Wenn Denkmalschutz auf bürgerschaftliches Engagement trifft

Der Lietzenseepark in Berlin

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Gartendenkmalpflege
Der Lietzenseepark: Revisionszeichnung von 1920. Foto: Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf

Wie eine grüne Insel liegt der Lietzenseepark mitten im Bezirk Charlottenburg, in der stark verdichteten Berliner Innenstadt. Auf einer Fläche von 16,7 Hektar - etwa sechs davon sind Wasser - bietet der Park nicht nur idyllische Ausblicke, sondern auch vielfältige Erholungsmöglichkeiten. Hier treffen sich Sonnenanbeter und Schattenboxer, Jogger ziehen ihre Runden und Kinder toben herum, während die Eltern einen Kaffee trinken, plaudern oder ihre Mails checken. An schönen Tagen scheint es, als schiene die Sonne über dem See länger als anderswo, und für manch einen liegt dann ein Hauch von Central Park in der Luft.¹

Ein Gartendenkmal mit historischer Mehrschichtigkeit

Der Zauber des Parks basiert noch heute maßgeblich auf Entwürfen des Landschaftsarchitekten Erwin Barth. Als neuer Gartendirektor der Stadt Charlottenburg war er ab 1912 maßgeblich für die Gestaltung der Freiflächen der am Lietzensee geplanten Wohnbebauung verantwortlich. Die für den gehobenen Mittelstand geplante Anlage sollte durch eine repräsentative Gestaltung verschiedener Uferplätze aufgewertet werden. An der Südspitze des Sees, am Dernburgplatz, setzte Barth deshalb den Bau der heute noch existierenden Großen Kaskade durch. Entgegen weiterer Bebauungspläne warb Barth ab 1914 für die Freihaltung der Westseite des Sees von jeglicher Wohnbebauung, um an dieser Stelle einen größeren Uferpark errichten zu können. Die Pläne für die als Volkspark konzipierte Anlage fertigte er bereits vor Kriegsende an. Unmittelbar nach dem Krieg konnte Barth die Stadtverordneten für seinen Plan eines Uferparks gewinnen und schon 1919 mit den Arbeiten beginnen.

Die ursprünglichen Pläne ließen sich aber nicht vollständig umsetzen, denn aufgrund der Materialknappheit war Barth gezwungen, auf Natursteine weitestgehend zu verzichten und dafür Recyclingmaterial aus Betonabbruch und dafür Recyclingmaterial aus Beton und einfach anzufertigende Kunststeine aus Beton einzusetzen. Bis 1920 entstand eine landschaftliche Anlage mit zahlreichen kleineren Sitzplätzen, Uferwegen, Wiesen, Spielplätzen, großer Spielwiese und einigen Schmuckanlagen wie der sogenannten Kleinen Kaskade.

Zwischen 1924 und 1925 fügte man kleinere Gebäude, darunter auch das vom Architekten Rudolf Walter entworfene Parkwächterhaus in den Park ein. Im 2. Weltkrieg wurde der Lietzenseepark nur wenig beschädigt und auch die in der Nachkriegszeit verbreitete Nutzung von Grünanlagen für den Gemüseanbau fand im Lietzenseepark nur auf sehr begrenzter Fläche statt.

Beim Wiederaufbau in den 1950er-Jahren folgte man ziemlich genau den ursprünglichen Plänen Barths. Ab den 1970er-Jahre ließ das Interesse an der Erhaltung des historischen Gartens dann deutlich nach. Im Zuge dessen fanden einige umfangreichere Veränderungen statt: Auf der ehemaligen Spielwiese im Nordteil des Parks entstand ein großer Spielplatz mit verschiedenen Spielgeräten. Ein Wirtschaftshof für das Gartenbauamt und ein "modernes" Ruderbootshaus wurden errichtet, neue Materialien wie Rasengittersteine wurden verbaut und anspruchsvolle Gehölze wie Rhododendren tauschte man gegen pflegeleichte wie Schneebeeren aus. Durch Umstellungen im Pflegebetrieb gingen zahlreiche Hecken- und damit auch Raumstrukturen und Sichtbeziehungen verloren.

