Die Planungsgeschichte eines Gartens für Tote und Lebende

150 Jahre Wiener Zentralfriedhof

von:
Anfang der 1860er-Jahre war für alle involvierten Personen in der Stadt Wien ersichtlich: Der evangelische Gottesacker, die fünf katholischen Friedhöfe sowie der israelitische Begräbnisplatz – alle außerhalb des Wiener Stadtgebiets gelegen – waren fast komplett belegt und konnten nicht erweitert werden. Laut dem damaligen Gemeinderat und späteren Wiener Bürgermeister Cajetan Felder gab ein im Jahre 1861 von mehreren katholischen Pfarren eingebrachtes Ansuchen um Erhöhung der Grabstolgebühren und Neuregelung der Beitragsleistung bei Ankauf, Erweiterung und Erhaltung der von katholischen Pfarren betreuten Friedhöfe den Anstoß, über die Zukunft der Wiener Friedhöfe zu diskutieren.
Beerdigungskultur Parkbäume
Blick von einem der kreisrunden Plätze in eine der Alleen, 2024. Foto: Christian Hlavac

Der Gemeinderat ging auf die Gebührenfrage jedoch nicht direkt ein, sondern stimmte in der Sitzung am 23. April 1861 dem Antrag des Finanzausschusses zu, dass "von der Gemeinde Friedhöfe auf eigene Kosten errichtet, die dießfälligen Vorerhebungen und Einleitungen unverweilt getroffen" werden sollen. Auch der Antrag, eine eigene Friedhofskommission aus fünf Gemeinderatsmitgliedern verschiedener Sektionen (d. h. Ausschüssen) zu bilden, wurde in dieser Sitzung genehmigt.

Doch die Eigentumsverhältnisse betreffend der existierenden Friedhöfe und die Frage nach den Kompetenzen verschiedener religiöser und staatlicher Stellen waren so komplex, dass der Obmann der Friedhofskommission Dr. med. Anton Glickh erst intensive Forschungen anstellen musste.

Auch gab es gegen die Errichtung von Friedhöfen durch die Gemeinde Einwände des fürsterzbischöflichen Ordinariats. Dieses meinte laut Glickh, dass "die katholischen Friedhöfe unter der Autorität der Kirche stehen und leicht zu Konflikten Anlaß gegeben werden könnte, wenn davon Umgang genommen würde". Letztlich ging es vor allem darum, dass die Pfarren ihre wichtigsten Einnahmen – nämlich die Grabstolgebühren – verlieren würden, wenn die Gemeinde Wien Friedhöfe betreiben sollte. So konnte Glickh erst nach 232 (!) Gemeinderatssitzungen am 3. November 1863 über die "Friedhofsfrage" und den Antrag vom April 1861 ausführlich referieren. Er betonte, dass ein künftiger Kommunalfriedhof "für Katholiken, für Akatholiken, für Türken, Juden, Armenier" offenstehen werde. Der Referent war, wie fast alle Gemeinderäte, der Meinung, dass sich die Kommune nicht in die konfessionelle Frage einmischen sollte.

Zu jener Zeit hatten dem Liberalismus nahestehende Gemeinderatsmitglieder die Mehrheit im Gremium. Für sie war es eine Selbstverständlichkeit, dass der geplante Zentralfriedhof einen interkonfessionellen Charakter haben musste, genauso wie andere öffentliche Anstalten, beispielsweise Kindergärten und Schulen.

Flächenankauf

Wieder dauerte es viele Monate, bis im November 1866 Glickh in einer Gemeinderatssitzung Rahmenbedingungen und konkrete Anträge präsentierte. Bei der Wahl des Standorts für einen großen kommunalen Friedhof galt es, eine Abwägung zwischen der hygienisch notwendigen großen Entfernung von Siedlungen und einer geringen Wegstrecke für die Angehörigen respektive den Leichentransport zu treffen.

Kernpunkt der Sitzung war der Antrag, mit potentiellen Grundeigentümern außerhalb der Stadt über den Ankauf von 300 Joch (ein Joch entspricht 5755 m²) in Verhandlungen zu treten. Laut Glickh war ein "lockerer, durchläßiger Kiesboden" am günstigsten, der nicht von "unterirdischen Wasserläufen" beeinträchtigt werde und der eine optimale Verwesung ermöglichen würde. Das Areal sollte vorzugsweise südlich der Ortsgemeinde Simmering liegen. "Dort befindet sich der künftige Friedhof in einer der herrschenden Windrichtung entgegengesetzten Gegend, nämlich südöstlich der Stadt. Der Boden ist locker und durchlässig, die Entfernung nicht übergroß, eine Eisenbahn und gute Chaussee in der Nähe und die Möglichkeit einer bedeutenden Ausbreitung gegeben", so der Obmann der Friedhofskommission.

Doch die Beschlüsse des Gemeinderats zur Anlegung eines Zentralfriedhofs erhielten nicht sofort die Genehmigung der Statthalterei. Diese meinte, vorher wäre vor allem genau anzugeben, ob und inwieweit die bestehenden "Leichenhöfe" den Bedürfnissen nicht mehr entsprechen würden und inwieweit die Probleme nur durch einen einzigen Kommunalfriedhof zu beseitigen seien. Gleichzeitig sprachen sich die Pfarren gegen den Entfall der Grabstolgebühren aus. Erst im Oktober 1869 kam es mit dem fürsterzbischöflichen Konsistorium zu einem Übereinkommen: Rückwirkend mit Jänner 1869 gingen die bestehenden Friedhöfe in den faktischen Besitz der Kommune Wien über. Als Entschädigung erhielten die Pfarren eine Jahresrente.

Nun gab auch die Statthalterei ihre Zustimmung für die Errichtung eines kommunalen Friedhofs, und weitere Grundstückseigentümer boten Flächen für diesen an. Es trafen Offerten verschiedener Gemeinden und privater Grundeigentümer ein. Manche schieden aufgrund der zu geringen Größe oder der zu großen Entfernung von Wien rasch aus. Flächen am linken Donauufer kamen nicht in Frage, da sie im Überschwemmungsgebiet der Donau lagen. Es verblieben daher nur fünf potentielle Areale.

Nun wurden Fachleute um Gutachten ersucht. Der oberste Geologe der geologischen Reichsanstalt, Franz Fötterle, und Bergrat Dionys Stur meinten beispielsweise in ihrem Bericht aus dem Oktober 1869, dass der Grundkomplex bei Kaiser-Ebersdorf nahe Simmering am ehesten den Anforderungen entspräche. Das Areal biete auch den Vorteil, dass es weiter in südlicher Richtung erweitert werden könnte, "ohne auf geänderte Verhältnisse zu stoßen". Das Ergebnis mehrerer Begehungen und Gutachten: Die Gründe der Gemeinde Kaiser-Ebersdorf würden sich am besten für einen großen kommunalen Friedhof eignen, auch weil es sich um ein ebenes Gelände gleich nördlich von der Staatseisenbahnstrecke und südlich der Reichsstraße nach Preßburg (heute Bratislava) handle.

Im Dezember 1869 beschloss der Wiener Gemeinderat mit deutlicher Mehrheit, in der niederösterreichischen Gemeinde Kaiser-Ebersdorf 328 Joch und im benachbarten Simmering – die beide seit 1892 Katastralgemeinden von Wien sind – 14 Joch anzukaufen. Nun hatte sich die Friedhofskommission Gedanken zu machen, was mit jenen Flächen zu geschehen habe, die erst später für Bestattungen benötigt werden. Man war sich nämlich einig, dass der Friedhof in mehreren Etappen entstehen würde. Im Herbst 1870 beschloss der Gemeinderat: Die in der nächsten Zeit nicht benötigten Grundstücke werden als Ackergründe im Lizitationsweg an Bauern verpachtet. Immerhin konnten nach zwei Ausschreibungen 260 Joch zunächst für fünf Jahre vergeben werden.

Der Planungswettbewerb

Im November 1870 wurde vom Gemeinderat eine offene "Concursausschreibung" für Pläne des künftigen Zentralfriedhofs beschlossen und die Einreichfrist mit 1. April 1871 festgesetzt, wobei interessanterweise keine Kostenberechnung von den "Fachmännern" gefordert wurde. Abzugeben waren ein Situationsplan, ein Niveauplan sowie Grund- und Aufrisse der Baulichkeiten. Durch eine frei zu wählende Devise blieben die eingereichten Projekte für die Jury anonym. Als "Hauptgrundsatz" der Ausschreibung galt "die größtmögliche Ausnützung des [gesamten] Areales, eine geschmackvolle Anordnung der Anpflanzungen und Bauwerke, sowie eine zweckmäßige, die leichte Auffindung der Gräber fördernde Vertheilung der Grabstellen." Auch ein Wohnhaus für einen Gärtner samt zwei Gehilfen und ein Glashaus wurden eingefordert.

SUG-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Leitung Tiefbau- und Grünamt, Friedrichshafen  ansehen
eine Leitung (w/m/d) für das Referat G2 , München  ansehen
Landschaftsarchitekt (m/w/d) mit Vertiefung..., Heilbronn  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen
Beerdigungskultur Parkbäume
Briefkopf der Bürogemeinschaft Mylius und Bluntschli, 1872. Wiener Stadt- und Landesarchiv. Foto: Christian Hlavac

Das Schiedsgericht, welches aus vier Vertretern des Gemeinderats sowie den "Wiener Ringstraßenarchitekten" Heinrich Ferstel, Carl Hasenauer, Friedrich Schmidt und August Schwendenwein bestand, wählte im Mai 1871 aus 28 Arbeiten das Projekt "Per angusta ad augusta" als bestes aus. Es stammte von den in Frankfurt am Main lebenden Architekten Karl Jonas Mylius (1839–1883) und Alfred Friedrich Bluntschli (1842–1930), welche 2000 Gulden als Preisgeld erhielten. Erst ein Jahr später betraute der Gemeinderat die erst seit 1871 bestehende Bürogemeinschaft mit der Durchführung, wobei 12.000 Gulden als Honorar vorgesehen waren.

Nachweislich reisten die beiden jungen Architekten erstmals (?) im Juni 1871 nach Wien. Daran anschließend beauftragte man das Stadtbauamt, nach den erworbenen Plänen die entsprechenden Vorlagen für die Errichtung des Zentralfriedhofs zu erstellen, wobei die Friedhofskommission 18 Änderungen vom Siegerprojekt wünschte. Die Architekten schickten im Oktober 1872 sieben neue Zeichnungen an den Wiener Bürgermeister, die vor allem die Gestaltung der Hochbauten und deren Situierung betrafen. Alles zog sich in die Länge, sodass erst im September 1873 die Offerten für die ersten Bauarbeiten vorlagen. Im darauffolgenden Juli beschloss der Gemeinderat, den beiden Architekten 3000 Gulden des auf inzwischen 10.000 Gulden reduzierten Gesamthonorars auszuzahlen. Die letzte Rate von 1000 Gulden erhielten diese erst Anfang 1880.

Bereits im Jänner 1872 war beschlossen worden, dass auf einem noch nicht benötigten Teil des Friedhofs eine kommunale Baumschule auf sechs Joch Fläche eingerichtet wird. Das "Fremden-Blatt" kommentierte dies zustimmend: "Die Erfahrung hat nämlich sattsam bewiesen, daß in unserem Klima nur jene Ailanthus und Platanen gedeihen, welche auch hier gezogen werden. Dasselbe gilt vom Ahorn, vom türkischen Haselnußbaume und so weiter. Und zur Ausschmückung des Leichenhofes sowohl, [sic!] als zur Nachpflanzung an der Ringstraße, im Stadtpark und den anderen Anlagen braucht man viele Bäume."

