Fokus auf anwendbare, klar strukturierte Arbeitsdokumentation der Mitarbeiter

Der digitale Gärtner

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GIS Digitalisierung
Der Fokus muss auf einer von den Mitarbeitern zu leistenden, klar strukturierten Arbeitsdokumentation, einer inhaltlichen Erfassung und Fortführung der zu unterhaltenden Anlagen und einer Rückkopplung der Kosten- und Leistungsrechnung in eine optimierte Arbeitsvorbereitung liegen. Foto: Ralf Semmler

An einem Vormittag im Stadtpark werden Stauden von Gärtnern vereinzelt, es wird Unkraut aus den Beeten gezogen und das Stechen der Rasenkante ist bei 30 Grad im Schatten noch genauso schweißtreibend wie vor 50 Jahren. Nur der frenetische Klingelton des Mobiltelefons aus der Arbeitshose des Vorarbeiters katapultiert die Grünpflegekolonne des städtischen Bauhofs in das 21. Jahrhundert. Die Drei-Mann-Kolonne packt ein und fährt einmal durch die Stadt, um dringende Arbeiten in einem anderen Stadtteil zu erledigen für die es keinen Aufschub gibt. Die Pensionäre auf der Parkbank im Stadtpark unterhalten sich darüber, dass die Arbeiter zu ihrer Zeit selbst bei 30 Grad bis zur Mittagspause durchgehalten und keine halben Sachen gemacht haben. Im fahrenden Einsatzfahrzeug dokumentiert der Vorarbeiter auf dem Rapportzettel die angefangenen Arbeiten und die Rüst- und Wegezeiten seiner Mitarbeiter, während das Navigationsgerät im Fahrzeug zum dritten Mal die Route zum neuen Einsatzort korrigiert.

Die Bürger wünschen sich eine grüne Stadt mit sauberen Anlagen, wobei die Gartenämter seit Jahren mit gekürzten Budgets und fehlenden Ressourcen haushalten müssen. In den Städten löst ein Organigramm das andere ab und die Gärtner sind von den innovativen Prozessen in der Regel abgekoppelt. Praktische Erfahrungen der Fachkräfte werden in Planungsprozessen nicht berücksichtigt. In den Grünflächen zeigen sich die Planungsfehler und Defizite der ungenügenden Unterhaltung. Einige Gartenämter findet man als Sachgebiet in den Bereichen der Abfallwirtschaft, dem Tiefbau oder den Stadtwerken wieder. Die Gründe für diese Misere liegen unter anderem in der ungenügenden Analyse der eigenen Arbeitsprozesse und der damit verbundenen, nicht stichhaltigen Darstellung der benötigten Ressourcen. Aus den Analysen ließen sich die benötigten betriebswirtschaftlichen Kennzahlen und notwendigen Argumente für die bevorzugte strategische Ausrichtung ableiten. In vielen Verwaltungen haben die leitenden Mitarbeiter und die den operativen Prozess Steuernden zwar moderne Betriebsmittel eingeführt, aber die damit verbundene notwendige Änderung des Verfahrens zur Arbeitsvorbereitung nicht erkannt oder konnten die Investitionen in ein Steuerungssystem wegen fehlender Planstellen oder Finanzen nicht tätigen. Die Arbeitsvorbereitung findet in der überwiegenden Mehrheit in den Köpfen der Meister statt. Planungen der Arbeitseinsätze erfolgen dann in der Regel zu kleinräumig. Im Gegensatz dazu ist die fortschreitende Modernisierung der Geräte und Fahrzeuge auf Leistungsoptimierung getrimmt und führt zu hohen Durchsätzen. Die Arbeitsdokumentation in Form von Rapportzetteln, wird in vielen Fällen in ein allgemeines digitales Verwaltungssystem gepresst, dass keinen Rückschluss auf den erfolgten Arbeitsprozess erlaubt und nur wenige Ansätze zu einer Ressourcenoptimierung bietet. Durch die zunehmende Mobilität und den damit verbundenen Möglichkeiten neuer Kommunikationsmöglichkeiten sind die Mitarbeiter im operativen Bereich häufigen Störungen durch Überkommunikation ausgesetzt, die die Produktivität negativ beeinflussen.