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Heutiger Blick über die Große Kaskade auf den Lietzensee. Foto: Dr. Dietmar Land
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Spielende Kinder an der Kleinen Kaskade um 1924. Foto: Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf

Im Zusammenhang mit der 750-Jahr-Feier Berlins stieg die Wertschätzung historischer Anlagen an. Mit Geldern, die dem Bezirk für das Stadtjubiläum bereitgestellt wurden, reparierte man beispielsweise die Laubengänge an der Kleinen Kaskade, pflanzte Fliederhecken nach und rekonstruierte einige historische Eingangstore.

Um 1990 erhielt der Park und mit ihm die Große Kaskade am Dernburgplatz, das Parkwächterhaus und der an der Ostseite des Sees gelegenen Kuno Fischer Platz den Denkmalstatus.

Nichtsdestotrotz bewirkten der steigende Nutzungsdruck, zunehmender Vandalismus, mehrmalige Sachmittelkürzungen², das altersbedingte Ausscheiden von ausgebildeten Gärtnern und die Streichung von Stellen in den folgenden Jahren einen kontinuierlichen Verfall des Gartendenkmals. Die wenigen verbliebenen Arbeitskräfte hatten weder genug Zeit und Mittel zur Verfügung noch verfügten sie über ausreichende Fachkenntnisse, um die historische Anlage inklusive ihres Pflanzenbestandes zu pflegen und zu erhalten.

Gründung der Initiative "Bürger für den Lietzensee e. V."

Um der zunehmenden Verwahrlosung entgegenzuwirken, schlossen sich Anwohner 2004 zu der Initiative "Bürger für den Lietzensee e. V." zusammen. In Eigeninitiative begannen sie, Müll aus den Beeten zu sammeln, Unkraut zu jäten und Schmierereien auf Bänken und Mauern zu entfernen. Von Seiten des Bezirks wurden diese Aktivitäten begrüßt und mit der Bereitstellung von Werkzeugen und Gartengeräten unterstützt. Zur besseren Information der Bürger und zum Austausch mit den Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung rief die Initiative 2008 einen runden Tisch ins Leben, der seitdem ein- bis zweimal jährlich tagt.

Die kooperative Sanierung des Parks beginnt

Bestärkt durch das Engagement der Initiative und ein allgemein wachsendes Interesse am Denkmalschutz intensivierte der Bezirk seine Bemühungen, das Gartendenkmal vor weiterem Verfall zu schützen. Mit finanzieller Unterstützung der Stiftung Denkmalschutz Berlin ließ man zwischen 2005 und 2006 die Große Kaskade sanieren und gestaltete die umgebenden Pflanzflächen wieder nach historischen Plänen um.

Auf der Grundlage gartendenkmalpflegerischer Stellungnahmen des Barth-Experten und Ingenieurs für Landschaftsplanung Dr.-Ing. Dietmar Land³ führte man ab 2010 weitere Instandsetzungs- und Rekonstruktionsmaßnahmen durch: Das gesamte Seeufer wurde mit Holzbohlen befestigt, wodurch der See seine ursprüngliche Uferlinie zurück erhielt. Danach rekonstruierte man den Eingangsbereich am Kaiserdamm inklusive der Banknischen und Schmuckplätze am Ufer nach gartendenkmalpflegerischen Vorgaben.

Inzwischen hatte die Initiative ihr Engagement ebenfalls verstärkt. Sie hatte sich in verschiedene Arbeitsgruppen aufgeteilt und kümmerte sich nicht mehr nur um Pflegearbeiten, sondern hatte - unterstützt durch Materialspenden vom Gartenamt - mit der Instandsetzung maroder Bänke begonnen.4 Angesichts vernachlässigter Schmuckbeete formierte sich dann bei den aktiven Gärtnerinnen und Gärtnern der Wunsch, nicht nur Gartenpflege zu betreiben, sondern auch gestalterische Aufgaben zu übernehmen. 2012 traf man diesbezüglich mit dem Gartenamt eine Übereinkunft: Die Initiative erhielt die Erlaubnis, die Pergola an der Kleinen Kaskade mit Kletterrosen zu bepflanzen und die Neugestaltung für das angrenzende Staudenbeet, dessen Pflege das Gartenamt aus personellen und finanziellen Gründen aufgeben wollte, zu übernehmen.

