Weideführung und Einsatz geeigneter Maschinen senken Kosten

Artenreichtum im Kulturland: Halbtrockenrasen

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Die Beweidung mit Schnucken in Nordhessen zeigt Erfolge in der Erreichung der Pflegeziele. Foto: Julia Schenkenberger

Sie entstanden meist parallel zur Dreifelderwirtschaft im Mittelalter: die Trespen-Halbtrockenrasen. Hauptsächlich Schafe und Ziegen, seltener auch Rinder und anderes Vieh wurden auf meist hängige, kalkreiche Flächen abseits der Siedlungen gebracht, um dort zu weiden. Nachts wurde das Vieh dann auf dem Brachfeld des Dreifelder-Turnus gepfercht, damit es dort abkotete. So gelang es, die Nährstoffe des Ackerlands für eine erneute Einsaat wieder anzureichern.

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Der Goldene Scheckenfalter, eine Art der Magerweiden, ist deutschlandweit geschützt. Foto: Julia Schenkenberger
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Der Kreuz-Enzian schützt sich durch bitteren Geschmack gegen den Verbiss. Foto: Julia Schenkenberger

Veränderung durch Nutzung

Die Weideflächen wurden derweil allmählich durch Beweidung und Gehölzentnahme geöffnet und ausgemagert. Sukzessive entstand so aus den ehemals mit Gehölzen bestandenen Flächen die offene, niedrigwüchsige Pflanzengesellschaft des Gentiano-Koelerietums, zu Deutsch Enzian-Schillergras-Rasen. Mit einem reichhaltigen Blütenhorizont und einem trocken-warmen Kleinklima beherbergt diese Gesellschaft nicht nur zahlreiche seltene Pflanzen wie Enziane und Orchideen, sondern bietet auch wichtige Habitate für zahlreiche Tierarten wie Schmetterlinge, Heuschrecken und Reptilien. Die Beweidung förderte dabei besonders diejenigen Arten der Pflanzenwelt, die sich gegen den Verbiss schützen konnten - entweder durch unangenehmen Geschmack oder durch dornige Bewehrung. So gelang es auch konkurrenzschwächeren Arten wie dem Kreuzenzian (Gentiana cruciata) und der Stengellosen Kratzdistel (Cirsium acaule), sich in diesen Pflanzengesellschaften gegen konkurrenzstarke Arten wie der Aufrechten Trespe (Bromus erectus) zu behaupten.

Nutzungsaufgabe bedeutet Sukzession

Doch mit der Einführung mineralischer Dünger im 19. Jahrhundert wendete sich das Blatt für die Kalkmagerweiden: Die Brachfelder zur Wiedereinstellung der Nährstoffe wurden nicht mehr benötigt. Die Ackerflächen konnten intensiver genutzt werden und rückten näher an die Siedlungen. Weit entfernt liegende und schwer zugängliche Hutungen wurden aufgegeben und der Sukzession überlassen, da das Vieh nun auf fetteren Weideflächen gehalten werden konnte. Konkurrenzstarke Arten verdrängten nach Nutzungsaufgabe der Magerrasen die ursprüngliche Vegetation, Gehölze drangen über Sameneintrag und vegetative Vermehrung in die Flächen ein. Die natürliche Entwicklung der Landschaft nahm ihren Lauf über verschiedene Verbuschungsstadien bis hin zum Klimaxstadium, dem Kalk-Buchenwald.

Bis heute gingen daher Flächen von bis zu 80 Prozent der ursprünglichen Magerweiden verloren, und nicht selten sind die noch existierenden in schlechtem Zustand. Sie stehen inzwischen unter dem strengen Schutz der FFH-Richtlinie. Zu Recht, denn die Trespen-Halbtrockenrasen verfügen über eine ungewöhnlich reiche Artenzusammensetzung. In Rheinland-Pfalz kommen so auf 0,5 Prozent der Landesfläche ganze 433 Pflanzenarten vor, das sind etwa 27 Prozent der Flora des Landes. Von diesen Arten sind rund 36 Prozent auf der Roten Liste der gefährdeten Arten aufgeführt. Ähnliches lässt sich auch in den anderen Bundesländern Deutschlands feststellen.

