200 Quellen speisen den 4 Kilometer langen Fluss bis zu 9000 l/s

Die Pader ist wieder Lebensader in Paderborn

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Wasser in der Stadt
Steg ehemaliges Gärtnereigelände. Fotos: NZO GmbH

Vielen Bürgerinnen und Bürgern fehlte in den letzten Jahren und Jahrzehnten die Würdigung der Pader als Lebensader der Stadt und das zu Recht. Wurde in den Jahren des Wiederaufbaus die besondere Bedeutung des namensgebenden Flusses erkannt und ein hochwertiger Bürgerpark an den Ufern der sechs Paderarme geschaffen, so ist dieser in den letzten Jahrzehnten zunehmend vernachlässigt worden. Dichter Strauchaufwuchs und zugestellte Ufer luden nicht gerade dazu ein, sich im Paderquellgebiet zu entspannen und zu erholen. Das änderte sich glücklicherweise Ende der 2000er-Jahre. Der hohe Wert der Pader und der eigens geschaffenen Grünfläche in direkter Nachbarschaft zum innersten Kern der Stadt wurde (wieder) erkannt und diverse Maßnahmen wurden auf den Weg gebracht, um die Pader neu in Szene zu setzen.

Die Pader, das ist der kürzeste Fluss Deutschlands, der nach nur 4 Kilometern in die Lippe mündet. Kurz aber besonders wasserreich mit durchschnittlich 5000 Litern Wasser/Sekunde. Damit besitzen die rund 200 Quellen den Spitzenplatz unter den innerstädtischen Quellen Deutschlands. Gezählt wurden die Quellen nie, da nicht alle Quellen klar ersichtlich und definierbar sind. Im Grunde besteht das gesamte Quellgebiet aus Quellen, die noch dazu erscheinen und auch wieder verschwinden. Das macht und machte die Besiedlung schwierig aber nicht unmöglich. Viele Gebäude hier stehen auf Pfählen, die den sumpfigen Boden durchdringen und Keller gab es nur bis ca. 50 Zentimeter Tiefe.

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Das Wasser, welches hier zu Tage tritt stammt aus der Paderborner Hochfläche im Süden der Stadt. Hier ist der Untergrund durchsetzt mit kluftigen Kalksteinschichten, die das Niederschlagswasser sehr schnell versickern lassen. Das Versickern erfolgt in den Kluftsystemen teilweise so schnell, dass viele Bäche nicht durchgehend Wasser führen. Bei wenig Niederschlag verschwindet das Bachwasser komplett in Felsspalten und fließt unterirdisch weiter in Richtung Paderborn. Hier tritt es dann nach zwei bis vier Tagen in Form der vielen Quellen wieder zu Tage.

Diese geologische Besonderheit führt zu einer durchgängigen gleichbleibenden Verfügbarkeit von Frischwasser unabhängig von den Jahreszeiten, das wiederum zu einer bevorzugten Lage für Siedlungen in direkter Nachbarschaft der Quellen führte. Die ersten Siedlungen entstanden bereits vor 2500 Jahren. Besondere Bedeutung erlangte die Stadt an der Pader aber mit dem Aufeinandertreffen von Karl dem Großen und Papst Leo III. im Jahr 799. Dieses Treffen bildet den Grundstein für die Entwicklung der Siedlung zu einer bedeutenden Stadt. Eine Pfalz entstand und aus einer ersten Kirche wurde der Dom und damit der für die Stadt wichtige Bischofssitz. Weiter ausgebaut wurde die Bedeutung der Stadt durch Bischof Meinwerk in Form des Abdinghofklosters oberhalb der Paderquellen sowie der Bartholomäus Kapelle als erste Hallenkirche nördlich der Alpen.

Der Fluss lieferte in der Vergangenheit neben Trinkwasser aber auch Energie, wie die vielen Mühlen bezeugen, die es hier gab. Auch heute noch nutzen zwei Mühlen die Energie des Flusses für die Stromerzeugung. Eine Mühle verbraucht diesen Strom direkt wieder für das gewerbliche Mahlen von Korn. Außerdem war das Vorhandensein von Löschwasser in direkter Nachbarschaft zu den Gebäuden elementar. Das Wasser wurde dafür über eine Pumpe bereits ab 1523 von den Quellen in die Oberstadt gepumpt. Diese sogenannte Wasserkunst überwand 18 Höhenmeter und mündete in diversen Brunnen. Daran erinnert heute vor Ort das Modell der Wasserkunst, welches das Prinzip des Wassertransportes von damals anschaulich verdeutlicht.

Wasser in der Stadt
Renaturierung der Dielenpader. Foto: NZO GmbH
Wasser in der Stadt
Neuer Verbindungsarm Dielenpader/Rothobornpader. Foto: NZO GmbH

Neben diesen Notwendigkeiten, die das Flusswasser für das Leben in Paderborn erfüllte, galt die Pader aber auch immer wieder als Identifikationselement der Einwohner mit Ihrer Stadt. Diese Identifikation gilt es mit den aktuellen Umgestaltungen wieder ins Leben zu rufen. Der Fluss war in den letzten Jahren eben eigentlich nur "da" und wurde nicht besonders hervorgehoben. Eine solche Quellenlandschaft inmitten der Stadt zu haben, gilt zweifellos als Alleinstellungsmerkmal. Dieses gestalterische Potenzial zu erkennen und zu fördern, soll nun Ziel der Entwicklung der Freiflächen sein.

Die Möglichkeiten einer Gestaltung der Uferbereiche zu einer innerstädtischen Parkanlage wurden erstmals in den 1930er-Jahren erkannt und entwickelt. Das Quellgebiet war zu dieser Zeit aber noch sehr dicht besiedelt. Die Zerstörung der Stadt im Frühjahr 1945 bot dann aber neben all dem Schrecken und dem Leid, das die Bombardements hervorgerufen haben eine einmalige Chance. Es war möglich, eine hochwertige Grünfläche, den ersten Bürgerpark in Paderborn zu schaffen, der die Innenstadt räumlich und ökologisch mit dem Umland verbindet. Die Chance wurde genutzt und das Paderquellgebiet wurde trotz der Wohnungsnot der Nachkriegsjahre vorausschauend von Bebauungen freigehalten.

Entstanden ist eine Parklandschaft, geplant vom Gütersloher Gartenarchitekten Rudolf Reuter. Der Planung vorangegangen war ein Planungswettbewerb. Die gestalteten Freiflächen setzten das Potenzial der Wasserlandschaft in Szene und betonten die Pader als wichtiges Element in die Wahrnehmung der Bürgerinnen und Bürger. Zu Recht wurde dieses Ensemble nach einer Überarbeitung Ende der 2000er-Jahre als Gartendenkmal eingetragen. Das Gartendenkmal beinhaltet das westliche Paderquellgebiet mit den Quellbecken der Börne-, Damm- und Warmen Pader sowie das östliche Quellgebiet mit der Rothoborn- und Dielenpader.

Wasser in der Stadt
Sohlgleite Dielenpader Foto: NZO GmbH
Wasser in der Stadt
Sitzstufen an der Börnepader Foto: NZO GmbH


Weiter flussabwärts fehlt diese städtebauliche Würdigung - noch. Nach der Eintragung als Gartendenkmal und dem Antrag auf Aufnahme der "Urbanen Wasserlandschaft Paderborn" auf die Tentativliste des Landes NRW als UNESCO-Welterbestätte 2011 wuchs das Bewusstsein in Bürgerschaft, Politik und Verwaltung, auch hier gestalterisch tätig zu werden.

Mit dem Konzept "Flusslandschaft Pader" 2014 wurde erstmals ein Gesamtkonzept erarbeitet, welches Defizite und Potenziale entlang der Pader von den Quellen bis zur Mündung aufzeigte. Ein Maßnahmenkatalog entstand, der nun sukzessive abgearbeitet wird. Dabei werden diese Ziele verfolgt:

  • Klar ausgeschildeter Fuß- und Radweg entlang der Pader
  • Klare durchgängige Wegeführung zwischen Innenstadt und Landschaft sowie dem zentralen Parkplatz auf dem Maspernplatz
  • Wasserbezug der Wege stärken und schaffen
  • Einbindung des Gartendenkmals stärken

Insgesamt soll der Zusammenhang des Gesamtbereiches sowie die Ziele des Leitbildes auch in Teilbereichen sichtbar und erlebbar gemacht werden.

