Internationales Städtenetzwerk zur Gründach-Förderung gegründet

"Bringing Nature Back to Town"

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Der gezielte Ausbau der grünen Infrastruktur wird von vielen Kommunen weltweit als wichtiger Baustein für eine klimawandelgerechte Stadtentwicklung angesehen. Doch wie lassen sich zusätzliche Grünflächen in den dicht bebauten Metropolen schaffen? Auf den Dächern der Städte existiert ein riesiges Flächenpotenzial, das sich mit der Technik der Dachbegrünung einfach und kostengünstig für den Klimaschutz aktivieren lässt. Die deutschen Erfahrungen in diesem Bereich sind im Ausland stark gefragt.

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ZinCo Dachgärten Bauwerksbegrünung
Singapur – In der von Hochhäusern geprägten Baukultur ermöglichen die Mietergärten einen unmittelbaren Zugang zur Natur. Foto: WOHA

Deutsche Städte als Vorreiter

Der Einsatz begrünter Dächer als Maßnahme des ökologischen Städtebaus besitzt in Deutschland eine lange Tradition. Zu den Pionieren in diesem Bereich gehört ohne Zweifel die baden-württembergische Landeshauptstadt Stuttgart, die aufgrund ihrer Kessellage mit erheblichen bioklimatischen und lufthygienischen Problemen zu kämpfen hat. Um diese Situation zu verbessern, sind seit Mitte der 1980er Jahre durch umfangreiche kommunale Fördermaßnahmen mehr als zwei Millionen Quadratmeter begrünte Dächer und Tiefgaragen in Stuttgart entstanden. Auch in vielen anderen deutschen Großstädten wird das grüne Multi-Talent direkt oder indirekt gefördert. Dies belegt eine Studie, die der Deutsche Dachgärtner Verband gemeinsam mit der HafenCity Universität Hamburg und der Gartenamtsleiterkonferenz 2011 veröffentlicht hat ("Leitfaden Dachbegrünung für Kommunen", s. Literatur).

Zu den Maßnahmen, die von den Kommunen erfolgreich eingesetzt werden, gehören zum Beispiel Festsetzungen in neuen Bebauungsplänen oder Gestaltungssatzungen für ganze Stadtgebiete. Direkte finanzielle Förderprogramme und Einsparungen bei den Niederschlagswassergebühren ergänzen das Instrumentarium, welches durch eine begleitende Öffentlichkeitsarbeit idealerweise unterstützt wird. Wichtig ist auch die Begrünung kommunaler Gebäude als Vorbildfunktion. Ausgehend von den positiven Erfahrungen in Deutschland gewinnt die Förderung begrünter Dächer auch international immer mehr an Bedeutung. Denn die Folgen der fortschreitenden Urbanisierung führen in fast allen Großstädten zu vergleichbaren Umweltproblemen, die sich vor allem in der städtischen Überhitzung (Urban Heat-Island-Effekt), zunehmender Luftverschmutzung und Problemen bei der Regenwasserableitung äußern. Mit der Technik der Dachbegrünung steht ein flexibles Werkzeug zur Verbesserung der lokalen Umweltsituation zur Verfügung, das weltweit einsetzbar ist und nur vergleichsweise geringe Investitionskosten verursacht.

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Begrünte Dächer können auch mit Photovoltaikanlagen kombiniert werden. Foto: ZinCo GmbH

Praxisbeispiele aus Europa, Nordamerika und Asien

München: Die bayerische Landeshauptstadt München setzt auf einen breiten Mix unterschiedlicher Maßnahmen, um die Dachbegrünung zu fördern. Zu den etablierten Instrumenten gehören Festsetzungen in Bebauungsplänen, Zuschüsse für Dachbegrünungen, die auf freiwilliger Basis errichtet wurden und Einsparungen bei den Niederschlagswassergebühren. Insbesondere die seit 17 Jahren geltende Verpflichtung, alle geeigneten Flachdächer mit einer Fläche größer als 100 Quadratmeter im Regelfall zu begrünen, hat dazu geführt, die Dachbegrünung in München zu einem anerkannten Standard im Baugeschehen zu machen. Aktuell untersucht die Stadt das Potenzial für gemeinschaftlich genutzte Dachlandschaften in Form von Mietergärten und öffentlichen Parks.

Kopenhagen: Im Unterschied zu München hat die dänische Hauptstadt Kopenhagen gerade erst damit begonnen, eine Gründach-Strategie zu entwickeln. Hintergrund ist die kommunale Zielsetzung, bis zum Jahr 2025 die erste klimaneutrale Großstadt der Welt zu werden. In diesen Prozess soll auch eine vermehrte Installation begrünter Dächer Eingang finden. In Zukunft sollen alle neuen Gebäude in Kopenhagen mit einer Dachneigung unter 30 Grad begrünt werden, wenn keine bautechnischen Gründe dagegen sprechen. Grundlage der erfolgreichen Etablierung der kommunalen Förderung ist eine umfangreiche Informationskampagne, die sowohl die Verwaltungs- als auch die politischen Ebenen einschließt und im letzten Jahr mit der Organisation des World Green Roof Congress 2012 einen Höhepunkt erreichte.

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Im Zentrum von Kopenhagen dient das Dach des Nationalarchivs als Landschaftsbrücke und öffentlicher Park. Foto: P. Malmos A/S

Chicago: In den USA kann sich Chicago bereits seit längerem mit dem Titel der "Gründach-Hauptstadt" schmücken. Seit dem Jahr 2000 unternimmt die Millionen-Metropole im Mittleren Westen umfangreiche Anstrengungen, um die Begrünung der städtischen Dächer zu fördern. Als Hauptmotivation dienen dabei die Vorteile begrünter Dächer als Modul des dezentralen Regenwassermanagements und bei der Reduzierung der städtischen Überhitzung. Zu den Werkzeugen, die erfolgreich zur Anwendung kommen, gehören die Festsetzung begrünter Dächer in einzelnen Stadtgebieten, Steuerersparnisse, Vereinfachungen bei der Baugenehmigung, städtebauliche Verträge und eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit. Heute besitzt Chicago bereits mehr als eine halbe Million Quadratmeter begrünter Dachflächen. Das Gründach des Rathauses hat es dabei sogar auf das Cover des National Geographic Magazines geschafft.

Singapur: Auch Singapur hat sich auf ein umfangreiches Programm zur Förderung von Dach- und Fassadenbegrünungen verständigt, um bis zum Jahr 2030 insgesamt 50 Hektar neuer Grünflächen an und auf Gebäuden zu installieren. Als Förderinstrumente werden Festsetzungen von Gebäudebegrünungen bei Neubauten und finanzielle Zuschüsse für die nachträgliche freiwillige Begrünung von Bestandsgebäuden in Stadtteilen mit besonders hohem Grünflächenbedarf eingesetzt. Eine Besonderheit in Singapore sind gemeinschaftlich genutzte "Sky Gardens" auf unterschiedlichen Etagen von mehrgeschossigen Gebäuden. Sie ermöglichen den Bewohnern einen Zugang zur Natur auf kurzem Weg und fungieren gleichzeitig als soziale Treffpunkte.

Internationales Städtenetzwerk zur Dachbegrünung

Aus den vorgenannten Beispielen wird deutlich, dass jede Stadt in der Regel einen individuellen Mix verschiedener Maßnahmen nutzt, um begrünte Dächer zu fördern. Dabei können auch unterschiedliche Umweltziele im Fokus der Gründach-Strategie stehen. Um den Austausch an Informationen und Best-Practice-Beispielen im Bereich der kommunalen Gründach-Förderung zu unterstützen und die weitere Verbreitung begrünter Dächer zu beschleunigen, hat die International Green Roof Association (IGRA) gemeinsam mit dem Umweltamt der Stadt Portland (Oregon/USA) ein internationales Städtenetzwerk zur Gründach-Förderung initiiert. Aktuell beteiligen sich 19 Städte (unter anderem Kopenhagen, Rotterdam, Stuttgart, Wien, Singapur, Tokyo, Vancouver und Chicago) aus 10 Ländern an dem Informationsaustausch. Die Ergebnisse des Netzwerkes werden zusammen mit herausragenden Gründach-Projekten und Informationen zu aktuellen Techniken und Anwendungsmöglichkeiten der Dach- und Fassadenbegrünung beim Internationalen Gründach-Kongress 2013 in Hamburg vorgestellt (13.-15. Mai 2013, Internetseite www.greenroofworld.com).


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Die Vegetation auf dem Dach des VanDusen Botanical Garden Visitor Centre verbindet Aspekte des Naturschutzes mit Regenwasserrückhalt und Gebäudeklimatisierung. Foto: IGRA


Literatur

Wolfgang Ansel, Heiner Baumgarten, Wolfgang Dickhaut, Elke Kruse, Reimer Meier: Leitfaden Dachbegrünung für Kommunen - Nutzen - Fördermöglichkeiten - Praxisbeispiele, Nürtingen 2011 (DDV-Verlag).

Roland Appl, Reimer Meier, Wolfgang Ansel: Dachbegrünung in der modernen Städtearchitektur, Nürtingen 2009 (IGRA Verlag).

Dipl.-Wirt. Biol. Wolfgang Ansel
Autor

Deutscher Dachgärtnerverband

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