Die FFH-Richtlinie schützt EU-weit wildlebende Arten und deren Habitate und dient neben dem Schutzziel auch der Vernetzung und Erhaltung der gefährdeten Lebensräume - historische Kulturlandschaften inbegriffen. Damit werden nicht nur besonders gefährdete Arten wie der Quendel-Ameisenbläuling (Maculinea arion) oder die Schlingnatter (Coronella austriaca) geschützt, sondern auch deren Lebensgrundlagen - und das nicht nur länderbezogen, sondern auch auf internationaler Ebene.

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Zum dauerhaften Erhalt der Magerweiden sind motormanuelle Maßnahmen notwendig. Foto: Julia Schenkenberger

Kultur kostet

Der Schutz dieser Flächen geht jedoch auch mit hohen Kosten einher - motormanuelle Maßnahmen zur dauerhaften Pflege der Flächen akkumulieren sich mit dem Ausgleichsbetrag aus dem Vertragsnaturschutz, den der Schäfer für die Beweidung dieser Kulturlandschaften erhält, zu einem Betrag von jährlich über 700 Euro pro Hektar. Hinzu kommt, dass häufig eine Erstinstandsetzung erforderlich ist, um die Flächen in einen beweidungsfähigen Zustand zu bringen. Pro Hektar kann hier von Kosten um 20.000 Euro ausgegangen werden, abhängig von Relief, Zugänglichkeit und Bestockungsgrad der Fläche.

Zusätzlich wird eine intensive entwickelnde Pflege zur Ausmagerung der eutrophierten Flächen und zur Bekämpfung des intensiven Stockausschlags in den Folgejahren nach der Entbuschung vonnöten sein. Auch hier entstehen hohe Kosten, im Mittel pro Jahr und Hektar etwa 1000 Euro.

Diese hohen Beträge werfen die Frage auf, ob Schutz um jeden Preis sinnvoll ist. Nicht jedes Land kann die notwendigen Gelder aufbringen, um alle noch vorhandenen Flächen zu erhalten oder den Zustand gemäß der FFH-Richtlinie nach Möglichkeit sogar zu verbessern. Doch gibt es realistische Alternativen, die der Gesetzesgrundlage nicht widersprechen? Wo sind die Grenzen der Durchführbarkeit von Pflege? Gibt es Möglichkeiten, die hohen Kosten zu reduzieren?

Wichtig dabei ist in jedem Fall eine langfristige Betrachtung der Pflege: Selbst wenn die hohen Kosten der Erstinstandsetzung eines Kalk-Magerrasens finanziert werden können, so muss auch die Beschaffung der Gelder für die weitere Unterhaltung geklärt sein. Ein neu entbuschter Magerrasen, der nicht gepflegt werden kann, wird höchstwahrscheinlich durch den hohen Stockausschlag der Gehölze, vor allem von Arten wie Schlehe (Prunus spinosa) und Weißdorn (Crataegus monogyna), stark verbuschen. Auch durch typische Schlagflurgesellschaften nach Freistellung vormals bewaldeter Areale kann sich schnell ein schlechterer Zustand als vor der Entbuschung einstellen. Die Nachpflege und die damit einhergehenden Kosten müssen also unter allen Umständen mit berücksichtigt werden.

Dabei kann bei einem Zeitraum von 25 Jahren für einen Hektar Trespen-Halbtrockenrasen inklusive Erstinstandsetzung, Entwicklungspflege und Unterhaltung durch Beweidung und ergänzende motormanuelle Maßnahmen ein Betrag von etwa 38.000 Euro angesetzt werden. Doch was, wenn diese Gelder nicht zur Verfügung stehen?

Kostengünstige Alternativen?

Eine Lösung ist, die verfügbaren Gelder möglichst effizient da einzusetzen, wo der Naturschutz am meisten davon profitieren kann. Eine Nutzwertanalyse dient hier als Entscheidungshilfe: Alle relevanten Kriterien, die den Wert eines Magerrasens beeinflussen, müssen dazu berücksichtigt werden. In sinnvolle Gruppen zusammengefasst, werden diese Kriterien mit Hilfe von Skalen in Zielerfüllungsgrade transferiert, die bei Bedarf noch gewichtet werden können und schließlich akkumuliert den Gesamtwert der jeweiligen Alternative ergeben.

Natürlich gibt der Nutzwert, der sich aus der Analyse ergibt, keine absolute Größe. Der Wert einer einzelnen Art oder eines Lebensraumes ist nicht in einer Einheit auszudrücken, dazu sind die Zusammenhänge in der Natur viel zu komplex. Jedoch kann die Nutzwertanalyse in klar formulierten Fragestellungen hilfreich sein, beispielsweise wenn es darum geht abzuwägen, welchem Halbtrockenrasen die meisten Gelder zukommen sollten.

