Eichenprozessionsspinner

Aktuelle Rechtsprechung bejaht Beschluss von 2019

Eichenprozessionsspinner
Von mit dem Eichenprozessionsspinner befallene Bäume: Zum Thema kann von einer gefestigten verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung gesprochen werden. Foto: Nicole Lienemann, Adobe Stock

Aktuell sind mehrere rechtskräftige verwaltungsgerichtliche Entscheidungen zum Eichenprozessionsspinner ergangen, denen gemeinsam ist, dass sie die Zustandsverantwortlichkeit des Grundstückseigentümers für den Eichenprozessionsspinner unter ausdrücklichem Hinweis auf den Beschluss des VGH München vom 11.06.2019 - 10 CS 19.684 -, juris bejahen (entgegen VG Magdeburg, Urteil vom 24.04.2018 - 1 A 94/15 -).

Im klageabweisenden Urteil des VG Bayreuth vom 14.07.2020 - B 1 K 18.645 -, juris geht es um eine gegen die Anordnung zur fachgerechten Entfernung der Gespinstnester des Eichenprozessionsspinners gerichtete Klage des Grundstückseigentümers. Das Gericht schließt sich der vorerwähnten Entscheidung des VGH München an und setzt sich eingehend mit dem - hier bejahten - Erfordernis der Unmittelbarkeit zwischen dem Zustand der Bäume und der Entstehung der Gefahr auseinander, um den Grundstückseigentümer als Zustandsstörer in Anspruch nehmen zu können.

Im Beschluss des OVG Sachsen-Anhalt vom 16.12.2021 -- 3 M 169/21 -, juris im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geht es um die Zustandsverantwortlichkeit des Inhabers der tatsächlichen Gewalt für Gefahren, die von mit dem Eichenprozessionsspinner befallenen Bäumen auf Grundstücken ausgehen, deren Verwaltung der Eigentümer einem Dritten übertragen hat. Das Gericht betont, es gebe keinen grundsätzlichen Vorrang der Inanspruchnahme des Inhabers der tatsächlichen Gewalt gegenüber dem Grundstückseigentümer, der eine Ermessensausübung bei der Störerauswahl entbehrlich mache. Die unterbliebene Ermessensausübung kann nach Ansicht des OVG zwar in einem noch nicht abgeschlossenen Widerspruchsverfahren nachgeholt werden. Im Rahmen eines laufenden Verwaltungsprozesses müsse die Behörde aber eindeutig zu erkennen geben, dass es um eine Änderung des Verwaltungsakts selbst gehe und nicht allein um prozessuales Verteidigungsvorbringen. Wegen der ermessensfehlerhaften Inanspruchnahme allein des Inhabers der tatsächlichen Gewalt über das Grundstück durch die für die Gefahrenabwehr zuständige Behörde war dessen Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss des VG Halle vom 13.08.2021 überwiegend erfolgreich.

Im Beschluss des OVG Sachsen-Anhalt vom 21.12.2021 - 3 M 177/21 -, juris im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geht es um die Zustandsverantwortlichkeit für im Eigentum eines Trägers öffentlicher Gewalt stehende Grundstücke. Das OVG setzt sich ausführlich mit den Anforderungen an die Bestimmtheit einer Ordnungsverfügung auseinander, insbesondere hinsichtlich Art und Umfang der Gefahrenbeseitigungsmaßnahmen, und bejaht diese im konkreten Fall. Von besonderem Interesse gerade für die öffentliche Hand ist aber, dass das OVG bei dieser - anders als im Einzelfall bei Privateigentümern - generell eine Unverhältnismäßigkeit der ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit bei sehr hohen Kosten der Gefahrenbeseitigung ablehnt. Nach Auffassung des OVG sind aus Steuermitteln aufzubringende Kosten entgegen der Ansicht des Landes Sachsen-Anhalt auch dann nicht unverhältnismäßig, wenn es um Kosten in Millionenhöhe für ca. 60.000 zu bearbeitende Eichen auf einer Fläche von circa 300 Hektar geht.

Im Beschluss des VG Gelsenkirchen vom 20.01.2022 - 16 L 1173/21 -, juris im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geht es um unzureichende Sachverhaltsaufklärung durch die Ordnungsbehörde im Hinblick auf konkrete von Nestern des Eichenprozessionsspinners ausgehende Gefahren. Die Ordnungsbehörde hatte der Eigentümerin eines Waldgrundstücks die Beseitigung von Eichenprozessionsspinnern und ihrer Nester auf 21 Eichen auferlegt. Das VG geht im Rahmen summarischer Prüfung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes davon aus, es stehe nicht fest, dass von allen Populationen bzw. Nestern die erforderliche konkrete Gefahr ausgehe. In diesem Zusammenhang ist von besonderem Interesse, dass das VG maßgeblich auf Gesundheitsgefahren für Anlieger abstellt. Für Waldbesucher handele es sich hingegen um eine von diesen hinzunehmende natur- und waldtypische Gefahr. Anders sei dies allerdings im Hinblick auf Passanten, die am Waldrand entlangführende öffentliche Wege nutzen. Mangels hinreichender Sachverhaltsaufklärung durch die Ordnungsbehörde sei nicht ersichtlich, von welchen Populationen oder Nestern im Einzelnen die erforderliche konkrete Gefahr ausgehe. Dies führe zu einer ermessensfehlerhaften und mithin rechtswidrigen Ordnungsverfügung.

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Eichenprozessionsspinner
Die aktuellen Entscheidungen bereichern die Diskussion um wichtige von den Beteiligten zu berücksichtigende weitere Aspekte. Foto: makibestphoto, Adobe Stock

Alle Entscheidungen liegen im Kern auf einer Linie mit dem Beschluss des VGH München vom 11.06.2019 - 10 CS 19.684 -, juris (Urteilsbesprechung Braun, SuG 02/2020, 61) und dem Urteil des VG Neustadt/Weinstraße vom 09.05.2017 - 5 K 566/16.NW -, juris. Folglich kann hinsichtlich der Zustandsstörereigenschaft des Grundstückseigentümers von mit dem Eichenprozessionsspinner befallenen Bäumen inzwischen von einer gefestigten verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung gesprochen werden. Im Übrigen bereichern die Entscheidungen die Diskussion um wichtige von den Beteiligten zu berücksichtigende weitere Aspekte.

Ass. jur. Armin Braun, GVV Kommunalversicherung

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