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Ausschnitt aus DIN 276 OK FREI nach d.b.g. Style.
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So reicht es im digitalen Zeitalter nicht aus, die Mitarbeiter mit Mobiltelefonen auszustatten und auf diesem Wege Arbeitsanweisungen zu erteilen. In der Zukunft geht es vielmehr darum, neben einer ganzheitlichen Arbeitsvorbereitung und Prozessbegleitung bereits in der Planung von Grün- und Freiräumen die zukünftigen Anforderungen an die Anlagen und die sich daraus ergebenden Unterhaltungs- und Sanierungsaufwendungen in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen und den operativen Bereich in die Planungsprozesse zu integrieren. Die Städte benötigen an den Bedürfnissen der Menschen und an den Möglichkeiten zur Entwicklung und Unterhaltung ausgerichtete Grünanlagen.

Der Fokus muss auf einer von den Mitarbeitern zu leistenden, klar strukturierten Arbeitsdokumentation (Was machen wir wo?), einer inhaltlichen Erfassung und Fortführung der zu unterhaltenden Anlagen (Welche Flächeninhalte und -größen haben wir wo?) und einer Rückkopplung der Kosten- und Leistungsrechnung in eine optimierte Arbeitsvorbereitung (Welcher Aufwand fällt wo an?) liegen.

Das Wo, der Einsatzort der Mitarbeiter, ist das zentrale Element und zieht sich durch jeden Prozessschritt. Um den späteren Einsatzorten, im weiteren Objekte genannt, eine eindeutige Adresse zu geben, werden in eine digitale Karte alle Objektumringe eingezeichnet. Jedes Objekt erhält eine eindeutige Nummer, einen Namen und wird entsprechend seiner Struktur (zum Beispiel Spielanlage) einer Objektart zugeordnet. Die technische Unterstützung erfolgt mit einem grafischen Informationssystem (GIS). Neben kommerziellen GIS werden zunehmend Open Source GIS¹ in kommunalen Bereichen verwendet. Mit der Bildung der Objektumringe sind der Raum und dessen geografische Lage abgesteckt, auf dem alle Leistungen erbracht werden. Welche Produkte nun welche Leistungsanteile (Tätigkeiten) oder Sachkosten tragen, wird durch die Bildung von Produktkategorien festgelegt. Als Vorlagen haben sich die GALK-Empfehlung für eine Grünflächendatei oder der FLL-Katalog DIN-276 OK FREI bewährt, siehe Seite 48. Die Detaillierungstiefe hängt von den zukünftigen Anforderungen an das Gesamtsystem ab und die Festlegung dieser bedarf in der Regel einer fachkundigen Begleitung.

Die Anzahl der Produktkategorien bestimmt den Erfassungsaufwand der Objektinhalte. Die Bestimmung der Inhalte kann durch terrestrisches Aufmaß oder der Auswertung von Luftbildern erfolgen. Der Luftbildauswertung wird zunehmend der Vorzug gegeben, da in kurzer Zeit eine digitale Karte mit Mengengerüst geliefert werden kann.

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Mobiles Erfassungsgerät (Smartphone).
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Topographie GIS.
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Luftbild (Zehn Zentimeter Auflösung).

Die Kosten für die Luftbildauswertung liegen weit unter den Kosten für terrestrische Messungen. Voraussetzungen für die Luftbildauswertung sind georeferenzierte Luftbilder in einer Auflösung von mindestens zehn Zentimeter, die bei wolkenlosem Frühjahrshimmel (Ende März/April) gemacht wurden. Im Ergebnis werden Daten übergeben, die als Sachinformationen in ein Grünflächenkataster einfließen und deren geografische Details in einem GIS topografisch dargestellt werden.