Eine solche Entscheidung lässt sich nicht allgemeingültig fällen. Nicht immer ist es sinnvoll, die Fläche mit dem schlechtesten Zustand aufzubessern. Nicht immer kann jeder Fläche die volle Aufmerksamkeit gewidmet werden. Unter Umständen müssen Abstriche gemacht werden - eine Fläche kann vorrübergehend der Sukzession überlassen werden, sie kann vorrübergehend von der Beweidung ausgenommen werden oder in einem mittleren Sukzessionstadium erhalten werden. Auch eine alternative Mahd kann in Erwägung gezogen werden, wenn kein Schäfer verfügbar ist.

Flächenleistung erhöhen

Eine Dauerlösung sollte ein solcher Kompromiss aber nicht sein. Es gilt also, die Kosten zu reduzieren. Dies kann zum einen durch sinnvolle Maschinenauswahl geschehen. Hierzu muss analysiert werden, ob mit den vorhandenen und eingesetzten Maschinen die gesetzten Pflegeziele optimal zu erfüllen sind. Gerade in den steilen Hanglagen der Trespen-Halbtrockenrasen gestaltet sich dieser Maschineneinsatz oft schwierig. Meist ist der Einsatz von Motormähern auf flachere Areale beschränkt, Steillagen müssen motormanuell mit Freischneidern gepflegt werden - durch die geringere Flächenleistung, den hohen Verbrauch und die hohe Reparaturanfälligkeit der Geräte oft ein großer Kostenfaktor.

Inzwischen jedoch gibt es auch Unternehmen, die gezielt an der Entwicklung von Maschinen für die Landschaftspflege arbeiten. So entwickeln verschiedene Unternehmen inzwischen nicht nur besonders robuste Balkenmähwerke für den Naturschutz-Einsatz, sondern auch neue Bereifungs-Varianten mit Stachelwalzen zum Arbeiten in steiler Hanglage bis hin zu selbstfahrenden Geräten für Flächen, die besonders schwer zu begehen sind. Der Einsatz solcher Mäher kann die Flächenleistungen in der Landschaftspflege enorm verbessern und dadurch Kosten dauerhaft senken.

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Die Koppelhaltung der Weidetiere – hier Heidschnucken – bietet eine gute Alternative zur traditionellen Hüteschäferei. Foto: Julia Schenkenberger
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Nur extensive Rassen können den rohfaserreichen Aufwuchs der Magerweiden verwerten. Foto: Julia Schenkenberger
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Burenziegen verbeißen Gehölze besonders gut. Foto: Julia Schenkenberger
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Die Hummel-Ragwurz kann durch gezielte Weideführung geschont werden. Foto: Julia Schenkenberger
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Das Dreizähnige Knabenkraut erreicht in Ostwestfalen seinen nördlichen Verbreitungsschwerpunkt auf Halbtrockenrasen.

Zielgerecht beweiden

Eine weitere Möglichkeit, Kosten zu reduzieren, ist die sinnvolle Weideführung. Bei optimaler Weideführung werden die zusätzlichen landschaftspflegerischen Maßnahmen auf ein Minimum reduziert. Durch das Festlegen eines Pflegeplanes, der die Weideform, die Beweidungsdichte, die Beweidungsdauer und die Auswahl des einzusetzenden Weideviehs vorgibt, können Pflegeziele wie die Ausmagerung des Standortes und das Zurückdrängen der Gehölze zu einem großen Teil von den Weidetieren ausgeführt werden.

In der traditionellen Hüteschäferei werden die Tiere dabei ohne Zäune über die Flächen getrieben und nur durch den Schäfer und seine Hunde geführt. Der Schäfer kann dabei die Weideintensität durch die Hütung der Tiere im engen oder weiten Gehüt gezielt beeinflussen. Nachts werden die Tiere dann außerhalb der Magerweiden gepfercht, um dort abzukoten.

