Pflanzen zur Förderung von Wildbienen in der Stadt

Bienen-Hotspot Berlin

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Klimawandel
Abb. 1: Hotspot der Wildbienenvielfalt. Abbildung: Julia von Vietingshoff

Weite Teile Mitteleuropas bestanden vor den landwirtschaftlichen Technisierungsmaßnahmen aus einer Mosaikstruktur unterschiedlicher Kleinstlebensräume. Diese fragmentierte und reich strukturierte Landschaft schuf durch ein großes Angebot und das unmittelbare Nebeneinander von Nist- und Nahrungsquellen ideale Bedingungen für zahlreiche Insektenarten. Die größte Vielfalt an heimischen Insekten gab es in Deutschland um circa 1850. Seit diesem Zeitpunkt nimmt die Biodiversität mit zunehmender Geschwindigkeit ab (Blab, 1984).

Besonders mit der Flurbereinigung gab es zahlreiche Zerstörungen: störende Ökotone (wie Feldraine, Böschungen und Natursteinmauern) wurden beseitigt, Feldwege asphaltiert, Feuchtwiesen dräniert, weniger ertragreiche Standorte, wie Magerrasen und Trockenrasen, aufgegeben oder aufgeforstet. Auch eine technische Intensivierung setzte ein. Das Saatgut wurde gereinigt, die Felder durch Düngegaben homogenisiert, Insektizide töten Schädlinge aber auch Nützlinge.

Daher bietet intensiv genutzte Kulturlandschaft kaum noch eine Lebensgrundlage für Insekten (Wittig 2014). Heute werden als wichtigste Bedrohungen der Wildbienenpopulationen die globale Erwärmung, die Intensivierung der Landwirtschaft, die Homogenisierung der Lebensräume sowie Krankheiten und Krankheitserreger genannt (Drossart & Gerard 2020: 649). Die 2017 veröffentlichte "Krefelder Studie" zeigt, dass sogar in Naturschutzgebieten die Biomasse der Fluginsekten in den letzten 27 Jahren um bis zu 75 Prozent (Hallmann et al. 2017) zurückgeht.

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In den gemäßigten Breiten sind 78 Prozent der Blütenpflanzenarten und allein 80 Prozent der wichtigen Kulturpflanzen von einer Bestäubungdurch Insekten abhängig (Klein et al. 2007). Ein fortschreitenderArtenrückgang würde somit erhebliche ökologische und ökonomische Folgen haben. Unter allen Insekten gelten Bienen als die wichtigste Bestäubergruppe (Klein et al. 2007; Michener 2007).

Zudem haben Bienen eine große Akzeptanz in der Bevölkerung, was es leichter macht, Geld für Fördermaßnahmen bereitzustellen. Um dem fortschreitenden Verlust ihrer Nahrungs- und Nistressourcen entgegenzuwirken, wurden in den letzten Jahren unterschiedliche Projekte sowohl auf dem Land, als auch in der Stadt ins Leben gerufen (z. B. Berliner Bienenstrategie; Projekte der Deutsche Wildtierstiftung). Denn auch der städtische Raum rückt auf der Suche nach geeigneten Schutzmaßnahmen für Bienen zunehmend in den Fokus.

Im Vergleich zum ländlichen Raum verfügen Städte heute über kleinteiligere Strukturen. Städtische Ballungsräume weisen eine höhere Pflanzenbiodiversität auf (Kowarik, 2011) und bieten auch neue Lebensräume für die Fauna. Neu geschaffene Naturschutzflächen können eine Chance sein, Bienen in der Stadt zu fördern und gleichzeitig die Attraktivität von Freiflächen für die Bevölkerung zu erhöhen.

Lebensräume und Habitate in der Stadt und auf dem Land

Wildbienen benötigen ein Mosaik aus unterschiedlichen Kleinstlebensräumen, in denen sie Nahrung durch ein passendes Blühangebot, einen Nistplatz oder Nistrequisiten zum Nestbau finden. Aufgrund der geringen Flugradien und teilweise hohen Spezialisierungsgraden sind Wildbienen in besonderem Maße von der Zerschneidung, der Isolation oder vom Verlust von Habitaten betroffen (BUND, o.J., online).

Zwei Drittel aller in Deutschland vorkommenden Wildbienenarten siedeln am Boden. Der übrige Teil baut seine Behausungen oberirdisch in Totholz, markhaltigen Pflanzenstängeln, Schneckenhäusern oder anderen Materialien (Westrich 2019). Entsprechend sollte ein wildbienenfreundlicher Standort offene, sandige Bodenstellen und weitere geeignete Nistmöglichkeiten bieten. Das Blühangebot richtet sich an die jeweilige Art und ihr Pollensammelverhalten. Üblicherweise wird zwischen oligolektischen und polylektischen Bienen unterschieden.

Während polylektische Arten, wie beispielsweise die Honigbiene oder die Hummeln Pollengeneralisten sind und beim Sammeln undifferenziert vorgehen, besitzen oligolektische Arten eine Bindung an bestimmte Pflanzengruppen (also einige oder wenige Arten, Gattungen oder Familien). In Deutschland zeigen 32 Prozent aller Wildbienenarten ein oligolektisches Pollensammelverhalten, es gibt Beziehungen zu 26 Pflanzenfamilien (Westrich 2019: 295).

Grundsätzlich sind Wildbienen wärmebedürftige Tiere und besiedeln vor allem Lebensräume in sonnenexponierter Lage. Daher ist auf offenen, trockenen und nährstoffarmen Standorten (Kalk- und Sandmagerrasen, Heiden, Binnendünen) die höchste Artenanzahl zu verzeichnen. Weitere Lebensräume in der Natur- und Kulturlandschaft können artenreiche Weg- und Feldraine, Ackerrandstreifen, Hecken, Streuobstwiesen, Waldlichtungen und Waldränder, Folgelandschaften, Steinbrüche und Kiesgruben,Steinriegel und Trockenmauern, zweischüriges, nur mäßig gedüngtes Grünland und feuchte Hochstaudenfluren an Graben- und Gewässerrändern sein (Westrich 2019).

In urbanen Gebieten finden Wildbienen zunehmend Ersatzlebensräume. Im Vergleich zum ländlichen Raum gibt es in Städten weiterhin unterschiedliche kleinräumliche Strukturen, welche Wildbienen trotz geringer Flugdistanzen erreichen können (SenUVK 2019). Eine besondere Bedeutung kommt dabei Brachen in frühen Sukzessionsstadien oder mit regelmäßigen Störungen zu. Zusätzlich bietet die aufkommende Ruderalvegetation hochwertige Nektar- und Pollenquellen (SenUVK, 2019).

Auch die Gebäudebegrünung (Dach- und Fassadengrün) trägt zu einer Erhaltung der Artenvielfalt bei, da sie trotz zunehmendemFlächenverbrauch die Mosaikstruktur und die Verzahnung von Kleinstlebensräumen aufrechterhält. Weitere wichtige Strukturen (eine bestäuberfreundliche Bepflanzung vorausgesetzt) sind Kleingärten und private Gärten, Parks und Parkwiesen, Retentionsflächen, naturnahe Uferzonen und Straßenbegleitgrün an wenig befahrenen Straßen.

Bahntrassen und alte Siedlungsstrukturen wie Mauern und Lehmwände bieten hohes Nistpotenzial. Sogar Fugen im Wegebelag können, sofern sie eine ausreichende Breite haben, als Nistmöglichkeit genutzt werden. Ebenso können lichte Stadtwälder und -ränder mit hohem Totholzanteil als Lebensraum dienen. In der Regel finden allerdings hochspezialisierte Wildbienenarten mit spezifischen Lebensraumansprüchen im urbanen Raum nur wenig geeignete Flächen, da die jeweils benötigten sehr speziellen Biotope nur außerhalb vorkommen. In Städten leben daher überwiegend schwach- bis ungefährdete Wildbienenarten. Mit den entsprechenden Maßnahmen könnten zukünftig weitere Arten angesprochen werden (Westrich, 2019, Wiesbauer 2017).

