Sturm und Brandkrustenpilzbefall

Besteht Haftung für eine umstürzende Eiche?

Baumkrankheiten
Die schadenursächlich gewordene Eiche war zum Schadenszeitpunkt vom Brandkrustenpilz befallen und deshalb nicht hinreichend standsicher, was im Rahmen einer Baumkontrolle aber nicht hätte erkannt werden können. Foto: RalfenByte, Adobe Stock

Im rechtskräftigen Urteil des OLG Düsseldorf vom 16.10.2019 - I-18 U 32/19 - geht es um die Haftung des städtischen Grundstückseigentümers für durch Baumumsturz verursachte Schäden auf einem Nachbargrundstück. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Am 30.05.2016 stürzte bei einem Sturm eine auf einem städtischen Grundstücksstreifen entlang eines Gewässers stehende Eiche um und beschädigte einen auf dem Nachbargrundstück abgestellten Pkw. Die schadenursächlich gewordene Eiche war zum Schadenszeitpunkt vom Brandkrustenpilz befallen und deshalb nicht hinreichend standsicher, was im Rahmen einer Baumkontrolle aber nicht hätte erkannt werden können. Regelmäßige Baumkontrollen der Eiche hatten nicht stattgefunden. Der Fahrzeugeigentümer macht gegen die beklagte Stadt Schadenersatzansprüche wegen seines Fahrzeugschadens geltend. Das LG Duisburg hat die Klage nach Beweisaufnahme mittels Sachverständigengutachtens und Zeugenvernehmung durch Urteil vom 26.10.2018 - 6 O 53/17 - abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das OLG Düsseldorf als unbegründet zurückgewiesen.

Das OLG Düsseldorf lehnt ebenso wie die Vorinstanz nicht nur eine Haftung der Beklagten mangels Verschuldens aus § 823 BGB ab, sondern auch eine solche aus dem verschuldensunabhängigen § 906 Abs. 2 S. 2 BGB mangels Erkennbarkeit einer Erkrankung der umgestürzten Eiche vor dem Sturm Ende Mai 2016. Dabei geht das Gericht von einer eingeschränkten Pflicht zur Baumkontrolle aus, weil der umgestürzte Baum nicht an der Straße, sondern auf einem Grünstreifen entlang eines Gewässers gestanden hat. Die Erkennbarkeit von Handlungsbedarf sei dort nicht an der gesteigerten Pflicht zur regelmäßigen fachkundigen Baumkontrolle von Straßenbäumen zu orientieren.

Maßstab sei vielmehr die allgemeine privatrechtliche Verkehrssicherungspflicht, Bäume in angemessenen Abständen auf Krankheitsbefall zu überwachen, wobei die Häufigkeit und der Umfang der Baumkontrollen vom Zustand und Alter des Baums sowie dessen Standort abhängig sind. Letztlich komme es auf die Frage, ob eine einfache oder gesteigerte Pflicht zur regelmäßigen fachkundigen Baumkontrolle verletzt sei entscheidungserheblich nicht an, da die Kausalität der Pflichtverletzung nicht festgestellt werden könne.

SUG-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Gärtner*in oder Forstwirt*in mit Spezialaufgaben..., Düsseldorf  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen
Baumkrankheiten
Die Entscheidung wirft mehr Fragen auf, als sie Antworten gibt. Vollkommen neu in der Rechtsprechung ist die Differenzierung zwischen Straßenbaumkontrollen und eingeschränkten Baumkontrollen für Bäume auf einem Grünstreifen entlang eines Gewässers. Foto: Marcel Paschertz, Adobe Stock


Der Kläger habe nämlich den Beweis dafür, dass der Befall des umgestürzten Baumes mit dem Brandkrustenpilz erkennbar gewesen wäre, nicht erbracht. Dies stützt das OLG auf die Feststellungen des in 1. Instanz beauftragten gerichtlichen Sachverständigen. Schließlich kommt das OLG zu dem Ergebnis, es könne nicht unterstellt werden, dass die Schädigung des Baumes durch den Brandkrustenpilz zum Zeitpunkt des Umsturzes bereits so weit fortgeschritten war, dass sie normalen Naturkräften nicht standgehalten hätte.

Die Entscheidung wirft mehr Fragen auf, als sie Antworten gibt. Vollkommen neu in der Rechtsprechung ist die Differenzierung zwischen Straßenbaumkontrollen und eingeschränkten Baumkontrollen für Bäume auf einem Grünstreifen entlang eines Gewässers. Nach der Entscheidung des OLG Düsseldorf bleibt auch unklar, wie sich diese Differenzierung zwischen einfacher und gesteigerter Pflicht zur Baumkontrolle in der Praxis auswirken soll, was also überhaupt der Unterschied dieser sogenannten eingeschränkten Pflicht zur Baumkontrolle gegenüber der üblichen Sichtkontrolle sein soll.

In seiner Ablehnung des verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs aus § 906 BGB knüpft das OLG erkennbar an die Entscheidung des BGH vom 21.03.2003 - V ZR 319/02 -, NJW 2003, 1732 an. In der konkreten Prüfung setzt das OLG aber recht hohe Hürden für den von dem Geschädigten zu erbringenden Nachweis, dass ein Baum krankheitsbedingt normalen Naturkräften nicht standgehalten hätte als Voraussetzung für eine Haftung aus § 906 BGB.

Im Gegensatz hierzu hatten in der Vergangenheit verschiedene Gerichte einen Beseitigungsanspruch (als Voraussetzung für einen späteren Ausgleichsanspruch aus § 906 BGB bei äußerlich nicht erkennbarer Erkrankung des Baumes) für einen kranken, nicht hinreichend widerstandsfähigen Baum bejaht, wobei die Erkennbarkeit im Vorfeld und das Verschulden des Baumeigentümers keine Rolle spielen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.01.2002 - 4 U 73/01 -, VersR 2003, 74; LG Münster, Hinweisbeschluss vom 21.01.2014 - 6 S 49/13 -; AG Hamburg, Urteil vom 05.10.2007 - 7c C 102/05 -, juris).

Das vorliegende Urteil des OLG Düsseldorf bewegt sich zwar abstrakt auch auf dieser Linie. Die vorgenannten Entscheidungen haben aber sämtlich nicht derart hohe Hürden an den Nachweis der nicht hinreichenden Widerstandsfähigkeit des Baumes gestellt.

Ass. jur. Armin Braun, GVV-Kommunalversicherung

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle grüne Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen