Zürcher Forscher schlagen Optimierung für ein „Green Grave“ vor

Die ökologische Bestattung

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Grabgestaltung Friedhöfe
Bestehendes Reihengrabfeld auf einem Zürcher Friedhof. Foto: Doris Tausendpfund

Zürich ist auf dem Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft und hat damit eine konkrete Vorstellung davon, wie viel Energie ein lebender Mensch verbrauchen darf. Im Gegensatz dazu ist der Energiebedarf einer Bestattung bisher nicht bekannt. Ist dafür der Energieverbrauch des Krematoriums ausschlaggebend? Oder steckt allenfalls viel graue Energie in den Sargmaterialien oder den Grabpflanzen? Wie können ökologisch bewusste Zürcherinnen und Zürcher sicherstellen, dass sie nach ihrem Tod die Umwelt möglichst wenig belasten? Zur Beantwortung dieser Fragen untersuchen die Forschungsgruppen Pflanzenverwendung und Ökobilanzierung im Auftrag von Grün Stadt Zürich die Umweltwirkungen einer Bestattung und erarbeiten Optimierungsvorschläge für ein "Green Grave".

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Grabgestaltung Friedhöfe
Bestehendes Reihengrabfeld auf einem Zürcher Friedhof. Foto: Doris Tausendpfund

Mit einer Ökobilanz können die Umweltwirkungen einer Bestattung umfassend untersucht werden. Dabei wird zwischen Erd- und Urnenbestattungen in einem Reihengrab unterschieden, wobei jeweils sämtliche relevanten Vorgänge, die im Zusammenhang mit einer Bestattung stattfinden, berücksichtigt werden. Diese umfassen die Herstellung eines Sarges, im Falle einer Urnenbestattung die Produktion einer Urne sowie die Kremierung, sämtliche Transporte, die für eine Bestattung getätigt werden, die Nutzung der Friedhofinfrastruktur, die Erstellung des Grabs und des Grabzeichens, der Blumenschmuck für die Abdankung sowie die Pflege und Bepflanzung der Grabfläche während einer Dauer von 20 oder mehr Jahren.

Die überraschenden Ergebnisse zeigen, dass die Wahl zwischen Erd- und Urnenbestattung die Ökobilanz kaum beeinflusst. Dies kommt daher, dass weder die Herstellung einer Urne noch die Kremation die Umwelt stark belasten. Viel wichtiger ist es, wie die Abdankung gestaltet und das Grab bepflanzt wird. Bei der heute gängigen Wechselflor-Bepflanzung ist hauptsächlich die Produktion der rund 30 Jungpflanzen, welche jährlich für ein Reihengrab eingesetzt werden, umweltbelastend. Dabei spielen sowohl die Energie für die Beheizung der Gewächshäuser als auch die Verwendung von Torf als Kultursubstrat aus Sicht der Umwelt eine wichtige Rolle. Bei der Abdankung gibt es zwei Faktoren, welche für die Ökobilanz entscheidend sind: Einerseits ist der Blumenschmuck, der je nach Jahreszeit aus dem Süden eingeflogen oder im Gewächshaus produziert wird, mit einem hohen grauen Energiebedarf verbunden. Andererseits schlägt die Beheizung der Kapellen, welche wegen der Orgeln ganzjährig geheizt, jedoch kaum genutzt werden, in der Ökobilanz zu Buche. Außerdem beeinflusst das Grabzeichen das Ökobilanz-Ergebnis: Erwartungsgemäß ist ein Grabmal aus einheimischem Holz deutlich umweltschonender als ein Grabstein aus China.

Die Studienergebnisse zeigen verschiedene Optimierungsmöglichkeiten auf. Abbildung 3 zeigt für ein Erdbestattungsreihengrab das CO2-Einsparpotenzial, welches erreicht wird, wenn erstens die Kapellen erneuerbar beheizt werden, zweitens bei der Abdankung auf Blumenschmuck aus dem Gewächshaus oder aus Flugimport verzichtet wird und drittens ein ökologisches Grabzeichen gewählt wird.

