Intelligent gestaltete Kleingartenanlagen in der Stadtplanung

Die Stadt von morgen braucht Kleingärten

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Gut konzipierte, offen gestaltete Kleingartenanlagen haben großen Einfluss auf die Lebensqualität in den Stadtteilen und Wohnquartieren, zu denen sie gehören (Rostock). Foto: Thomas Wagner

Zum Stadtgrün gehören Kleingärten. Bereits vor 200 Jahren ermöglichten sie Menschen in Ballungsräumen die Produktion von Lebensmitteln, boten Zugang zur Natur, Erholung im Alltag. Die Nutzung eines Gartens gehört heute vor allem für junge Stadtbewohner zur Vorstellung urbaner Lebensqualität. Für sie ist ein Kleingarten - der immer ein Nutzgarten ist - auch Ausdruck eines nachhaltigen Lebens- und Konsumstils. Die Nachfrage übersteigt längst das Angebot, neue städtische Gartenformen und Nutzungskonzepte schießen aus dem Boden. Gärtnern in der Stadt ist angesagt, egal ob im klassischen Kleingarten oder im modernen Urban-Gardening-Projekt. Beide verbindet mehr als es auf den ersten Blick scheint. Gleichgesinnte finden zusammen, um ein Statement zu setzen: Sie "erobern" Flächen in der Stadt, um gemeinschaftlich zu gärtnern, gesellig zu sein und dem Stadtgefüge Grün zurückzugeben. Urban Gardening? - das machen Kleingärtner schon seit 200 Jahren. Es sind die manchmal belächelten Strukturen und Regeln, die Kleingärten zum erfolgreichen Konzept machen, das langfristig Bestand hat. Es sind genau diese bewährten Strukturen und vorhandenen Flächen, auf die bei der Weiterentwicklung nachhaltiger grüner und sozialer Infrastruktur zurückgegriffen werden sollte.

Die Gemeinschaft der Kleingärtner hat sich in ihrer langen Geschichte viele Etiketten anheften lassen müssen - und immer wieder abgeschüttelt. Sie passt sich stets den sich ändernden gesellschaftlichen Bedingungen an, zeigt sich offen für neue Einflüsse und Herausforderungen ohne ihre Wesenskern - jemals in Frage zu stellen: Der Kleingarten ist seit seiner Entstehung vor allem durch den Anbau von Obst, Gemüse und anderer Gartenbauerzeugnisse geprägt, Erholung und Aufenthalt an frischer Luft waren stets inklusiv. Heute kommt neben der Erholung und der Produktion von Nahrungsmitteln die Begeisterung für den Natur- und Umweltschutz dazu. Wo in früheren Zeiten Höchsterträge das Ziel der Kleingärtner waren, steht heute die Qualität der produzierten Lebensmittel im Fokus. So werden Nahrungsmittel in Bio-Qualität auch für Haushalte mit kleinem Einkommen erschwinglich.

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Sie füllen als Naturerlebniswelt aus öffentlich und privat genutztem Grün eine Lücke im verdichteten Stadtgefüge (Nürnberg)… Foto: Thomas Wagner
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… und tragen zu mehr Umweltgerechtigkeit bei (Hamburg). Foto: Thomas Wagner

Kleingärten - soziales Moment grüner Infrastruktur

Der Wunsch vieler Stadtbewohner nach einem Garten ist nachvollziehbar, denn er erfüllt bewusst und unbewusst unsere heutigen Vorstellungen von einer menschenfreundlichen Umwelt. Sicherlich macht jede Form öffentlichen Grüns Städte menschenfreundlicher. Kleingärten stillen darüber hinaus aber auch das Bedürfnis nach Individualität, Rückzug und Selbstverwirklichung. Der Kleingarten bietet Stadtbewohnern die Möglichkeit einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung im Grünen, er füllt als Naturerlebniswelt eine Lücke im Gefüge hochverdichteter urbaner Räume. Aber auch Anwohner, die nicht Mitglieder im Kleingärtnerverein sind, profitieren von den positiven Effekten, die von Kleingärten ausgehen. Denn die Gemeinschaft der Kleingärtnerinnen und Kleingärtner ist immer Teil der Gesellschaft, sie gehört zur Quartiersbevölkerung. Gut konzipierte, offen gestaltete Kleingartenanlagen haben deshalb wesentlichen Einfluss auf die Lebensqualität in den Stadtteilen und Wohnquartieren, zu denen sie gehören. Sie tragen zu mehr Umweltgerechtigkeit bei und sind somit unverzichtbarer Bestandteil der sozialen Stadt. Dabei müssen die oftmals finanzschwachen Kommunen nicht einmal Geld für die Pflege dieses Teils des Stadtgrüns in die Hand nehmen. Im Gegenteil: Die Kleingärtnervereine ersparen den Kommunen nicht nur die Aufwendungen für die Pflege öffentlichen Grüns, sondern verbessern über die Pacht auch deren Einnahmesituation.

Darüber hinaus prägen viele engagierte Kleingärtnervereine durch verschiedene Projekte auch das soziale Klima in den angrenzenden Wohnquartieren. Sie bieten Umweltbildung für Kinder und Jugendliche, sind Nachbarschaftstreff, Spielplatz und Naherholungsgebiet über die Grenzen der Gärten hinaus. Das ist bürgerschaftliches Engagement der leisen Art, ganz ohne Quartiersmanagement und kommunale Investitionen. In Zeiten zerfallender sozialer Strukturen leisten viele Kleingärtnervereine einen wertvollen Beitrag dazu, den sozialen Zusammenhalt zu stärken, die Fliehkräfte in unserer Gesellschaft zu bändigen und verschiedene Gruppen zu integrieren. Kleingärten sind damit genau die Institutionen, die ökologische und soziale Nachhaltigkeit in urbanen Räumen miteinander verbinden. Sie sind zugleich grüner und sozialer Bestandteil kommunaler Infrastruktur.

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Kleingartenparks mit frei zugänglichen Gemeinschaftsflächen sind attraktives Stadtgrün, dessen Pflege die Kleingärtnergemeinschaft sicherstellt (Viersen). Foto: Thomas Wagner

Kleingärten in der Stadtplanung - bewährtes Instrument für zukünftige Herausforderungen

Es wird zunehmend anerkannt, dass gut konzipierte Kleingartenanlagen einen großen sozialen und ökologischen Wert für die Quartiersbewohner und das gesamte Stadtgrün haben. Kleingärten befinden sich oft auf begehrten Flächen in verdichteten Ballungsräumen. Besonders in wachsenden Städten kommt es zu Nutzungskonflikten, etwa mit dem Wohnungsbau. Statt beide gegeneinander auszuspielen, braucht es intelligente Lösungen, um nicht nur den Wohnungsbau, sondern auch das Stadtgrün weiterzuentwickeln. Kleingärtnervereine sind durchaus bereit, ihre Flächen und Strukturen einzubringen, um diese beispielsweise in Form moderner und offener Kleingartenparks weiterzuentwickeln. Mit der gleichzeitigen Finanzierung solcher Projekte wären sie aber schlichtweg überfordert. Hier ist Politik gefragt. Sie muss bereit sein, die dafür notwendigen Mittel bereitzustellen. Der finanzielle Rahmen solcher Projekte bleibt im Vergleich zu anderen Investitionen überschaubar. Es ist geschickt eingesetztes Geld, das nachhaltig mehr Umweltgerechtigkeit in Städten schafft. Für intelligente Lösungen ist die Expertise der Stadtplaner gefragt.