Schaut man heute zurück, dann kann man sich fragen, warum das Gartenamt den Handlungsspielraum für die Initiative nur zögerlich ausweitete, obwohl der Verein Pflanzungen selbst finanzieren wollte und konnte. Begründen lässt sich diese Zurückhaltung zum einen damit, dass die Kooperationen zwischen aktiven Bürger und dem Gartenamt im Bereich der Pflege und Gestaltung von öffentlichen Grünanlagen Anfang 2000 noch kaum erprobt war. Zum anderen kam im Fall des denkmalgeschützten Lietzenseeparks hinzu, dass den Verantwortlichen aus Verwaltung und Politik fundierte Kenntnisse über die Anlage und in Folge dessen auch ein tragfähiges Konzept für ihre Entwicklung fehlten.

Die Beharrlichkeit, mit der die Initiative immer wieder Ideen einbrachte, zahlte sich für den Park dennoch aus. Denn nicht zuletzt gab der Druck von Seiten der Bürger dem Bezirk die notwendige Unterstützung dafür, die Ausarbeitung eines neuen Parkpflegekonzepts auf den Weg zu bringen. Das neue Konzept sollte das 1987 vom damaligen Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz (Abt. III Gartendenkmalpflege) bei einem Hamburger Landschaftsarchitekten in Auftrag gegebene Parkpflegewerk ablösen. Dieser Plan verfolgte zwar schon das Ziel einer denkmalgerechten Wiederherstellung. Da er aber in vielen Bereichen zu wenig detaillierte Aussagen machte und der aktuellen Situation vor Ort nicht gerecht wurde, bot er weder eine ausreichende Handlungsanweisung für die Wiederherstellung noch für die Entwicklung des Parks.

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Steigender Nutzungsdruck, zunehmender Vandalismus und Mittelknappheit setzten dem Park ab den 1990er-Jahren weiter zu. Foto: Dr. Dietmar Land
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In den 70er-Jahren bevorzugte man in erster Linie praktische Lösungen. Foto: Dr. Dietmar Land
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Eingangsbereich Wundtstraße vor der denkmalgerechten Rekonstruktion. Foto: Dr. Dietmar Land

Ein neues Parkpflegewerk entsteht

Im Frühjahr 2014 wurde Dr.-Ing. Land mit der Ausarbeitung eines neuen Parkpflegewerks betraut. Als Auftraggeber und Finanziers fungierten das Umwelt- und Naturschutzamt, der Fachbereich Grün des Straßen- und Grünflächenamts im Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf und das Landesdenkmalamt Berlin mit dem Fachbereich Gartendenkmalpflege. Der Auftrag bestand darin, die historische Entstehung und Entwicklung des Gartendenkmals möglichst umfassend zu recherchieren, um nach der Auswertung des historischen Materials (Pläne, Entwürfe, Fotografien, Postkarten etc.) möglichst eindeutige Aussagen über den ursprünglichen Zustand des Parks treffen zu können. Parallel dazu galt es, den aktuellen Zustand der gesamten baulichen und pflanzlichen Ausstattungen zu erfassen. Im Vergleich zwischen dem historischen und dem aktuellen Zustand sollte anschließend ermittelt werden, aus welchen Epochen die jeweiligen Bestandteile des Parks stammten. Gleichzeitig sollten aktuelle Nutzungsanforderungen und Nutzungskonflikte festgestellt und die Wünsche und Anforderungen der Bürger in einem konsultativen Beteiligungsverfahren herausgearbeitet werden.

Weil sich im Park die verschiedensten Interessen überlagerten und weil die vor Ort aktive Initiative eingebunden werden sollte, wählte man ein Arbeitsformat, das für ein Projekt mit denkmalpflegerischem Schwerpunkt eher ungewöhnlich ist: Erstens wurden alle verantwortlichen Ämter während des gesamten Planungsprozesses beteiligt. Entwicklungsziele und Maßnahmen wurden von Anfang an von allen Planungsträgern in einer "Arbeitsgruppe Parkpflegewerk" gemeinsam erörtert und abgestimmt. Zweitens stellte man die Zwischenergebnisse mehrfach der Öffentlichkeit vor und diskutierte sie.