Grabgestaltung Friedhöfe
Treibhausgasemissionen von zwei verschiedenen Erdbestattungen in einem Reihengrab auf einem Zürcher Friedhof bei einer Grabpflegedauer von 25 Jahren. Grafik: Lea Eymann

Das Projekt beschränkt sich aber nicht auf die Bewertung und Optimierung der bestehenden Grab- und Bestattungsformen, sondern geht einen Schritt weiter: Basierend auf den Ergebnissen der Ökobilanz wird eine neuartige "ökologische Bestattung" entworfen, welche die in Abbildung 3 gezeigten Umweltwirkungen weiterreduziert. Angesetzt wird dabei hauptsächlich bei der Grabbepflanzung, denn dort steckt, wie die Variante 2 in Abbildung 3 zeigt, das größte Optimierungspotenzial.

Als Resultat der Studie könnte ein Grabfeld in der Stadt Zürich folgendermaßen aussehen: Auf einer zusammenhängenden 300 Quadratmeter großen Fläche wird unter ökologischen, biodiversen und ästhetischen Gesichtspunkten eine Bepflanzung erstellt. Es entsteht ein zusammenhängendes Grabfeld für eine Laufzeit von 30 Jahren. Aufgrund der durchgehenden Bepflanzung wirkt die gesamte Fläche als Einheit, auf der Urnen- und Erdbestattungen ohne klar definierte räumliche Trennung voneinander stattfinden. Im Gegensatz zu den heute üblichen Grabformen wird also bei der "ökologischen Bestattung" in eine bereits bestehende Bepflanzung bestattet.

Grabgestaltung Friedhöfe
Exemplarische Darstellung der neuen Grabform der„ökologischen Bestattung“. Abbildung: Schematische Visualisierung von Evelyn Trachsel

Eine Gedenktafel aus ökologischem Material kann angebracht oder auch weggelassen werden. Anders als bei der anonymen Bestattung in einem Gemeinschaftsgrab bietet die Art von Grabfeld also Raum für individuelle Wünsche, wobei das pflanzliche Gesamtbild erhalten bleibt. Bei der Pflanzenzusammensetzung wird auf ökologische Aspekte, Artenvielfalt und Pflanzenkulturwert gesetzt. Da das Grabfeld ganzjährig ästhetisch wirkt, kann auf temporären Blumenschmuck komplett verzichtet werden. Mögliche Pflanzenbilder für ein "ökologisches Grabfeld " umfassen einen Birkenwald mit einer Farnbepflanzung, eine Margeritenwiese, eine Strauchrosenbepflanzung oder eine Iriswiese. Der Kreativität sind wenig Grenzen gesetzt - Bedingung für die Bepflanzung ist einzig, dass sie über 30 Jahre bestehen und sich entwickeln kann.

Noch ist die Zürcher Bevölkerung weit weg vom Ziel der 2000-Watt-Gesellschaft. Der Konsum der Zürcher und Zürcherinnen ist mit einem grauen Energieaufwand von rund 650 Megajoule pro Tag verbunden (Jungbluth & Itten, 2012). Damit entspricht der Energieaufwand einer Bestattung demjenigen von 13 bis 26 Tagen Leben. Mit einer "ökologischen Bestattung" können die Umweltwirkungen einer Bestattung noch stärker reduziert werden.


Anmerkung

Ansprechperson von Grün Stadt Zürich: Stefan Brunner

Literatur

Eymann, L., Stucki, M., Tausendpfund, D., Trachsel, E. (2016). Die ökologische Bestattung. Im Auftrag von Grün Stadt Zürich.

Jungbluth, N., & Itten, R. (2012). Umweltbelastungen des Konsums in der Schweiz und in der Stadt Zürich: Grundlagendaten und Reduktionspotenziale. Zürich. ESU-services GmbH im Auftrag der Stadt Zürich.

 Lea Eymann
Autorin

MSc. ETH in Umweltingenieurwissenschaften

MSc. Matthias Stucki
Autor

Abteilungsleitung Forschungsbereich Ökotechnologien und Energiesysteme

ZHAW Life Sciences und Facility Management
Dipl. Ing. Doris Tausendpfund
Autorin

Landschaftsarchitektin, Dozentin ZHAW

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