Vom Stadtgarten um 1900 zum modernen Skulpturenpark

Der Museumsgarten der Kunsthalle Bielefeld

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Skulpturen Parks und Gärten
Die beliebte Bronzeplastik „Large Oval with Points“ von Henry Moore (1968/70), die 1974 als erste Skulptur im Kunsthallenpark aufgestellt wurde, ist nach wie vor der Mittelpunkt des Skulpturengartens. Foto: Anne Steinmeister, 2017

Im nächsten Jahr feiert die Kunsthalle Bielefeld ihr 50-jähriges Jubiläum. Das Museum, ein Bau des amerikanischen Architekten Philip Johnson (1906-2005), ist umgeben von einem Skulpturenpark, der 2008 - 40 Jahre nach Gründung des Museums - nach den Originalentwürfen von Johnson umgestaltet wurde.

Die Parkanlage befindet sich zwischen den ehemaligen Wallanlagen und einer vierspurigen, stark befahrenen Bundesstraße, der Artur-Ladebeck-Straße. Hinter dem Park erstreckt sich am Nebelswall das Ratsgymnasium, das sich in einem ehemaligen Adelshof aus dem 16. Jahrhundert mit Anbau aus dem 19. Jahrhundert befindet. Das Gebäude zählt mit dem benachbarten Waldhof, dem Sitz des Bielefelder Kunstvereins, zu den ältesten Häusern der Stadt und bildet einen reizvollen historischen Kontrast zur Kunsthalle, die mit dem Skulpturenpark ein herausragendes Ensemble der klassischen Moderne in Bielefeld darstellt.

Die Entstehung des Stadtgartens Anfang des 20. Jahrhunderts

Die Geschichte des Kunsthallenparks, einer der wenigen innerstädtischen Parkanlagen Bielefelds, reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Kernstück des Geländes an der damaligen Koblenzer Straße ist der ehemalige Kaselowsky'sche Garten - ein Grundstück von rund 0,6 Hektar, auf dem eine repräsentative Fabrikantenvilla (von 1843) lag. Der alte Baumbestand des Villengartens - Kastanien, Rotbuchen, Platanen und Linden - ist zum Teil noch erhalten.¹

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Skulpturen Parks und Gärten
„Philip-Johnson-Skulpturenpark“. Entwurf: Bimberg Landschaftsarchitekten BDLA, Iserlohn (2008). Die Rekonstruktion des Skulpturenparks der Kunsthalle Bielefeld wurde nach den Originalentwürfen von Philip Johnson (1968) geplant und ausgeführt. Plan/Kopie: mit freundlicher Genehmigung von Ina Bimberg zur Verfügung gestellt

Zur Ausstattung des Gartens, durch den der Stadtgraben floss, gibt es einige Hinweise und Pläne in den Bauakten, zum Beispiel Zeichnungen für ein Gewächshaus, das 1883 gebaut wurde. 1886 wurde der Stadtgraben kanalisiert und auf Antrag des Eigentümers Ferdinand Kaselowsky überbaut.² Nachdem sein Neffe 1893 das Villengrundstück geerbt hatte, verkaufte er es 1900 an die Stadt Bielefeld, die beschlossen hatte, ein Städtisches Museum zu gründen.³

Der Ankauf der Kaselowsky'schen Villa schuf nun die Voraussetzungen für das geplante Museum, denn das Grundstück lag an exponierter Stelle - am Übergang von der Bielefelder Altstadt zu dem neu erschlossenen Stadtgebiet an der Koblenzer Straße, wo sich verschiedene Unternehmen angesiedelt hatten. Insofern war die Umgestaltung des Villengartens zu einer öffentlichen Grünanlage, die mit den Wallpromenaden eine angenehme Verbindung in die neuen Stadtgebiete bot, auch eine Maßnahme der Stadtplanung.

In dem neuen Museum sollten zunächst die musealen Sammlungen, die der Historische Verein 1895 der Stadt Bielefeld geschenkt hatte, ausgestellt werden. Ein Teil der Sammlungen wurde in den Kellerräumen der Villa untergebracht, während die anderen Räume für das städtische Bauamt und ein Musikkonservatorium vorgesehen waren. Erst ab 1905 stand die gesamte Kaselosky'sche Villa für das Städtische Museum, das am 3. Oktober 1906 eröffnet wurde, zur Verfügung.

Kurz nach der Museumsgründung begann man mit der Planung des Stadtgartens. Diese Planung stand im Kontext einer umfassenden städtischen Grünplanung, die der erste Gartendirektor Paul Meyerkamp (1880-1949) nach der Gründung des Bielefelder Gartenamtes (1907) vornahm. Meyerkamp entwickelte in der Industriestadt Bielefeld, die im Gegensatz zu anderen Städten keine feudalen Parkanlagen besaß, ein durchgängiges Grünflächensystem. Dafür boten die Wallanlagen, die bereits in den 1870er-Jahren zu städtischen Promenaden umgewandelt worden waren und sich "wie ein grüner Gürtel um die Altstadt Bielefelds"4 zogen, eine gute Grundlage. Mit dem weiteren Ausbau der Wallpromenaden wollte Meyerkamp nun vielseitige Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten für die anliegenden Stadtbewohner schaffen - vor allem auch für Kinder, für die er Sandspielplätze plante.5 Ein frühes Beispiel für seine Parkentwürfe, die mit Spielplätzen, Spazierwegen und Liegewiesen Merkmale eines Volksparks aufweisen, ist der Stadtgarten. Fotografien von 1929 zeigen Rasenflächen und Wege mit Ruhebänken, die Meyerkamp hier für Erholungssuchende aufstellen ließ.

Mit seiner Lage an den Wallpromenaden, dem Blick auf die Sparrenburg - das Wahrzeichen Bielefelds - und mit dieser durch Spazierwege verbunden - nahm der Stadtgarten an der Schnittstelle zwischen Alt- und Neustadt von Anfang an eine zentrale Stellung im Bielefelder Stadtbild ein.

Der Stadtgarten hatte wie der spätere Skulpturenpark bereits die Funktion eines Museums- beziehungsweise Ausstellungsgartens. So wurde eine Dampfmaschine von 1843, welche die Ravensberger Spinnerei bereits 1906 dem Städtischen Museum geschenkt hatte, 1934 im Stadtgarten aufgestellt und als Industriedenkmal feierlich eingeweiht. Außerdem fand das Bismarckdenkmal, das seit 1903 auf dem Schillerplatz am Rathaus stand, nach dem Zweiten Weltkrieg im Museumsgarten einen neuen Standort. Allerdings handelte es sich bei diesen beiden Skulpturen weniger um Kunstwerke, sondern um zeittypische Denkmäler.

Das Museumsgelände im Fokus der Stadtplanung nach 1945

Nachdem das Städtische Kunsthaus, das sich seit 1927 in einer Villa an der Hindenburgstraße befand, 1944 vollständig zerstört worden war, wurde das Museum ab 1945 zunächst in provisorischen Räumen untergebracht. 1950 fand das Kunsthaus dann eine vorläufige Bleibe in einer ehemaligen Verlegervilla an der Werther Straße.

Die Pläne für den Bau eines neuen Kunstmuseums nahmen endlich Formen an, als das Gelände des Stadtgartens nach dem Zweiten Weltkrieg Bestandteil der Stadtkernplanung von 1956/57 wurde. Nach diesem Plan war im Zuge des Wiederaufbaus eine neue Nutzung des Geländes zwischen den Wallpromenaden und der Koblenzer Straße, das einer besonderen Aufgabe dienen sollte, vorgesehen. So bot es sich an, auf dem Grundstück des Stadtgartens - am Rande der Innenstadt - das neue Museum zu bauen, wie Stadtbaurat Michael Fleischer 1964 erläuterte: "Es bedeutet einen erwünschten städtebaulichen Akzent an einer wichtigen Stelle, und diese Möglichkeit sollte unbedingt genutzt werden."6 Die besondere Bedeutung dieses Standorts für ein Museum ergab sich vor allem auch dadurch, dass in der Nähe schon einige kulturelle Einrichtungen - zwei Gymnasien, das Kulturhistorische Museum (heute Kunstverein) und eine Jugendmusikschule - vorhanden waren.