Beerdigungskultur Parkbäume
Die älteste Grabstelle des Wiener Zentralfriedhofs (Gruppe 0 Reihe 0 Nr. 1), 2021. Foto: Christian Hlavac
Beerdigungskultur Parkbäume
Eine von vielen erhaltenen Orientierungstafeln, 2024. Foto: Christian Hlavac

Das Siegerprojekt

Wodurch zeichnet sich der Entwurf der beiden Frankfurter Architekten aus? Obwohl die zur Verfügung stehende Gesamtfläche einem unregelmäßigen Fünfeck entsprach, entschieden sich Mylius und Bluntschli für ein konsequentes schachbrettartiges Rasterschema aus hunderten Quadraten. Die Hauptachse verläuft vom Haupteingangsportal (heute Tor 2) mit dem Administrationsgebäude und der Leichenhalle – die zusammen eine Art Ehrenhof bilden sollten – zu einem hippodromartigen Areal mit Kapelle als geometrischem Mittelpunkt des Friedhofs.

Durch dieses Zentrum verläuft eine Querachse, wobei diese und der südliche Ast der Hauptachse von je einem Halbkreis flankiert werden. Jeweiliges Zentrum der Halbkreisflächen ist ein kreisrunder Platz, von dem je acht diagonale Achsen (breite und schmale Straßen) ausstrahlen (Abb. 4). Falls die beiden Architekten Alleen in diesen Achsen vorgesehen haben – wie sie heute bestehen –, könnten diese als Alleesterne angesprochen werden, wie sie beispielsweise ab Mitte des 18. Jahrhunderts in der kaiserlichen Sommerresidenz Schönbrunn bei Wien existierten. Gleichzeitig erstreckt sich somit vom Hauptportal ein patte d'oie ("Gänsefuß") in den Friedhof. Und durch die kreisrunden Plätze ergibt sich im Grundriss ein griechisches Kreuz um das Zentrum des Friedhofs.

Die Inbetriebnahme 1874

Im Frühling 1874 nahmen die Vorbereitungen für die Inbetriebnahme des Friedhofs an Intensität zu. Im April wurde der Leichentransport auf den Zentralfriedhof der Wiener Leichenbestattungsanstalt "Entreprise de pompes funèbres" vorerst auf die Dauer eines Jahres übertragen. Zuvor hatte die Gemeindevertretung von Simmering eine Petition gegen den Durchzug der Leichentransporte durch ihr Ortsgebiet eingebracht. Daraufhin sollte nun die Staatseisenbahn vom Wiener Ostbahnhof aus die Leichentransporte übernehmen. Diese forderte jedoch eine zu hohe Garantiesumme, und so blieb es beim Transport per Kutsche über die Reichsstraße via Simmering.

Anfang Oktober 1874 fasste der Wiener Gemeinderat hinsichtlich der alten Friedhöfe grundlegende Beschlüsse: Vom Tag der Inbetriebnahme des Zentralfriedhofs, der mit 1. November 1874 festgelegt wurde, müsse "jede Belegung mit Leichen, sowohl in den Grüften und eigenen Gräbern als auch in den Schachten aufhören". So lange die Friedhöfe "noch als solche bestehen, wird von Seite der Kommune in geeigneter Weise für die Erhaltung der Friedhöfe Vorsorge getroffen." Drittens gestatte man "zur Erleichterung des Ueberganges", dass innerhalb der nächsten zehn Jahre ab Eröffnung des Zentralfriedhofs auf eigene Kosten Leichen aus den alten Friedhöfen auf diesen übertragen werden dürfen.

Kurz darauf bewilligte man die Bestellung von drei Typen an Orientierungstafeln ("Gruppensäule", "Reihensäule" und "Gräbernummer)" bei der Wiener Eisengießerei R. Ph. Waagner. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich dabei um jene Tafeln, die noch heute den Menschen den Weg am Friedhof weisen. In derselben Sitzung des Gemeinderats traf man auch einen anderen Beschluss, der zu Kritik führte: "Nachdem der Zentralfriedhof einen konfessionslosen Charakter trägt, indem nicht nur Katholiken, sondern auch Protestanten, Griechen etc. dort zur Beerdigung kommen, sei von der Einweihung derselben Umgang zu nehmen." Nachdem vor allem das fürsterzbischöfliche Ordinariat protestiert hatte, hielt man zehn Tage später fest, dass alle Religionsgenossenschaften, die den Zentralfriedhof weihen wollen, dies dürfen, "wenn dabei das Verfügungsrecht der Kommune über diesen Friedhof in keiner Weise beschränkt wird".