Aber nicht nur städtebauliche Defizite wurden erkannt. Auch im Hinblick auf die Gewässerökologie bestand deutlicher Handlungsbedarf, die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie bis 2027 umzusetzen. Uferbefestigungen und unüberwindbare Wasserfälle führten zu unzureichenden Bedingungen für das Leben von kleinen und großen Gewässerorganismen. Formuliert wurden folgende Ziele:

  • Ökologische Aufwertung der östlichen Paderarme im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie
  • Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit
  • Lokale Aufweitung der Uferböschungen und Aufwertung durch Optimierung der Sohlstrukturen
  • Leitbildorientierte Entwicklung

Hauptziel des Gesamtkonzeptes ist, die Pader in ihren Besonderheiten hervorzuheben und eine zusammenhängende Gestaltung der begleitenden Grünflächen zu erreichen. Zu den Besonderheiten zählt beispielsweise der Zusammenfluss der Paderarme am Paderwall. Hier wurde eine Brücke erneuert, die über eine Aussichtsplattform zum Betrachten des Zusammenflusses einlädt. Auch die Maspernpader als nördlichster Paderlauf wurde bereits dem Konzept entsprechend umgestaltet und ökologisch aufgewertet. Diese Gestaltungen waren die Startprojekte für das Konzept "Flusslandschaft Pader" und gaben den Initiatoren Recht. Kaum ein Paderarm wird heute in den Sommermonaten intensiver genutzt und erlebt als die umgestaltete Maspernpader. Gleichzeitig erlebt hier die Pflanzen- und Tierwelt eine sehr starke Aufwertung gegenüber dem Ursprungszustand. Die Maspernpader als enge Betonrinne ist einem breiten Gewässer mit flachen Ufern und Naturstein-Ensembles gewichen, das zum Erleben einlädt.

Gerade abgeschlossen wurde das bisher größte Projekt des Maßnahmenkatalogs. Die Umgestaltung des Mittleren Paderquellgebiets umfasst sowohl städtebauliche Aufwertungen als auch ökologische. Hauptaugenmerk liegt auch hier wieder in der Erlebbarmachung der Pader. Diese erfolgt durch die Schaffung attraktiver Grünräume entlang der Paderarme. Die Pader soll wieder gesehen werden können. Das heißt, dass Dickichte weichen mussten, um den Blick auf das Wasser wieder frei zu bekommen. Aber nicht nur sehen, sondern auch fühlen soll man das Wasser. Dazu animieren Sitzstufenanlagen, die zum Verweilen an und im Wasser einladen. Allein diese beiden relativ einfachen Maßnahmen führten zu einem komplett neuen Bild im Mittleren Paderquellgebiet, das dass Gelände nicht mehr wieder erkennen lässt.

Einige Sträucher mussten weichen. Doch neue Bäume, Sträucher und Stauden werden wieder gepflanzt. Und zwar standorttypische Pflanzen, die in der Region herangezogen wurden. Das erhöht die ökologische Vielfalt und ergänzt die vielen gewässerökologischen Maßnahmen, die mit der Umgestaltung einhergehen. Hauptziel hier war es, eine Auenlandschaft entstehen zu lassen, die es wahrscheinlich zu Beginn der Siedlungsgeschichte hier gegeben haben muss. Verlässliche Quellen fehlen, aber sicher ist, dass irgendwann einmal starre Ufer- und Sohlbefestigungen gefehlt haben müssen. Diese wurden nun wieder entfernt, sodass Organismen ohne Hindernisse zwischen Wasser und Ufer wandern können. Ebenfalls wandern können die kleinen und großen Tiere zukünftig flussauf- und abwärts. Dafür wurden Wasserfälle zurückgebaut und gegen Sohlgleiten ersetzt. Ein Verbindungslauf zwischen der Dielen- und der Rothobornpader wurde gestaltet, um auch hier das "Wandern" zu ermöglichen.

Wasser in der Stadt
Luftbild renaturiertes ehemaliges Gärtnereigelände Foto: NZO GmbH
Wasser in der Stadt
Luftbild Haxthausengarten Foto: NZO GmbH
Wasser in der Stadt
Luftbild Steg ehemaliges Gärtnereigelände Foto: NZO GmbH


Besonders gravierend stellt sich eine weitere Maßnahme dar. Das Gelände zwischen der Dielen- und der Rothobornpader, das ehemalige Gärtnerei-Gelände Kehl-Schwarze wurde um fast 100 Zentimeter abgesenkt. So kann und darf die Pader hier auch über die Ufer treten und das Gelände unter Wasser setzen. Damit entsteht eine Aue inmitten der Innenstadt. Ökologisch wurde somit das Optimum erreicht. Aber auch das soll erlebt werden dürfen. Dafür entstand ein Steg aus Sichtbetonplatten, der über den renaturierten Auenbereich führt und den Blick auf genau dieses Naturareal ermöglicht. Abzuwarten bleibt wie sich dieses Gelände ökologisch entwickelt. Eisvogel und Wasseramsel scheint es jedenfalls bereits heute schon zu gefallen, denn sie halten sich bereits jetzt oft auf diesem Gelände auf.