Skulpturen Parks und Gärten
Blick von der Obernstraße in den Stadtgarten (1929) mit Ausblick auf die Sparrenburg. Links die alten Kastanien vor dem Ratsgymnasium am Nebelswall, die heute noch erhalten sind. Foto: Stadtarchiv Bielefeld, Fotosammlung: 84-002-008
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Gestaltung des Stadtgartens, auch Museumsgarten genannt, um 1930. Der Park am Städtischen Museum wurde vom ersten Bielefelder Gartendirektor Paul Meyerkamp geplant. Er ließ hier für die Anwohner Schmuckbeete anlegen und Ruhebänke aufstellen. Foto: Stadtarchiv Bielefeld, Fotosammlung: 84-002-008

Bereits 1957 war ein Plan vom Bielefelder Garten-, Forst- und Friedhofsamt für die Neugestaltung des Stadtgartens erstellt worden. Der Plan zeigt noch den Grundriss des ehemaligen Kaselowsky'schen Gartens mit der alten Villa, in der seit 1946 die 'Pädagogische Akademie'7 untergebracht war. Zum Westen hin wurde im Rahmen der neuen Verkehrsplanung ein Teil des Grundstücks für die geplante vierspurige Straße geopfert. Die Kaslowsky'sche Villa befand sich im Bereich des heutigen Wasserbeckens, während der große Feuerlöschteich östlich - zwischen der Villa und dem Nebelswall - lag. Der Teich wurde bei der Neugestaltung in die Grünanlage einbezogen und mit einer Fontäne ausgestattet. Die hohen Seitenwände des zugewachsenen Beckens, die höher als die Wege lagen, wurden bis auf das Bodenniveau abgebrochen und die Sträucher wurden entfernt, so dass man von den neu angelegten Rasenflächen einen freien Blick auf den Fontänenteich hatte.8

An der Villa und dem Teich vorbei führte ein Weg zwischen den alten Bäumen zum Eingang des Ratsgymnasiums hinüber, wo ein großer Spielplatz angelegt wurde.

Nachdem der Unternehmer Rudolph August Oetker (1916-2007) sich als Mäzen für den Museumsneubau angeboten hatte, kam es 1959 zur Vereinbarung zwischen ihm und der Stadt Bielefeld. Danach sollte das Gebäude aus Mitteln der Dr. August-Oetker-Stiftung finanziert werden, wenn die Stadt das Gelände des Stadtgartens zur Verfügung stellen und weitere Grundstücke für das Museumsgelände erwerben würde. Dieser Prozess zog sich ab 1960 über Jahre hin und gestaltete sich schwierig, denn es mussten mehrere Nachbarhäuser an der Koblenzer Straße gekauft und abgerissen werden.9 Außerdem mussten die Kaselowsky'sche Villa und das Grundstück, auf dem sich noch Betonbunker aus dem Zweiten Weltkrieg befanden, geräumt werden. Nachdem die Pädagogische Akademie in ihr neues Gebäude an der Lampingstraße gezogen war, wurde die Villa 1962 abgerissen. Das Maschinendenkmal wurde abgebaut und 1964 auf dem Gelände der neuen Ingenieursschule an der Wilhelm-Bertelsmann-Straße wiederaufgebaut.10

Planung von Kunsthalle und Museumsgarten in den 1960er-Jahren

Nach der Zusage Oetkers zur Finanzierung des Neubaus wurde 1961 Joachim Wolfgang von Moltke (1909-1974) als erster Museumsdirektor gewählt. Von Anfang an gab es eine gute Zusammenarbeit zwischen ihm und dem Stifter, wobei beide von dem geplanten Standort - in einer Parkanlage inmitten der Stadt - überzeugt waren, wie von Moltke bei einer Besprechung mit Vertretern der Stadt zum Ausdruck brachte: "Als Leiter des neuen Kunsthauses darf ich der Stadt Bielefeld meinen Dank sagen, dass ein so herrliches Grundstück für den Neubau zur Verfügung gestellt wurde [...]; es ist ein Bauplatz, der seinesgleichen sucht. Die Konzeption des neuen Kunsthauses ergab sich aus der lokalen Situation."¹¹ Ein Museum an diesem bevorzugten Standort könne zum lebendigen Mittelpunkt der bildenden Kunst einer Stadt werden.

Nachdem von Moltke sich im Auftrag Oetkers Museumsbauten in aller Welt angesehen hatte, schlug er für den geplanten Neubau den amerikanischen Architekten Philip Johnson (1906-2005) vor, der schon mehrere Museumsbauten in Amerika entworfen hatte. Der Schüler und frühere Mitarbeiter von Mies van der Rohe hatte außerdem den Museumsbetrieb von innen kennengelernt, denn er hatte seit 1930 mehrere Jahre die Architekturabteilung des Museum of Modern Art (MoMA) in New York geleitet.1953 plante Johnson auch den Anbau und den Skulpturenhof des MoMA und brachte somit Erfahrung für den geplanten Skulpturenpark nach Bielefeld mit.

