Ergebnisse eines Forschungsberichts

Bedeutung des Stadtgrüns für den Wert von Grundstücken und Immobilien

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Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz (GALK)
Straßenbäume und Alleen haben einen positiven Einfluss auf den Bodenrichtwert angrenzender Grundstücke. Foto: Dietwald Gruehn

Das städtische Grün erfüllt eine große Anzahl unterschiedlicher Funktionen. Während ökologische, soziale und ästhetische Funktionen von Grünflächen seit langem in der Fachwelt bekannt sind und von den Nutzern geschätzt werden, existierten bislang nur geringe Kenntnisse über die ökonomische Bedeutung des Stadtgrüns, insbesondere im Hinblick auf den Wert von Grundstücken. Die Autoren waren in jahrelanger Zusammenarbeit in unterschiedlichen Funktionen mit dem von der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz beim Deutschen Städtetag initiierten und geförderten Forschungsprojekt befasst, dessen Ergebnisse zeigen, dass sich Grünflächen sowie spezifische Elemente des Stadtgrüns in signifikanter Weise auf den Bodenrichtwert in deutschen Groß- und Mittelstädten auswirken.

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Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz (GALK)
In die Untersuchung einbezogene Städte. Quelle: Anne Budinger & Dietwald Gruehn

Summary

Urban green spaces have various ecological, social and aesthetical functions. While there is much knowledge regarding the latter ones, there is lack of knowledge concerning the economic importance of urban green, especially for real estates. A research project, carried out by the authors and funded by the German Federation of Park and Recreation Administration, reveals significant impacts of urban green spaces on the land value in German large and medium-sized cities.

Einleitung

Stadtgrün ist heute ein nicht mehr wegzudenkender Teil unserer urbanen Lebenswelt. Es erfüllt nicht nur eine Vielzahl sozialer, ökologischer und ökonomischer Funktionen, es wird auch zunehmend als Indikator für Lebensqualität verstanden und genutzt. Stadtquartiere, die mit hochwertigen Grünflächen versorgt sind, haben eine höhere Lebensqualität als Stadtviertel, die durch Grünflächenmangel geprägt sind. Dies legt ein unterschiedliches mieter- oder käuferseitiges Nachfrageverhalten nahe, was wiederum unterschiedliche Miet-, Kauf- und Bodenpreise nach sich ziehen würde. Um derartige theoretische Überlegungen empirisch zu prüfen beziehungsweise nachzuweisen, wurde von der Ständigen Konferenz der Deutschen Gartenamtsleiter beim Deutschen Städtetag (GALK-DST; heute Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz, GALK e. V.) ein mehrjähriges Forschungsprojekt "Bedeutung von Freiräumen und Grünflächen für den Wert von Grundstücken und Immobilien" initiiert und gefördert, dessen Ergebnisse nun vorliegen (vgl. ausführlich Hoffmann & Gruehn 2010).

Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz (GALK)
Parkanlagen haben eine positive Wirkung auf den Bodenrichtwert benachbarter Standorte. Foto: Gruehn 2009
Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz (GALK)
Einfluss von Straßenbäumen auf den Bodenrichtwert in Städten mit mittlerem Bodenrichtwertniveau. Hoffmann & Gruehn 2010

Ökonomische Funktionen städtischer Grünflächen

Erst vor wenigen Jahren ist die ökonomische Bedeutung von Grünflächen Gegenstand wissenschaftlicher Forschung geworden. Auch wenn für land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen bereits seit langem deren Ertragswert bekannt ist, erbringen diese Flächen eine Vielzahl ökologischer Leistungen von volkswirtschaftlicher Relevanz. Das gleiche gilt für Grünflächen. Bisherige Ansätze versuchen über Befragungen zur Zahlungsbereitschaft (contingent valuation) oder den monetären Wert äquivalenter Leistungen/privater Güter auf den Wert der Funktion zu schließen (vgl. Lindsey & Knapp 1999). Dies wird auch zukünftig ein wichtiges Thema für die Forschung sein.

Ein ganz anderer Ansatz wurde im Rahmen des Forschungsprojektes im Auftrag der verfolgt (vgl. Gruehn 2006, Hoffmann & Gruehn 2010, Pommerehne 1987). Hier ging es darum, die ökonomische Bedeutung von freiraum- und grünflächenrelevanten Faktoren, wie etwa den Freiraumversorgungsgrad, die Qualität der Freiräume beziehungsweise Grünflächen usw., auf den Wert von Grundstücken und Immobilien zu ermitteln. Aus der Variation der amtlich festgelegten Bodenrichtwerte in Abhängigkeit von freiraum- und grünflächenbezogenen Lagekriterien ergibt sich die wertverändernde Wirkung der Grün- und Freiflächen auf den Marktwert von Grundstücken und Immobilien (revealed preference-Methode). Auch wenn es sich bei den ermittelten Wirkungen der Grün- und Freiflächen auf den Bodenrichtwert nur um einen partiellen ökonomischen Wert handelt - ein alle oben angesprochenen Funktionen umfassender volkswirtschaftlicher Gesamtwert von Grünflächen kann und soll mit diesem Ansatz nicht erfasst werden - sind die Ergebnisse des Forschungsprojektes beachtlich: Erstmals konnte mit dieser Methode für die Groß- und Mittelstädte Deutschlands die Wirkung von Grün- und Freiflächen auf den Grundstückswert nachgewiesen werden.

Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz (GALK)
Raumprägende Straßenbäume und Alleen haben eine Einflussstärke von 2,9 Prozent auf die Bodenrichtwertvariationen. Foto: Folker Timmermann, pixelio.de
Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz (GALK)
Einfluss eines Versorgungsmangels an hochwertigen Parkanlagen auf den Bodenrichtwert in Abhängigkeit von der Entfernung in deutschen Städten. Quelle: Hoffmann & Gruehn 2010

Datengrundlage und Methodik

Die Zielsetzung des Vorhabens, allgemeingültige Aussagen zum Einfluss von Freiräumen und Grünflächen auf den Grundstückswert zu formulieren, erforderte die Anwendung einer repräsentativen Stichprobentechnik. Mit einer mehrfach proportional geschichteten Zufallsstichprobe wurden in drei aufeinander folgenden Schritten die Stichprobenelemente ausgewählt. Zunächst erfolgte die Auswahl der Städte, sodann die Auswahl von Teilgebieten mit unterschiedlicher städtebaulicher Typologie, abschließend wurden die Untersuchungsstandorte (Straßenabschnitte) innerhalb der Teilgebiete selektiert. Insgesamt sind 26 deutsche Groß- und Mittelstädte (Einwohnerzahl >50.000) mit jeweils 15 Teilgebieten untersucht worden (vgl. Abbildung 1). Da sich innerhalb eines jeden Teilgebietes zehn Straßenabschnitte befinden, wurden in den 26 Städten insgesamt 3900 Untersuchungsstandorte berücksichtigt.

Zu jedem Untersuchungsstandort wurden zunächst zahlreiche städtebauliche und freiraumrelevante Parameter erhoben, um den Untersuchungsstandort selbst charakterisieren zu können (vgl. ausführlich Luther, Gruehn & Kenneweg 2000). In einem weiteren Schritt wurden Informationen über die im Umkreis der Untersuchungsstandorte gelegenen Freiräume erhoben. Dabei wurde wie folgt nach der Relevanz der Freiräume in Abhängigkeit von ihrer Entfernung zum Untersuchungsstandort differenziert: Übergeordnete, also sehr große Freiräume (> 50 Hektar), die der Erholung dienen, wurden generell als relevant eingestuft und daher unabhängig von ihrer Entfernung zum Untersuchungsstandort mit erfasst. Innerhalb des (siedlungsnahen) 1500 Meter Umgebungsbereiches wurden zusätzlich alle Freiräume mit zehn bis 50 Hektar Fläche als relevant betrachtet und mit erhoben. Innerhalb des (wohnungsnahen) 500 Meter Umgebungsbereiches wurden zusätzlich alle Freiräume mit einer Fläche von 0,5 bis zehn Hektar mit einbezogen. Freiräume unter 0,5 Hektar wurden aus arbeitsökonomischen Gründen nicht berücksichtigt.

Die Freiräume wurden nach 13 verschiedenen Freiraumhaupttypen (zum Beispiel Stadt(grün-)platz, Park, Wald) sowie zusätzlich hinsichtlich zahlreicher Funktionen, Ausstattungs-, Zustands- und Pflegemerkmale differenziert (vgl. ausführlich Luther, Gruehn & Kenneweg 2000).

Um den "Bodenwert" operationalisieren zu können, wurden für die jeweiligen Untersuchungsstandorte amtliche Bodenrichtwerte, vor allem aus Bodenrichtwertkarten herangezogen. Da diese nicht grundstücksscharf, sondern allenfalls bereichsscharf sind, bedeutet dies eine Verminderung der Variation der Bodenrichtwerte im Vergleich zur Realität. Daher müssen die daraus abgeleiteten Schlüsse notwendigerweise Schätzungen sein, die unterhalb der realen Werte liegen. Anders ausgedrückt heißt dies, dass die mit der hier beschriebenen Vorgehensweise ermittelten Ergebnisse konservative Schätzungen sind, das heißt die Effekte sind in der Realität tendenziell noch stärker.

Die Auswertung der Daten erfolgte mithilfe inferenzstatistischer Methoden (Programmpaket SPSS). Dies hat den Vorteil, dass Hypothesen über den Einfluss freiraumrelevanter Parameter auf den Bodenrichtwert getestet werden können. In Abhängigkeit vom spezifischen Verfahren können somit auch Quantifizierungen über die Einflussstärke einzelner oder in Gruppen zusammengefasster Parameter vorgenommen werden.

Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz (GALK)
Grünflächen können den Bodenrichtwert um bis zu 30 Prozent beeinflussen. Foto: Gabriela Mehl, pixelio.de

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass sich Grün- und Freiflächen in vielfacher Hinsicht auf den Bodenrichtwert auswirken können (vgl. ausführlich Hoffmann & Gruehn 2010).

Unmittelbar an den Untersuchungsstandorten wirken sich beispielsweise Straßenbäume und Alleen positiv auf den Bodenrichtwert aus, vorausgesetzt, sie sind raumprägend (vgl. Abbildungen 2 und 3). Bei vereinzelt oder lückig stehenden Straßenbäumen konnten keine signifikanten Effekte festgestellt werden. Die Einflussstärke dieses Faktors beträgt 2,9 Prozent, das heißt, 2,9 Prozent der Bodenrichtwertvariationen werden durch den Einflussfaktor "Straßenbäume" erklärt (Abbildung 3).

Ebenfalls bedeutsam sind Gärten oder Vorgärten an den Untersuchungsstandorten. Hier sind vor allem innerhalb der städtebaulichen Kategorien "Etagenwohnen", "gartenbezogenes Wohnen" sowie "dörflich geprägte Siedlungsfläche" überdurchschnittlich hohe Bodenrichtwerte zu verzeichnen, wenn die Gärten und Vorgärten eine hohe Qualität aufweisen, das heißt, gut gestaltet und gepflegt sind.

Sehr viel bedeutsamer als die Situation direkt am Untersuchungsstandort ist die gesamte Freiraumsituation im Umkreis von bis zu 1500 Meter. Hier spielt einerseits die Zugänglichkeit der umgebenden Freiräume, andererseits aber auch spezifische Ausstattungs- und Zustandsmerkmale der Freiräume eine bedeutsame Rolle. Die wichtigsten Faktoren sind:

  • der Schmuckflächenanteil der Freiräume,
  • die Aufenthaltsqualität, Gestaltungsintensität sowie der Pflegezustand der Freiräume,
  • spezifische Freiraumfunktion (zum Beispiel Biotopfunktion, Immissionsschutzfunktion sowie Repräsentationsfunktion.

Weiterhin konnte gezeigt werden, dass Standorte, die gut mit spezifischen Freiräumen, etwa Parkanlagen versorgt sind, signifikant höhere Bodenrichtwerte aufweisen als vergleichbare Standorte mit einem Versorgungsmangel (vgl. Abbildungen 4 und 5).

Insgesamt zeigt es sich, dass grün- und freiflächenrelevante Parameter den Bodenrichtwert bis zu zehn Prozent, unter besonderen Konstellationen auch bis zu 30 Prozent beeinflussen können. Die ökonomischen Wirkungen von Grün- und Freiflächen können somit recht eindeutig quantifiziert werden.

Daraus ergeben sich für die zukünftige Freiraumpolitik der Städte neue Impulse. Stadtquartiere, in denen Grünflächenmangel herrscht, könnten durch neue Grünflächen nicht nur hinsichtlich ihrer Lebensqualität aufgewertet werden, sondern auch hinsichtlich ihrer ökonomischen Bedeutung. Gleichzeitig stellt sich angesichts der positiven Wirkungen öffentlicher Grüninvestitionen auf privates Grundeigentum nicht nur die Frage der Verteilungsgerechtigkeit, sondern auch, ob nicht aufgrund dieser spezifischen Konstellation neue, erfolgversprechende Möglichkeiten für ein Private-Public-Partnership zugunsten neuer, hochwertiger Grünflächen in unseren Städten denkbar wären. Die Ergebnisse der Untersuchungen in den Städten zeigen, dass sie relevante Größen für die Stadt- und Landschaftsplanung sowie für stadtwirtschaftliche Betrachtungen sind und eine weitere wichtige Entscheidungsgrundlage in der Stadtentwicklung sind.

Literatur

Gruehn, D. (2006): Bedeutung von Freiräumen und Grünflächen für den Wert von Grundstücken und Immobilien, ARC-sys-Berichte 0090, Seibersdorf 24 S.

Hoffmann, A., & D. Gruehn, (2010): Bedeutung von Freiräumen und Grünflächen in deutschen Groß- und Mittelstädten für den Wert von Grundstücken und Immobilien, LLP-report 010, Dortmund 73 S.

Luther, M., D. Gruehn & H. Kenneweg (2002): Bedeutung von Freiräumen und Grünflächen für den Wert von Grundstücken und Immobilien. Zwischenbericht über das gleichnamige Forschungsprojekt i. A. der GALK-DST/Umweltbehörde Hamburg. 175 S. Berlin. (Schriftenreihe Arbeitsmaterialien zur Landschaftsplanung 25).

Lindsey, G. & G. Knapp (1999): Willingness to pay for urban greenway projects. Journal of the American Planning Association 65 (3): 219-313.

Pommerehne, W. (1987): Präferenzen für öffentliche Güter. Tübingen 290 S.

 Heiner Baumgarten
Autor

Ehemals GALK-Präsident und Vorsitzender vom GALK-Arbeitskreis Stadtplanung

Autor

Techinische Universität Dortmund, Lehrstuhl Landschaftsökologie und Landschaftsplanung

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