Das Mengengerüst aus der Luftbilderfassung vereinfacht die Arbeitsvorbereitung und die Dokumentation der erbrachten Leistungen. Parallel zur Luftbildauswertung kann mit der Rapportierung der Leistungen begonnen werden, um zu wissen wo welcher Aufwand entsteht. Mobile Erfassungssysteme ermöglichen bei diesem Prozessschritt die notwendige Unterstützung und sind die Eintrittspforte der digitalen Leistungsdaten in das Betriebssteuerungssystem. Die Vorgaben aus der Arbeitsvorbereitung werden dazu mit einem Expertensystem verknüpft, so dass die auf den Gärtner zugeschnittenen Eingabemöglichkeiten eine Bedienung der Systeme (zum Beispiel Eingabe in ein Smartphone²) vereinfacht. Die Systeme übernehmen zusätzlich eine Konsistenzprüfung der Eingabedaten und weisen den Bearbeiter auf Eingabemängel hin. Die Übertragung der Buchungsdaten erfolgt am Dispatcher-Arbeitsplatz oder online und bei entsprechender Netzsicherheit auch in Echtzeit im Web. Die Daten werden nach einer Plausibilitätsprüfung an die Kosten- und Leistungsrechnung und gegebenenfalls an ein Abrechnungssystem (Auftragsverwaltung/Finanzwesen) übergeben.

Mit den beschriebenen Abläufen werden die geleisteten Aufwendungen nach Bedarf dargestellt und abgerechnet. Wie erfolgt aber nun die Steuerung und Optimierung der betrieblichen Abläufe? Die zentrale Rolle im Grünmanagement übernimmt der Dispatcher, der für die Arbeitsvorbereitung, für die Überprüfung der Buchungsdaten sowie für die Bereitstellung der benötigten Auswertungen im System verantwortlich ist. Der Dispatcher taktet auch alle Ad-hoc-Meldungen und die sich daraus ergebenden Aufgaben in den laufenden Arbeitsprozess ein. Für die Arbeitsvorbereitung werden Aufgaben aus den Pflegeempfehlungen übernommen und Werkzeuge zur Einsatzplanung verwendet, die eine Steuerung der notwendigen Ressourcen ermöglichen. Pflegeempfehlungen entstehen aus Pflegeplänen, die das angestrebte Entwicklungsziel einer Grünanlage beschreiben und das dazu passende Leistungsverzeichnis enthalten. Jeder Gärtner weiß, dass der Unterhaltungsaufwand von vielen Rahmenbedingungen (beispielsweise Temperatur, Feuchtigkeit und Nutzungsdruck) beeinflusst wird.

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Sachdaten Grünflächenkataster.
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Leistungsübersicht Diagramm.
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Die Rahmenbedingungen werden in Szenarien definiert und haben einen direkten Einfluss auf die Einsatzplanung und somit auf den Ressourcenbedarf. Mit der Einsatzleitstelle erhält der Dispatcher eine Übersicht über alle Teams, den Stand der Arbeiten und kann die Ad-hoc-Aufgaben besser managen. Mit einer integrierten Budgetkontrolle hat der Dispatcher auch die kostentreibenden Objekte im Blick und kann durch den Einsatz ein geeignetes Pflegeszenario gegensteuern, bis die Grünanlage ihren Sollzustand erreicht hat. Eine Auftragsverwaltung ist zur Steuerung nur bedingt nutzbar, da das Leistungsverzeichnis in vielen Fällen einen höheren Detailgrad besitzt als die zu rapportierenden Tätigkeiten. Weiterhin sind in der Regel witterungsbedingte Auftragsverschiebungen an der Tagesordnung, so dass bei der Nutzung einer Auftragsverwaltung im Rahmen der Standardunterhaltung Aufträge auch umgebucht werden. Das erzeugt einen zusätzlichen Overhead und empfiehlt sich nicht als steuerndes Element. Es muss also bei auftragsgesteuerten Systemkomponenten immer eine Übersetzung in die Produktebene geben, so dass der operative Bereich nicht von den terminierten Aufträgen gebremst wird.

Die den operativen Einheiten übergeordnete Steuerungsebene ist für die strategische Ausrichtung verantwortlich. Um der Wirklichkeit im Vorfeld näher zu kommen, kann man verschiedene Pflegeprofile und Situationen mittels eines Planspiels simulieren. Ein 360-Grad-Feedback ist ein unbedingtes Muss und ermöglicht den Wissenstransfer zwischen den Führungskräften und den Mitarbeitern. Gut vorbereitete und auf die Witterung angepasste Pflegeprofile müssen als steuernde Elemente herangezogen werden und bilden das zentrale Element zur Arbeitsvorbereitung. Die sich aus den Auswertungen ergebenden Änderungsvorschläge können sofort in Planungsszenarien abgebildet werden. Das kann einerseits den Arbeits-ablauf, andererseits auch die inhaltliche Gestaltung der Grünanlage betreffen. Expertensysteme mit KI-Systemkomponenten (Künstliche Intelligenz), die eine realistische Sicht auf Planung und Arbeitsvorbereitung erlauben, werden zunehmend, für Entscheidungen bei der Planung neuer Grünanlagen und zur Arbeitsvorbereitung im Rahmen der Unterhaltung von Anlagen, herangezogen.

Zum Schluss bleibt die Frage nach der Qualität der ausgeführten Arbeiten. Die Überprüfung der Qualität betrifft in erster Linie den Zustand der Anlagen und die Ausführung der Arbeiten. Aus den Niederlanden kommt ein Qualitätssystem, das neben der Beschreibung der Zielqualität auch eine Bebilderung und die dazu gehörende Prüfvorschrift liefert. Per Zufallsgenerator werden Kontrollquadranten festgelegt, die durch Fachkräfte überprüft werden. Die Ergebnisse werden in einer Karte farblich dargestellt.

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QM-System NL. Quelle Gemeinde Arnheim
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Die Arbeitsvorbereitung durch intelligente und auf den Arbeitsinhalt abgestimmte Planungssystemespielt eine wesentliche Rolle. Voraussetzung dafür sind motivierte, in den Prozess eingebundeneMitarbeiter, deren Blick für das Ganze geschärft werden muss. Foto: Ralf Semmler

In einer Art Helicopter-View werden in einem digitalem QM-System anschaulich die Bereiche aufgezeigt, in denen die gewünschte Qualität erreicht wurde (grün) oder wo es Defizite gibt (rot), siehe S. 52. Auch die Bürger wollen mit Informationen über die Grünanlagen versorgt werden und auf die Qualität Einfluss nehmen. Digitale, im Internet verfügbare Meldungssysteme bieten die Möglichkeit, Interessierten anstehende Unterhaltungsmaßnahmen auf den Flächen anzuzeigen, die durchgeführten Arbeiten darzustellen und Meldungen oder Reklamationen in digitaler Form abzusetzen. Damit schafft man Transparenz und einen besseren Einblick in die umfangreichen Aufwendungen für die Grünanlagenentwicklung und -unterhaltung.

Fazit

Die digitale Arbeitsdokumentation der operativen Ebene muss in den kommunalen Verwaltungen ein zentrales Element werden, um den gestiegenen Anforderungen an die Planung und Dokumentation sowie der Kosten-Leistungs-Rechnung gerecht zu werden. Der Autor sieht in der digitalen Arbeitsdokumentation eine wesentliche Quelle an Informationen, um Veränderungen im Ressourcenverzehr und -bedarf frühzeitig zu erkennen und transparenter darzustellen. In Interaktion mit dem digitalen Grünflächeninformationssystem und der Auseinandersetzung mit den Prozessen eröffnen sich neue Perspektiven für die betriebswirtschaftliche Steuerung. Die Arbeitsvorbereitung durch intelligente und auf den Arbeitsinhalt abgestimmte Planungssysteme spielt dabei eine wesentliche Rolle. Voraussetzung dafür sind motivierte, in den Prozess eingebundene Mitarbeiter, deren Blick für das Ganze geschärft werden muss. Dazu gehört auch, den Umgang mit den digitalen Werkzeugen stärker als bisher zu trainieren. Change Management beginnt immer mit einer Auftauphase, mit der Einsicht, dass die Erwartungen nicht mehr der Realität entsprechen.

Quellen

Wikipedia: Veränderungsmanagement.

FLL Empfehlungen für die Planung, Vergabe und Durchführung von Leistungen für das Management von Freianlagen, 2009.

GALK Empfehlung für eine Grünflächendatei GALK-Arbeitskreis "Organisation und Betriebswirtschaft", 1995.

Tagesspiegel: Nr. 21810 15,September 2013 Seite K12 "Den Mitarbeitern auf die Sprünge helfen".

Ralf Semmler
Dipl.-Ing. Ralf Semmler
Autor

Geschäftsführender Gesellschafter der d.b.g. Datenbankgesellschaft mbH

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