Landesrechtliche Abstandsregelungen für Anpflanzung

Anspruch auf Beseitigung benachbarter Birken?

Baumpflanzung
Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Auf dem Grundstück des Beklagten stehen in einem Abstand von mindestens zwei Metern zu der Grenze drei circa 18 Meter hohe, gesunde Birken. Foto: Dorothea Jacob, pixelio.de

Der Anspruch des Grundstückseigentümers auf Beseitigung benachbarter Birken aus § 1004 Abs. 1 BGB bei Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks durch natürliche Immissionen steht im Mittelpunkt eines Urteils des BGH vom 20.09.2019 - V ZR 218/18 -.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Auf dem Grundstück des Beklagten stehen in einem Abstand von mindestens zwei Metern zu der Grenze drei circa 18 Meter hohe, gesunde Birken. Wegen der von diesen auf sein Grundstück ausgehenden Immissionen verlangt der Kläger mit dem Hauptantrag die Entfernung sämtlicher, hilfsweise der seinem Grundstück am nächsten stehenden Birke(n). Hilfsweise beansprucht er weiterhin eine monatliche Zahlung von jeweils 230 Euro in den Monaten Juni bis November eines jeden Jahres.

Das AG Maulbronn hat die Klage insgesamt abgewiesen. Das LG Karlsruhe hat als Berufungsinstanz dem Hauptantrag stattgegeben. Das Landgericht hat die durch die Birken verursachten Immissionen als Eigentumsbeeinträchtigung gesehen, die nur durch die Entfernung der Bäume wirksam unterbunden werden könne. Diese Einwirkungen seien dem Beklagten als Störer zuzurechnen. Den Kläger treffe keine Duldungspflicht wegen der wesentlichen Beeinträchtigung seines Grundstücks. Auch der landesrechtlich vorgeschriebene Grenzabstand, der eingehalten wurde, gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 4a i.V.m. Abs. 2 S. 1 NRG-BW a.F. stehe dem nicht entgegen. Eine Duldungspflicht des Klägers gemäß § 906 Abs. 2 S. 1 BGB scheide aus, weil der Birkenbewuchs nicht ortsüblich sei.

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Wegen der von diesen auf sein Grundstück ausgehenden Immissionen verlangt der Kläger mit dem Hauptantrag die Entfernung sämtlicher, hilfsweise der seinem Grundstück am nächsten stehenden Birken. Foto: Bernd Kasper, pixelio.de

Die vorgenannte Rechtsauffassung des Landgerichts hat der BGH verworfen und die Klage insgesamt abgewiesen. Der BGH hat bereits eine Störereigenschaft des Klägers im Sinne von § 1004 BGB abgelehnt. Für die Störereigenschaft komme es darauf an, ob der Grundstückseigentümer nach wertender Betrachtung für den gefahrenträchtigen Zustand seines Grundstücks verantwortlich ist, er also zurechenbar den störenden Zustand herbeigeführt hat. Dies sei jeweils anhand der Einzelfallumstände zu prüfen. Maßgeblich abzustellen sei auf die Konfliktlösungsregeln des öffentlichen und privaten Nachbarrechts sowie die Art der Nutzung der benachbarten Grundstücke und die vorbeugende Beherrschbarkeit der Störung. Entscheidend sei, ob sich die Nutzung des Grundstücks, von dem die Beeinträchtigung ausgeht, im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält. Hieran fehle es, wenn die in dem jeweils einschlägigen Landesnachbarrechtsgesetz vorgeschriebenen Grenzabstände für die Anpflanzung nicht eingehalten sind.

Ob ein Abwehranspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB wegen Immissionen von Anpflanzungen in Betracht komme, wenn die vorgeschriebenen Abstandsgrenzen eingehalten sind, sei umstritten. Der BGH hat einen solchen Anspruch abgelehnt unter Hinweis darauf, dass die in den jeweiligen Landesnachbarrechtsgesetzen enthaltenen Abstandsregelungen Ausdruck des Gebotes gegenseitiger Rücksichtnahme unter Berücksichtigung der lokalen Besonderheiten sind und bei Einhaltung derselben es sich in aller Regel um eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Grundstücks handele. Nach dieser gesetzgeberischen Wertung sei der Nachbar für gleichwohl entstehende Immissionen regelmäßig nicht verantwortlich und folglich kein Störer.

Ein anderes Ergebnis ergebe sich auch nicht aus der allgemeinen Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme im Rahmen des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses. Hierfür sei ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend erforderlich. Bei der Beeinträchtigung durch Bäume setze ein solcher Anspruch voraus, dass der Kläger wegen der Bäume ungewöhnlich schweren und nicht mehr hinzunehmenden Beeinträchtigungen ausgesetzt sei, was hier nicht der Fall sei. Obwohl die Einwirkungen auf das Grundstück des Klägers erheblich seien, müsse dieser dies nach der Wertung des Gesetzgebers hinnehmen.

Etwas anderes ergebe sich selbst bei einer bestehenden Birkenpollenallergie des Klägers und seiner Tochter nicht. Wer einen Baum unter Beachtung der im Nachbarrecht vorgeschriebenen Abstandsgrenzen pflanze, müsse diesen im Allgemeinen auch nicht wegen einer Allergie des Nachbarn beseitigen. Der hilfsweise geltend gemachte Ausgleichsanspruch bestehe weder direkt noch analog aus § 906 Abs. 2 S. 2 BGB. Auch hierfür fehle es bereits an der erforderlichen Störereigenschaft im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB.

In der Rechtsprechung war bislang umstritten, ob ein Beseitigungsanspruch des Nachbarn aus § 1004 Abs. 1 BGB wegen Immissionen von Anpflanzungen selbst bei Einhaltung vorgeschriebener landesrechtlicher Abstandsgrenzen bestehen kann. In seiner erfreulichen und ausführlich begründeten Entscheidung löst der BGH diese Frage im Interesse des Eigentümers der rechtmäßig angepflanzten Bäume, indem er eine Störereigenschaft des Baumeigentümers verneint.

Ass. jur. Armin Braun, GVV-Kommunalversicherung

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