Nachbarrecht

Abwehranspruch des Nachbarn gegen Blendwirkung einer Photovoltaikanlage

Recht und Normen
Da verbindliche Richtwerte für eine erlaubte Intensität einer Blendwirkung nicht existieren, ist das Maß der Beeinträchtigung extrem Einzelfall abhängig. Foto: Johannes Gerstenberg, pixelio.de

Mit Urteil vom 21.07.2017, Az.: 9 U 35/17 hat das OLG Düsseldorf als Berufungsinstanz entschieden, dass ein Grundstückseigentümer Blendwirkungen, die von der das Sonnenlicht reflektierenden Photovoltaikanlage des Nachbarn ausgehen, nicht dulden muss.

Der Nachbar hatte eine Photovoltaikanlage auf seinem Hausdach errichtet. Diese reflektierte das Sonnenlicht auf eine Art und Weise, die der Kläger nicht mehr als unwesentliche Beeinträchtigung einstufte und die aus seiner Sicht auch nicht mehr ortsüblich war.

Dem folgte das Oberlandesgericht Düsseldorf, hob das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts auf und verurteilte den Nachbarn dazu, die von der Photovoltaikanlage ausgehende Blendwirkung zu beseitigen und künftig zu unterlassen, soweit dadurch die Nutzung des klägerischen Grundstücks wesentlich beeinträchtigt werde.

Von einer wesentlichen Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks ging das OLG Düsseldorf aus, da eine Blendwirkung grundsätzlich eine Eigentumsbeeinträchtigung im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB darstellen könne und es sich dabei nicht um eine bloße Natureinwirkung handele. Maßgeblich dafür sei die Umlenkung der Sonnenstrahlen durch die Photovoltaikanlage.

Eine Duldungspflicht des Klägers liege nicht vor, denn bereits in der erstinstanzlichen Beweisaufnahme sei eine hohe Intensität der Lichtreflexe, eine lange Dauer der Blendwirkung und eine erhebliche Beeinträchtigung der Nutzung der klägerischen Grundstücks nachgewiesen worden. Im Rahmen eines Sachverständigengutachtens wurde ermittelt, dass bei 208 Kalendertagen einer möglichen Einwirkung an 137 Tagen eine hohe Blendwirkung und an 104 Tagen eine besonders hohe Blendwirkung erreicht werde. Blendwirkungen in Haus und Garten seien an 110 Tagen mit hoher Einwirkintensität und an 84 Tagen mit sehr hoher Einwirkintensität bei einer Einwirkdauer von ca. eine Stunde zu verzeichnen. Werde nur das Haus betrachtet, so seien an 69 Tagen eine hohe Blendwirkung und an 54 Tagen eine sehr hohe Blendwirkung mit einer Einwirkdauer von rund eine Stunde zu verzeichnen.

Dies führte nach dem Sachverständigengutachten zu räumlich erheblichen, über die gesamte Grundstücksbreite reichenden Einwirkungen von bis zu zwei Stunden pro Tag an mehr als 130 Tagen im Jahr in beiden Geschossen des Hauses. Um dieser Blendwirkung zu entgehen, hätten die Kläger die Fenster blendfrei verschließen und im Außenbereich Aufenthaltspositionen mit Blickrichtung auf die Photovoltaikanlage vermeiden müssen. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass eine generelle Abwehr der Blendwirkung im Außenbereich allenfalls kurzfristig und räumlich nur begrenzt möglich sei, was zu weitergehenden Nutzungseinschränkungen führe.

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Rechte Dritter sind auch bei der Installation von Photovoltaikanlagen zu beachten. Foto: Rainer Sturm, pixelio.de

Das OLG beschäftigte sich nicht mit der Frage, ob und inwieweit der Kläger die Möglichkeit hat, durch eigene Maßnahmen Blendungen abzuwenden. Darauf komme es aus Rechtsgründen bei dem Vorliegen von erheblichen Beeinträchtigungen nicht an. Zudem sei die maßgebliche Ursache der Blendwirkung in der erheblichen Dachneigung des Hausdachs des Beklagten zu erkennen.

Die von der Photovoltaikanlage ausgehende wesentliche Beeinträchtigung sei nicht ortsüblich. Dies lasse sich auch nicht mit der gesetzgeberischen Wertentscheidung zugunsten von erneuerbaren Energien begründen. Damit sei kein Freibrief für die Installation von Photovoltaikanlagen ohne Rücksicht auf die Beeinträchtigung von Rechten Dritter getroffen worden. Entscheidend sei, ob eine Mehrheit von Grundstücken in der Umgebung mit einer nach Art und Maß etwa gleichen Einwirkung benutzt werde. Dies war vorliegend nicht der Fall, da im betreffenden Wohngebiet keine Photovoltaikanlage mit einer vergleichbaren Blendwirkung betrieben wurden.

Da verbindliche Richtwerte für eine erlaubte Intensität einer Blendwirkung nicht existieren, das Maß der Beeinträchtigung also extrem einzelfallabhängig ist, urteilte das OLG Düsseldorf nur mit der allgemeinen Formulierung, der Beklagte habe geeignete Maßnahmen zu treffen, damit von seiner Anlage keine Blendwirkungen mit einer wesentlichen Beeinträchtigung des Nachbargrundstückes mehr ausgingen. Die Abgrenzung zu zulässigen unwesentlichen Einwirkungen sei erst nach der Durchführung solcher Maßnahmen möglich.

Dieses Urteil zeigt, dass Natureinwirkungen im Sinne des § 1004 BGB nicht mehr vorliegen, wenn Sonnenlicht reflektiert, gebündelt oder umgelenkt wird. Selbstverständlich können auch künstliche Lichtquellen einen Unterlassungsanspruch begründen, wenn sie zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Eigentums führen, die nicht ortsüblich ist.

SMNG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Dr. Normen Crass, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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