Und drittens suchte der beauftragte Planer kontinuierlich das Gespräch mit den aktiven Mitgliedern des Bürgervereins, um deren Anliegen zu integrieren. Ziel war es dabei, Vorschläge der Initiative bereits während des Planungsprozesses zu prüfen, damit die Bürger umgehend tätig werden konnten.

Für eine vorgezogene Planung und Realisation wählte man den Parkbereich Eingang Wundtstraße mit der anschließenden Wegeachse zum Seeufer. Dieser Bereich hatte der Initiative aufgrund seines verwahrlosten Zustands schon längere Zeit besondere Sorgen bereitet. In den ersten Gesprächen mit Dr.-Ing. Land äußerten ihre Mitglieder daher den Wunsch, an dieser Stelle eine neue Pflanzung anlegen zu dürfen. Über den Zustand dieses Parkabschnitts und das Anliegen der Bürger unterrichtete der Planer die Beteiligten der Arbeitsgruppe Parkpflegewerk und die politisch Verantwortlichen (Baustadtrat) Anfang 2014. Auf sein Anraten entschied man sich dafür, die Arbeit (historische Quellenrecherche, Abstimmung mit Bürgern und Ämtern) im Bereich "Eingang Wundtstraße, Wegeachse" zeitlich vorzuziehen, um möglichst rasch Entwicklungsziele festlegen zu können. Wie die Analyse der Situation im Frühjahr 2014 zeigte, war es gegenüber den historischen Plänen zu gravierenden Veränderungen gekommen:

Der Platz im Eingangsbereich hatte seine ursprüngliche Form fast gänzlich verloren. Zwei Bäume beiderseits des Eingangs fehlten und von den in diesem Bereich angepflanzten Eiben waren, nach einem radikalen "Verjüngungsschnitt", nur noch Stümpfe übrig. Die in den historischen Plänen verzeichneten Bänke waren so marode, dass sie abgebaut werden mussten. Die Treppenanlage in diesem Bereich war wegen witterungsbedingter Schäden 2013 komplett gesperrt worden. Ein auf der Wegeachse gelegener Rundplatz war nach Starkregen erodiert. Bei den am Wegrand gelegenen Staudenrabatten dominierten wenige Pflanzenarten und viele Wildkräuter das Bild.

Nachdem die Arbeitsgruppe Parkpflegewerk das Ersatzmaterial ausgewählt hatte, konnten erste Arbeiten schon im Sommer 2014 unter denkmalpflegerische Anleitung von Dr.-Ing. Land beginnen. Ziel war es, die Bepflanzung, die einstige Raumabfolge sowie die Sichtachse nach dem historischen Vorbild wieder herzustellen.

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Eingangsbereich Wundtstraße mit anschließender Wegeachse nach der denkmalgerechten Rekonstruktion. Foto: Dr. Dietmar Land
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Der Eingangsbereich Kaiserdamm nach der denkmalgerechten Rekonstruktion (2011). Foto: Dr. Dietmar Land

Zuerst stellten Auszubildende des Gartenamts die Treppe wieder her und gaben dem Eingangsplatz seine alten Konturen zurück. Im Herbst 2014 setzten Mitglieder der Initiative die Sitzbänke im Eingangsbereich in Stand und reparierten die Stützmauer mit selbst gefertigten Kunststeinen auf Grundlage eines historischen Vorbilds. Im April 2015 setzte man die gemeinsame Arbeit mit der Pflanzung der fehlenden Bäume und der Rodung der Eibenstümpfe fort. Anschließend wurde die Bepflanzung des Bereichs auf der Grundlage alter Fotografien und Pläne vorgenommen.

