Alfred Brehms Rosen in Thüringen

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1 Die Brehm\'sche Villa, das Museum Brehms Welt – Tiere und Menschen nach der Generalsanierung (2012–2020) März 2022. Foto: Ralf Lehmann

Stauden als Begleiterpflanzen

Alfred Edmund Brehm, als Forschungsreisender, Zoologe und Verfasser von Brehms Tierleben bekannt, berühmt und umtriebig, verbrachte in seinem Wohnhaus in Renthendorf (Thüringen) wohl hin und wieder entspannte und ruhige Tage, erholte sich von seinen aufreibenden Forschungsreisen und schrieb an seinen Publikationen. Idyllisch gelegen, umgeben von Wäldern und Wiesen, genoss "Tiervater Brehm" seinen Garten, sein "Wäldchen" und - wie wir heute wissen - seinen Rosengarten.

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2 Alfred Edmund Brehm (1829–1884), Forschungsreisender, Tierschriftsteller, Schöpfer von Brehms Tierleben. Abbildung: Archiv Brehms Welt
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3 Sie wurde unter anderem gepflanzt: Rosa \'Salet\' (Lacharme, F. 1854). Abbildung: Archiv Rosarium Sangerhausen, Thomas Hawel
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4 Auch diese Schönheit wird erwartet: Rosa \'Mme. Boll\' (Boll 1843). Abbildung: Archiv Rosarium Sangerhausen, Thomas Hawel

Das ehemalige Wohnhaus der Familie Brehm wurde 1952 Museum - die weithin bekannte Brehm-Gedenkstätte. Über die DDR-Zeiten hinweg getragen, zeigten sich jedoch mit Nachwendeblick deutliche Zeichen des Verfalls und des Sanierungsbedarfs. Da keine Finanzierungsmöglichkeiten für eine Rettung in Aussicht standen, wurde die Gedenkstätte 2012 vom Eigentümer geschlossen und dem Verfall preisgegeben. Eine nicht hinnehmbare Konsequenz, handelt es sich hierbei doch um einen besonderen, komplexen Standort der Kultur- und Wissenschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts von nationaler Bedeutung. Dieses Brehm-Ensemble, über den Museumsbau hinaus: Pfarrhaus, Dorfkirche, Scheune und ehemalige Brehm-Schule, besitzt auch heute noch ein hohes, ja wachsendes Potential, da hier bereits sehr früh die heute immer wichtiger werdende Probleme des Arten-, Natur- und Umweltschutzes von Alfred Brehm und seinem berühmten Vater, dem "Vogelpastor" Christian Ludwig Brehm, erkannt und bedacht wurden. Im Jahr 2012 begann deshalb auf den Schultern mutiger Akteure und Akteurinnen die Generalsanierung des Wohnhauses, die Restaurierung der Sammlungen und der historischen Bibliothek. Mehr als 35 große Förderanträge wurden geschrieben, circa 2,3 Millionen Euro für die denkmalgerechte Generalsanierung und eine völlig neu konzipierte, interaktive Dauerausstellung eingeworben und ein großes Unterstützernetzwerk geknüpft. Dann endlich im Jahr 2020 erstrahlte das Haus im wiedergewonnenen Glanz der Bauzeit und es eröffnete die viel beachtete Dauerausstellung "BREHMS WELT - Tiere und Menschen". In diesen Jahren reifte auch der Entschluss, die historischen Außenanlagen, im Laufe von 150 Jahren mehrfach überformt und grundlegend verändert, mit gleicher Akribie auf der Basis von umfangreichen Forschungen im Gelände und in den Akten wieder zu gewinnen.

