Das Grünflächenmanagement der Bau AG Kaiserslautern

Alles im grünen Bereich

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1 Sitz der Bau AG mit Wohnungsbestand in der Fischerstraße. Foto: Bau AG Kaiserslautern

Ein hoher Grünanteil, jahrzehntelange Erfahrung und eine ausgezeichnete Servicequalität als Markenzeichen

Die Bau AG Kaiserslautern ist größter Anbieter von Mietwohnungen in der Region am nordwestlichen Rand des Pfälzerwaldes. Gegründet im Jahr 1921 bewirtschaftet die Aktiengesellschaft aktuell über 5000 Wohnungen und Gewerbeeinheiten und einen Grünbestand von 30.000 Quadratmeter. Hundertprozentige Eigentümerin der Bau AG ist die Stadt Kaiserslautern.

Neben der Modernisierung, Instandhaltung und Pflege der Immobilien hat sich die Bau AG die Verwirklichung innovativer Konzepte bei der Gestaltung von Wohngebäuden und der Freiflächen auf die Fahnen geschrieben. Vorstandsvorsitzender Thomas Bauer freut sich, dass dieser Beitrag zur Attraktivität und Weiterentwicklung mittlerweile im gesamten Stadtbild sichtbar ist, und dass das Konzept aufgeht, sowohl soziale und städtebauliche als auch standortpolitische Entwicklungen zu forcieren. Auch die überwiegend langjährigen Bewohner fühlen sich angesichts erschwinglicher Mieten, guten Serviceleistungen, zeitgemäßen Modernisierungen und Grünanlagen sehr wohl in ihrem Umfeld.

Das Finanzierungskonzept der Bau AG ist leicht nachvollziehbar. Große Renditen sollen nicht erzielt werden, deshalb werden rund 60 Prozent der Mieteinnahmen reinvestiert, indem das verdiente Geld wieder in die energieeffiziente Sanierung und Instandhaltung der Wohngebäude gesteckt wird. Da viele ältere Menschen in den Wohnungen leben, werden diese Zug um Zug seniorengerecht umgestaltet. Nachbarschaftshilfe ist bei der Bau AG großgeschrieben.

Aus diesem Grunde wurde das Projekt NILS ins Leben gerufen. Die Abkürzung steht für "nachbarschaftliches, inklusives, lebenswertes, selbstbestimmtes Wohnen im Quartier". In den beiden vor wenigen Jahren entstandenen Gebäudekomplexen wohnen ältere Menschen, jüngere Familien und Singles sowie Schwerstbehinderte. Die Infrastruktur mit Gemeinschaftsräumen und Küche, einem Café und ansprechend gestalteten und nutzbaren Freiflächen soll ein bisschen das Dorfleben in die Stadt zurückbringen - wo einer nach dem anderen schaut und man sich gegenseitig hilft und unterstützt. Ein Pflegedienst im Haus unterstützt bei Bedarf dort, wo die Nachbarschaftshilfe nicht mehr ausreicht.

Zu den Besonderheiten des Wohnumfeldes der Bau AG zählen der im Verhältnis zu den Gebäuden hohe Anteil an Grün und die Kombination aus historischen Anlagen, klassischem Wohnungsgrün mit kleinen Parks, Innenhöfen, Mietergärten, Spielplätzen und begrünten Vorgärten der 1950-er bis 70-er Jahre sowie die jüngst entstandenen modernen und innovativen Projekte. Rund 147.000 Quadratmeter Rasen-, 113.000 Quadratmeter Pflanzflächen und 2745 Bäume stehen unter der Obhut der Wohnungsbaugesellschaft.

Verantwortlich für Planung, Bau und Abwicklung der Grünanlagenunterhaltung ist die Abteilung Technischer Kundenservice, die auch die Reinigung und technische Wartung durchführt. Drei Personen steuern den grünen Bereich. Harry Geib, ist gleichzeitig Abteilungsleiter, Prokurist der Bau AG und Geschäftsführer des Eigenbetriebes K-tec GmbH, und stellt somit die direkte Verbindung zur Geschäftsführung und den Finanzen her. Michael Simon setzt als Teamleiter mit insgesamt acht Garten- und Reinigungskräften sowie diversen Dienstleistern die Pflege und Unterhaltung der Grünanlagen sowie die Reinigungsarbeiten und Winterdienstleistungen um.