Das Beispiel Berlin

Die meisten Menschen haben mit Bienen eine positive Assoziation, so dass diese Gruppe der Insekten auf weitreichende Hilfe hoffen kann. Durch die Aktualität des Themas sind zum jetzigen Zeitpunkt schon viele Projekte zum Schutz und Fortbestehen von Wildbienen vornehmlich in der Stadt gegründet worden.

Der Fokus dieses Artikels liegt auf dem Berliner Pilotprojekt "Mehr Bienen für Berlin - Berlin blüht auf", welches von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in Auftrag gegeben wurde und von der Deutschen Wildtier Stiftung durchgeführt wird. Dieses Projekt beinhaltet unterschiedliche Maßnahmen, die derzeit erprobt werden. Die Berliner Bienenstrategie dient dabei als übergeordneter Maßnahmenkatalog für dieses und alle weiteren nachfolgenden Projekte.

Das Abgeordnetenhaus von Berlin hat im Mai 2018 den Senat beauftragt "eine berlinweite Strategie zum Schutz und zur Förderung von Bienen und anderen Bestäubern zu entwickeln" (Abgeordnetenhaus Berlin, 2019). Die sogenannte Berliner Bienenstrategie beschreibt unter anderem die analysierte Situation der Wild- und Honigbienen in Berlin und formuliert acht Problem- und Handlungsfelder, die aus diversen Akteursgesprächen (unter anderem mit Bezirksämtern, Kleingartenvereinen, Universitäten und Berliner Wohnungsbauunternehmen) und einer Fachtagung zum Thema resultieren.

In Berlin leben 322 Wildbienenarten, das sind mehr als die Hälfte aller in Deutschland vorkommenden Arten. Damit gilt Berlin als urbaner Hotspot der Wildbienenvielfalt. Jedoch ist auch dort, sowie in ganz Europa, ein Artenrückgang im städtischen Bereich zu verzeichnen. 40 Prozent der Wildbienen in Berlin befinden sich auf der Roten Liste der gefährdeten Arten (SenUMVK, 2019). Das Hauptproblem wird im Habitatverlust gesehen.

Aufgrund der politischen Entwicklungen nach dem 2. Weltkrieg sind in Berlin unzählige ungenutzte Flächen brachgefallen. Teilweise sind diese Bereiche bis heute essentielle Habitate für Wildbienen. Durch den fortschreitenden Bauboom und die Flächenversiegelung seit den letzten 30 Jahren, schwinden diese Flächen stetig. Aber immer noch sind in Berlin große Areale erhalten geblieben, die über offene, sonnenexponierte Bodenstellen und einer hohen Zahl an Nektarquellen verfügen.

Diese großflächigen oder linear zusammenhängenden Biotope (z.B. Bahnbrachen oder Truppenübungsplätze) werden auch als Kernbiotope bezeichnet. Dort gibt es eine sehr große Artenanzahl an Generalisten und auch Spezialisten. Die bislang artenreichste Wildbienenfläche in Berlin ist die Lichterfelde Weidelandschaft, die durch ein dort geplantes Bauvorhaben gefährdet ist. Ähnliches gilt für Adlershof, wo schon jetzt durch die Bebauung ein großer Teil der bestäuberfreundlichen Flächen verschwunden sind. Auf den verbliebenen Flächen ist der Nutzerdruck durch Anwohner stark geworden (Schmid-Egger mündl. 2022).

Weitere Kernbiotope in Berlin sind unter anderem das Schöneberger Südgelände, der Hahneberg in Spandau und die Wuhlheide. Oft findet in diesen Gebieten eine Parkpflege mit Weidetieren statt, die durch selektives Fraßverhalten und Tritt offene Bodenstellen fördern. Kleinere, geeignete Flächen werden als Sekundärbiotope (z. B. Ruhwaldpark Charlottenburg, Windmühlenberg Gatow, Gleisdreieckpark inNischenbereichen) bezeichnet. Auch dort gibt es eine relativ hohe Artenanzahl. Kleinere, meist innerstädtische Bereiche (z. B. Blühstreifen, private Gärten und Balkone mit nektarführenden Blütenpflanzen) dienen primär zur erweiterten Nahrungsaufnahme (Schmid-Egger mündl. 2022).

