Erfurter Blumenbeete der BUGA 2021: Gespräch mit Christine Orel

"Die Blütenwogen folgten den geschwungenen Rasenwegen“

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Blumenbeete Bundesgartenschauen
Abb. 1: Der Farbplan für das große Blumenbeet vermittelt die gekonnten Farbverläufe, Übergänge und Pflanzwellen von kalten Blütenfarben zu warmen Blütenfarben. Darüber hinaus sind Annuelle und Gräser so gruppiert, dass sie von der Beetmitte zu den Rändern hin niedriger werden. So wurde für den Besucher das Durchschreiten des großen Blumenbeetes ein Erlebnis, bei dem sich durch die Anordnung der Pflanzen immer wieder komplett neue Blicke und Perspektiven ergaben. Foto: Sibylle Eßer/DBG

Nachtrag zum Thema Nachhaltigkeit: Zur Gestaltung des Großen Blumenbeetes auf der BUGA Erfurt, dessen Bepflanzung eine enorm positive Resonanz fand, sprach Sibylle Esser mit der Pflanzplanerin Christine Orel über ihr Gestaltungskonzept, die Umsetzung sowie die Wiederverwendung von tausenden von Plastiktöpfen, in denen der Wechselflor angeliefert wurde.

Was gab Ihrem Entwurf die erste Idee, was war der Auslöser für die Blütenwellen?

Zu Beginn der Planung habe ich drei Varianten für den Entwurf der Pflanzung auf dem großen Blumenbeet entwickelt: Eine mit locker durchmischt wiesiger Anordnung, eine mit strengen Bändern, die quer zur Hauptrichtung liegen und die schließlich umgesetzte Version mit der großen Blütenwoge. Anlass für die Blütenwellen waren die vorhandenen Rasenwege, die in teils sehr stark geschwungener Form auf den acht Beetabschnitten den Besuchern das Durchwandeln der Pflanzungen ermöglichen. Diesen Wegen folgend wurden unterschiedlich große, schlanke, sich quasi aneinanderschmiegende Pflanzengruppen gepflanzt, stets ergänzt mit unterschiedlichen Einstreupflanzen.

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Nach einem komplexen System hatte das Planungsbüro Orel+Heidrich aus Herzogenaurach die Gestaltung des6000 m2 großen Blumenbeetes zur BUGA Erfurt und die Kulturlisten so konzipiert, dass jeder zuliefernde Gärtner möglichst viele Bewertungsaufgaben des gärtnerischen Wettbewerbes erfüllen konnte. Abb.: Christine Orel

Das Gerüst der Komposition aber bildeten strenge Bänder, die sich in rund einem Dutzend verschiedener Typen wiederholt auf der Fläche fanden und den übergeordneten Rhythmus ausmachten. Sowohl im Sommer, als auch im Frühjahr stellen sie auch in Zukunft die größte Höhe der Pflanzung dar. Vor allem im Sommer staffeln sich die anderen Pflanzen in einer deutlichen Abstufung zu den Bändern. Das Ganze folgt einem von kalten zu warmen Tönen mehrfach auf und abschwingenden Farbkonzept, das gleichzeitig auch eine möglichst große Sortimentsvielfalt der Gärtnereien ermöglicht. Beim Durchwandeln erlebt der Besucher so stets neue Einblicke mit immer wieder neuen Pflanzenkompositionen und raffinierten Details. Und von der Aussichtsbrücke in der Beetmitte kann die Gesamtheit der Bewegung erlebt werden.

Hatten Sie ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Jungpflanzenbetriebe, der Züchter, der Aussteller?

Ich habe Wünsche geäußert, die auch erfüllt wurden, zum Beispiel Gärtnereien als Zulieferer erbeten, die bereit sind, etwas Besonderes zu kultivieren. Umgekehrt gab es auch Gärtner, die sich gewünscht haben, in dieser Pflanzung ihre Sortimente zu zeigen. Es war ein konstruktives Miteinander mit der BUGA-Gesellschaft und den dann schließlich 14 beteiligten Gärtnereien aus ganz Deutschland. Viele der Ausstellerbetriebe und der an solch einem Großprojekt, wie einer BUGA beteiligten Planer kennen sich auch schon über Jahre, in meinem Fall Jahrzehnte, und wissen um die Art und Weise des Gegenübers.

