Nach einem Jahrhundert gereift und saniert

Der Frankfurter Huthpark

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Parks und Gärten
Die markante Bauminsel im Zentrum ist unter anderem von +100-jährigen Rotbuchen geprägt. Das Stilmittel der Rotblättrigkeit wurde im Park mehrfach wiederholt. Foto: Thomas Herrgen

Die Zahl der Hundertjährigen hat nicht nur bei den Menschen stark zugenommen, auch Parkanlagen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden, nicht zerstört oder überbaut wurden, haben nun dieses Alter. Sie sind eingewachsen, üppig grün und aus kleinen Hochstämmen sind Baumriesen geworden. Nicht zuletzt haben viele Tiere darin Lebensräume gefunden. Der denkmalgeschützte Frankfurter Huthpark war zu seinem 100. Jubiläum saniert worden und zeigt nun wieder alle Eigenschaften eines gereiften Hundertjährigen.

Mit der wirtschaftlichen Entwicklung und dem sich daraus resultierenden Bevölkerungswachstum von Großstädten geht einher, dass auch zusätzliches Grün für die Neubewohner geschaffen werden muss. Nicht erst heute wird die Grünversorgung nach gesetzlichen und kommunalen Berechnungsschlüsseln oder B-Plänen kalkuliert, dies galt auch schon vor 100 Jahren, als sich die Städte enorm entwickelten. Die Volksparkbewegung schuf am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert sowie in der Zeit vor und vor allem nach dem Ersten Weltkrieg beeindruckende Grünflächen für die Naherholung der Bevölkerung. Die Menschen sollten aus den dunklen, schlecht belüfteten Hinterhöfen herausgeholt werden und Licht, Sonne sowie Bewegung genießen dürfen, auch aus gesundheitlichen Gründen.

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Im Zuge der Sanierung wurden wenige neue Elemente, wie diese Fitnessanlage („Spielplatz für Erwachsene/Senioren“) auf einer vorhandenen Bastion hinzugefügt. Foto: Thomas Herrgen
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Von der Caféterrasse aus eröffnet sich ein herrlicher Blick in die Parkmitte. Foto: Thomas Herrgen

Der Huthpark im Nordosten von Frankfurt am Main entstand zwischen 1910 und 1913. Die Stadt wuchs damals rasant, weil die Fabriken und Betriebe Menschen aus den ärmeren Vororten und ländlichen Gegenden anzogen. Auch im Stadtteil Seckbach wurden deshalb viele Wohnsiedlungen neu gebaut. Zur begleitenden Versorgung gehörten öffentliche Einrichtungen, sowie Flächen für Kleingärten, Spielplätze und Parkanlagen. Unter der Ägide des damaligen Frankfurter Gartenbaudirektors Carl Heicke (1862 bis 1938) und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entstand ab 1910 zunächst ein Konzept und schließlich der Entwurf für einen Volkspark "Auf dem Huth". Die begonnenen Arbeiten wurden ab 1912 unter der Leitung des nachfolgenden Gartenbaudirektors Max Bromme (1878 bis 1974) vollendet. Die landschaftlich schöne Lage des 18,2 Hektar großen Huthparks auf einem kleinen Bergrücken mit weiten Ausblicken war für die Standortwahl ausschlaggebend. Die vorhandene Geländeform, eine leicht muldenartige, nach Osten abfallende Topographie, wurde beibehalten. Die innere Gestaltung mit Wiesen und Bäumen, einem Rundweg am Rand und Spielplätzen war relativ schlicht und dennoch sehr begehrt.

Zwischennutzungen und Niedergang

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs 1918/1919 war der Park schon gut eingewachsen. Die Wiesen und breiten Wege wurden nun - auch im Sinne der neuen "Freiluftkultur" - für Turnen, Bewegung und Sportunterricht der benachbarten Schulen genutzt. Die daraus entstandene Notwendigkeit, Umkleideräume und Duschen anbieten zu müssen, führte zum Bau eines Gartenpavillons als "Sportler-Treff". Der Entwurf aus dem Team von Stadtplaner Ernst May im damaligen städtischen Hochbauamt wurde 1929/30 im zeitgemäßen Stil der frühen Moderne ("Neues Frankfurt", vergl. auch Bauhaus-Stil) umgesetzt. Die heute denkmalgeschützte Rotunde ist nach Norden hin von einem runden Schirmdach auf schlanken Rundpfeilern und einer bastionsartigen Mauer mit Ausblick in den Park geprägt.

Einen Großteil der "Pflege" des Parks übernahmen in den ersten Jahrzehnten ganze Schafherden, die regelmäßig die weitläufigen Flächen abfraßen. Nach den immensen Zerstörungen der Stadt im Zweiten

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Der Entwurfsplan für die Freiflächen nimmt die Rundungen des Pavillons (heute Café) auf. Plan: Irmela Löw

Weltkrieg wurde der Huthpark mehrere Jahre lang für die Nahrungsmittelproduktion genutzt. Die Wiesen wurden umgepflügt, Kartoffeln, Kohl, Karotten und vieles mehr prägten sodann das Bild, um den großen Hunger in der Kriegsfolgezeit einigermaßen zu stillen. Im Laufe der 1950er Jahre konnten die Grünanlagen aber in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt und wieder ihrer eigentlichen Bestimmung gewidmet werden. In den nächsten Jahrzehnten, als Folge von Vernachlässigung, Abnutzung und Vandalismus verfielen Park und Pavillon jedoch zunehmend. Die einst moderne Parkanlage war für große Teile der Bevölkerung kaum noch attraktiv, nutzte sich ab, wurde alt und verstärkt als Hundeauslauf genutzt. Sie musste dringend saniert werden.

Ein Update bis zum Jubiläum

Im Vorfeld des 100-jährigen Bestehens wurde der Park seit 2009 planerisch überarbeitet und für die Zukunft weiterentwickelt. Dazu beschloss der Magistrat der Stadt verschiedene Maßnahmen, die das Grünflächen- und Hochbauamt in Kooperation gemeinsam umsetzten. Neben der architektonischen Umplanung und dem Umbau des Pavillons zum Café betraf dies vor allem die stark erodierten Wegebeläge aus wassergebundener Decke und ihre Entwässerung, die Spiel- und Bolzplätze und die Integration neuer Freiraumnutzungen. Die den Park prägende, alte Gehölzkulisse blieb erhalten, darunter auch Ahorne (Acer pseudoplatanus, A. platanoides), Eichen (Quercus robur), Kastanien (Castanea sativa), Platanen, Pappeln und viele dunkel belaubte Baumgiganten, wie Rotbuchen (Fagus sylvatica 'Atropunicea') innerhalb von Inseln.

Schon ab 2009 war ein neuer Spielplatz für Erwachsene entstanden, mit Geräten, die etwa den Gleichgewichtssinn fördern, oder zur Erhaltung von Motorik und Beweglichkeit. Eine ausführliche Anleitung erklärt, wie die Übungen ausgeführt und wie oft sie wiederholt werden sollen. Diese "Fitnessanlage" will - auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels - insbesondere ältere Menschen ansprechen und animieren, aktiv zu bleiben.

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Der Blick in die Wiesen und Baumgruppen erinnert an eine englische Parklandschaft, inmitten der Großstadt. Foto: Thomas Herrgen

Zeitgemäße Wegebeläge

In den Wegedecken gab es, aufgrund des starken Gefälles, seit je her großen Erosionen. Bei der Sanierung wurde insofern ein neuer Splitt-Mastix-Belag erwogen, jedoch wegen der Lage im Landschaftsschutzgebiet nicht genehmigt. Eine Ausnahme war der Zufahrtsbereich zum neuen Café, wo seit der Umnutzung Lieferverkehr und Müllfahrzeuge andienen und rangieren. Die übrigen, einst sieben bis acht Meter breiten, aus heutiger Sicht überdimensionierten Parkwege wurden auf vier Meter reduziert, auch vor dem Hintergrund, dass sich das Gras von den Wegesrändern her in die Gehflächen hinein ausgebreitet hatte. Die Verschmälerung war gleichzeitig ein landschaftsschutzrechtlicher Ausgleich für die zusätzliche Versiegelung am Café, das eine Außengastronomie mit Wassergebundener Wegedecke erhielt. Alle durchlässigen Beläge wurden in Sabalith teilweise auch mit Gelsenrot oder in Hansegrand-Qualität hergestellt. Die dynamische Schicht besteht aus fünf Zentimetern Lavalit, Körnung 0/16 Millimeter, darüber die drei Zentimeter starke Deckschicht 0/8 Millimeter. Der Einbau erfolgte mit Fertiger. Die vorhandenen Banknischen an den Wegen erhielten eine Pflasterung aus Basalt, die Fugen wurden mit Kunstharz vergossen. Damit sollen Pfützen durch Ausscharrungen im Fußbereich, sowie die Wildkrautbildung unter den Bänken vermieden werden.

Wasser leiten und abführen

Um die Erosion der Wege als Folge der Hanglage zu minimieren, wurden zahlreiche neue, diagonale Querrinnen aus Naturstein, in der Regel aus hellgrauem Granit eingebaut, die in eine dreizeilige Seitenrinne aus Großpflastersteinen (i. d. R. Basalt und tlw. Granit) münden. Von dort wird das Wasser mehrfach seitlich in das Gelände geführt und von der Vegetation aufgenommen. Am Ende der Gefällestrecke des Hauptweges gegenüber dem Café nimmt eine neu eingebaute Rigole die Wassermengen auf. Alle Probleme sind damit auch heute noch nicht gelöst, aber deutlich minimiert. Bei einem kleineren, noch ausstehenden zweiten Bauabschnitt sollen auch die restlichen Wege noch saniert werden, wenn die Erweiterung des an den Park grenzenden Krankenhauses (BG Unfallklinik), teilweise mit einer Baustellenzufahrt durch den Park, abgeschlossen ist.