Da für die Rekonstruktion des Staudenbeets weder Pläne noch Bildmaterial vorlagen, orientierte man sich bei der Neuanlage des Staudenbeets an Pflanzplänen, die Barth im Zusammenhang mit der Gestaltung verschiedener Schmuckplätze in der nähren Umgebung ausgearbeitet hatte. Die Auswahl musste allerdings aufgrund der Standortbedingungen und der Tatsache, dass manche Sorten heute nicht mehr verfügbar sind, etwas modifiziert werden. Im Mai 2015 erfolgte dann in der Zusammenarbeit von Gartenamt und Initiative und unter der Anleitung eines externen Landschaftsgärtner die Neuanlage des Staudenbeets, dessen Pflege dem Verein anschließend übertragen wurde.

Um den räumlichen Eindruck der ursprünglichen Situation wiederherzustellen, wurden im Herbst desselben Jahres vom Verein beiderseits der Treppe Hecken gepflanzt, wobei sich das Gartenamt an der Finanzierung beteiligte.

Zusätzliche Sanierungsgelder der öffentlichen Hand ermöglichten zwischen 2016 und 2017 schließlich die Instandsetzung von Weg- und Platzflächen entlang der Wegeachse. Damit war dieses Teilgebiet des Park fast komplett im Sinne des historischen Originals rekonstruiert worden, als der Bezirk das Parkpflegewerk im Juni 2017 auf seiner Internetseite veröffentlichte.

Zusammenfassend kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass die Entscheidung parallel zur Ausarbeitung des Parkpflegewerks schon mit der Umgestaltung eines Bereichs zu beginnen, sich wesentlich positiv auf das Gesamtprojekt auswirkte: Indem schon während des Planungsprozesses eine kontinuierliche Umsetzung und Evaluation von Maßnahmen stattfand, konnten Detailfragen in Absprache mit allen Beteiligten geklärt werden. Dadurch nahm das gesamte Projekt nicht nur schnell an Fahrt auf, es wurden auch einige Reibungs- und Zeitverluste verringerte, die ein nachgeschobener Abstimmungs- und Erprobungsprozesses mit sich bringt. Die von den Bürgern beklagten Missstände ließen sich zeitnah in Angriff nehmen. Die positive Energien, die die Bürger mitgebrachten, "verpufften" somit nicht in der Warteschleife eines langen Planungsprozesses, was zu mehr Zufriedenheit bei den Mitgliedern der Initiative führte.

Dass bei der Zusammenarbeit auch Konflikte auftraten, soll nicht unerwähnt bleiben. Beispielsweise stellten sich zu Beginn der Zusammenarbeiten Schwierigkeiten ein, als man sich im April 2014 auf einen Bepflanzungsplan für den Eingangsbereich Wundtstraße verständigen musste. Dass eine Bepflanzung gemäß dem historischen Vorbild vorgenommen werden sollte, war für die Bürger nicht unmittelbar einsichtig. Sie setzten sich deshalb für den Erhalt der stark zurückgestutzten Eiben ein. Erst mit Hilfe alter Fotografien und Pläne gelang es dem für die Belange des Denkmalschutzes eintretenden Planer, die Bürger von einer Neuanpflanzung zu überzeugen.

An anderen Stellen mussten aufgrund der Interessenlage hinsichtlich denkmalpflegerischer Zielvorstellungen dagegen Kompromisse eingegangen werden. Dies betrifft beispielsweise die Bepflanzung des Seeufers. Barth hatte für weite Teile eine Anpflanzung amethystfarbener Garteniris vorgesehen. Durch ausbleibende Pflege hatten sich im Lauf der Zeit dagegen Wild-stauden, hoch wachsendes Schilf und auch invasive Arten, wie der japanische Knöterich im Uferbereich angesiedelt, die die Sicht behinderten. Diese Situation wurde von den Beteiligten sehr unterschiedlich bewertet: Manche Bürger empfanden sie als wild romantisch, andere eher als verwahrlost und das Amt für Naturschutz befürwortete den Schilfaufwuchs ebenso wie den Wuchs von Wildkräutern. Schlussendlich wurde aus ästhetischen, ökologischen und ökonomischen Gründen auf die denkmalgerechte Irisbepflanzung zu Gunsten eines regelmäßig breiten Streifens sich ansiedelnder Wildstauden verzichtet. Dieser Streifen soll in Zukunft einmal jährlich gemäht werden, so dass keine Bäume aufwachsen.5 Mit ihm sollen das Ufer etwas geschützt, Lebensraum für Insekten geschaffen, die Pflege auf ein mögliches Maß beschränkt und "Wildnisästhetik" zugelassen werden.

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Wegeachse mit neuer Staudenpflanzung. Foto: Dr. Dietmar Land
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Ufersaum mit aufwachsenden Wildkräutern. Foto: Anne Haß

Und wie geht es weiter?

Das Leben in Park und Bezirk geht auch nach der Veröffentlichung des Parkpflegewerks weiter. Die Planungsbeteiligten arbeiten nun zum einen daran, die ermittelten Entwicklungsziele für den Park umzusetzen. Zum anderen hat sich schnell gezeigt, dass auch neue Herausforderungen angenommen werden müssen.6 Dafür hat der Bezirk im Sommer 2017 eine Art Monitoring eingesetzt. Zunächst für ein Jahr ist Dr.-Ing. Land damit beauftragt, regelmäßig das Gespräch mit der Initiative bezüglich anfallender Arbeiten zu suchen und zu beobachten, ob im Park unvorhergesehene Probleme oder neue Schäden auftauchen. Zusätzlich berät er das Gartenamt, wenn zusätzliche Anforderungen gestellt werden. Dass es neben dem detaillierten Anweisungen des Parkpflegewerks immer wieder Gesprächsbedarf gibt, wird schnell klar, wenn man auf die Liste der Anfragen schaut, die seit der Veröffentlichung des Parkpflegewerks eingegangen sind. So beantragte eine Sportgruppe den Einbau von Sportgeräten im Park, ein Café-Betreiber reichte eine Anfrage für den Bau eines zusätzlichen Wintergartens ein und Eltern der Initiative ParkHaus Lietzensee e. V. fragten an, ob nicht ein Teil des Parks zum Schulgarten umwidmet werden könnte.

Angesichts der Dynamik im Stadtteil bleibt zu hoffen, dass das Parkpflegewerk als Richtlinie für die Erhaltung und Entwicklung des Gartendenkmals auch langfristig akzeptiert wird und dass man es so flexibel einsetzt, dass die Bürger, ihre Lust, etwas anzupacken, nicht verlieren.

ANMERKUNGEN

¹ Tagesspiegel
www.tagesspiegel.de/themen/umziehen-nach-berlin/lietzenseepark-am-see-so-doppelt-schoen/6955196.html

² Besonders gravierend waren die Einsparungen, die nach 2001 aufgrund der Berliner Bankenkrise folgten.

³ Dr. Land hatte sich im Rahmen seiner Dissertation intensiv mit dem Gesamtwerk Erwin Barths und dessen Plänen für den Lietzenseepark auseinandergesetzt. In Zusammenarbeit mit J. Wenzel veröffentlichte er 2005 den Band "Heimat, Natur und Weltstadt. Leben und Werk des Gartenarchitekten Erwin Barth".

4 Heute gibt es verschiedene Arbeitsgruppen, in denen sich aktive Mitglieder einmal wöchentlich zur Parkpflege oder zu Reparaturarbeiten treffen. Darüber hinaus veranstaltet der Verein jeden Monat den LietzenseeTreff, eine Vortrags- und Diskussionsrunde, in der auch Themen jenseits des Lietzenseeparks aufgegriffen werden.

5 Die Idee für die Uferbepflanzung stammt aus dem Bürgerpark in Bremen und wird dort seit einigen Jahren praktiziert.

6 An dieser Stelle sei erwähnt, dass sich 2014 mit ParkHaus Lietzensee e. V. eine zweite Initiative gegründet hat. Ihr Ziel ist es, das Parkwächterhaus vollständig zu sanieren, um dort Räume für bürgerschaftliches Engagement, ein Café und sanitäre Anlagen für die Parkbesucher anzubieten.

 Anne Haß
Autorin

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