Die Sanierung des Wohnhauses war unter der Prämisse höchster denkmalschutzfachlicher Vorgaben erfolgt. Dem lagen weitreichende bauhistorische Untersuchungen und die Auswertung von Zeichnungen und Fotos des 19. Jahrhunderts zugrunde. Dabei wurden unter anderem das Pflanzbuch Alfred Brehms und eine Rechnung der Firma Deegen, Bad Köstritz, vom 17. August 1884 ausgewertet, die den Ankauf von 83 Rosenreisern belegt. Da die einzelnen Posten jeweils eine eigene Nummer besitzen, ist von 83 Rosensorten auszugehen, die in diesem Zusammenhang erworben wurden. Leider konnte weder über die Firma Deegen noch über das Europa-Rosarium Sangerhausen, welches einen überaus reichen Fundus an entsprechender Literatur, Katalogen und Belegen besitzt, die jeweiligen Sorten ermittelt werden. Vermutlich war die Katalogsammlung der Lieferfirma bei einem Hochwasserereignis Anfang des 20. Jahrhunderts vernichtet worden (Fa. Deegen, mündliche Mitteilung). Man kann jedoch davon ausgehen, dass es sich überwiegend um sogenannte Alte Rosen, auch historische Rosen genannt, handelte. Diese Bezeichnung umfasst Rosensorten, die bereits vor 1867 in Kultur waren.

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5 Alfred Brehms Pflanzbuch, Umschlag. Abbildung: Archiv Brehms Welt #1982
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6 Alfred Brehms Pflanzbuch, Ausschnitt aus den Pflanzenlisten in den einzelnen Quartieren. Abbildung: Archiv Brehms Welt #1982
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7 Rechnung Fa. Franz Deegen jun. Köstritz, an Dr. Brehm vom 17. 8.1884, die Lieferung von Rosen-Edel-Reisern betreffend. Abbildung: Archiv Brehms Welt
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8 Wohnhaus Alfred Brehms um 1884, kurz nach seinem Tod aufgenommen.Blick auf die Südseite des Hauses mit Kletterrosen und Rankgitter, s/w. Fotografie. Abbildung: Archiv Brehms Welt

Bei der Pflanzung historischer Rosen geht man in der Regel von einem Pflanzabstand von 1,2 bis 2 Meter aus, da es sich im Wesentlichen um Strauchrosen handelt, die einen höheren Platzbedarf als heutige kompakte Edelrosen benötigen. Da 83 verschiedene Sorten zu betrachten waren, wurden diese vermutlich einzeln und nicht in Gruppen von drei oder mehr Pflanzen gesetzt. Dies unterstreicht die Annahme, dass es sich bei der Familie Brehm um Rosensammler und Rosenkenner handelt, die ihre Rosen auch ansprechend präsentieren wollten. Außerdem ist, bei allerdings schwacher Quellenlage, überliefert, dass Brehm in der Rosenzeit bei Besuchen gern den Damen eine Rose überreichte. Die Südseite des Wohnhauses, die Gäste unmittelbar empfängt und als Standort (sonnig, luftig, kaum verschattet) für Rosen ideal ist, dürfte hierfür prädestiniert gewesen sein. Die Anlage mit Teilung in vier Pflanzflächen und zentraler Rosenlaube unterstreicht diese Annahme, lädt dieser Bereich doch eher zum Verweilen und Spazieren ein, als ein profaner Nutzgarten. Eine Schwarz-Weiß-Fotografie von 1884 und eine Postkarte um 1898 weisen auf diese Struktur hin. Die vier Rosenbeete mit Pavillon im Zentrum sind nun wieder errichtet worden. Auch das an der Südfassade angebrachte Rankgitter wurde nach Befund und nach Analyse der noch vor Ort befindlichen handgeschmiedeten Befestigungshaken rekonstruiert.

Diesen Überlegungen folgend, sollte der belegte Umfang an Rosen weitestgehend wieder gepflanzt werden. Die besagte Fläche an der Südseite des Wohnhauses war dazu bereits im Zuge der Generalsanierung des Wohnhauses und der Gestaltung der Außenanlagen vorbereitet worden. Um das Denkmalprojekt optisch nicht zu gefährden, wurde die Fläche des rekonstruierten Rosengartens außerdem dafür genutzt, den Vorratsbunker für die moderne Pelletheizung darunter zu "verstecken".

