Zur Restauration des Château Drée im Südburgund

Barocke Renaissance

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Barockgärten Gartendenkmalpflege
Vom "Hühnerhof" zwischen Funktionsgebäuden und Stallungen geht der Blick in den Ehrenhof zum U-förmigen Schloss. Foto: Thomas Herrgen

Während hierzulande Sanierungen und vor allem Rekonstruktionen historischer Gärten oft kritisch gesehen werden - es fehlen Geld, Engagement und Nutzungskonzepte, die denkmalpflegerischen Auflagen sind hoch - gibt es im Nachbarland Frankreich eine regelrechte Bewegung für die Wiedererweckung untergegangener Schlösser, Gärten und Parks. Seit der Präsidentschaft von Francois Mitterand ab 1981 erlangten Kultur und Baukultur einen hohen Stellenwert in der Fünften Republik.

Und so entstand auch ein breiteres Bewusstsein für den kulturhistorischen Wert verfallener Schlösser und Parkanlagen, die seit der Französischen Revolution von 1789 vor allem auf dem Land nahezu keine Bedeutung mehr hatten. Viele wurden zu Kasernen, Lazaretten oder Fabriken umfunktioniert, das Grün der Außenanlagen verschwand mehr und mehr. In den 1980er Jahren begannen Einzelpersonen, Gruppen und Stiftungen, historische Liegenschaften zu erwerben und mit der Sanierung und Rekonstruktion der Gebäude und Außenanlagen zu beginnen. Im Süden des Burgunds zum Beispiel entwickelte sich im Laufe von drei Jahrzehnten eine beeindruckende Schlösserrenaissance. Heute sind diese zur Burgundischen Schlösserstraße zusammengefasst und begeistern Garteninteressierte und Touristen aus aller Welt.

Beispiel Château Drée

Die Anlagen von Schloss Drée inmitten der von Viehzucht geprägten Landschaft des Charollais im Südburgund waren lange verwahrlost. Ein wohlhabender Industrieller aus Nordfrankreich erwarb 1995 das Ensemble. Er restaurierte und rekonstruierte neben den Gebäuden auch den verwilderten Park, in dem zuletzt nur noch Schafe zwischen Gestrüpp geweidet hatten. Bei den Maßnahmen zur Wiederherstellung der Außenanlagen legte man großen Wert auf ein originalgetreues Bild, das den Kunstgeschmack des 18. Jahrhunderts wiedergeben sollte.

Geschichte

Schloss Drée geht auf eine um 1620 erbaute Burg zurück, die später zu einem U-förmigen Schloss ausgebaut wurde. Im 18. Jahrhundert war sowohl die Innenausstattung mit Delfter Porzellan als auch die barocke Gartengestaltung auf ihrem Zenit. Nach der Französischen Revolution und der Entmachtung des Adels geriet das regional bedeutende Schloss ins Abseits, bevor im 19. Jahrhundert erste Instandhaltungs- und Restaurierungsmaßnahmen erfolgten. 1995 wechselte das Anwesen in den Besitz von Ghislain Prouvost, der es bis zum Beginn dieses Jahrhunderts vorbildlich zu Ende restaurierte und den Garten im Bild des 18. Jahrhunderts rekonstruierte. Das Ergebnis ist ein Gartenkunstwerk, das dem Zustand vor 300 Jahren wohl sehr nahe kommt.

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Der Ammanatti Brunnen wird mit der Schlosskulisse zur Einheit. Die Figuren stammen von Jean de Boulogne. Foto: Thomas Herrgen

Barocke Aspekte

Der Absolutismus fand im Barock seine höchste Ausdrucksform. Eine Mittel- und Spiegelachse teilt den Park in zwei gleiche Hälften. Sie führt zentral in das bauliche Zentrum der Anlage, häufig ergänzt von weiteren Achsen. Sie sind Ausdruck der Macht und rücken den Schlossherren in den Mittelpunkt. Hinter dem Schloss oder Palast liegt ein Parterre, häufig mit Schmuckornamenten aus Grün, Kies und Ausstattungselementen. Diese als "Broderien" (wörtlich Stickerei, Häkelarbeit) bezeichneten Grünteppiche wirkten als kunstvolles Bild aus den oberen Stockwerken des Gebäudes und hatten einen hohen, repräsentativen Wert. Im weiteren Abstand zur Fassadenfront schlossen sich Wasserkünste und schließlich die Bosketts an, kleine eingezäunte oder von Hecken umgebene Waldstücke, die bei ausreichender Größe auch der Jagd dienten. Der zehn Hektar große Park von Château Drée ist - im Vergleich zum klassischen Vorbild Versailles - die Miniaturausgabe eines Barockgartens mit allen Elementen.

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Auch die Querachse des Parterres teilt die Buchsbaumornamente mittig. Foto: Thomas Herrgen
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Im terrassierten Bereich westlich des Schlosses reihen sich Parterre, Topiari-Garten und Bosketts auf einer stringenten Achse aneinander. Foto: Thomas Herrgen
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Details im Parterre verdeutlichen die hohe Kunst des Buchsbaum-Trimmens und das exakte, kantengenaue Arbeiten. Foto: Thomas Herrgen

Heckenkunst

Bei der Rekonstruktion des Schlossgartens - der bei Arbeitsbeginn komplett von undurchdringlichem Dornengebüsch überwuchert war - sind etwa 40.000 Buchsbaum Heckenpflanzen (Buxus sempervirens var. Arborescens) gepflanzt worden, davon allein 25.000 in den Broderien.

Die Gärtner setzten unsichtbare Markierungen, damit die Formen beim Schneiden stets wieder gefunden werden und auf Dauer im gleichen Bild erhalten bleiben. Die akkurat geschnittenen Bögen, Schwünge und Geraden, ergänzt von Kugeln und immergrünen Stauden oder Kleingehölzen als Füllung einzelner Gefache, liegen in einem Teppich aus hellem Burgunder Kies.

Eine Etage tiefer, über eine Treppe (Mitte) oder Rampe (Seiten) zu erreichen, besetzen geschnittene Eiben-Solitäre den "jardin topiaire". Der Topiari (griechisch Landschaft) bezeichnet die Kunst, den Pflanzen eine dekorative Form zu geben, häufig Tiere oder aufwändige Säulen, Würfel und Spiralen.

In Drée sind es abstrakte, symmetrische, kegelartige Figuren mit Kopf und "Halskrause". Deren Formschnitt wird komplettiert von Kugeln, sehr großen Halbkugeln und Pyramidenstümpfen, die in einem quadratischen Feld mit Wegekreuz und Diagonalen stehen; deren Zentrum bildet ein Wasserbecken.

Etwas versteckt in den Bosketts, innerhalb der waldartigen Parkbereiche steht der so genannte "Fräuleinturm". Er diente im Barock für geheime Rendezvous. Auf der Ostseite, dem Eingangsbereich liegt zwischen Funktions- und Stallungsgebäuden der "Hühnerhof".

Der viergeteilte, ebenfalls quadratische Bereich ist durch geradlinige, geometrische Buchsbaumhecken gegliedert. Rosen und Lavendel füllen hier die Gefache und sorgen für einen überwältigenden Duft beim Empfang. Geschnittene Kastenlinden und Eibenhecken fassen diesen Gartenteil ein.

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Der "Fräuleinturm" liegt ein wenig nördlich, außerhalb des eigentlichen Parks im Wald. Er diente für geheime Rendezvous. Foto: Thomas Herrgen

Skulpturen und Wasserkunst

Wie in allen Barockgärten gehören Statuen zur Ausschmückung der Anlage. Weil das Château Drée auch lange als Jagdschloss diente, finden sich hier allegorische Figuren, so Diane, die Göttin der Jagd und Apollon, unter anderem Gott der Bogenschützen. Die ursprünglichen Marmorfiguren waren verloren gegangen, aber es gab noch römische Kopien im Louvre und im Museum des Vatikan. Im Zuge der Rekonstruktion wurden beide Skulpturen in Bronze nachgebildet und an ihrem früheren Standort aufgestellt. Zum Jagdcharakter gehört auch die Figur eines kapitalen Hirschs, der am Waldrand im Topiari-Garten seinen Platz fand. Das Wasserbecken mit der Fontaine aux Ammanatti in der Mitte ist mit Kopien des Neptunbrunnens von Jean de Boulogne (Giovanni da Bologna) ausgestattet. Von ihm stammten auch die als Engelein bezeichneten Putten im fischförmigen Wasserbecken des Rosengartens, eine späte Hinzufügung südlich des eigentlichen Parks. Neben den Wasserkünsten im Rosengarten und dem Ammanatti-Brunnen ist ein mächtiges, rundes Wasserbecken mit großer Fontäne das dominierende Element am Ende der Mittelachse und des westlichen Schlossgartens. Mit 25 Metern Durchmesser und fast 500 Quadratmetern Wasserfläche spiegelt es den Himmel und setzt den Eye-Catcher am Parkende. Bei der Wiederherstellung kamen auch moderne Bautechniken zum Einsatz. So wurde das runde Wasserbassin aus WU-Beton rekonstruiert, modernste Pumpentechnik eingesetzt, Beete und Hecken fasste man mit zeitgenössischen Stahlbändern ein.