Ausschlaggebend für die Entscheidung des international erfolgreichen Architekten, in Bielefeld sein erstes Museum in Europa zu bauen, waren besonders auch die zentrale Lage und der Parkcharakter des Grundstückes, wie Johnson bei der Grundsteinlegung am 4. April 1966 betonte. Keines der Museen, die er in Amerika gebaut habe, sei so wundervoll - im wichtigsten Teil der Stadt und umgeben von einem Park mit alten Bäumen - gelegen.¹²

Von Moltke entwickelte in Zusammenarbeit mit Johnson ein neuartiges Museumskonzept. Es sollte ein zeitgenössisches modernes Museum entstehen, das nicht nur Ausstellungshalle, sondern auch eine Stätte der Belehrung, der Erholung und Entspannung sein sollte. Dafür wurden eine Studiengalerie, eine Kindermalstube, ein Vortragssaal sowie eine Cafeteria, die zu der Zeit eine "Rarität in der deutschen Museumslandschaft"¹³ darstellte, eingeplant.

Skulpturen Parks und Gärten
Plan zur „Umgestaltung des Stadtgartens“ (1957) vom Bielefelder Garten-, Forst- und Friedhofsamt. Der Grundriss entspricht noch dem ehemaligen Villengarten aus dem 19. Jahrhundert. Im Vordergrund das große Fontänenbecken, dahinter die alte Kaselowsky’sche Villa (ehemals Städtisches Museum). Rechts vor dem Eingang zum Ratsgymnasium liegt der erste Kinderspielplatz, der nach dem Krieg in Bielefeld gebaut wurde. Plan/Kopie: Stadt Bielefeld/Bauamt, Hausakten, Artur-Ladebeck-Straße 5, Nr. I
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Ansicht der alten Kaselowsky’schen Villa mit Fontänenteich in den 1950er Jahren, als sie Sitz der „Pädagogischen Akademie“ war. Foto: Stadtarchiv Bielefeld, Fotosammlung: 84-002-008

Vorbild dafür war das Lousiana Museum of Modern Art (von 1958) in der Nähe von Kopenhagen mit einem großen Skulpturenpark, der in die malerische Landschaft am Oeresund eingebettet ist. Wie das Louisiana Museum, so hat auch die Bielefelder Kunsthalle einen starken Bezug nach außen. Vom ebenerdigen Eingang des Museums erschließt sich die offene Eingangshalle, von der man links in das Museumscafé gelangt. Sowohl vom Café mit seiner großen Glasfront als auch von den verglasten Fassaden im ersten Geschoss ergeben sich schöne Aussichten auf den Museumsgarten.

Auch für die Außenanlagen hatte Johnson bereits 1964 einen Plan14 entworfen. Als Kontrastprogramm zu dem strengen würfelförmigen Museumsgebäude - einem roten Sandsteinkubus von 30 x 30 Metern - plante er geschwungene Wege und ein kreisrundes Wasserbecken im Park. 1968 legte er einen zweiten Entwurf mit einem rechteckigen Wasserbecken von 7 x 52 Metern vor, das sich von der Terrasse aus parallel zur westlichen Parkmauer erstrecken sollte. Zur Überquerung des Wassers war ein rund vier Meter breiter Steg, der von Wegen erschlossen werden sollte, vorgesehen. Zwischen den Parkmauern und den vorhandenen alten Bäumen waren Rasenflächen geplant, die für die Aufstellung von Skulpturen und Blicke auf die Architektur frei bleiben sollten.15

Allerdings wurde dieser Entwurf nicht realisiert, weil die Stadt Bielefeld selbst die Initiative ergriff und parallel zu Johnson 1966 einen ersten und 1968 einen zweiten Plan für den Museumsgarten, in den nun auch die Fläche zwischen Kunsthalle und Musikschule miteinbezogen wurde, vorlegte.

Nach diesem Plan wurden die Außenanlagen einschließlich der Wege durch das städtische Grünflächenamt sowie durch das Tiefbauamt ausgeführt. Wegen des starken Verkehrslärms der Artur-Ladebeck-Straße wurde westlich an den Parkanlagen eine lange Mauer gebaut, die auf Wunsch des Stifters in dem gleichen roten Sandstein wie der Museumsbau errichtet wurde.16

Statt des von Johnson geplanten schmalen Wasserkanals wurde das große Wasserbecken mit Fontäne wieder hergestellt - allerdings an anderer Stelle als zuvor. Die Bepflanzung der angrenzenden Terrasse, die erst 1978 eine Treppe erhielt, wurde wie die seitliche Bepflanzung eher zurückhaltend gestaltet. Der Architekt, der während der Gartengestaltung nicht mehr in Bielefeld weilte, lobte bei einem späteren Besuch des Museumsgartens die kompetente Ausführung durch das städtische Grünflächenamt.17

Entwicklung und Rekonstruktion des Skulpturenparks (1968-2008)

Von Anfang an war der Museumsgarten als Skulpturenpark geplant, denn Bielefeld bemühte sich wie andere deutsche Städte seit den 1950er-Jahren, Kunst auch außerhalb des Museums zu präsentieren. Dazu hatte zum einen 1953 die Hamburger Ausstellung 'Plastik im Freien', zum anderen die Bewegung 'Kunst am Bau' angeregt.18 Im Bielefelder Museumsgartens standen zwar schon vor dieser Initiative Skulpturen, die man aber nicht als Kunstwerke, sondern eher als Denkmäler bezeichnen kann - wie zum Beispiel das Bismarckdenkmal, das im Zuge der neuen Verkehrsregelung 1962 vom Schillerplatz in den Museumsgarten versetzt wurde. Laut Grünflächenplan von 1968 wurde nun das gesamte Gelände um die Kunsthalle herum als Ausstellungsfläche für moderne Plastiken vorgesehen. Die ersten Skulpturen wurden zur Eröffnung der Kunsthalle 1968 aufgestellt: rechts vom Museumseingang eine Plastik des Denkers (1904) von Auguste Rodin, deren Abguss 1966 in Paris eigens zur Museumseröffnung in Auftrag gegeben wurde, und auf der Terrasse ein Abguss (1963) der Bronzeskulptur 'Komposition' (1933) von Otto Freundlich.19 Im Museumsgarten selbst wurde 1974 die erste Skulptur - 'Großes Oval mit Spitzen' von Henry Moore - installiert. Diese abstrakte Bronze von 1968/70, für die Moore selbst den Standort aussuchte, bildet nach wie vor den Mittelpunkt des Skulpturenparks und gehört zu den beliebtesten Skulpturen, die im Laufe der Jahre um weitere namhafte moderne Plastiken ergänzt wurden.20

Besonders hervorzuheben ist die abstrakte Skulptur 'Axis' von Richard Serra, die 1989 rechts neben der Kunsthalle aufgestellt und im Auftrag der Stadt Bielefeld explizit für diesen Ort geschaffen wurde. Diese monumentale Stahlplastik von zehn Meter Höhe kann im Gegensatz zu den Skulpturen im Park, die in erster Linie als Kunstobjekte wahrgenommen werden, als eine "Skulptur von stadtbildprägender Kraft"²¹ gelten. Von der Form und ihrer Farbgebung her korrespondiert die rostrote Stahlplastik mit dem roten Sandsteinkubus des Museums und wird wie dieses inzwischen als städtisches Wahrzeichen gesehen.

Skulpturen Parks und Gärten
Der Kunsthallenpark um 1968, der nach den Plänen des Bielefelder Grünflächenamtes gestaltet wurde. Statt des von Johnson geplanten schmalen Wasserbeckens wurde das große Fontänenbecken wieder aufgebaut. Foto: Stadtarchiv Bielefeld, Fotosammlung: 84-002-008
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Blick in den Skulpturenpark von der Terrasse aus: im Vordergrund die Bronzeskulptur "Frau" (2000) von Thomas Schütte; links das Wasserbecken mit Steg, rechts davon das Holzhaus von Sou Fujimoto (2006), davor auf dem Boden die Stahlplastik "Metrical Romanesque" (1982). Die Skulpturen wurden im Kunsthallenpark zwischen 1992 und 2008 aufgestellt. Foto: Anne Steinmeister, 2017.

Seit 2006 gab es Bestrebungen der Museumsleitung und des Förderkreises der Kunsthalle Bielefeld, zum 40-jährigen Jubiläum des Museums den Skulpturenpark nach dem ursprünglichen Plan Johnsons neu zu gestalten. Anlass war der schlechte Zustand des Parks, der auf Grund mangelnder Pflege und baulicher Mängel von Wegen, Wasserbecken und Parkmauern dringend sanierungsbedürftig war. Nach einer Anfrage an das Büro 'Philip Johnson/Alan Ritchie Architects'/New York, das nach dem Tod Johnsons (2005) dessen Rechtsnachfolge übernommen hatte, erklärte sich das Büro bereit, das Vorhaben gratis zu begleiten.

Daraufhin wurde Ende 2006 das renommierte Büro 'Bimberg Landschaftsarchitekten' aus Iserlohn gebeten, eine Studie mit Kostenschätzung für die Rekonstruktion des Johnson-Entwurfs von 1968 zu erstellen. Finanziert wurden Planung und Ausführung durch Landesmittel, den Eigenanteil der Stadt und die großzügige Spende einer Mäzenin.²² Mit viel Sorgfalt haben dann die Landschaftsarchitekten des Büros Bimberg den Skulpturenpark nach dem Originalplan rekonstruiert. Eine grundlegende Veränderung erfuhr der Park durch die Rückführung des Wasserbeckens auf die von Johnson geplante lange schmale Form, die im Gegensatz zu dem vorigen Fontänenbecken leichter und eleganter wirkt. Dazu trägt auch der Granitsteg bei, der den Proportionen der ursprünglich geplanten Brücke entspricht. Der Steg ist Teil der veränderten Wegeführung, die ebenfalls auf der Basis des Originalentwurfs vorgenommen wurde - wie der Bau der neuen Treppe, die vom Wasserbecken zur Museumsterrasse hochführt. Die Wege, die von vorwiegend alten Bäumen gesäumt werden, teilen den Park in großzügige Räume auf, in denen man - wie Johnson es geplant hatte - von allen Seiten einen freien Blick auf die Skulpturen hat.

Zur Wirkung dieser gelungen Rekonstruktion trägt auch das neue Lichtkonzept bei, das von dem amerikanischen Lichtarchitekten Hervé Descottes/Büro 'L'Observatoire International' entwickelt wurde und die vorhandene Beleuchtung der Bäume und Skulpturen verstärkt. Durch die nächtliche Beleuchtung werden die Kunsthalle und der Park mit den Skulpturen wirkungsvoll in Szene gesetzt. Das Konzept des Skulpturenparks als Ausstellungsraum moderner Plastiken ist konsequent eingehalten, was sich darin zeigt, dass das Bismarckdenkmal 2008 endgültig aus dem Park entfernt wurde und gegen die Betonskulptur 'HRZL#7' von Sol de Witt, die seit 1992 am Oberntorwall stand, ausgetauscht wurde.

Der neue Skulpturenpark wurde zum 27. September 2008 fertig gestellt und eingeweiht. In seiner Doppelfunktion als städtischer Park und als Skulpturenpark der Kunsthalle wird der Museumsgarten vielseitig von unterschiedlichen Besuchern genutzt. Der offene Charakter des Parks trägt dazu bei, die Schwellenängste beim Publikum, vor allem auch bei Kindern und Jugendlichen, abzubauen. Dies zeigt der spielerische Umgang mit den Skulpturen, zum Beispiel bei dem 2001 installierten 'Spiral-Pavillon' von Olafur Eliasson, der bei Kindern als Klettergerüst sehr beliebt ist.

Eines der jüngsten Objekte, das schnell zum Anziehungspunkt wurde, ist das 'Final Wooden House' des japanischen Architekten Sou Fujimoto (2006), das 2012 zunächst nur vorübergehend im Rahmen einer Ausstellung aufgestellt wurde, jetzt aber dauerhaft im Skulpturenpark bleiben soll. Allerdings steht das Holzhaus relativ nah an der Moore-Skulptur und versperrt vom Oberntorwall den freien Blick auf die Kunsthalle. Darin wird offenkundig, dass der Skulpturenpark ebenso wie das Museum an Raumnot leidet. Seit über zwanzig Jahren wird eine Erweiterung der Kunsthalle, die seit 1984 unter Denkmalschutz steht, von der Museumsleitung, dem Förderkreis und engagierten Vertretern der Stadt gefordert.

Es gab bereits Entwürfe für einen Neu- beziehungsweise Anbau, zum Beispiel 1994 von Frank O. Gehry, der abgelehnt wurde, und von Sou Fujimoto, der auf Anfrage des Förderkreises 2013 drei Varianten entworfen hat. Diese beziehen auch den Skulpturenpark mit ein, zum Beispiel der Entwurf "Stacked Landscape", der von der "gedanklichen Fortsetzung des Skulpturenparks als gestaltete wie auch gestapelte Landschaft"²³ ausgeht.

Allerdings liegt sowohl die Erweiterung der Kunsthalle als auch des Skulpturenparks in weiter Ferne, nachdem 2016 der Haupt-Sponsor für den Bau wegen Differenzen mit der Stadt abgesprungen ist. Stattdessen hat er das historische Gebäude der ehemaligen Handwerkskammer, das dem Skulpturenpark gegenüberliegt, gekauft. Hier soll bis zum Herbst 2018 das Kunstforum Hermann Stenner, in dem der Kunstsammler Hermann-Josef Bunte seine Sammlung präsentieren wird, entstehen. Geplant ist der Umbau der Villa zu Ausstellungszwecken mit Anbau eines viergeschossigen Bürogebäudes am Oberntorwall. Es würde sich anbieten, diesen Teil der Wallpromenaden mit dem Kunsthallenpark zu verbinden. Da die Allee am Oberntorwall sehr zugewachsen ist, wird es wegen der Lichtverhältnisse im Forumsgebäude unabdingbar sein, einen Teil der Bäume zu entfernen24 und die Freifläche am Stenner-Museum gärtnerisch neu zu gestalten. Wünschenswert wäre allerdings nicht nur eine optische Anbindung des Grünstreifens, in dem noch das Bismarckdenkmal steht, sondern auch eine gestalterische und künstlerische Anpassung an den Skulpturenpark. Dieser wäre dann Mittelpunkt und Achse der umliegenden Museen und könnte zur Entwicklung einer attraktiven vielseitigen Museumslandschaft inmitten der Stadt Bielefelds beitragen.

Anmerkungen

1 La Trobe, Henry de, Die Entstehungsgeschichte des Richard-Kaselowsky-Hauses - Kunsthalle der Stadt Bielefeld, Bielefeld 1991, S. 2 f.

2 Siehe: Bauakten. - StadtA Bi, Bauordnungsamt/ Hausakten - 108,5, Nr. 678 (Koblenzer Str. 1, 3, 5).

3 Die Satzung für das 'Museum der Stadt Bielefeld', das nur zwei Abteilungen - eine naturwissenschaftliche und eine historische - hatte, war bereits 1899 beschlossen worden und wurde im März 1900 genehmigt: Statut für das städtische Museum, in: JBHVR, Bd. 14/1900, S. X-XII; Vogelsang, Reinhard, Geschichte der Stadt Bielefeld, Bd. II, Bielefeld 1988, S. 226.

4 So: Streich, Th., Die Grünflächen Bielefelds, in: Die Gartenkunst 45/ 1932, S. 69. - Die Umwandlung der Wallanlagen hatte der Hamburger Garteningenieur Rudolph Jürgens (1850-1930) vorgenommen, der wie sein Vater Friedrich J. C. Jürgens (1825-1903) an der Umgestaltung der Hamburger Wallanlagen beteiligt war.

5 Meyerkamp, Paul, Bielefeld, Eine Stadt im Grünen, in: Das Buch der Stadt 1926 [1978], S. 54 ff. - Meyerkamp hatte nach einer Gärtnerlehre in Bielefeld an der Königlichen Gärtner-Lehranstalt in Potsdam die Prüfung zum "Obergärtner" absolviert, bevor er in seiner Heimatstadt 1907 erster städtischer Gartendirektor wurde. Die bedeutendste und größte Grünanlage Meyerkamps ist - neben dem Botanischen Garten (1912) der Sennefriedhof (1912), den er als Waldfriedhof im landschaftlichen Stil - vergleichbar mit dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg - entwarf.

6 Vgl. La Trobe, Henry de, 1991, S. 21 ff.

7 Siehe: Bauantrag und -pläne zum Umbau für die Pädagogische Akademie (ab 1962: "Pädagogische Hochschule"), in: Bauakten. - StadtA Bi., Bauordnungsamt/Hausakten -108/5, Nr. 678.

8 Schmidt, Hans Ulrich, Der Aufbau der Bielefelder Grünanlagen von 1947 bis 1976. Bielefeld 1999, S. 10 f.

9 So: Oberbürgermeister Hinnendahl am 20. Juli 1965, in: La Trobe, Henry de, 1991, S. 18 ff., Näher zum Abbruch der Häuser an der Koblenzer Straße: StadtA Bi, Bauordnungsamt/Hausakten - 108/5, Nr. 678; (Artur-Ladebeck-Str. 5, Nr. I).

10 Dort blieb die Dampfmaschine bis sie ihren Platz im neuen Historischen Museum fand, das 1994 im Ravensberger Park eröffnet wurde. - Stratmann, Wilhelm, Das Historische Museum in der Alten Ravensberger Spinnerei: Geschichte Bielefelds und der Region, in: Stadtbuch Bielefeld 1214-2014, Bielefeld 2014, S. 808 - mit Abb.

11 Besprechung im Hause Oetker am 15.09.1964. - Vgl. La Trobe, Henry de, 1991, S. 27.

12 Ders., 1991, S. 44.- Johnson war laut von Moltke "begeistert von der städtebaulichen Situation, in der die Kunsthalle errichtet werden sollte, und von diesem Standort, an einer Hauptstraße gelegen, in der Nähe von Schulen und nicht weit vom Kern der alten Stadt". - So: Moltke, Joachim Wolfgang von, Die Entstehung der Kunsthalle Bielefeld. Persönliche Erinnerungen, Bielefeld 1993, S. 12.

13 Borgelt, Christiane/Jost, Regina, Kunsthalle Bielefeld, 1. Aufl., Bielefeld 2008 [Die Neuen Architekturführer, Bd. 135], S. 6 ff.; La Trobe, Henry de, 1991, S. 30.

14 Siehe Abb. in: Weisner, Ulrich (Hg.), Deine Stadt Bielefeld: Das Grün. Eine Dokumentation über stadtgestalterische und ökologische Zusammenhänge [Kulturhistorisches Museum Bielefeld], Bielefeld 1982, S. 109.

15 Heuwinkel, Christiane, Neugestaltung des Skulpturenparks. Ein städtisches Bauvorhaben zum 40. Geburtstag der Kunsthalle Bielefeld, in: Akte der Kunsthalle Bielefeld zur Rekonstruktion des Skulpturenparks, Bielefeld 2008, S. 2 f.

16 La Trobe, Henry de, 1991, S. 45.

17 Brief von Johnson: Vgl. Schmidt, Hans Ulrich, 1999, S. 89 f.; Bauantrag (vom 06.05.1978) für die Treppe, in: Stadt Bielefeld, Bauordnungsamt/ Hausakten Artur-Ladebeck-Str. 5, Nr. I.

18 Diese ist seit 1950 Programm und Verpflichtung für den Bau von öffentlicher Gebäuden, bei denen ein bis zwei Prozent der gesamten Bausumme für eine künstlerische Gestaltung (entweder am Gebäude oder auf dem dazugehörigen Grundstück) vorgesehen werden. - Heuwinkel, Christiane, Kunst im öffentlichen Raum - Steine des Anstoßes, in: Stadtbuch, Bielefeld 2014, S. 464-469, S. 467.

19 1970 wurde dann links neben dem Museum die Plastik 'Le Matin-Der Morgen' (1944) von Henri Laurens aufgestellt. - Wessing, Gudrun, Skulpturen in Bielefeld. Ausgewählte Werke nach 1945, hg. von der Kunsthalle Bielefeld, Bielefeld 1990, S. 30 f.

20 So die Plastiken von Spagnulo (1977), Rückriem (1979) und Rickey (1976), Rabinovitch (1992) - siehe Abbildungen bei: Vogelsang, Reinhard, Stadtzeichen - Skulpturen, Denkmäler und Brunnen in Bielefeld. Eine Dokumentation [15. Sonderveröffentlichung des Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg e. V.], Bielefeld 2011, S. 92 ff.

21 Heuwinkel, Christiane, 2014, S. 465, S. 467 f.

22 Dies., 2008, S. 2.- Die Parkpflege wurde der Verantwortung der Betriebsgesellschaft der Kunsthalle übertragen.

23 BauNetz, Fujimoto neben Johnson. Drei Vorschläge für Kunsthallen-Anbau in Bielefeld. - www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Drei_Vorschlaege_fuer_Kunsthallen-Anbau_in_Bielefeld_3304427.html

24 Architektin Susanne Crayen: "Durch die hohen Bäume ist es dunkel und feucht."- Vgl. Uthmann, Joachim, Stenner-Museum öffnet im Herbst 2018. Ortwin Goldbeck-Forum: Starschuss für Um- und Anbau der früheren Handwerkskammer, in: Neue Westfälische Bielefeld vom 14.07.2017.

Dr. Anne Steinmeister
Autorin

Historikerin

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