Sowohl das Europa-Rosarium Sangerhausen als auch die Deutsche Rosengesellschaft e. V. standen bei der Auswahl der einzelnen Rosensorten beratend zur Seite. In Zusammenarbeit mit Hella Brumme, der wohl bekanntesten Expertin für historische Rosen und Verfasserin entsprechender Fachliteratur, erfolgten die weiteren Arbeitsschritte. Gemeinsam mit Martin Weingart, Inhaber der gleichnamigen Rosenschule aus Bad Langensalza, erarbeitete Hella Brumme einen Pflanzplan. Es galt, die Verfügbarkeit der Rosenpflanzen zu prüfen, ein harmonisches Gesamtbild zu gestalten sowie Farben und Habitus der einzelnen Rosen untereinander abzustimmen. Dabei wurde besonderer Wert auf frostharte und krankheitsresistente Sorten gelegt, die möglichst remontieren und zudem bienenfreundlich sind, da die Imkerei am Brehm-Haus wieder leidenschaftlich betrieben wird.

22 Rosensorten kamen zur Auswahl, 75 Pflanzen wurden gesetzt, Rose de Resht, Seven Sister, Maiden's Blush, Celsiana, Reine des Violettes, Sidonie, Mme Boll, Jaques Cartier, Felicite et Perpetue, Belle Vichyssoise, Little White Pet, William Lobb, Salet, LeonieLamesch, Gallica Officinalis, Gallica Versicolor, The Portland Rose, Marie Pavie, Arethusa, Alan Blachard, Enfant de France, Felicité et Perpétue und Madame d'Arbley. Im Oktober 2021 lieferte die Rosenschule Weingart die getopften Rosen nach Renthendorf, wo Garten- und Landschaftsbauer Uli Rosenkranz (welch passender Name!) aus Eisenberg nach Vorbereitung der Pflanzflächen die Pflanzen setzte und anhäufelte. Uli Rosenkranz fungierte als fachlicher Begleiter über das gesamte Projekt hinweg und war maßgeblich in die Auswahl der die Rosen begleitenden Stauden eingebunden.

Nach Vorgabe des Thüringer Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie sollte dem Garten ein ländlicher Charakter verliehen werden. Nach Auswertung historischer Fotos bot sich hier die Pflanzung von Stauden an, auch um die Wirkung der Rosen zu verstärken. Bei der Auswahl der Sorten wurde wiederum auf historische Arten Wert gelegt. Dabei half der Fund im Archiv von Brehms Welt - die Pflanzliste für Blumen und Stauden des Gartens der Familie Brehm, der wir weitgehend folgen konnten. Es handelt sich um ein Oktavheft von acht Seiten, geschrieben von Alfred Brehm mit dem Titel "Perennierende Gewächse des Renthendorfer Gartens (nach ihrem Standorte geordnet)". Brehm führt darin die Standorte für seine Pflanzen und die dort gesetzten Blumen und Stauden akribisch auf. So wurden Veronika, Phlox, Astern, Lavendel oder Sedum gepflanzt. Insgesamt notierte Brehm darin 114 Pflanzenarten, versehen mit ihren lateinischen Namen (z. B. Arabis alpina, Holteia japonica usw.) sowie der Zuordnung zu verschiedenen Quartieren. Brehms Pflanzenquartiere zu einem Gesamtbild zu komponieren, erwies sich 140 Jahre später als recht herausfordernd, benutzte er doch dazu Überschriften wie:

I. Von der Thüre an nach hinten zu

II. Vorderer innerer Gang nach links

III. Zu äußerst nach hinten.

Bei den "Rundteilen" gliederte er u. a.

I. Rechts von links nach rechts

II. Links von rechts nach links usw.

Dieses Pflanzbuch ist nicht datiert, wurde aber mit hoher Wahrscheinlichkeit über mehrere Jahre benutzt. Hinweis darauf geben die Seiten, auf denen Namen möglicherweise eingegangener Pflanzen durchgestrichen und andere Pflanzenamen ergänzt wurden.

Insgesamt leisten nun 23 Staudenarten in 54 Exemplaren gepflanzt, darunter Veronica spicata, Sedum kamschatikum, Sedum telephium 'Herbstfreude', Linum perenne, Limonium latifolium und Hosta undulata den Brehmschen Rosen Gesellschaft.

Obstsorten

Um dem vorgegebenen Charakter des Nutz- und Bauerngartens gerecht zu werden, wurde außerdem die Pflanzung einzelner Obstgehölze geplant. In den Randbereichen am Zaun sind Himbeer- und Brombeer- sowie Johannisbeersträucher im Wechsel mit einzelnen Stauden gesetzt worden.