Nicht minder eindrucksvoll zeigt sich die Umgestaltung der benachbarten Bereiche im Umfeld der Paderborner Stadthalle, der Paderhalle. Hier übernimmt die Stadtgestaltung den Hauptteil der Veränderungen. Die Paderhalle liegt direkt am großen Parkplatz, über den viele Besucher Paderborns in die Innenstadt gelangen. Sie Willkommen zu heißen war ein wichtiges Ziel bei der Umgestaltung. Erreicht wurde dies durch einen großzügigen Vorplatz der Paderhalle, der die Besucher rechts und links über neu angelegte einladende Wege an ihr vorbei in Richtung Innenstadt leitet. Links herum heißt durch einen neu angelegten innerstädtischen Park, dem Haxthausengarten. Hier stand einst ein Gutshof, der aufgrund der widrigen und bereits beschriebenen Bodenverhältnisse marode war und vor Jahren abgerissen wurde. Ebenfalls abgerissen wurden hier jetzt eine benachbarte Villa und die zugehörige Grundstücksmauer. Ein neues Bild entstand mit weitreichenden Blickbeziehungen in Richtung der Paderarme und der neu angelegten Aue, sodass diese Grünfläche allein durch das Freistellen eine neue Qualität bekam. Betont wird diese Qualität durch ein neues Wegenetz, parktypische Bepflanzungen, sowie diverse Aufenthaltsgelegenheiten wie künstlerisch anmutende Liegen. Integriert wurden hier Teile des ehemaligen Kellers des Gutshofes. Wie viele Keller damals, führte dieser nur drei Stufen in den Untergrund. Grund genug, ihn als Beispiel für die regionale Bautätigkeit im Quellgebiet unter Denkmalschutz zu stellen.

Geht man vom Parkplatz rechts herum, heißt das in Richtung Paderarme und ehemaliges Gärtnereigelände. Dabei kann der Besucher wählen zwischen der großzügigen Promenade entlang der Dielenpader an der Grenze zum Haxthausenhof und dem Inselspitzenweg am neu angelegten Auenbereich vorbei in Richtung Mühlenstraße. Neu sind hier die flachen Ufer, Sitzstufen und Wege. Teilweise wurden auch Brücken erneuert und den heutigen Ansprüchen entsprechend funktional wie auch optisch ansprechend gestaltet. An der Mühlenstraße weitet sich der Weg weiter auf zu einer kleinen Platzsituation, die den Übergang des neu angelegten Mittleren Paderquellgebietes in das "alte" Paderquellgebiet des Gartendenkmals markiert. Mit dieser Aufweitung wird dem Besucher neuerdings klar, wo er hin muss und wo er einen attraktiven Fußweg findet. Attraktiv wird dieser Weg durch seine geradlinige Wegeführung im Kontrast zu den organischen Ufern der Paderarme sowie dem hochwertigen Belag aus Asphalt, beschichtet mit einem Kunstharz-Kies-Gemisch. Diese Beschichtung findet sich zukünftig überall entlang der Pader bis hin zur Mündung. Flankiert wird dieses Gestaltungsband auf der Promenade und auf dem Paderhallenvorplatz durch gelbliches Granitpflaster.

Damit ist die Umsetzung des Gesamtkonzeptes auf den ersten 500 Metern nahezu abgeschlossen und dürfte durch die Bevölkerung positiv aufgenommen werden, wie erste Rückmeldungen erahnen lassen. Positiv aufgenommen wurden die Planungen bereits im Vorfeld. So positiv, dass die Maßnahme eine besondere Förderung für sich gewinnen konnte. Es handelt sich hier um ein Nationales Projekt des Städtebaus, ein Förderprogramm des Bundes. Diese Würdigung führte zu einer relativ hohen Fördersumme als Premiumprojekt des Bundes. Zusammen mit der Förderung der ökologischen Maßnahmen durch Landesmittel konnte das sehr aufwändige Projekt nun erfolgreich zum Abschluss gebracht werden. Weiter geht es in den nächsten Jahren mit weiteren Projekten des Konzeptes wie beispielsweise der Optimierung der Paderauen und der Paderwiesen.

Dipl.-Ing. Stefan Buschmeier
Autor

Stadt Paderborn

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