet. Mit dieser Parkpartie wurde der idealtypische alpine Bachverlauf kopiert. Von einer Quelle - die durch den Pavillon optisch betont wird - läuft das Wasser über Felsblöcke in ein kleines Becken. Von dort gelangt das Wasser unter einer Brücke zu einer kleinen Kaskade weiter in den ersten Teich, der die voralpine Ebene symbolisiert. Eine weitere, kleine Kaskade verbindet diesen Teich mit dem untersten Teich, der den Abschluss dieser Bachlandschaft bildet. Der Pavillon wurde im Zuge der notwendigen Sanierung des Wasserfalls Anfang des 21. Jahrhunderts rekonstruiert. Im Zuge dieser Arbeiten stellte man auch die nahe gelegene Alpengartenanlage wieder her. Sie hatte im älteren Parkteil eine Vorgängerin aus dem Jahre 1905, welche ebenfalls im Zuge der großen Renovierungsarbeiten um die Jahrtausendwende erneuert wurde. Nun zieren unter anderem Enzianarten und Küchenschelle (Kuhschelle) das Alpinum nahe der Aussichtswarte.

Die Einfriedung und ihre soziale Dimension

Mit der Eröffnung 1888 war der Türkenschanzpark im Westen durch einen einfachen, dichten Plankenzaun von der Sandgrube getrennt. Die restliche Parkumfassung bestand aus einem Staketenzaun. Dessen bald erforderliche Reparatur rentierte sich nicht mehr, und so wurde 1902 beschlossen, ein neues Einfriedungsgitter anzuschaffen. Dieses vom Wiener Architekten Cesar Poppovits (1876-1938) geplante Gitter wurde 1903 ausgeführt. Neben dem Parkgitter mit Jugendstilornamenten stechen die Eingänge zum Park optisch hervor: Sie wurden durch große Steinpostamente mit Inschrift und architektonischem Schmuck markiert.

Die Einfriedung mit einem Zaun beziehungsweise Gitter schirmte von Beginn an den Straßenraum von der Grünfläche ab. Aus sozialer Sicht ist die Diskussion über eine nächtliche Sperre der Anlage interessant, die spätestens mit "Vandalenakten" in den 1950er-Jahren begann. Verstärkt ab den 1980er-Jahren wurde über diese mögliche Sperre in der Tagespresse und den offiziellen Aussendungen der Stadt berichtet. 1991 dachten Politik und Verwaltung intensiver darüber nach, den Türkenschanzpark - wie andere 24 öffentliche Wiener Parkanlagen davor - in der Nacht zu schließen, um Schäden zu verhindern. Trotz zahlreicher Kritik - auch von Seiten der Studenten der nahen Universität für Bodenkultur - wurden im Jahr 1992 in Summe 14 Eingangsbereiche umgebaut. Zwei Drehtore ermöglichen es seither, den Park nach der Sperrzeit (22 Uhr) zu verlassen. Seit einiger Zeit ist die Sperre wieder aufgehoben.

Die letzten Jahre

Ausschlaggebend für Veränderungen am Erscheinungsbild in den letzten Jahrzehnten waren ungebremstes Wachstum von Pflanzen, zusätzliche Pflanzungen, sowie bauliche Eingriffe (vor allem bei den Kinderspielplätzen). Mit dem von Cordula Loidl-Reisch verfassten "Parkpflegewerk Türkenschanzpark" (1993) lag ein Konzept vor, auf dem die Restaurierungsmaßnahmen ab den späten 1990er-Jahren aufbauen konnten. Dem engagierten Objektleiter Peter Schuster ist es zu verdanken, dass diese Maßnahmen und die laufende Pflege der Bedeutung der Anlage gerecht werden.

Literatur

Hlavac, Christian (2013): Der Wiener Türkenschanzpark - "Ein riesiges grünes Eiland inmitten eines Wiener Villenviertels". In: Die Gartenkunst. Heft 2/2013 (in Druck). Worms.

Loidl-Reisch, Cordula (1995): Wiener Stadtparks um 1900. Am Beispiel von Türkenschanzpark und Elisabeth-Denkmal (Volksgarten). In: Die Gartenkunst. Heft 2/1995, S. 298-308. Worms.

Schweitzer, Renate (1968): Der Türkenschanzpark. Ein Abriß seiner Entstehungsgeschichte. In: Wiener Geschichtsblätter. Verein für Geschichte der Stadt Wien (Hrsg.). 23. Jg. Nr. 2, S. 309-316. Wien.

Schweitzer, Renate (1968): Das Währinger Cottage. Planung und Realisierung. In: Unser Währing. Vierteljahresschrift des Vereins zur Erhaltung und Förderung des Währinger Heimatmuseums. 3. Jg., 1. Heft, S. 2-9. Wien.

Dr.- Ing. Christian Hlavac
Autor

Gartenhistoriker und Gartentouristiker am Zentrum für Garten, Landschaft und Tourismus, Wien

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