Druckzwiesel

Baumkontrollen bei an Parkplatz angrenzendem Waldrandbaum

von:
Baumkontrolle
Ob ein Kontrollintervall von 15 Monaten vorliegend ausreichend ist, lässt das Gericht ausdrücklich offen, weil es hierauf entscheidungserheblich nicht ankomme. Foto: Adobe Stock, ARochau

Dem in vollem Umfang Klage stattgebenden rechtskräftigen Urteil des LG Aachen vom 03.11.2022 - 12 O 466/21 - lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 03.08.2021 parkte der Kläger sein Fahrzeug auf einem städtischen Parkplatz, der unmittelbar an ein im Eigentum der beklagten Stadt stehendes Waldgrundstück angrenzte. Auf das geparkte Fahrzeug fiel ein Ast einer angrenzenden städtischen Robinie und beschädigte dieses. Die letzte Sichtkontrolle des Baumes durch die Beklagte hatte ohne Befund am 30.04.2020 stattgefunden, also etwa 15 Monate vor dem Schadeneintritt. Mit der Klage macht der Kläger Schadenersatz in Höhe von ca. 2300 Euro geltend.

Das LG Aachen hat der Klage nach Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten und Zeugenvernehmung durch Urteil vom 03.11.2022 - 12 O 466/21 - in vollem Umfang stattgegeben. Das Gericht legt zunächst Inhalt und Umfang der Verkehrssicherungspflicht für Bäume nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsprechung dar und bejaht die Verkehrssicherungspflicht sowohl des Straßenbaulastträgers als auch des Waldeigentümers für einen Waldrandbaum eines an einen Parkplatz angrenzenden Waldgrundstücks.

Ob ein Kontrollintervall von 15 Monaten vorliegend ausreichend ist, lässt das Gericht ausdrücklich offen, weil es hierauf entscheidungserheblich nicht ankomme. Denn nach Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten steht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass bei ordnungsgemäß durchgeführten Sichtkontrollen die Schadhaftigkeit des Baumes und die hieraus resultierende Notwendigkeit für Maßnahmen zur Gefahrenabwehr lange vor dem Schadeneintritt hätten erkannt werden können und müssen.

Ausweislich des gerichtlichen Sachverständigengutachtens lag eine bereits jahrelang andauernde und äußerlich ohne weiteres erkennbare Schwächung der Robinie in Form eines Druckzwiesels vor. Der Baum wies deutlich erkennbare Mangelsymptome auf, die nach Auffassung des Gerichts Anlass zu weitergehenden Untersuchungen und anschließend zur Ergreifung konkreter Maßnahmen gaben.

Es handelt sich nach den sachverständigen Feststellungen um einen "instabilen Druckzwiesel mit seitlichem Auswuchs (Ohren)". Aus dieser Symptomatik schließe der Sachverständige auf einen Mangel an Bruchsicherheit des Baumes. Dieser habe sich in dem Schadeneintritt realisiert. Ein Druckzwiesel deute auf eine deutliche biomechanische Schwächung des hoch beanspruchten Last- und Kraftbereiches hin.

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Hinzu komme, dass der Stammkopf tief am Stamm ansaß, was zu langen Hebelarmen an den Ästen führe, die statisch zusätzlich eine hohe Last einleiten. Die Länge der Hebelarme habe sich zunehmend durch den Dichtstand (waldähnlicher Bestand) und das sogenannte kodominante Konkurrenzwachstum (phototrophes Wachstum) der Stämmlinge verstärkt. Außerdem habe sich oberhalb des Druckzwiesels ein Bereich mit loser Rinde und freiliegendem Holzkörper befunden. Dies bedeute, dass an dieser Stelle der Holzkörper kein lebendes Gewebe mehr aufwies. Ein weiterer deutlicher Hinweis auf eine mangelnde Bruchsicherheit des Baumes sei, dass die Zwieselnaht höchstwahrscheinlich zum Unfallzeitpunkt bereits einen eingerissenen Spalt aufwies.

Die mangelnde Bruchsicherheit des Baumes sei für die beklagte Kommune schon vor Durchführung etwaiger Kontrollen im Jahre 2020 erkennbar gewesen. Die Ausprägung der an der Zwieselnaht vorhandenen seitlichen Auswüchse sei ausweislich des Sachverständigengutachtens bereits seit rund zehn Jahren vorhanden gewesen.

Das Urteil des LG Aachen stellt zutreffend auf der Linie der ständigen Rechtsprechung die Verkehrssicherungspflicht sowohl des Straßenbaulastträgers als auch des Baumeigentümers für Waldrandbäume fest, die an einen Parkplatz angrenzen (zu Baumkontrollen auf einem städtischem Waldparkplatz vgl. LG Koblenz, Urteil vom 15.02.2022 - 1 O 72/20 -, SuG 10/2022, 62 sowie für an öffentliche Parkplätze angrenzende Waldbäume OLG Koblenz, Urteil vom 02.08.2018 - 1 U 216/18 - und LG Trier, Urteil vom 23.10.2017 - 11 O 143/17 -, SuG 03/2019, 61).

Der inhaltliche Schwerpunkt der Entscheidung liegt beim Erkennen sowie der zutreffenden Einordnung und hieraus resultierendem Handlungsbedarf bei Druckzwieseln. Hier bestanden im konkret zur Entscheidung anstehenden Fall offensichtlich Defizite, wenn ein nach gutachterlicher Einschätzung bereits seit ca. zehn Jahren bestehender Handlungsbedarf nicht erkannt worden ist. Dies belegt einmal mehr die Notwendigkeit einer entsprechenden Qualifikation und ständigen Fortbildung des für die Baumkontrolle eingesetzten Personals (vgl. hierzu ausführlich die Urteilsbesprechung SuG 01/2023, 61).

Ass. jur. Armin Braun, GVV Kommunalversicherung

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