Bepflanzung

Neben den immens großen Buchsbaumstückzahlen und den Eiben für Parterre, Topiary-Garten und Hühnerhof wurden im Rosengarten etwa 1300 Hochstämmchen und Beetrosen gepflanzt, die in 18 Sorten blühen, darunter Rosa 'Hugues Aufray' (rosa-weiss gestreift), 'Neige d'ete' (weiß), 'Vieux Château Certan' (rosa-aprikosefarben) oder 'Provence' (perlmutterartiges altrosa). Hinzu kommen die flächigen Bodendeckerrosen im Hühnerhof, Lavendel und Stauden neben den großen Rasenflächen. Viele Vasen und Pflanzkübel sind mit rosafarbenen Pelargonien ("Geranien") bestückt. Die Pflanzung im gesamten Park ist inzwischen annähernd wieder so dicht wie im 18. Jahrhundert.

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Im Rosengarten, außerhalb des eigentlichen Parks blühen 1300 Hochstämmchen, Beet- und Kletterrosen in 18 verschiedenen Sorten und Farbtönen. Foto: Thomas Herrgen
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Die Hirsch-Skulptur am Waldrand erinnert noch heute an die frühere Nutzung als Jagdschloss. Foto: Thomas Herrgen

Nutzung

Die Schlossverwaltung bietet für Gebäude und Park eine breite Nutzungspalette an. Sie reicht vom einfachen, eintrittspflichtigen Besuch oder Rundgang, über Picknick im Grünen - dafür werden eigens Körbe mit Wein, Brot, Käse und Wurst verkauft - bis hin zu größeren Veranstaltungen. Dazu gehören auch Hochzeiten und national bedeutende, gesellschaftliche Empfänge, wie etwa für Sportler der "Grande Nation". Im Eingangsbereich befinden sich zudem ein kleines Museum mit wechselnden Ausstellungen und ein Shop mit Geschenken, Postkarten, Führern und Essbarem. Hier kann man auch die Picknickkörbe erwerben. Dies alles und viele weitere Veranstaltungen und Aktionen tragen zur Bekanntheit und Refinanzierung bei.

Pflege

Die Garten- und Landschaftsbaufirma, die die Rekonstruktion (Erdarbeiten, Vegetationstechnik, Bepflanzung) vor etwa zehn Jahren ausgeführt hatte, pflegt den Park noch heute. Für die Firma Moncorgé Createur de Jardins aus dem nahen Charlieu ist ein Schwerpunkt dabei der Heckenschnitt. Hier wird ganz konventionell mit Stäben, Schnüren und Heckenscheren gearbeitet. Ähnliches gilt für die kubisch in Form gehaltenen Kastenlinden, die wie Bilderrahmen wirken. Zur Reduzierung des Pflegeaufwands wurde teilweise eine automatische Bewässerungsanlage installiert. Sie versorgt mit Tropfschlauchtechnik hauptsächlich das Parterre. Auch die Unterhaltung der Wasserspiele, Brunnen und großen Fontäne muss organisiert werden, damit das lebendige Gesamtkunstwerk erhalten bleibt.

Finanzierung

Schloss und Park Drée sind heute als Stiftung organisiert, die vom Bauherrn und einem Freundesverein ("Amis du Château de Drée") getragen und unterstützt wird. Das Projekt finanziert sich durch Einnahmen aus Veranstaltungen und Sonderaktionen, Eintrittsgeldern, Erlösen aus dem Museumsshop, Pachtgebühren, Spenden und ehrenamtlichem Engagement. Für die fast ausschließlich von grünen Wiesen und weißen Charollais-Rindern geprägte Landschaft des Süd-Burgund sind die wieder gewonnenen Schlösser wie Château Drée ein riesiger, kultureller Gewinn. Sie zeigen außerdem, dass eine barocke Parkrekonstruktion aus dem Absolutismus auch in der republikanischen Gegenwart zum lebendigen Abbild der Geschichte werden kann.

Lage:
Drée gehört zum Gemeindegebiet von F-71800 Curbigny, nordwestlich von Lyon und liegt zwischen den Städtchen Charolles und La Clayrette.

Öffnungszeiten:
April bis Oktober, Nebensaison 14.00-17.00, Hauptsaison 10.00-17.30 Uhr;
Eintritt: Schloss + Park (mit Führung, ca. 1 Stunde) 12,- Euro,
Parkzugang (ohne Schloss/Führung) 6,- Euro.

Dipl.-Ing.(FH) Thomas Herrgen
Autor

Landschaftsarchitekt

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