Die "religiöse Frage" hatte schon Jahre zuvor für Debatten gesorgt. Anfang 1872 war nämlich bei der Gemeinde Wien ein Gesuch der israelitischen Kultusgemeinde um Verpachtung eines Areals beim geplanten Zentralfriedhof eingelangt, da es im bestehenden jüdischen Friedhof in Währing nahe Wien fast keine freien Gräber mehr gab. Da im Judentum der Grundsatz gilt, dass eine Exhumierung nicht zulässig ist, konnten die Gräber in Währing nicht wiederbelegt werden.

Nach jahrelangen Diskussionen überließ einige Tage vor Inbetriebnahme des kommunalen Friedhofs, nämlich am 27. Oktober 1874, die Stadt Wien per Gemeinderatsbeschluss der israelitischen Kultusgemeinde eine Parzelle für einen eigenen Friedhof beim heutigen Tor 1. Der entsprechende Vertrag wurde jedoch erst im Juli 1877 abgeschlossen: Es gingen 11,8 Hektar für nicht ganz 37.000 Gulden an die Kultusgemeinde, wobei ausdrücklich im Vertrag festgehalten wurde, dass der israelitischen Kultusgemeinde kein Eigentumsrecht oder Servitut eingeräumt werde.

Beerdigungskultur Parkbäume
Robinienallee mit Blick zu den Arkadengrüften, 2024. Foto: Christian Hlavac

Erweiterungen

Schon bei Planungsbeginn war klar, dass der Friedhof peu à peu wachsen würde. Bei Inbetriebnahme im November 1874 bestand der Friedhof nur aus dem nordwestlichen Teil zwischen den heutigen Toren 1 und 2. Zu dieser Zeit bestand das Hauptportal nur als hölzernes Provisorium und die Errichtung der Kapelle sowie der Arkadengrüfte war noch nicht begonnen worden. Die von Mylius und Bluntschli geplanten Administrations- und Wohngebäude wurden nach Beauftragung im Oktober 1875 erst im darauffolgenden Jahr fertiggestellt. Dass der Bau der Hochbauten unter keinem guten Stern stand, zeigt sich daran, dass erst in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts die Friedhofskirche, das Portal sowie die Warte- und Leichenhallen errichtet wurden – und dies nicht nach Plänen der beiden Frankfurter Architekten.

Die erste Ausbaustufe (in Richtung Westen) im Ausmaß von 41 Joch wurde im Februar 1875 nach Ablösung der bestehenden Pachtverhältnisse vom Gemeinderat genehmigt, die zweite Ausbaustufe (65 Joch) im Jänner 1879. Im März 1886 folgte die Bewilligung der dritten Erweiterung um 69 Joch. Die vierte Erweiterung, die eine Fläche für rund 20.000 Einzelgräber umfasste, wurde im April 1893 beschlossen, die Arbeiten für die fünfte Erweiterung (118 Joch) im Jahr 1907. Wenn man die Errichtung des Urnenhains im ehemaligen Baum- und Fasangarten der Renaissanceanlage Neugebäude dazurechnet, gab es bis 1921 insgesamt sieben Erweiterungen, wobei nur die letzten beiden auf zusätzlich anzukaufenden Flächen erfolgten. Heute umfasst der Wiener Zentralfriedhof eine Fläche von rund 2,5 Quadratkilometer.

Bepflanzung

Die eingereichten Wettbewerbsunterlagen von Mylius und Bluntschli geben keine eindeutige Auskunft über die von den beiden geplanten Bepflanzungen. So bleibt zum Beispiel offen, ob sie Alleen vorgesehen haben oder nicht. Die ersten Informationen zur Bepflanzung liefert das Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 12. Februar 1875. Demnach müsse die Bepflanzung des ersten Erweiterungsteils nach dem Plan und dem Kostenvoranschlag des Stadtgärtners Rudolf Siebeck erfolgen. Setzen solle man Linden und amerikanische Ulmen.