Zur BUGA Erfurt waren 6000 Quadratmeter Beetfläche in einer komplexen Zusammensetzung zu planen. Dazu war die Anlage noch historisch vorgeprägt durch den Erstentwurf von Alice Lingner. Inwieweit mussten Sie Rücksicht auf die Historie nehmen?

Gar nicht. Es war ausdrücklich von der BUGA gewünscht, dass wir eine BUGA gestalten und dabei vor allem auch den Gärtnerischen Ausstellerwettbewerb Freilandpflanzen mit seinen strengen Regularien perfekt umsetzen. Das Wichtigste war: unsere Pflanzung sollte die Besucher begeistern und die Leistungsstärke der beteiligten Gärtnereien zeigen.

Nach welchen Kriterien haben Sie segmentiert, welche Leitstauden oder Sommerblumen kennzeichneten Anfang und Ende oder akzentuierten?

Wenn man beim Wort Segment bleiben will: die Entscheidung fiel danach, was gut für die übergeordneten, teilweise sehr langen Bänder passte und was für die jeweiligen, deutlich kürzeren Einzelflächen und deren höhengestaffelten Aufbau im Sommer sowie den eher flächigen Bewuchs im Frühjahr sinnvoll sein würde. Im Frühjahr wuchsen ausschließlich straff wachsende Blumenzwiebeln in farblich unterschiedlichen Mischungen aus Tulpen mit verschiedenen Blütenformen, Zierlauch und Camassien auf den Bändern, die übrigens je nach Beetbreite zwischen 40 und 80 Zentimeter breit waren. Stiefmütterchen (Viola) waren die Hauptprotagonisten des Frühjahrs. Dazu gesellten sich Gräser aber auch Wildstauden, wie die rote Lichtnelke (Silene dioica).

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Abb. 3: Der Frühjahrsflor zeichnete sich durch starke Tulpenbänder und klassische Frühjahrsblüher aus. Einstreuer in der Fläche waren die Kronen-Anemone, Goldlack, Vergissmeinnicht und Rote Lichtnelken. Foto: Sibylle Eßer/DBG

Im Sommer beherrschten Pflanzen mit stabiler Wuchsform und guter Präsenz die Bänder: zum Beispiel das Indische Blumenrohr (Canna indica) oder die nesselblättrige Duftnessel (Agastache urticifolia) sowie die besonders straff wachsende rotlaubige Perlhirse (Pennisetum glaucum 'Purple Majesty'). Dazwischen wurde der locker verzweigte Ziertabak (Nicotiana mutabilis 'Marshmallow') gepflanzt, der das Bild wieder weichzeichnet, auch das Afrikanische Lampenputzergras (Pennisetum macruorum) und die Federbusch-Celosie (Celosia spicata 'Flamingo Feather') tanzen da herein. Die straffen, Höhe gebenden Pflanzen sind wichtig, aber im Detail muss Farbe erkennbar sein: zum Beispiel mit Rudbeckien, Salvia, Tagetes, hohen Löwenmäulchen (Antirrhinum Rocket in Farben) und immer wieder dazu Einstreuer wie Gräser, Hohes Eisenkraut (Verbena bonariensis) oder Daucus carota, die wilde Möhre.

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Abb. 4: Höhenvariationen schufen im Sommer insbesondere Rankgerüste mit Thunbergia alata in den verschiedensten Farbvarianten. Sommerblumen mit großem Blattwerk beruhigten das Beet, zwischengepflanzte Gräser machten es in der Anmutung "weich". Foto: Sibylle Eßer/DBG

Welche Pflanzen mit besonderen Fruchtständen haben bei Ihnen auch im September noch einen großen Auftritt? Gab es auch "Neulinge" im Wechselflor?

Nehmen Sie den blauen kleinen Ziertabak als Neuling (Nicotiana x sanderae 'Perfume Blue') der sich mit seiner großen Blütenfülle in sanfter Farbe und dem kompakten Wuchs auf den Beeten sehr bewährt hat. Und eigentlich sollte auch der lavendelfarbene Salbei (Salvia coccinea 'Summer Jewel Lavender') ein vielversprechender Neuling sein, doch der war ein Fehlgriff: er trieb aschfahl aus und sumpft einfach weg.

Damit die Beete auch nach der Hauptblütezeit noch eine tolle Wirkung hatten, setzte ich gezielt viele Pflanzen ein, bei denen auch die Fruchtstände oder die Reste der Blüten noch im Vergehen und Verblühen eine hohe Ästhetik, eine stabile und attraktive Wirkung haben. Allen voran natürlich Gräser, aber auch Doldenblütler, Zinnien, Duftnesseln und Rudbeckien sind selbst ohne farbige Blüten echte Hingucker. Was mir bei alledem schon immer wichtig ist (mein Opa war Imker und sein Bienenhaus war für mich immer ein Wohlfühlort), dass die Pflanzenauswahl als vielfältige Insektenweide funktioniert. Die Agastache sind da die wahren Helden. Schmetterlinge, Hummeln, Bienen, vieles, was sich sonst nur noch rar zeigt, tummelt sich freudig.

Um die Entwicklung der Beete zu begleiten, bin ich alle zwei bis drei Wochen auf die BUGA gefahren und habe Pflegeprotokolle erstellt: dazu fotografierte ich den Zustand der Beete und sendete die Fotos mit Pflege- und allgemeinen Anmerkungen an die Ausstellungsbevollmächtigten und an die beteiligten Firmen, die für Pflanzung und Pflege zuständig sind. Dies ist als Ergänzung zur sehr engagierten Pflegearbeit der Gärtner sinnvoll und unterstützt die eine oder andere Entscheidung, zumal sich die Pflanzen auf Grund der zum Teil schlechten Bodenbeschaffenheit sehr unterschiedlich entwickelt.

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Abb. 5: Auf der 6000 m² großen Pflanzfläche der BUGA Erfurt fielen ungefähr 85.000 Plastiktöpfe an. Was am Ende damit tun? ... Foto: Sibylle Eßer/DBG
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Abb. 6: ... Christine Orel entschied so ökonomisch wie ökologisch: sie hat sie den pflanzenden Gärtnereien zur Wiederverwendung zugeführt. Bereits so sortiert, dass sie in die Topfmaschine passten! Ein gutes Modell für die Zukunft von Wechselflorpflanzungen auf großen Flächen. Foto: Sibylle Eßer/DBG

Bei den Pflanzaktionen im Wechselflor fallen viele Kunststoff-Pflanztöpfe an, wie managen Sie deren Weiterverarbeitung?

Allein 85.000 Töpfe waren es nach einem Monat Umpflanzzeit. Ich wollte sie nicht recyceln lassen, also in BigPacks zum Müll bringen lassen, wie das bei früheren Gartenschauen geschah, sondern wiedereinsetzen. 25.000 Töpfe hat eine der pflanzenden Gärtnereien zu sich zur Wiederverwendung genommen.

Die anderen 60.000 habe ich aufgeteilt nach jeder Pflanzwoche in mein Fahrzeug gepackt und unserem Gärtner vor Ort gebracht, bei dem wir dann so sortiert haben, sodass sie in deren Topfmaschine passten. Es muss gelingen, diesen Verpackungsmüll in Zukunft zu vermeiden. Das ist ökologischer Irrsinn.

Wir werden Sie ja auch auf der BUGA Mannheim erleben können. Verraten Sie uns schon ein wenig von der Planung, gibt es erste Ideen? Machen Sie uns neugierig!

Auf der BUGA Mannheim 2023 gab es einen zweistufigen Wettbewerb für die Wechselflorbereich Energie, Nahrung, Klima und Umwelt. Die Jury entschied sich beim Themenfeld Klima mit rund 1000 Quadratmetern für mein Konzept, das unterteilt ist in Wüste, Regenwald, Wirbelsturm, Starkregen, Blitz.

Wer meinen Trierer Garten der vier Elemente kennt, weiß, dass für mich die "Übersetzung" von abstrakten Themen in Pflanzungen (bei Wechselflor gleichermaßen wie bei Stauden, welche ich sehr gerne einmal wieder bei einer BUGA planen würde) schon seit Jahrzehnten ein besonderes Steckenpferd sind.

Mein Wunsch für dieses Projekt "Klima" auf der BUGA Mannheim ist es, dass Gärtner einbezogen werden, die vor allem langfristig große Solitäre kultivieren - zum Beispiel richtig große Bananenstauden - und die experimentierfreudig sind.

Auf das Ergebnis sind wir gespannt - herzlichen Dank für dieses Gespräch!

M. A. Sibylle Eßer
Autorin

Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft mbH (DBG)

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