Ein weiteres Problem könnte durch die stetige Zunahme an Honigbienenvölkern entstehen (SenUMKV 2019). Im Gegensatz zur Wildbiene ist die Honigbiene ein Nutztier und der Honig ist ein landwirtschaftliches Produkt. In Berlin hat die Anzahl an Hobbyimkern wesentlich zugenommen, es gibt schätzungsweise 8000 Völker,doppelt so viele wie noch in den 1990er Jahren.

Ein Bienenvolk umfasst 50.000 Individuen, daher wird vermutet, dass Honigbienen unter gewissen Umständen (vermindertes Nahrungsangebot im Laufe des Jahres, insbesondere bei ungünstiger Witterung) Nahrungskonkurrenten für die Wildbienen darstellen können. Auch könnten gefährliche Krankheiten aus Bienenstöcken auf die Wildbienen übertragen werden. Ob es infolge von Konkurrenz tatsächlich zu negativen Folgen für Wildbienen kommt, ist umstritten (Mallinger et al. 2017, Geldmann & González-Varo 2018).

Untersuchungen der TU Berlin auf Magerrasenflächen in der Stadt ergaben keine Hinweise darauf. "Unsere Auswertungen haben gezeigt, dass Wildbienen in einem Lebensraum, der über ein gutes Ressourcenangebot verfügt, zahlreich vorkommen und mit Honigbienen koexistieren können" (Kowarik et al. 2021: 35). Der vielfach geforderte Mindestabstand von 500 Metern von Bienenvölkern zu Wildbienenlebensräumen (Mallinger et al.2017) scheint wenig praktikabel.

Im Rahmen der Bienenstrategie wurde von der Deutschen Wildtier Stiftung das Projekt "Mehr Bienen fü rBerlin - Berlin blüht auf" konstituiert. Ziel ist es, die Stadt während einer Laufzeit von fünf Jahren bestäuberfreundlicher zu gestalten. Primär geht es dabei um die Bereitstellung eines größeren Nahrungsangebotes durch das Anlegen von Blühstreifen. An zweiter Stelle werden neue Habitate geschaffen. Ein wichtiger Schritt ist die Öffentlichkeitsarbeit und Schulung der Mitarbeiter von Bezirksämtern und des Pflegepersonals der ausgewiesenen Flächen.

Im Frühjahr 2018 startete das Projekt mit dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, der ausgewählte Flächen, beispielsweise am Hohenzollerndamm, in der Otto-Suhr-Allee oder am Schillertheater bereitstellte. Mittlerweile sind alle Berliner Bezirke mit 71 Standorten alleine auf bezirkseigenen Flächen vertreten. Hinzu kommen größere Grundstücksbesitzer, wie Wohnungsbaugesellschaften, die Deutsche Bahn, die BerlinerWasserbetriebe oder das Möbelhaus Rahaus, die dem Projekt beigetreten sind und ihre Flächen zur Verfügung stellen.

Ein Großteil dieser Flächen sind Fahrbahnmittelstreifen, Kreisverkehre, ausgewiesene Bereiche in Parkanlagen oder Gewerbe-Restflächen. Auf den Flächen erfolgt im ersten Jahr nach dem Einsäen eine dreischürige Schröpfmahd in 20 bis 30 Zentimetern Höhe, um die schnellwüchsigen aufkommenden Unkräuter zu unterdrücken. Die von den Zielarten im ersten Jahr ausgebildeten Rosetten werden durch das sogenannte Schröpfen nicht beschädigt. Ab dem zweiten Jahr haben sich die gewünschten Arten vollständig entwickelt und dominieren die Pflanzung, sodass fortan nur einmal im Jahr gemäht werden muss. Die Mahd erfolgt im Juni nach der Hauptblüte und sorgt durch einen zweiten Blühzeitraum im Herbst für ein durchgehendes Nahrungsangebot.