Oft jedoch mangelt es in der heutigen Zeit in Anbetracht des Flächenschwundes und der geringen Rentabilität an der Bereitschaft, die zeitintensive Hüteschäferei durchzuführen. Eine gute Alternative ist hier die Koppelhaltung der Tiere mit einer eher geringen Besatzdichte von etwa 0,5 GVE (Großvieheinheiten) pro Hektar und Jahr für eine Dauer von jeweils wenigen Tagen oder Wochen, abhängig von der Größe der Fläche und der Stärke des Aufwuchses.

Auch die Wahl des Weideviehs beeinflusst das Erreichen der Pflegeziele nicht wenig: Optimalerweise sollte bei der Beweidung auf Extensivrassen zurückgegriffen werden. Schnucken, Skudden oder Merino-Landschafe gelten hierbei als besonders gut geeignet, da diese robusten Schafe auch mit dem rohfaserreichen, nährstoffarmen Futter der Kalkmagerweiden auskommen. Ihr selektiver Verbiss fördert zudem bittere, giftige und bedornte Arten. So kann sich über einen längeren Zeitraum die charakteristische Vegetationszusammensetzung der Kalkmagerweiden entwickeln.

Die Zugabe von Ziegen zur Herde verbessert den Verbiss von aufkommenden Gehölzen: Die Nahrung der Ziegen besteht etwa zur Hälfte aus Rinde und Blättern von Gehölzen. Sie klettern sogar in Gebüsche hinein, um bis in eine Höhe von etwa 1,80 Metern Blätter und Rinde abzuschälen. Auch hier sind Extensivrassen, wie beispielsweise Burenziegen, besonders gut geeignet. Stehen weder Schafe noch Ziegen für die Beweidung zur Verfügung, können alternativ aber auch Rinder oder Freizeitpferde mit einer sehr geringen Besatzdichte durchaus die Pflegeziele auf den Flächen erfüllen. Allerdings ist hier die Gefahr von Trittschäden und lokaler Überdüngung wesentlich höher als bei kleinrahmigerem Weidevieh.

Mit der naturschutzfachlich orientierten Beweidung können nicht nur Kosten gesenkt, sondern auch Naturschutzziele wie der Schutz von seltenen Orchideen gezielt berücksichtigt werden: Ist ein Standort besonders reich an Arten wie Ragwurzen (Ophrys), Knabenkräutern (Orchis) oder Spitzorchis (Anacamptis pyramidalis), so können die Weidetiere zur Blütezeit dieser Arten von den Flächen ferngehalten oder in weitem Gehüt geführt werden, um die Arten möglichst zu schonen.

Alles über einen Kamm?

Gezielte Weideführung und der Einsatz geeigneter Maschinen können also durchaus zur Senkung der Kosten beitragen. Trotzdem wird der Schutz dieser alten Kulturlandschaften mitsamt ihrer immensen Artenvielfalt immer kostspielig bleiben - aber gerade am Geld mangelt es Kommunen und Ländern zumeist. Doch ist es nicht unsere ethische Verantwortung, dieses Erbe und diesen Artenreichtum für die kommenden Generationen zu wahren? Ganz unabhängig vom Schutzauftrag, den das Gesetz vorgibt?

Diese Verantwortung ist definitiv gegeben - das Bundesnaturschutzgesetz und die FFH-Richtlinie unterstreichen dies. Nichtsdestotrotz müssen auch die Kosten der Erhaltung oder Verbesserung des Zustandes der Trespen-Halbtrockenrasen klar und langfristig kalkuliert werden. Nicht immer wird eine optimale Pflege möglich sein. Realistische Kompromisse werden benötigt, um auf Dauer möglichst viele Lebensräume und Arten zu schützen. Jede einzelne Fläche benötigt daher unsere individuelle Aufmerksamkeit, um bestmöglichen Artenschutz in Anbetracht der verfügbaren Mittel bieten zu können.

Literatur

Beinlich, B. & H. Plachter, (Hrsg.) 1995: Schutz und Entwicklung der Kalkmagerrasen der Schwäbischen Alb. Karlsruhe: Ungeheuer + Ulmer KG GmbH & Co.

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BfN) 2014: Die Lage der Natur in Deutschland - Ergebnisse von EU-Vogelschutz- und FFH-Bericht.

Europäische Union 1992: Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie).

Nitsche, S. & L. Nitsche, 1994: Extensive Grünlandnutzung. Radebeul: Neumann Verlag GmbH.

 Julia Schenkenberger
Autorin

Gärtnerin, Ingenieurin im Landschaftsbau und Studentin der Landschaftsarchitektur (Master)

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