Während die beiden zusammen 70 Jahre Erfahrung in unterschiedlichen Positionen bei der Bau AG mitbringen, komplettiert Ralf Kammer seit 2016 das Team. Als Gartenbautechniker ist er im Rahmen eines mit der Geschäftsführung abgestimmten Fünfjahres-Planes für Neubau und Modernisierung von Grünanlagen sowie das konzeptionelle Grünflächenmanagement mit Kataster, Qualitätssicherung sowie der organisatorischen Steuerung der Grünpflege und -unterhaltung verantwortlich.


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2 Knallbunt wie vor 100 Jahren ... Foto: Bau AG Kaiserslautern
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3 ... Die architektonischen Meisterleistungen des Stadtbaumeisters Hermann Hussong unter Denkmalschutz. Foto: Bau AG Kaiserslautern
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4 Hier braucht niemand einsam zu sein ... Foto: Monika Böhm
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5 ... Das Projekt NILS ist an zwei verschiedenen Standorten vertreten. Foto: Monika Böhm

Viele Sträucher waren früher noch zu wenig

Laut Michael Simon wurden früher viel zu viele Sträucher dicht gepflanzt, außerdem standen groß wachsende und ungeeignete Arten am falschen Platz und konnten sich demzufolge nicht artgerecht entwickeln. Mangels fehlender Pflegekonzepte traute sich niemand auszulichten, stattdessen wurde der sogenannte "Hausmeisterschnitt" zelebriert. Simons größtes Ziel ist, dass in den Grünflächen der Bau AG wieder altbewährte Gartenbautechniken praktiziert werden, bevor er in den wohlverdienten Ruhestand geht.

Inzwischen ist 25 Prozent des Gebäudebestandes saniert, dicht gewachsene Anlagen ausgelichtet, gestalterisch attraktiv und möglichst pflegeleicht in der Handhabung. Bei der Revitalisierung bestehender Grünanlagen werden bevorzugt an den Eingangsbereichen oder anderen prominenten Orten pflanzliche Highlights mit Stauden, Rosen und Gräsern geschaffen, Gehölzbepflanzungen in direkter Gebäudenähe entfernt, anderweitig stark reduziert, und der Baumbestand nach dem von der Bau AG erarbeiteten Nachhaltigkeits-Konzept Schritt für Schritt verjüngt.

Da der Baumbestand in den 122 Wohneinheiten ähnlich wie in zahlreichen Parks und Grünbeständen zur Überalterung neigt, ist gemäß des im Rahmen des Baumkatasters erstellten Konzepts für den Umbau der Baumbestände eine stetige Verjüngung durch gezielte Entnahmen und Nachpflanzungen mit geeigneten Arten vorgesehen. Die zur Entfernung und Austausch vorgesehenen Bäume werden mittels einer Matrix und den Kriterien Gestaltung, ökologische Bedeutung, Standorteignung und Vorschäden festgelegt.

Die Bau AG geht damit einen mutigen Weg zur zukünftigen Entwicklung ihrer Gehölzbestände, und hat in den letzten Jahren zahlreiche Jungbäume nachgepflanzt. Nicht überall muss am gleichen Standort der Entnahme 1:1 ersetzt werden, sondern an den Orten, wo es passt und sich in das Gesamtgrün gut einfügt. Die Bäume sollen sich artgerecht entwickeln können ohne Gebäude zu bedrängen, außerdem dem Klimawandel bestmöglich die Stirn bieten.

Ralf Kammer orientiert sich an der GALK Straßenbaumliste, die mittlerweile auch eine Auswahl an getesteten Klimabäumen anbietet, und an der Klimamatrix zur Baumartenverwendung im Klimawandel, gerne testet er aber auch Baumarten nach eigenem Verständnis. Nicht alle Bäume bestehen den Test bravourös. Mit den Arten Parrotia persica, Ostrya carpinifolia, Sophora japonicum und Acer rubrum Red 'Point' hat der Pflanzenliebhaber jedoch bislang gute Erfahrungen gemacht. Der vielfältige Mix unterschiedlicher Baumarten schützt zudem vor möglichen Ausfällen einzelner Arten.