Im darauffolgenden September beschloss der Magistrat, auf den projektierten Anlagen des erweiterten Teils – dem Vorschlag Siebecks konform – 339 Linden- und ebenso viele Ahornbäume sowie 12 200 "edle Ziergesträuche" aus den städtischen Plantagen (6000 Stück aus der städtischen Baumschule) und anderen Gärten zeitig im Frühjahr zu pflanzen. Die Baumpflanzarbeiten bei den 678 Gruben wurden der privaten "Straßen- und Brückenbaugesellschaft" übertragen, wobei diese die Baumgruben 18 Zoll tief ausheben und mit Humuserde füllen mussten. Wo die Bäume gepflanzt wurden, ist leider nicht überliefert. Für die "Erhaltung der Baum- und Strauchkulturen" musste in jener Zeit der Wiener Stadtgärtner sorgen, der jedoch seinen Dienstsitz im weit entfernten Stadtpark hatte.

Dass es schon in der Anfangszeit Alleebäume am Zentralfriedhof gegeben haben muss, erschließt sich aus einem Antrag des Magistrats, der im November 1876 genehmigt wurde. Es ging um den Austausch abgestorbener Alleebäume (218 amerikanische Ulmen und eine Linde) mit denselben Arten. Apropos Ulmen: Das Absterben der amerikanischen Ulmen, die im Laufe der Jahre neu oder zusätzlich gepflanzt wurden, beschäftigte die Friedhofskommission immer wieder.

Die nächste Nachricht über die Bepflanzung stammt aus dem November 1879. Im Zuge der Schaffung einer "Fahrbahn" in der Hauptachse bis zum Kapellenhof genehmigte man längs der beiden Flügel der vorderen Gruftarkaden auf jeder Seite eine Baumreihe mit Kugelakazien, hingegen sollten von den Arkaden bis zum Kapellenhof zwei Baumreihen auf jeder Seite gepflanzt werden. Bei den "Gehweg-Alleen" mussten "hochstämmige schattenspendende Bäume" verwendet werden.

Im Februar 1881 beschloss der Wiener Gemeinderat, die Alleen in einem Erweiterungsteil des Friedhofs mit "breitblättrigen Ulmen in den Unterarten: Ulmus americana latifolia, ulmus campestris, ulmus effusa und ulmus montana" zu pflanzen. Falls diese nicht beschafft werden könnten, sollten Spitzahorn oder Bergahorn verwendet werden.

Beerdigungskultur Parkbäume
Der Gemeinschaftsgarten am Wiener Zentralfriedhof, 2023. Foto: Christian Hlavac
Beerdigungskultur Parkbäume
Rehe sind ständige Bewohner des Wiener Zentralfriedhofs, 2024. Foto: Christian Hlavac

Baumschule und Friedhofsgärtnerei

Die kommunale Baumschule im Zentralfriedhof, die zum Teil auch die städtischen Grünflächen mit Pflanzmaterial versorgte, war keine örtlich konstante Einrichtung. Im Jahr 1880 war sie laut dem Obmann der gemeinderätlichen Gartenüberwachungskommission "so herabgekommen", dass "man an die Auflassung dieser kostspieligen Anlage dachte". Vier Jahre später konnte bei einem Lokalaugenschein Entwarnung gegeben werden: Die Mehrzahl der Bäume könne im nächsten Jahr "in die städtischen Gärten versetzt werden". Doch trotzdem musste die Baumschule weichen, denn sie stand buchstäblich der dritten Erweiterung im Wege. Im März 1886 wurde beschlossen, als Ersatz für den eingezogenen Teil der städtischen Baumschule ein Depotplatzareal in der Größe von 4000 Quadratmetern zu verwenden. Ebenfalls der dritten Erweiterung weichen musste die Friedhofsgärtnerei mit einem Vermehrungshaus und zwei "Pelargonienhäusern" nach einem im Oktober 1887 erfolgten Gemeinderatsbeschluss. Dasselbe Gremium genehmigte im Juli 1896 den Bau einer neuen Friedhofsgärtnerei.

