Ein Bauleiterbericht zum Bauen im Gartendenkmal

Der Ostseeküstenradweg entlang der Sundpromenade in Stralsund

von:
Historische Parks und Gärten
Sundpromenade April 2015 nach den Bauarbeiten Fotos, soweit nichts anderes angegeben, Martin Jeschke

Die Arbeiten in Gartendenkmalen erfordern Sorgfalt und spezielle Kenntnisse. Der Wunsch nach einer Sensibilisierung der planenden und ausführenden Betriebe und Mitarbeiter ist in vielen Publikationen der praktischen Gartendenkmalpflege zu finden.1) Dies gilt für alle Maßnahmen der Pflege, Instandsetzung oder Umgestaltung. Insbesondere darf für größere Baumaßnahmen, die den Einsatz einer Vielzahl von Arbeitskräften und Großgerät notwendig machen, der zu erhaltene Wert der jeweiligen Anlage nicht aus den Augen verloren werden. Die speziellen Erfordernisse sind für den gesamtem Bauablauf sowohl für die zeitliche als auch personelle Planung zu berücksichtigen. Bei der Auswahl der ausführenden Betriebe ist deren Erfahrung beim Bauen im Gartendenkmal ein entscheidender Vorteil, der die Arbeiten von Behörden und Planern erleichtert.

Im Rahmen verschiedener Förderungen ergänzte die Hansestadt Stralsund im Jahr 2014 den in Teilen bereits bestehenden Ostseeküstenradweg im städtischen Bereich der Sundpromenade. Der gesamte Bauabschnitt befand sich innerhalb der Grenzen des Gartendenkmals Sundpromenade. Zu den Leistungen in diesem Bauabschnitt gehörten: Das Herstellen der Baustelleneinrichtung und die Baustellenvorbereitung. Die Herstellung des neuen Radweges und somit den Austausch der vorhandenen wassergebundenen Wegedecke gegen eine Fahrbahn aus Asphalt. Die Entwässerung des Radweges, Baumpflanzungen und Rasenansaat.

Die praktischen gartendenkmalpflegerischen Aufgaben umfassten hauptsächlich den Schutz der erhaltenen Bestandteile des Gartendenkmals und ihre Zuwegungen während der Baumaßnahmen und die Instandsetzung eines Lindenrondells. Die Planung des Projekts übernahm das Büro UmweltPlan GmbH Stralsund. Die Ausführung erfolgte durch die Bornhöft Garten- und Landschaftsbau GmbH. Die Tätigkeit des Autors als Bauleiter für die erwähnte Garten- und Landschaftsbau GmbH ermöglicht eine Dokumentation der Arbeiten und der angewandten Gartendenkmalpflege.

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Das Hindenburgufer im Jahr 1930. Abb.: Postkarte, 1930
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Die Wandelgänge im Jahr 1930. Abb.: Postkarte, 1930

Die Geschichte der Sundpromenade

Im Folgenden soll ein kurzer Überblick der Geschichte der Sundpromenade die zu erhaltenen Werte verdeutlichen.2) Die Sundpromenade Stralsund entspricht in ihren derzeitigen Ausmaßen der Ausführung aus dem Jahr 1928.

Die Anlage basiert auf der Planung des Stralsunder Gartenbauinspektors Hans Winter aus dem Jahr 1927, (s. a. Stadt+Grün 03/2014, S. 51ff.). Die damalige Planung und der im Vorfeld damit verbundene Ankauf zahlreicher privater Ufergrundstücke zeigt den Weitblick der Stadt: auf die Großzügigkeit und Länge der Promenade, die bis heute für Stadtbild, Verkehrsverbindung und Aufenthaltsqualität prägend ist. Schon vor der Planung Winters waren die Ambitionen der Stadt zur Anlage einer Uferpromenade ersichtlich.

Ab 1898 begannen der Ausbau eines ersten Teilabschnitts der Anlage und wesentliche Arbeiten für eine Uferbefestigung. Entstanden ist eine Promenade, die ihre Vorbilder unter anderem in Kopenhagen oder Binz hatte. "Ein durch Baumalleen geführter Promenadenweg verbindet unterschiedlich gestaltete Plätze miteinander. Diese beginnen mit einem Kinderspielplatz am `Nassen Dreieck`, setzen sich mit einer großen Staudenwiese am jetzigen Hansa-Gymnasium fort und führen über einen runden Rasenschmuckplatz zu teppichartig gestalteten Schmuckplätzen an der heutigen Stelle des Vorplatzes der Ventspilsgaststätte und des Thälmann-Denkmal-Platzes. Es folgen ein Wandelgang, der mit Sitznischen gestaltet ist, Stauden und zur Seeseite hin abschirmende Hecken sowie ein baumbestandener Konzertplatz in Höhe der Räucherhäuser. Den Abschluss der Promenade bildet ein Lindenrondell, bevor sich der Weg nach einer Biegung zur Seebadeanstalt fortsetzt."3)

Nach dem Zweiten Weltkrieg führten verschiedene Maßnahmen zur Veränderung der ursprünglichen Anlage von 1928. Hierzu gehört die Bebauung einiger vorher als Freiraum genutzter Flächen, die Entfernung von zur Promenade führender Alleen und die damit verbundene einseitige Nachpflanzung. Im Jahr 1962 erfolgte die Errichtung des ebenfalls unter Denkmalschutz gestellten Thälmann-Denkmals. Zunehmende Baumverluste schaffen Lücken in der prägenden Allee und führen besonders im Bereich des Lindenrondells zur Auflösung der ehemaligen Platzgestaltung.

Die Sundpromenade wurde durch das Denkmalpflegegesetz der DDR am 30.06.1975 unter Schutz gestellt, dieser Status erhielt durch das Denkmalschutzgesetz für Mecklenburg-Vorpommern am 30.11.1993 seine Bestätigung. Der Zustand der Anlage vor dem Beginn der Bauarbeiten für den Ostseeküstenradweg ist als instandsetzungswürdig zu bezeichnen. Die pflegerischen Maßnahmen waren auf das Nötigste beschränkt und dienten vor allem dem touristischen Vorzeigecharakter der Sundpromenade als städtisches Aushängeschild. Im Vordergrund steht aktuell auch die Pflege des Grüns aber nicht des Gartendenkmals. Es entsteht das typische Bild einer Anlage die nicht durch Pflegearbeiten kontinuierlich erhalten wird, sondern im Rahmen einer Förderpolitik in zu großen Abständen eine Runderneuerung erfährt.

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Sundpromenade im März 2014 vor den Bauarbeiten.

Baustelleneinrichtung und Baustellenvorbereitung

Vor der Einrichtung der Baustelle ist allen ausführenden Betrieben eine eigene detaillierte Beweissicherung und fotografische Dokumentation des ursprünglichen Zustands zu empfehlen. Diese sind oftmals selbstverständlicher Bestandteil der Leistung, werden aber gerne in ihrer notwendigen Ausführlichkeit vernachlässigt. Eine ordentliche Dokumentation schafft Vorteile für die Nachweise durchgeführter Schutzmaßnahmen am originalen Bestand des Denkmals.

Für das vorliegende Projekt galt dies im Besonderen für den Schutz der ursprünglichen Oberflächenbeläge und der Bäume. Zur Baustelleneinrichtung gehört der Bau der erforderlichen Baustraßen. Neben dem Schutz der vorhanden wassergebundenen Wegedecken gehörte der Schutz der Wurzelbereiche der Bäume zu den wichtigen Aufgaben. In Absprache mit dem städtischen Baumpfleger konnten in diesem Fall praktikable Lösungen gefunden werden, die den Schutz der Wurzelbereiche auch für die An- und Abfuhr mehrerer tausend Kubikmeter Materials für den 1,2 Kilometer langen Bauabschnitt garantierten.

Zum Schutz der definierten Bereiche erfolgte der Einbau von Recyclingmaterial für Baustraßen auf einer Fläche von 800 Quadratmetern. Zur Trennung von Oberflächenbelag und Baustraßenmaterial ist die Verwendung eines Bauvlieses selbstverständlich. Die mit Baggermatten geschützten Wurzelbereiche umfassten eine Fläche von 300 Quadratmetern. Im Zusammenhang mit den permanenten schweren Materialtransporten ist die Zuwegung zur Baustelle in regelmäßigen Abständen auf ihren Zustand zu prüfen.

Die Baumschutzmaßnahmen sind auch für Stamm und Krone vorzunehmen. Für den Stammschutz hat sich die Kombination aus Drainagerohr und Brettern bewährt. Die Frage nach der genauen Ausführung, zum Beispiel in Bezug auf die Anzahl der Bretter kann für unterschiedliche Ansprüche unterschiedlich gelöst werden. Aus eigner Erfahrung entscheidet hier die Unversehrtheit des Baumes nach der Baumaßnahme über den Erfolg. Das für die Baustellenfahrzeuge erforderliche Lichtraumprofil kann nach Absprache mit den örtlichen Baumpflegern oft im Zuge notwendiger Schnittmaßnahmen erstellt werden. Diese Arbeitsweise ist meist auf Alleebäume beschränkt.

Die Sensibilisierung von Mitarbeitern des Garten, Landschafts- oder Tiefbaus für den historischen Wert eines Gartendenkmals ist - fernab von jedem Klischee - keine leichte Aufgabe. Eine Begründung dafür liegt in dem grundsätzlichen Zeitdruck der gegenwärtig alle Bauarbeiten bestimmt. Die Mitarbeiter haben neben Materiallieferungen und streikenden Baumaschinen oftmals keine Zeit für die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Anlage. Die Vermittlung der Schutzmaßnahmen als kalkulierter Bestandteil der Leistung kann ein betriebswirtschaftliches Verständnis schaffen. Beste Variante ist auch hier der persönlich interessierte Mitarbeiter der aus eigenem Antrieb Verantwortung für die notwendigen Arbeiten übernimmt.

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In der Bauphase: Borde setzen entlang des Ufers. Foto: Martin Jeschke

Die Bauphase

In der persönlichen Erfahrung hat die Öffnung der Oberfläche für eine Baugrube das Potenzial, die im Boden bewahrten Geheimnisse zu lüften. Dies gilt im Besonderen für das Weltkulturerbe Stralsund. Hier gibt es nur selten Bauarbeiten im Stadtbereich, die nicht durch Archäologen begleitet werden oder im Verlauf der Arbeiten ihre Kenntnis erfordern.

Die Baustelle Sundpromenade bildete keine Ausnahme. Bei den Aushubarbeiten zwischen der Gerhart-Hauptmann-Straße und dem Lindenrondell, entlang des Weges, der hier direkt neben dem Ufer verläuft, fanden sich die Reste einer durchgehenden etwa 40 Zentimeter hohen Ziegelmauer. Landseitig begrenzten diese Mauerreste den ursprünglichen Weg auf einer Länge von 480 Metern. Die Mauer bildete auch die Grenze des Aushubbereichs und behinderte den Bauablauf somit nicht. Zur Klärung des weiteren Umgangs konnte auf dem kurzen Dienstweg ein Termin für die Besichtigung der Funde mit dem Stadtarchäologen vereinbart werden. Das Ungewöhnliche an dem Fund war das Format der Ziegel.

Der Begriff "Klosterformat" beschreibt in der Region die uneinheitlichen Abmaße der einzelnen Ziegel. Dies lässt auf ein Brennen der Backsteine vor der Einführung des Reichsformats schließen und unterstützte somit erste Annahmen auf ein hohes Alter der gefundenen Mauer. Die Begutachtung durch den Stadtarchäologen und die Gartenhistorikerin Stralsunds auf einer der nächsten Baubesprechungen konnte die ursprüngliche Aufgabe der Mauer vollständig klären. Der Bau der Sundpromenade im Jahr 1928 wurde durch sogenannte Notstandsarbeiten realisiert. Ausgelöst durch die wirtschaftlich schwierigen Bedingungen mussten vorhandene Baumaterialien wiederverwendet werden. Dies führte zum Abtragen der in Stralsund zahlreich vorhandenen Backsteinruinen. Für die Sundpromenade wurden diese Steine als Wegeinfassung verwendet.

Im Rahmen der Bauarbeiten 2014 erwies sich dieser Umstand als Beweis für die ursprüngliche Lage und die Ausmaße der Sundpromenade und eine willkommene Sparmaßnahme. Der neue Radweg sollte landseitig entlang der 480 Meter durch einen Wurzelvorhang vor den Wurzeln der parallel verlaufenden Lindenallee geschützt werden. In Absprache mit dem städtischen Baumpfleger übernahm die historische Begrenzungsmauer diese Aufgabe in ausreichender Weise. Entgegen vieler anderer archäologischer Arbeiten im Baustellenbereich, sparte die gefundene Mauer Zeit und Kosten. Leider konnte aufgrund der bestehenden Förderpolitik die neue asphaltierte Fahrbahn nicht der nun bekannten Breite des ursprünglichen Weges angepasst werden. Die Ausführung erfolgte laut Plan. Durch Überdeckung wurde die Mauer für die Nachwelt konserviert und erfüllt auch weiter ihren Zweck als Wurzelvorhang.

Das Lindenrondell bildet einen Übergang innerhalb der Sundpromenade. Während der Weg von der Stadt kommend bis zum Rondell am Wasser entlang führt, ist dieser danach durch das Strandbad vom Wasser getrennt. Vor den Bauarbeiten war die ursprüngliche Gestaltung des Rondells nicht mehr erkenntlich. Es fehlten drei Bäume, die das Rund bildeten. Zudem waren die Konturen des kreisförmigen Platzes verwischt. Aufgrund der hohen Frequentierung der Sundpromenade als Verbindungsweg in die Vorstädte und zur Hochschule waren die Deckschichten zerschlissen und von Rillen und Rinnen gekennzeichnet. Im Rahmen der Planung gab es Vorschläge, die asphaltierte Fahrbahn im Hauptverkehrsbereich des Rondells weiterzuführen.

Die Entscheidung fiel zugunsten der ursprünglichen Gestaltung gegen diese oder eine andere Befestigung der Fahrbahn. Die Planung sah nach dem Einbau eine Frostschutz- und Schottertragschicht in üblicher Stärke, die Verwendung einer dynamischen Schicht 0/16 mit sechs Zentimeter Stärke und einer Deckschicht 0/8 mit vier Zentimeter Stärke vor. Der Gebrauch der Sundpromenade konnte trotz der Verwendung von vielen Metern Bauzauns nicht vollständig eingestellt werden. Dies erschwerte das vom Hersteller geforderte vollständige Durchtrocknen nach dem Einbau.

Im Zuge des kontinuierlichen Befahrens durch Radfahrer entstanden schwarze Streifen auf der Deckschicht, die nicht der gewünschten Farbe "Gelb-ocker/Sand" entsprachen. Mit der heutigen hohen Nutzung der Sundpromenade konnte 1928 nicht gerechnet werden. Auch in diesem Fall ist ein denkmalpflegerischer Kompromiss zu empfehlen, der die aktuelle Nutzung einbezieht und historische Absichten nicht aus den Augen verliert. Die drei Linden konnten entsprechend der vorhandenen Sorten nachgepflanzt werden und wachsen gut an. Es hat sich bewährt die gemessene zukünftige Position der Bäume mit dem Augenmaß zu überprüfen, um eventuelle Faktoren wie den Zuwachs der Bäume oder den Erhalt einer proportionalen Linie mit einzukalkulieren.

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Das Lindenrondell vor den Bauarbeiten. Foto: Martin Jeschke
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Das Lindenrondell während des Einbaus der Deckschicht. Foto: Martin Jeschke

Fazit

"Die Vergabe von Pflege- und Unterhaltungsarbeiten in historischen Grünanlagen setzt die Existenz fachkundiger, leistungsfähiger und zuverlässiger Unternehmen voraus."4)

Diese Forderung ist in der Gartendenkmalpflege nicht neu und gilt selbstverständlich auch für Sanierungs- und Umgestaltungsarbeiten. Auch die Spezialisierung der Ausbildung für Gärtner und Landschaftsarchitekten ist ein oft formulierter Wunsch. Die vergleichsweise gut zertifizierten Baumschutzarbeiten könnten hier ein gutes Vorbild für die Arbeiten im Gartendenkmal sein. Zurzeit scheint eine Prüfung von Vergleichsobjekten des jeweiligen Unternehmens lohnenswert. Mit archäologischen Funden darf insbesondere im Baustellenbereich eines Gartendenkmals, gerechnet werden. Eine enge und frühzeitige Zusammenarbeit mit den Archäologen, bietet auch das Potenzial, Bauzeitenpläne umzustellen und wie in diesem besonderen Fall Lösungen zu finden, die Kosten und Zeit sparen. Entgegen der derzeitigen Praxis wäre es auch wünschenswert, dass Gartendenkmale im Rahmen einer kontinuierlichen Pflege erhalten werden und nicht in Verbindung mit Fördermitteln nach Jahren der Vernachlässigung eine Notinstandsetzung erfahren. Die selbstverständlich gewordene Unterschätzung gärtnerischer Arbeit ist mit dem gesellschaftlichen Wert des öffentlichen Freiraums nicht vereinbar.

Anmerkungen

1 vgl. Rohde, M. (Hrsg.) (2008): Pflege historischer Gärten, Theorie und Praxis, DGGL. (Hrsg.) (1997): Historische Gärten in Deutschland, Denkmalgerechte Parkpflege, Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der BRD (Hrsg.) (2003): Historische Gärten, Eine Standortbestimmung.

2 vgl. Pfennig, A. (2003): Backstein und Grün, Gartenkultur der Hansestadt Stralsund, S. 135-139.

3 Pfennig, A. (1998): Historische Gartenanlagen und Friedhöfe der Hansestadt Stralsund, Die Sundpromenade, Heft 3.

4 DGGL. (Hrsg.) (1997): Historische Gärten in Deutschland, Denkmalgerechte Parkpflege, S. 31.

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