"Lasst die Gräber etwas erzählen"

22. Dresdner "Forum Stadtgrün" zum Wandel der Friedhofs- und Trauerkultur

Stadtgrün Friedhöfe
Der Urnenhain in Dresden. Foto: Cornelia Borkert

Beim 22. "Forum Stadtgrün" von Sächsischer Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie (VWA) und dem Dresdner Amt für Stadtgrün und Abfallwirtschaft Dresden standen in diesem Jahr die Friedhöfe im Mittelpunkt.

Unter dem Motto "Friedhöfe - Begräbnis, Begegnung, Kultur, Natur - Alles im Wandel?" gingen Referenten und Tagungsteilnehmer umfassend und aus verschiedenen Perspektiven der Frage nach, warum es diese Veränderungen auf unseren Friedhöfen gibt, wie sie sich auswirken, aber auch welche Chancen sich daraus ergeben können.

Am Beginn der Tagung stand das Referat "Räume der Selbstbestimmung? Abschied und Erinnerung in der individualisierten Gesellschaft" von Matthias Meitzler, Soziologe an der Universität Passau.

Christian Behr, Superintendent des Kirchenbezirkes Dresden-Mitte der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche plädierte für "Friedhof mit Zukunft - Zukunft mit Friedhof" und damit dafür, Friedhöfe als traditionsreiche Orte zu erhalten. Das wird jedoch nur gelingen, wenn man den Wandel als Chance begreift und Veränderungen zulässt.

Olaf Ihlefeldt, Leiter des Südwestkirchhofes Stahnsdorf e. V. nahm die Tagungsteilnehmer mit auf eine fast atemberaubende Reise über "seinen" Friedhof. Der Südwestkirchhof Stahnsdorf ist einer der größten Friedhöfe Deutschlands, mit großen wirtschaftlichen Problemen und einem Förderverein, der für hoffnungsvolle und teils ungewöhnliche Projekte steht, damit dieser Friedhof ein "guter Ort" ist und bleiben kann.

Reinhard Benhöfer, Umweltreferent der Landekirchenamtes Hannover erläuterte, welche Chancen Überhangflächen haben, wenn man sie nachhaltig entwickelt. Diese zum Teil geförderten Projekte bieten die Möglichkeit, die Artenvielfalt zu erhöhen und zugleich die Attraktivität der Friedhöfe und ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern.

Einen ganz anderen Blick auf die Friedhöfe gewährte Prof. Dr. Jan-Michael Lange von den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden. Der Geologe, der mit Studenten bereits zahlreiche Friedhöfe gesteinskundlich kartierte, zeigte, welch großen Schatz an Gesteinen wir auf Friedhöfen finden, die ihrerseits wieder viele Geschichten über die Friedhofskultur, die Gesellschaft und die Menschen erzählen können.

Kerstin König, Referentin für Friedhofsgärtnerei der Sächsischen Landesanstalt für Umwelt und Geologie berichtete, wie ein Schülerprojekt zur Grabfeldgestaltung nicht nur zu neuen Perspektiven bei den Auszubildenden führte, sondern sich fast von selbst zu einer Erfolgsgeschichte für Friedhöfe entwickelte, die die Ideen aufgegriffen und selbst umgesetzt haben.

Ein weiteres Thema war der Friedhof als Arbeitsstätte mit besonderen Anforderungen. Hans-Jürgen Schiffner, Fachbereichsleiter Städtische Betriebe Heidenheim, gab einen Überblick an die Erwartungen und Anforderungen, denen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen müssen. Gelingt es, diese Herausforderungen im Spannungsfeld der verschiedenen Akteure zu meistern, ist das ein wertvoller Beitrag, damit Friedhöfe auch in Zukunft als Orte der Trauer, aber auch als ansprechender Erholungsort wahrgenommen und aufgesucht werden.

Katja Porrmann vom Amt für Stadtgrün und Abfallwirtschaft zeigte mit der Vorstellung des gerade vom Dresdner Stadtrat beschlossenen Friedhofsentwicklungskonzeptes Strategien auf, wie es mit vielen Partnern gelingen kann, eine politisch legitimierte Planungs- und Fördergrundlage zu entwickeln, die als Basis und Steuerungsinstrument zur Erhaltung der Friedhofskultur dient, eine effektive und bedarfsorientierte Haushaltsplanung ermöglicht und Strategien zur Friedhofsentwicklung findet, die dem Wandel in der Bestattungskultur, dem Flächenüberhang und dem Anspruch an die Erhaltung friedhofskultureller Werte Rechnung trägt.

Fazit

Alle Referate, Statements und Diskussionsbeiträge des "Forums Stadtgrün" einte die Botschaft, dass es einen gravierenden Wandel in unserer Bestattungs- und Trauerkultur gibt, der vielfältige Spuren im Erscheinungsbild unserer Friedhöfe hinterlässt und der für die Friedhöfe zu ernsthaften wirtschaftlichen Problemen führt. Der drohende Verlust wertvoller Grabkultur, alternative Bestattungsformen außerhalb der Friedhöfe und ökonomische Zwänge sind Tatsachen, die nicht ignoriert oder gar umgekehrt werden können.

Die Botschaft lautet aber auch, dass der Wandel eine Chance ist, Friedhofskultur zu erhalten und gleichzeitig Neues zu entwickeln. Das gelingt am besten mit einem zukunftsfähigen Konzept. Dieses Konzept kann erfolgreich sein, wenn es von allen, denen der Friedhof am Herzen liegt, gemeinsam erarbeitet wird. Friedhofsverwalter, Friedhofsträger, kirchliche Institutionen, kommunale Ämter, Landschaftsarchitekten, Friedhofsgärtner, Steinmetze, Bestatter, Denkmalpfleger, Historiker und Naturwissenschaftler können Partner für diese spannende Aufgabe sein, damit "Gräber auch weiterhin etwas erzählen können".

Das nächste Forum Stadtgrün findet am 28. November 2019 in Dresden statt. Informationen zum Programm unter www.dresden.de/forumstadtgruen

Cornelia Borkert, Landeshauptstadt Dresden, Amt für Stadtgrün und Abfallwirtschaft

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