Formale Anforderungen an Bussgeldverhängung
Beseitigung von Gehölzen in Landschaftsschutzgebiet
von: Ass. jur. Armin Braun
Im Rahmen einer Ortsbegehung am 21.03.2023 hat das erstinstanzliche Amtsgericht Meppen im Rahmen eines Bußgeldverfahrens festgestellt, dass entgegen der einschlägigen Landschaftsschutzverordnung der Betroffene zu einem ungeklärten Zeitpunkt in nicht rechtsverjährter Zeit verschiedene Bäume, Sträucher und Gehölze beseitigt und das Stammholz abgefahren hat, wodurch das angrenzende Grünland beeinträchtigt und teilweise zerstört worden ist.
Nach § 3 der einschlägigen Landschaftsschutzverordnung sind unter anderem untersagt "die Beseitigung oder Beeinträchtigung von Landschaftselementen wie zum Beispiel Hecken, Feldgehölze, Einzelbäume, Baumreihen, Alleen oder naturnahe Gebüsche", ferner "die Beseitigung oder Beeinträchtigung von naturnah aufgebauten Waldrändern".
§ 9 der Verordnung enthält einen Ordnungswidrigkeitentatbestand, der wie folgt lautet:
"(1) Ordnungswidrig nach § 26 Abs. 2 BNatSchG i.V.m. § 43 Abs. 3 Nr. 4 NAGBNatSchG handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Verbotsregelungen in § 3 dieser VO verstößt, ohne dass eine Zustimmung gemäß § 3 Abs. 2, eine Freistellung gemäß § 4 bzw. eine Zustimmung gemäß § 4 Abs. 6 oder eine Befreiung gemäß § 5 dieser VO vorliegt. Die Ordnungswidrigkeit kann nach § 43 Abs. 4 NAGBNatSchG mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro geahndet werden.
(2) Ordnungswidrig handelt darüber hinaus, wer gemäß § 69 Abs. 3 Nr. 6 BNatSchG eine Veränderung oder Störung vornimmt, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Natura 2000 Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteile führen kann. Die Ordnungswidrigkeit kann gemäß § 69 Abs. 6 BNatSchG mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden."
Das AG Meppen hat in 1. Instanz durch Urteil vom 19.03.2024 den Betroffenen wegen einer vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit unter Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 13 und 14 der Landschaftsschutzverordnung durch Beseitigung naturnaher Gebüsche sowie naturnaher Waldränder zu einer Geldbuße von 2000 Euro verurteilt. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat das OLG Oldenburg das Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben – mit Ausnahme der Feststellungen zum objektiven Tatbestand – und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Nach Auffassung des OLG Oldenburg kann gegen den Betroffenen aus Rechtsgründen keine Geldbuße wegen eines Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 der Verordnung verhängt werden. Das Gericht begründet dies maßgeblich damit, dass das Landschaftsschutzgebiet nicht unter Hinweis auf das Niedersächsische Naturschutzgesetz vom 20.03.1981 ausgewiesen worden ist, sondern unter Hinweis auf das Niedersächsische Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz vom 19.02.2010. Nach dem Erlass des Bundesnaturschutzgesetzes vom 29.07.2009 habe sich eine grundlegende Änderung der Landeskompetenz ergeben, wonach der niedersächsische Gesetzgeber das Niedersächsische Naturschutzgesetz durch das Niedersächsische Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz abgelöst habe.
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Dieses sei in der Folgezeit wiederum in Niedersächsisches Naturschutzgesetz umbenannt worden. Folglich handele es sich beim Niedersächsischen Ausführungsgesetz nicht lediglich um eine Umbenennung, sondern um ein völlig neues Gesetz. Daher sei in der Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht auf das Niedersächsische Naturschutzgesetz vom 20.03.1981 verwiesen worden, sondern auf ein anderes Gesetz, was auch hinsichtlich des Verweises auf die Ordnungswidrigkeitentatbestände gelte.
Demgemäß handele es sich nicht um eine ausreichende Bußgeldvorschrift, sondern um eine unzulässige Analogie. Es komme daher nicht darauf an, dass es sich um eine nicht gewollte Ahndungslücke handele. Ein Freispruch komme derzeit aber nicht in Betracht, weil auch ein Verstoß gegen § 9 Abs. 2 der Verordnung infrage käme. Ob ein solcher vorliege, müsse das Amtsgericht prüfen.
Die Entscheidung des OLG Oldenburg zeigt eindrucksvoll, wie genau der Verordnungsgeber beim Erlass von Landschaftsschutzverordnungen und hier insbesondere bei der Verweisung auf gesetzliche Bußgeldvorschriften vorgehen muss, damit gegen "Übeltäter" unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten überhaupt rechtmäßig Bußgelder verhängt werden können. Die vorstehende Regelung, auf die das Bußgeld gestützt war, stellte letztlich einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG dar, wonach eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. An dieser erforderlichen Bestimmtheit hat es vorliegend gefehlt.
Ass. jur. Armin Braun, GVV Kommunalversicherung