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9 Südansicht des Brehm-Hauses, u. a. Blick auf die Rosenlaube, Postkarte um 1898. Abbildung: Archiv Brehms Welt
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10 Das Brehm-Museum nach der Generalsanierung, Foto vom 6. 1. 2022. Abbildung: Archiv Brehms Welt, Inke Pickhardt

Mit Abschluss dieser Arbeiten im Herbst 2021 gingen alle Pflanzen erst einmal in den Winterschlaf! Nun harren wir des Frühlings - mit großer Spannung und Vorfreude auf die ersten Blüten! Diese können wir der Öffentlichkeit mit etwas Glück bereits zum Tag der Offenen Gärten präsentieren und damit ein wieder geschaffenes Kleinod der Garten- und Rosenkunst aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Das Geschaffene bietet bereits in diesem frühen Stadium einen schönen Anblick und es herrscht Spannung, welche Pflanzen im ersten Jahr blühen werden. Einen Vorgeschmack bieten die schönen Blüten der Rosa 'Salet' (Lacharme, F. 1854) und der Rosa 'Mme. Boll' (Boll 1843).

Dieses ehrgeizige Projekt wäre ohne die Unterstützung der bereits benannten Akteurinnen und Akteure und vor allem ohne die finanzielle Unterstützung der Hermann Reemtsma Stiftung sowie der Deutschen Stiftung Denkmalschutz - Substiftung Historische Gärten - nicht möglich gewesen!

Herzlichen Dank - Allen! Alfred Brehm und sein Vater hätten ihre Freude an dem wieder erstandenen Ensemble, welches weiter in die Zukunft wächst: Das Brehm-Haus wird bald durch behutsam und zurückhaltend eingepasste moderne Zweckbauten barrierefrei erschlossen und erhält so Räume für Bibliothek, Depot, Ticketshop und Besucherbetreuung, Museumspädagogik, Forschung und Gastronomie.

Literatur

Kellner, Stefanie (2015): Aus Achtung vor der Schöpfung - Die Brehm-Gedenkstätte zeigt Leben und Wirken zweier großer Naturwissenschaftler. MONUMENTE 4, 47-50.

Süss, Jochen (2020): Tiere haben Verstand und Gefühle: Die neue Dauerausstellung "BREHMS WELT - Tiere und Menschen". KULTUR REPORT:Stiftung Mitteldeutscher Kulturrat II, 27-31.

Süss, Jochen (2021): Die "Brehms Welt" als musealer Ort für den Begründer der deutschen Public Science. Museum aktuell 275 & 276, 45-47.

Süss, Jochen (Hrsg.) (2021); BREHMS WELT:Periodikum I - ein Jahrbuch, unter Mitwirkung von Ruudi Beier, Philipp Bürger, Dieter Müller, Dietrich von Knorre, Thomas Peter und anderen, Renthendorf, 176 Seiten.

Süss, Jochen (2021): BREHMS WELT - Tiere und Menschen. Heimat THÜRINGEN 42-45.

Dolderer, Winfried (2021): Brehms Erinnerungsort. MONUMENTE 3, 56-57.

Süss, Jochen (2021): Die Brehm-Gedenkstätte in Renthendorf (2012-2021) auf dem Weg zum neuen Museum BREHMS WELT - Tiere und Menschen. Thüringer Museumshefte 1/53-57.

Süss, Jochen und Kim Janke (2021): Bericht über den Stand der Restaurierung der Brehm-Bibliothek. Beitr. a. d. Brehmforsch. 4, 26-37.

Träger, Uwe und Jochen Süss (2021):Die Brehms in Thüringen - Christian Ludwig & Alfred Edmund Brehm aus Renthendorf, Verlag Erhard Lemm Gera, ISBN 978-3-982116-6-0

 Catrin Eberhardt
Autorin

Kirchmeisterin

Evangel.-luther. Kirchenkreis Jena
 Thomas Peter
Autor

Museumsmitarbeiter

Brehms Welt – Tiere und Menschen
MA Bildung-Kultur-Anthropologie Inke Pickhardt
Autorin

Wissenschaftliche Volontärin

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Autor

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