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Die Sitznischen für jeweils zwei Bänke („Typ Frankfurt“) wurden mit Naturstein gepflastert, um Mulden und Pfützen im Fußbereich zu verhindern. Foto: Thomas Herrgen
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Gemähte Wiesenwege sorgen im Rahmen der extensiven Pflege für Spaziergänge im Innern oder den Auslauf mit Hunden. Foto: Thomas Herrgen

Kleinod im Bauhausstil

Nachdem sich ein Investor als Café-Betreiber gefunden und das Denkmalamt einer Verglasung und damit Schließung der Rotunde für eine gastronomische Nutzung zugestimmt hatte, begann Mitte 2010 der Umbau des Pavillons. Bauliche Erweiterungen waren aus Denkmalschutzgründen nicht möglich. Das gesamte Raumprogramm inklusive Sitzbereich für 50 Gäste, Gastronomieküche, Wirtschaftsräume und Toiletten musste auf den begrenzten Flächen der beiden Geschosse untergebracht werden. Die Restaurierung nach Plänen des Frankfurter Architekten D.W. Dreysse im Auftrag des Grünflächenamtes erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Hochbauamt Frankfurt. Unter Aufwendung nicht unerheblicher Mittel von am Ende 1,4 Millionen Euro ist nun ein das ganze Jahr hindurch nutzbares Parkcafé entstanden, das seit 2012 in Betrieb ist.

Im Außenbereich blieben die radialen Bastionsmauern weitgehend erhalten, der Verputz wurde restauriert und teilweise ergänzt. Der Rundverglasung vorgelagert ist eine Außenterrasse auf Holzbohlenbelag, während im Bereich nordwestlich des Pavillons ein großer Sommergarten mit Außenbewirtschaftung und weitem Blick in die offene Parklandschaft entstanden ist. Das gastronomische Kleinod wurde inzwischen zu einem wichtigen Anziehungs- und Treffpunkt im Quartier, Feste und Feiern können ausgerichtet werden, auch Infoveranstaltungen und Pressekonferenzen fanden hier bereits statt.

Modern und nachhaltig für die Zukunft

Im Zuge der Umnutzung des Pavillons zum Café wurde der erforderliche, neue Erschließungsweg mit Mastleuchten bestückt, die sich in die vorhandene Beleuchtung des Hauptweges integrieren. Die neue Gastronomie ist, zusammen mit dem gegenüberliegenden, großen Kinderspielplatz, der saniert und ausgebaut wurde, eine große Bereicherung des Parks. Zur Entflechtung der Nutzungen wie etwa Hundeauslauf, Joggen und Grillen wurden zahlreiche Schilder aufgestellt, weniger ermahnend und verbietend als ermunternd und mit der Bitte, um gegenseitige Rücksichtnahme. So sollen Hunde nur noch in ausgewiesenen Bereichen ausgeführt werden und Grillen ist in wenigen, dafür vorgesehenen Zonen möglich. Mit zusätzlich aufgestellten Bänken und Papierkörben wurde der Park zudem für alle Besucherinnen und Besucher nutzerfreundlicher ausgestattet. Im Untergeschoss des Café-Pavillons gibt es nun auch eine von außen zugängliche Toilette (neuerdings gegen 50 Cent Gebühr).

Zur Reduzierung der Pflege und Artenbereicherung wird das Gras der zentralen Wiesenflächen heute nur noch selten geschnitten. Gemähte Wiesenwege geben dem Besucher jedoch die Möglichkeit einzutauchen und sich mitten in der Stadt wie auf dem Land zu fühlen. Der jetzt wieder zeitgemäße Huthpark kann sich als denkmalgeschützter 100-Jähriger sehen lassen und ist gut gerüstet für die Zukunft.

Projektdaten

Entstehung: In den Jahren 1910 bis 1913
Größe: Etwa 18,2 Hektar
Bauherr: Magistrat der Stadt Frankfurt am Main
Grünflächenamt: Parksanierung
Hochbauamt: Pavillonumbau
Kosten Parksanierung: Landschaftsgärtnerische Maßnahmen ca. 800.000,- Euro
(Parksanierung 1. Bauabschnitt, inkl. Planungskosten für den 1. und 2. Bauabschnitt)
Kosten Architektur: Umbau Pavillon zum Café
(Hochbau): ca. 1,4 Mio. Euro
Planung:
Parksanierung/Gartendenkmalpflege: Irmela Löw, Landschaftsarchitektin, Frankfurt/M.
Pavillon: Dreysse Architekten, Frankfurt/M.
Beratung Gartendenkmalpflege Pavillonumfeld: Irmela Löw
Zeitraum:
Planung/Sanierung: 2009–2011
Wiedereinweihung (Bürgerfest) 2012
Teilnahme am Tag der Architektur 2012
Adresse:
Probst-Goebels-Weg 17, 60389 Frankfurt am Main
Weitere Informationen:
www.gruenflaechenamt.stadt-frankfurt.de [Suchbegriff: Huthpark]
www.iloew.de (Landschaftsarchitektin)
www.dreysse-architekten.de (Pavillon)
www.bergstation-frankfurt.de [Café im Park]
www.frankfurt.de [Suchbegriff: Huthpark]

Dipl.-Ing.(FH) Thomas Herrgen
Autor

Landschaftsarchitekt

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