Deshalb gilt es, den Kontakt zu den Stadtplanern dringend zu intensivieren. Viel zu oft spielen Kleingärten vor allem im Wirken junger Landschafts- und Raumplaner keine Rolle. Dies geschieht weniger aus Ablehnung, denn vielmehr aus Unkenntnis. Kleingartenanlagen sind, besonders in Form moderner Kleingartenparks, eine immer noch viel zu wenig beachtete Option Grüner Infrastruktur. Der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde (BDG) muss sich mit allen Akteuren der Stadtplanung, vom Studierenden bis zur kommunalen Entscheidungsträgerin, noch besser vernetzen, um den Kleingärten zu der positiven Wahrnehmung verhelfen können, die sie verdient haben.

Kleine Gärten - bunte Vielfalt

Ein wichtiges Instrument dafür ist der Bundeswettbewerb "Gärten im Städtebau", den das Bundesumweltministerium gemeinsam mit dem BDG alle vier Jahre auslobt. Dieser Bundeswettbewerb ist Deutschlands wichtigster Ideenwettbewerb zur urbanen Gartenkultur und findet 2018 zum 23. Mal statt. Mit ihm werden besondere städtebauliche, ökologische, gartenkulturelle und soziale Leistungen gewürdigt, mit denen Kleingärtnervereine über die Grenzen der Gartenanlage hinaus positive Impulse in das Wohnumfeld senden. Ausgezeichnet werden Städte, Gemeinden und deren beispielhafte Kleingartenpolitik, die in besonderer Weise das Thema des Wettbewerbs "Kleine Gärten - bunte Vielfalt" umgesetzt haben. Zugleich wird mit dem Wettbewerb das bürgerschaftliche Engagement der Kleingärtnerinnen und Kleingärtner ausgezeichnet und die Öffentlichkeit auf die Leistungen und Wirkungen des Kleingartenwesens für die Gesellschaft aufmerksam gemacht.

Auch der Wissenschaftspreis, den der BDG aktuell auslobt, soll dazu anregen, Kleingartenanlagen mehr in den Fokus der Stadtplaner zu rücken. Der Preis wird an junge Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sowie an Studierende vergeben, die sich fachlich mit dem Kleingartenwesen auseinandersetzen. Besonderes Anliegen ist es, solche Arbeiten und Projekte auszuzeichnen, die eine Vorbildwirkung für grüne und soziale Stadtentwicklung besitzen und zur modernen Entwicklung grüner Infrastruktur beitragen. Der Wissenschaftspreis soll neue Impulse für das Thema Kleingärten und Stadtgrün in den relevanten Fachdisziplinen und deren praktischen Realisierung generieren.

Weitere Infos unter www.kleingarten-bund.de/de/veranstaltungen/wissenschaftspreis/

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Auch im kommenden Bundeswettbewerb ist die urbane Öffentlichkeit von Kleingartenanlagen zentrales Thema bei der Beurteilung ihrer städtebaulichen Einordnung. Foto: Uta Hartleb

Fazit

Moderne Kleingartenanlagen sind notwendige Grüne Infrastruktur und weicher Standortfaktor. Sie tragen maßgeblich zur Lebensqualität in unseren Städten bei. Eine nachhaltige Stadtentwicklung wird deshalb Kleingärten stets einbeziehen. Durch großzügig und offen angelegte Kleingartenparks mit großem Anteil an frei zugänglichen Gemeinschaftsflächen können die Kommunen ihren Bürgern statt vernachlässigter Grünflächen eine attraktive und abwechslungsreiche Landschaft bieten. Lediglich die auf den ersten Blick hohen Investitionskosten durch die Neuanlage oder Umgestaltung von Kleingartenarealen stehen dieser für die kommunalen Haushalte recht vorteilhaften Variante entgegen. Hier findet verantwortungsvolle Politik, die sich für gleichwertige Lebensqualität in den Kommunen - unabhängig von ihrer finanziellen Situation - einsetzt, eine wichtige Aufgabe. Ohne entsprechende Offenheit bei den Planern wird diese Herausforderung aber nicht zu meistern sein.

 Thomas Wagner
Autor

Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei BDG e.V.

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