Die Jahre 2018 und 2019 waren sehr trockene Jahre, sodass nicht durchweg die gewünschten Ergebnisse erfolgten. Die Zielarten konnten sich nicht ausreichend etablieren, rechtzeitiges Wässern hätte den Etablierungserfolg wohl erhöht. Die Kosten für die Anlage der Flächen belaufen sich auf 6 Euro pro Quadratmeter und für die Pflege im ersten Jahr auf 15 Euro pro Quadratmeter. Die Kosten für die nachfolgenden Jahre liegen schätzungsweise bei 4-5 Euro pro Quadratmeter. Somit sind diese Blühstreifen vor allem in den ersten beiden Jahren kostenintensiv.

Ein Problem ist die mangelhafte Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung, da die Flächen durch die geringe Mahdfrequenz im Allgemeinen als ungepflegt angesehen werden. Dieser Eindruck wurde durch das ungenügende Anwachsen der Pflanzen aufgrund der Trockenheit verstärkt. Durch Öffentlichkeitsarbeit, wie das Anbringen von Informationsschildern, neben den Flächen, soll das Verständnis zukünftig erhöht werden (Schmid-Egger mündl. 2022).

Die Zusammensetzung der Blütenmischung wurde von der Deutschen Wildtier Stiftung erarbeitet (s. Tab.). Dabei wurde dem Wunsch des Senats nach Regio-Saatgut entsprochen, was bedeutet, dass nur in Berlin heimische Arten Verwendung fanden. Da dieses Saatgut aber schon seit einiger Zeit vergriffen ist, wird mittlerweile auf normales Saatgut ausgewichen (Schmidt-Egger mündl. 2022). Asteraceae sind, gefolgt von Fabaceae, sehr beliebte Futterpflanzen bei Wildbienen und daher in hohen Prozentzahlen in den Mischungen enthalten. Campanulaceae, Lamiaceae und Apiaceae kommen ebenfalls, wenn auch in geringeren Mengen vor. Wie bei solchen Wiesenansaaten üblich, versucht man durch das Hinzufügen einjähriger, auffällig blühender Akzeptanzarten schon im ersten Jahr sichtbare Blüheffekte zu erzielen.

Neben der Schaffung eines ausreichenden Nahrungsangebotes agieren die Blühflächen auch als Trittsteine im Biotopverbund. Hingegen dienen sie nur wenigen Arten als Nistplätze und werden bislang nur von einigen bodennistenden Wildbienenarten genutzt. Nach wie vor nisten die meisten Wildbienenpopulationen in Sekundär- und Kerngebieten.

Die Schaffung von geeigneten Habitaten findet seit kurzer Zeit in weniger frequentierten Stellen von Parkanlagen oder Verkehrsflächen statt (Tegeler Weg, Altonaer Straße). Dafür wird der Boden umgegraben und die Flächen werden als offene Bereiche sich selbst überlassen und nur einmal im Jahr oberflächlich aufgebrochen. Da Berlin über eine diverse Diasporenbank verfügt, wird vermutet, dass sich dort mit der Zeit von selbst vielfältige Biozönosen entwickeln (Schmidt-Eggermündl. 2022).

Pflanzenempfehlungen

Inzwischen liegt eine umfangreiche Liste mit Pflanzenempfehlungen für Berlin vor (Kowarik et al. 2022). Zahlreiche bislang angebotene Blühmischungen wurden darin untersucht und mit bekannten Daten zu Bestäuberbesuchen und Pflanzeneigenschaften verglichen. Eine wesentliche Grundlage für die entstandene Liste sind die Empfehlungen für gebietseigene Arten des Landes Berlin (SenUVK 2013).

Die endgültige Liste umfasst 191 krautige Arten und 112 Gehölze. Fremdländische Arten werden genannt, sind jedoch deutlich unterrepräsentiert (ca. 15 %). Dafür ist beachtenswert, dass auch Gehölze, insbesondere Straßenbäume erwähnt sind. Offensichtlich ist, dass ein Großteil der fremdländischen Zierpflanzen fehlt, obwohl die Empfehlungen auch für Parks und Gärten gelten sollen.

Wahrscheinlich hat die immer noch vorherrschende Idee, dass nur heimische Pflanzen für heimische Tiere bedeutsam sind, dazu geführt, dass bei fremdländischen Pflanzen bislang in geringerem Maße Bestäuberinteraktionen untersucht wurden und damit bekannt sind. Inzwischen gibt es aber auch dazu Erkenntnisse (Salisbury et al. 2015) und auch umfangreiche Listen (Rollings & Goulson 2019), die zeigen, wie wichtig Gartenpflanzen für Bestäuber sein können. Denn den polylektischen und auch den meisten oligolektischen Bienenarten dürfte es egal sein, ob ihre Nahrungsquelle innerhalb Deutschlands oder den Grenzen der Stadt Berlin indigen ist oder nicht.

Vielleicht sollte man deshalb bei solchen allgemeinen Empfehlungslisten für Pflanzen besser die Gattungs- oder sogar Familienebene wählen. Zumindest dann, wenn man auch eine Brücke zur üblichen Pflanzenverwendung in Parks und Gärten schlagen möchte. Durch die Beschränkung auf bienenfördernde Pflanzenarten fehlen in beiden Listen wichtige Strukturbildner, also vor allem die windbestäubten Gräser. Für eine beetartige Pflanzung ist das kein Problem. Möchte man jedoch aus diesen Ansaaten am Ende auch dauerhafte Lebensgemeinschaften (wie Wiesen oder Säume) entwickeln, wäre es wichtig, auch solche Arten einzubeziehen.

Pflanzenfamilien und -gattungen mit Beziehungen zu oligolektischen Arten (Westrich 2019: 297):

Alliaceae (Allium), Apiaceae, Araliaceae (Hedera), Asparagaceae (Asparagus, Ornithogalum), Asteraceae, Boraginaceae (Anchusa, Cerinthe, Echium, Symphitum), Brassicaceae, Campanulaceae (Campanula, Edraianthus, Phyteuma, Jasione), Cistaceae (Helinanthemum), Convolvulaceae (Convolvulus), Cucurbitaceae (Bryonia), Dipsacaceae (Knautia, Scabiosa, Succisa), Ericaceae (Calluna, Erica, Vaccinium), Fabaceae (Lotus, Vicia, Lathyrus, Chamaecytisus), Lamiaceae, Linaceae (Linum), Lythraceae (Lythrum), Malvaceae, Onagraceae (Epilobium), Orobanchaceae (Odontites), Plantaginaceae (Veronica), Primulaceae (Lysimachia), Ranunculaceae (Ranunculus), Resedaceae (Reseda), Rosaceae (Potentilla, Fragaria), Salicaceae (Salix).

Liste bienenfreundlicher Bäume - Empfehlungen für Berlin (Kowarik et al. 2020: Anhang):

Acer campestre, A. monspessulanum, A. negundo, A. platanoides, A. saccharinum, Aesculus hippocastanum, Castanea sativa, Catalpa bignonioides, Crataegus laevigata, C. monogyna, Cydonia oblonga, Frangula alnus, Fraxinus excelsior, F. ornus, Geditsia triacanthos, Gymnocladium dioicus, Ilex aquifolium, Koelreuteria paniculata, Maackia amurensis, Malus domestica, Nyssa sylvatica, Phellodendron amurense, Prunus armeniaca, P. avium, P. cerasifera, P. cerasus, P., domestica, P. dulcis, P. padus, P. persica, Pyrus communis, P. pyraster, Quercus petraea, Q. robur, Robinia pseudoacacia, Salix alba, S. caprea, S. cinerea, S. purpurea, S. triandra, S. viminalis, S. x rubens, Sorbus aria, S. aucuparia, S. domestica, S. intermedia, S. latifolius, S. torminalis, Styphnolobium japonicum, Tetradium daniellii, Tilia cordata, T. platyphyllos, T. tomentosa, T. x europaea.


Literatur

  • Abgeordnetenhaus Berlin (2019): Strategien für Bienen und andere Bestäuber in Berlin. Drucksachen 18/0634, 18/1009 und 18/1419 - Schlussbericht -
  • Blab, J., Nowak, E., Trautmann, W. und Sukopp, H. (1984): Rote Liste der gefährdeten Tiere und Pflanzen in der Bundesrepublik Deutschlan. 4. Aufl., Kilda-Verlag, Greven.
  • Drossart, M., & Gérard, M. (2020): Beyond the decline of wild bees: Optimizing conservation measures and bringing together the actors. Insects, 11(9), 649.
  • Geldmann, J., & González-Varo, J. P. (2018): Conserving honey bees does not help wildlife. Science, 359(6374), 392-393.
  • Hallmann, C. et al. (2017): More than 75 percent decline over 27 years in total flying insect biomass in protected areas. In: PLOS ONE 12 (10): e0185809.
  • Klein A.-M. et al. (2007): Importance of pollinators in changing landscapes for world crops. In: Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, Ausgabe 274, 303-313.
  • Kowarik, I. (2011): Novel urban ecosystems, biodiversity, and conservation. In: Environmental Pollution 159 1974e1983. Elsevier B.V. Amsterdam
  • Kowarik, I., Buchholz, S., Fischer, L. (Leitung) (2021): Abschlussbericht Forschungsprojekt Literaturliste:
  • Mallinger, R. E., Gaines-Day, H. R., & Gratton, C. (2017): Do managed bees have negative effects on wild bees?: A systematic review of the literature. PloS one, 12(12), e0189268.
  • Michener, C. D. (2007): The bees of the world. 2. Auflage. Johns Hopkins University Press, Baltimore.
  • Rollings, R., & Goulson, D. (2019): Quantifying the attractiveness of garden flowers for pollinators. Journal of Insect Conservation, 23(5), 803-817.
  • Salisbury, A., Armitage, J., Bostock, H., Perry, J., Tatchell, M., & Thompson, K. (2015): Enhancing gardens as habitats for flower?visiting aerial insects (pollinators): should we plant native or exotic species? Journal of Applied Ecology, 52(5), 1156-1164.
  • Schriftliche und mündliche Mitteilungen:
  • Schmid-Egger, Ch. (20.01.2020 und 26.03.2022). Betreff: Wildbienenprojekt in Berlin der Deutschen Wildtierstiftung. Mündliche und schriftliche Mitteilung an: Lydia Trapp und Julia v. Vietinghoff.
  • SenUVK "Unterstützung der Berliner Bienenstrategie durch Optimierung des Wildbienenschutzes". Teil 1: Empfehlungen zu Pflanzenlisten zur Förderung von Wild- und Honigbiene. www.berlin.de/sen/uvk/natur-und-gruen/biologische-vielfalt/publikationen/ Online am 17.03.2022.
  • SenUVK "Unterstützung der Berliner Bienenstrategie durch Optimierung des Wildbienenschutzes". Teil 2: Führt die Förderung von Honigbienen zur Konkurrenz mit Wildbienen in Berlin? www.berlin.de/sen/uvk/natur-und-gruen/biologische-vielfalt/publikationen/ online am 17.03.2022.
  • Westrich, P. (2019): Die Wildbienen Deutschlands. 2., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Ulmer.
  • Wiesbauer, H. (2020): Wilde Bienen. 2., erweiterte Auflage. Stuttgart: Ulmer.
  • Wittig, R. und Niekisch, M. (2014): Biodiversität - Grundlagen, Gefährdung, Schutz. Springer-Verlag, Berlin.
Prof. Dr. Norbert Kühn
Autor

Technische Universität Berlin

Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung
 Lydia Trapp
Autorin

Technische Universität Berlin
Autorin

TU Berlin, Vegetationstechnik und Pflanzenverwendung

Technische Universität Berlin

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