Ein weiterer Aspekt bei Planung, Umgestaltung und Neubau ist die Schaffung von vielfältigen Angeboten für Insekten, Vögel und andere Nahrungssuchende. Deshalb wird bei der Pflanzenauswahl auf ein dauerhaft ausreichendes Angebot für Wildbienen und andere Bestäuber geachtet. Mittelfristig sollen in jeder Wohnanlage Teilbereiche mit naturnahen Gehölzbeständen und zweischürigen Wiesen Lebensraum für wildlebende Tiere bieten. Im Wohnprojekt NILS wurden das Wohnumfeld als Beispiel-Projekt des Animal-Aided Designs gestaltet und somit in dem ehemaligen sozialen Brennpunkt Stadtnatur vor der Haustür mit blütenreichen Bepflanzungen, einem Spatzenturm und einer eigens ausgestatteten "wilden Ecke" geschaffen.

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6 Im Rahmen von Modernisierungsmaßnahmen ... Foto: Monika Böhm
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7 ... entstehen attraktive und dennoch pflegeleichte Bepflanzungen. Foto: Monika Böhm
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8 In Form geschnittene Gehölzstreifen an den Hausfassaden sind mittlerweile passé. ... Foto: Monika Böhm
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9 ... Stattdessen wirkt das Umfeld transparent, auch Ungeziefer hat hier kaum Chancen. Foto: Monika Böhm

Die drei Säulen des Grünflächenmanagements: Kataster - Qualitätsmanagement - Effiziente Steuerung

Die drei Säulen eines effizienten Grünflächenmanagements sind die Bestandsaufnahmen der Bäume, Spiel- und Grünflächen, das Qualitätsmanagement in Form von Pflege und Entwicklungskonzepten und Jahrespflegeplänen, sowie die Organisation der Grünflächenpflege und Unterhaltung auf Basis der im Qualitätsmanagement erarbeiteten Rahmenbedingungen.

Das Grünflächen- und Spielplatzkataster befinden sich momentan noch in der Erarbeitung, das Baumkataster wurde 2018 fertig gestellt.

Die Pflege, Unterhaltung und Reinigung der Grünanlagen erfolgt derzeit durch die acht Mitarbeiter der K-tec GmbH sowie sechs kleinere ortsansässige Dienstleister. Die Zusammenarbeit ist seit Jahren gut eingespielt, die Arbeiten werden zuverlässig durchgeführt, bei Bedarf können schnell und unkompliziert Rücksprachen stattfinden.

Um die notwendigen Arbeiten in der gewünschten Qualität und den dazu erforderlichen Leistungen zu dokumentieren, wurden seit 2018 zunächst für beispielhafte Anlagen Jahrespflegepläne erstellt. Die Beteiligten orientierten sich an dem Leistungskatalog des FLL-Freiflächenmanagements, manche Flächeninhalte wurden den Anforderungen entsprechend modifiziert und erweitert. Innerhalb von zwei Jahren konnten alle Pflegepläne für sämtliche Wohneinheiten angefertigt werden. Aus den Einzelplänen entstand der Masterplan für den gesamten Grünanlagenbestand.

Die Vorteile liegen auf der Hand, da sämtliche notwendige Leistungen für die Mitarbeiter, Firmen und Mieter transparent sind. Die Unterlagen können sowohl für Arbeitsanweisungen, Leistungsbeschreibungen als auch für Nebenkostenabrechnungen verwendet werden. Im Zuge der Erstellung der Pflegepläne wurde für jede Arbeitsart der Maschinen-, Geräte-, und Werkzeugeinsatz sowie die Durchführungszeiten festgehalten. Somit können Arbeitsprozess durchleuchtet und bei Bedarf angepasst werden.

Die organisatorische Umsetzung des Masterplanes muss mit den Mitarbeitern und Firmen sorgfältig kommuniziert und fachlich begleitet werden. Erfahrungsgemäß bedarf es ein bis zwei Pflegeperioden, bis sich bei der Umsetzung Routine eingestellt hat. Im Rahmen einer gemeinsamen Evaluierung wird der Masterplan von Praktikern hinsichtlich Umsetzung geprüft und bei Bedarf Änderungen vorgenommen.

Als weiteres Mittel zur Qualitätssicherung in der Grünanlagenpflege wurde ein Pflegehandbuch mit für alle Beteiligten verpflichtenden Handlungsempfehlungen zur Unterhaltung von Wegen, Sand- und Fallschutzflächen, Jungbaumpflege, Gehölze, Staudenbeete, Kletterpflanzen sowie Rasen und Ansaaten erstellt. Im Handbuch sind inklusive Bebilderung mit Plus- und Minus-Beispielen Situationen dargestellt, die immer wieder schieflaufen, und fachlich besser gelöst werden können, des Weiteren konkrete Hinweise für die notwendigen Schnittmaßnahmen bei den Blumenbeeten mit Stauden, Gräsern und Rosen.

Das Grünflächenkataster ist mit dem Geoinformationssystem (GIS) der Stadt Kaiserslautern gekoppelt. Als Tochter der Stadt ist die Bau AG gerade dabei, gemeinsam mit städtischen Verwaltung der Stadt ein Softwareprogramm auf Basis des Masterplanes zu entwickeln, mit dem das Reporting und die Abrechnung für alle Dienstleistungen sowie die Nebenkostenabrechnung erfolgen kann. Momentan wird die Betriebskostenabrechnung noch von Hand erstellt, die Arbeitsnachweise per Rapportzettel dokumentiert und wiederum händisch geprüft. Mitarbeiter und Firmen werden zukünftig mit Tablets ausgestattet, auf denen die App installiert ist. Neben dem unkomplizierten Dokumentieren von durchgeführten Routinearbeiten sollen dann auch Mängelmeldungen und damit verbundene zusätzliche Aufträge gemeldet und von der Abteilung Technischer Kundenservice beauftragt werden können.

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12 ... ist ein wesentlicher Planungsgrundsatz der Bau AG. Foto: Monika Böhm
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10 Adäquaten Lebensraum ... Foto: Monika Böhm
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11 ... für Insekten und Vögel zu schaffen ... Foto: Monika Böhm

Der Gärtner mit dem Strohhut und der Gießkanne ist dann weg

Im Vergleich zum bundesweiten Wohnungsgrün bewegen sich die Anlagen der Bau AG auf einem qualitativ hohen Niveau mit durchschnittlichen Mietpreisen von 4,70 Euro pro Quadratmeter. Alle Beteiligten sind überzeugt von dem, was in den letzten Jahren gestalterisch aber auch organisatorisch bewegt werden konnte. Gehölze können sich wieder frei entwickeln, dafür ist pflegeintensive Massenbegrünung weitgehend entfernt, anderswo entstanden Staudenbeete und wilde Wiesen. Mit dem Masterplan für die Grünpflege und Unterhaltung, dem Qualitätshandbuch und der entsprechenden digitalen Aufbereitung und Verfügbarkeit ist der Gärtner mit dem Strohhut und der Gießkanne dann weg, aber die Datenbasis geschaffen, mit der alle Beteiligten der Bau AG problemlos arbeiten können.


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13 Im Pflegehandbuch gibt es sowohl Hinweise zum fachgerechten Rückschnitt in den Blumenbeeten als auch Optimierungsmöglichkeiten wie zum Beispiel bei dem Randschnitt mit max. 15 Zentimeter Breite. Foto: Monika Böhm
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Tab. 1: Die wesentlichen Flächeninhalte des Grünanlagenbestandes. Abb.: Monika Böhm
Literatur
  • Bau AG Kaiserslautern, (2018), Entwicklungskonzept Baumbestand.
  • Böhm M. (2015), Parkpflegemanagement: Parks und Gärten nachhaltig bewirtschaften. Patzer Verlag, Berlin.
  • FLL e. V., (2019), Freiflächenmanagement - Empfehlungen für die Planung, Vergabe und Durchführung von Leistungen für das Management von Freianlagen.
  • GALK e. V., Straßenbaumliste, abgerufen am 6.7.2022 von https://www.galk.de/arbeitskreise/stadtbaeume/www.galk.de/arbeitskreise/stadtbaeume/.
  • Hauck, T. E. & Weisser, W.W. (Hrsg.) (2019), Animal-Aided Design im Wohnumfeld. Einbeziehung der Bedürfnisse von Tierarten in die Planung und Gestaltung städtischer Freiräume.
  • Roloff, A.; Pietharka, U.; Gillner, S. (2022): Baumartenverwendung im Klimawandel: KlimaArtenMatrix 20211 (KLAM 2.0) und Empfehlungen zu Baumgrößen, -pflanzungen und -umfeld. Jahrbuch der Baumpflege 2022: 204-223. Haymarket Media, Braunschweig.
Dipl.-Ing. Monika Böhm
Autorin

Inhaberin mb Grünmanagement, Landschaftsplanung

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