Die Bewässerung der Pflanzen erfolgte in den ersten Jahren mittels Pferdewägen. So gibt es einen Beschluss vom Juli 1875, in Summe 24 eiserne Bottiche, vier zweirädrige Wasserwagen und ein Fuhrwerk anzuschaffen. Erst im Juni 1879 wurde die Bewässerung durch Zuleitung von der "Ersten Wiener Hochquellwasserleitung" beschlossen.

Eine erste gärtnerische Gestaltung bei Hochbauten genehmigte der Wiener Gemeinderat im Jänner 1877, wobei die Planung eines Rasenparterres und die Anpflanzung von Gehölzgruppen vor den Administrationsgebäuden vom Stadtgärtner Siebeck stammte. Erst im Laufe des Jahres 1879 dürfte ein eigener Friedhofsgärtner eingestellt worden sein, der in den Jahren 1880 und 1881 die Anpflanzungen fortsetzte, wobei abwechselnd Acer platanoides und Acer pseudoplatanus verwendet wurden, "da die amerikanischen Ulmen nur schwer hätten beschafft werden können", wie es im Jahr 1884 heißt. Zu jener Zeit existierten im Zentralfriedhof 2754 Stück Alleebäume, 468 Stück "sonstige Bäume", 35 600 Stück Sträucher und 1900 Koniferen sowie zehn Hektar Rasenflächen. Die ersten Sitzbänke dürfte es spätestens im Frühjahr 1880 am Friedhofsgelände gegeben haben: Die bekannte Wiener Eisengießerei Kitschelt lieferte diese 35 Stück.

In den späten 1890er-Jahren verschwand die Baumschule komplett aus dem Zentralfriedhof, denn die Stadt Wien hatte 1897 das damals größte Baumschulunternehmen Ostösterreichs, die Firma A. C. Rosenthal, gekauft, deren Flächen nur rund drei Kilometer entfernt lagen.

Schlussbetrachtung

Um mit einem seit den 1860er-Jahren bestehenden Missverständnis aufzuräumen: Mit dem Wortteil "Zentral" war kein nahe dem Stadtzentrum gelegenes Friedhofsareal gemeint, sondern ein neuer Begräbnisort, der alle Toten Wiens zentral, also gemeinsam, aufnehmen sollte. Da die israelitische Kultusgemeinde einen Teil übernahm und so ein eigenes Friedhofsareal für Juden entstand, verlor der Friedhof als Ganzes rasch seinen interkonfessionellen Charakter. Heute gibt es übrigens für mehrere Religionsgemeinschaften eigene räumlich abgetrennte Bereiche.

Erstaunlich ist, dass – mit Ausnahme des Urnenhains und einer relativ kleinen Erweiterungsfläche – die im Jahr 1869 angekauften Flächen 150 Jahre lang für Bestattungen ausreichten. Da die durchschnittlich für einen Toten notwendige Fläche seit Jahrzehnten sinkt, wird das Friedhofsareal trotz Zunahme der Bevölkerungszahl auch in Zukunft mehr als ausreichend sein. Der Überhang an Flächen zeigt sich auch daran, dass seit den 2020er-Jahren ein Gemeinschaftsgarten auf einer ungenutzten Fläche existiert. Mit diesem Garten kam im doppelten Sinn des Wortes neues Leben auf den Zentralfriedhof.

Archivalische Quellen

Lebenserinnerungen von Cajetan Felder. Kapitel "Der Wiener Centralfriedhof 1861–1876", handschriftlicher Text in seinem Nachlass (Wiener Stadt- und Landesarchiv)

Literatur

  • Berger, Günther: Sieben erhaltene Konkurrenzprojekte zur Anlage des Wiener Zentralfriedhofs (1870–1871). In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien, Band 38. Wien 1982, S. 82–138.
  • O. V.: Protokolle der öffentlichen Sitzungen des Gemeinderathes der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien, Bände 1861–1899.
  • Philipp, Ferdinand: Gartenanlagen auf dem Centralfriedhofe. In: Wiener Communal-Blatt 1884, Nr. 18, Spalte 289/290.
Dr.- Ing. Christian Hlavac
Autor

Gartenhistoriker und Gartentouristiker am Zentrum für Garten, Landschaft und Tourismus, Wien

Zentrum für Garten, Landschaft und Tourismus

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle grüne Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen