Die Symbolik der Natürlichkeit

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Pflanzkonzepte
„Blumenwiese“ (in Kassel) in bebauter Umgebung als Symbol einer Mensch- Natur-Harmonie. Fotos, soweit nicht anders angegeben: Volker Lange

Seit einigen Jahren erfreuen sich Ansaatmischungen mit überwiegend einjährigen Arten als sogenannte "Blumenwiesen" im öffentlichen Raum großer Beliebtheit. Da diese mit geringem Aufwand angelegt werden können, werden sie vom wirtschaftlichen Standpunkt aus im Kontext der Kostenersparnis als Alternative gegenüber herkömmlichen Beetflächen etwa mit Wechselflor oder Scherrasen eingesetzt. Zudem wird auch der ökologische Wert der "Blumenwiesen" als Nahrungsquelle für Insekten betont. Bei der Bevölkerung spielt indes vor allem die ästhetische Qualität eine entscheidende Rolle, sodass, wie etwa in Kassel, eine positive Resonanz zu verzeichnen ist (vgl. z. B. Lange 2012). Was jedoch die Vegetationsbilder auszeichnet und warum sie von dem Betrachter so gut beurteilt werden, bleibt weitgehend unklar. Worin liegt also die Besonderheit der Vegetationsbilder?

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"Blumenwiesen" im öffentlichen Raum

Die Entwicklung der derzeit verwendeten Ansaatmischungen geht auf die Stadt Mössingen und den dortigen Stadtgärtner Dieter Felger in den 1990er-Jahren zurück.1 Felger experimentierte mit Mischungen aus Samen, mit der Absicht, eine kostengünstigere Alternative zum Scherrasen bereitzustellen. Bei seiner Ansaat blühender Arten orientierte er sich an einem realen Vorbild, den "artenreichen Wiesen rund um Mössingen,2 welche auf diese Weise der Stadt und den Menschen buchstäblich nahe gebracht werden sollten" (Stadt Mössingen o.J.a).

So wurden 1992 erste Flächen in Anlehnung an bunt und vielfältig blühende "Wiesen" zum Beispiel mit Klatschmohn, Schmuckkörbchen und Ringelblumen eingesät. Aus diesen Versuchen ging als Resultat die Ansaatmischung "Mössinger Sommer" hervor (vgl. ebd./Rücker 2012: 71). Neben der Kostenreduzierung wird vor allem auch der ökologische Wert der eingesäten Flächen betont, welcher jedoch zugleich immer auch den Betrachter anzusprechen scheint: So stelle sich durch die Ansaatmischungen ein "ökologisches Gleichgewicht" ein, das "hört und sieht, wer sich den ,Mikrokosmos Mössinger Blumenwiese' einmal aus der Nähe anschaut. […] Bienen sammeln Nektar, Schmetterlinge taumeln duftberauscht von Blüte zu Blüte, Käfer krabbeln, Vögel suchen Nahrung. Und nebenan läuft der Straßenverkehr" (Stadt Mössingen o.J.b). Durch die hohe Artenanzahl mit entsprechend unterschiedlichem Habitus der einzelnen Arten weisen die Vegetationsbilder große Farb-, Textur- und Strukturkontraste auf, sodass das optische Erscheinungsbild der "Blumenwiesen" zusammenfassend als durchmischt, vielfältig und "natürlich" beschrieben wird.

Grundsätzlich handelt es sich bei den Ansaaten aus pflanzensoziologischer Sicht jedoch nicht um echte Wiesen, da diese überwiegend aus staudischen Arten bestehen, zu denen jene beispielsweise im "Mössinger Sommer" enthaltenen einjährigen Arten nicht gehören. Das, was folglich als "Blumenwiese" wahrgenommen und umgangssprachlich so bezeichnet wird, ist vielmehr eine Assoziation an artenreichen Wiesen, wie sie beispielsweise im Allgäu oder der Schwäbischen Alb vorkommen. Das bedeutet, es sind idealtypische Nachbildungen realer Wiesen, die so im öffentlichen Raum angelegt werden.

Deutlich wird hier, dass vor allem die Vielfalt an blühenden Pflanzen und das scheinbare Durcheinander von Arten (und Insekten) dieser wiesenartigen Vegetationsbilder markant sind. Der ästhetische Wert dieser Vegetationsbilder liegt somit in der Ähnlichkeit zu realen, blühenden Wiesen und damit in der augenscheinlichen Natürlichkeit. Somit stellt sich die Frage, weshalb nun scheinbar "natürliche" Vegetationsbilder (derzeit) als besonders positiv empfunden werden.

Um diese Frage zu beantworten, muss genauer betrachtet werden, welchem Kontext der Natur diese Vegetationsbilder entstammen und was der Betrachter mit diesem verbindet. Dieser Kontext ist Kulturlandschaft wie sie im Allgäu oder der Schwäbischen Alb existent ist - und es ist damit grundsätzlich die traditionell kultivierte Natur dieser Landschaft. Der Kulturlandschaft gemein ist - wie folgend aufgezeigt wird - eine Symbolik, die auch wiesenhafte Vegetationsbilder impliziert und die der Betrachter - gerade im Kontext der ge- und bebauten Umgebung wie der Stadt - deutet. Das Urteil, das der Betrachter über die Vegetationsbilder fällt, ist dann nicht mehr rein ästhetisch motiviert, es ist vielmehr ein teleologisches, was bedeutet, dass es nicht ausschließlich um die Schönheit der Dinge geht, sondern ebenso darum, ob etwas Sinn ergibt und vernünftig erscheint.

Die Symbolik der Landschaft

Relevant für das Verständnis der Symbolik solcher Natur ist es, nachzuvollziehen, was der Betrachter (in unserem Kulturkreis) mit solcher Landschaft verbindet. So wird als Landschaft zunächst "eine in ästhetischer Sehweise betrachtete Gegend" (Kirchhoff 2012) bezeichnet. Jedoch ist "Landschaft [...] noch etwas anderes als etwas Ästhetisches, denn sie soll in bestimmter Weise beschaffen sein. […] Wir betrachten die Landschaft als ein Gebilde, das symbolische Bedeutung hat, als ein Gebilde, das aus Zeichen besteht, die man deuten kann und richtig deuten muss" (Trepl 2012: 16ff.). Diese symbolischen Bedeutungen entstanden kulturhistorisch aus unterschiedlichen, teils explizit gegensätzlichen weltanschaulichen Bewegungen. Relevant sind für diese Betrachtung die Epochen und idealtypischen weltanschaulichen Ideen der Aufklärung und des Konservativismus.3

Der Aufklärung war die Ablehnung der bisher herrschenden Mächte, das heißt, des Adels und des Klerus gemein. Die Begründung dieser gesellschaftlichen Ordnung durch göttliche Offenbarung oder Tradition wurde von den Anhängern der Aufklärung nicht mehr akzeptiert. Stattdessen mussten sich gesellschaftliche "Institutionen, Sitten und Gebräuche" (ebd.: 67) nun durch die Vernunft begründen lassen. Vernunft wurde in der Aufklärung als "die Basis für ein Fortschreiten der Menschheit zu immer besseren, [..] das heißt, […] vernünftigeren Verhältnissen" (ebd.: 68) gesehen. Nur durch diesen Fortschritt sei folglich die wirkliche Freiheit des Menschen gegeben. So berief man sich auf ein Naturrecht des Menschen, "das aller menschlichen und göttlichen Autorität vorausgeht. […] Natur wird so […] mit Vernunft identifiziert: Was von Natur aus ist, ist vernünftig und soll folglich sein" (ebd.: 81). Dass Natur in dieser Denkweise als Instanz der Vernunft galt, wirkte sich auf die Bedeutung von Natur als Landschaft aus, die in der Verknüpfung der ästhetischen Naturbetrachtung mit einer moralischen, tugendhaften Bedeutung zum Tragen kam. Die Kritik der Aufklärung äußerte sich auch am Barockgarten. Hier zeigte sich anhand der Gestaltung und dem gärtnerisch-gestalterischen Umgang mit den Pflanzen der "Unterwerfungswille" (ebd.: 95) der Fürsten. In diesem Kontext entstand der Landschaftsgarten, der durch die augenscheinlich freigewachsene Natur die Freiheit von der absolutistischen Herrschaft symbolisierte.

Der Konservativismus entstand als Gegenbewegung zur Aufklärung (vgl. ebd.: 140f.). Die Natur als Landschaft erhielt so gerade für die heutige Landschaftswahrnehmung relevante Bedeutung. Die im Konservativismus begründete Vorstellung idealer (Kultur-)Landschaft unterscheidet sich allerdings von der, mit dem Fortschrittsgedanken der Aufklärung verbundenen Ideallandschaft. Voraussetzung für diese differente Landschaftsidee ist das dem Konservativismus inhärente "Wesen des Bewahrens" (ebd.: 166) und die damit verbundene Kritik an der Zivilisation der Moderne. Die Idealisierung der Kulturlandschaft vollzog sich in einer gänzlich anderen Weise, als es in der Aufklärung der Fall war, wo grundsätzlich dem (industriellen und gesellschaftlichen) Fortschritt zugewandt, auf das Landleben an sich, als ein tugendhaftes verwiesen wurde, aber keineswegs auf die Landbevölkerung als sinnvolle gesellschaftliche Ordnung. Schöne Landschaft entstand aus Sicht des Konservativismus hingegen nur aus einer traditionell-bäuerlichen, also einer nicht rational-industriellen Nutzung (vgl. ebd.: 176). Ausdruck fand das harmonische Wirken zwischen Natur bzw. Land und Leuten somit in den zur Vollkommenheit gebrachten Kulturlandschaften. Vollkommen war Landschaft dann, wenn diese durch die spezifische Kultivierung vielfältig und dadurch charakteristisch ist, also Eigenart aufweist. Landschaft wurde in der konservativen Denkweise folglich individualisiert, sie bestand nur als eine "organische Land-und-Leute-Einheit" (ebd.: 158/vgl. ebd.).

Dies unterscheidet die Landschaftsidee des Konservativismus von jener der Aufklärung: "Für die Aufklärung gibt es - idealtypisch - eine Ideallandschaft. Diese hat allgemeine Eigenschaften. […] Ein Landschaftsgarten in England musste nicht anders aussehen als einer in Deutschland. […] Es gab also zunächst ein allgemeines Bild von Ideallandschaft, und an dessen Stelle tritt nun die Idee der Landschaft als einer individuell gewachsenen, einzigartigen" (ebd.: 174f.). Solche Landschaft galt es nun vor dem Fortschritt und damit der Zerstörung zu bewahren. Der Fortschritt war dabei aus konservativer Sicht nämlich "kein weiterer Schritt auf dem Weg zur Kultivierung […]. Der maßlose Fortschritt zerstört im Gegenteil Kultur" (ebd.: 183). Die moderne Großstadt bestand daher aus dieser Sicht als Ort, an dem die Menschen dem maßlosen Fortschritt nacheifern und damit als Ort der "Unkultur". So wurde in dieser zivilisationskritischen Sichtweise traditionell bewirtschaftete Kulturlandschaft zu etwas Bewahrenswertem und die Großstadt Sinnbild des Unvernünftigen und - angesichts der zunehmenden Industrialisierung - maßlos Wuchernden und Zerstörerischen:4 "Was Teil eines organischen Ganzen ist, kann füreinander nicht bedrohlich sein. Bedrohlich wird, was aus diesen organischen Bindungen ausbricht und selbstsüchtig-rücksichtslos zu ,wuchern' beginnt, also die Zivilisation" (ebd. 1998: 9).

Diese (konservative) Landschaftsidee liegt gesellschaftlich überwiegend inhärent der heutigen Betrachtung zu Grunde: So symbolisiert Landschaft "in unserer Kultur [..] - insbesondere eine kleinteilige vorindustrielle Kulturlandschaft mit ihren charakteristischen Biotopen und heimischen Tier- und Pflanzenarten - die Utopie einer harmonischen, nachhaltigen Mensch-Natur-Einheit, die es gegen Globalisierung und Industrialisierung zu schützen gilt" (Kirchhoff 2012/vgl. Trepl 2012: 238).

Daher wird auch heute in Bezug auf Landschaft und deren Schutz, der Fortschritt als eine in erster Linie zerstörerische Kraft gesehen. Der Vorstellung, wie sich die Zerstörung der Landschaft äußert, liegt dabei der Verlust ihrer ästhetisch-kulturellen Eigenart zu Grunde. Landschaft als Natur und gerade die traditionelle Kulturlandschaft gilt es folglich heute (auch planungsrechtlich) vor den Einflüssen der Zivilisation zu bewahren.5

Die Symbolik der Natur in der Stadt

Ausgehend von der symbolischen Bedeutung der Kulturlandschaft wird die Symbolik über die "Blumenwiesen" als Assoziation an die Natur dieser Landschaft in die Städte transportiert, das heißt, in den menschengemachten, gebauten Raum.

Dem liegt die jeweilige gedachte Bedeutungsbeziehung von Stadt und Land und den damit assoziativ verbundenen Begriffen der Ordnung und Unordnung zu Grunde: "Ordnung tritt in zwei, aus progressiver und konservativer Perspektive gegensätzlich bewerteten, Gestalten auf: Ordnung als die tradierte (gewachsene, natürliche) und Ordnung als geplante und konstruierte" (Trepl 1998: 11). Aus konservativer Sicht steht folglich die traditionell-geformte, kleinteilige und vielfältige Kulturlandschaft für die gewachsene Ordnung, als das Resultat einer sinnvoll-begründeten Gesellschaft und der gelungenen, vernünftigen Kultivierung der Natur. Diese Ordnung (und damit "schöne Landschaft") gilt es vor dem Fortschritt und der Zivilisation zu bewahren. Aus progressiver Sicht hingegen steht die Stadt für die geplante, konstruierte Ordnung. Das Ländliche hingegen verkörpert in dieser Denkweise das Gegenteilige, Rückständige, das den Fortschritt, als deren Resultat Stadt ent- und besteht, behindert (vgl. ebd.).

Hierbei erweist sich die Konstellation der positiven Deutung der ländlichen Natur durch die Stadtbewohner jedoch als Paradoxon, da sie zum einen nur möglich ist durch die Trennung von Stadt(-leben) und Land(-leben) und zum anderen der dieser Lebensweise inhärente Fortschrittsgedanke eigentlich dem Bestehen der idealisierten Kulturlandschaft entgegensteht. Durch das städtische Grün und dessen symbolischer Bedeutung erscheint dieser Widerspruch jedoch negierbar. Hierbei besteht nach Tessin (1981) neben jenen rein praktisch-funktionalen Funktionen des Gebrauchswertes oder kleinklimatischen, ökologischen Aspekten immer auch "eine zweite, ästhetisch-symbolische Gebrauchswertebene [..], die ebenso ,real' (weil erlebniswirksam) ist", wobei "die Funktion städtischen Grüns zu interpretieren [wäre] als symbolischer (scheinbarer) Lösungsversuch des Grundwiderspruches verstädterter Gesellschaften" (ebd.: 165f.). Das städtische Grün fungiert so als "Scheinlösung dieses Widerspruches, als symbolische Konzession der Stadt […], an die noch nicht restlos getilgte Naturverbundenheit des verstädterten Menschen. Im Grün der Stadt wird die Natur, die im Verstädterungsprozess ,überwunden' wurde, in symbolischer Weise konzediert, in dem es den Städter […] Naturerlebnis […] in symbolischer Weise gestattet. […] [S]o bestätigt in der Stadt vorgetäuschte Natur, symbolisch aufgehobene Natur immerhin noch ein Bild von Natur, das die verstädterte Gesellschaft real nicht mehr einzulösen vermag. Gerade weil dieses Bild von der Natur […] jedoch mit der Stadtrealität untrennbar […] verknüpft ist, trägt städtisches Grün nicht nur durch Naturvortäuschung zur Absicherung städtisch-industriell geprägter Lebensverhältnisse bei, […] sondern birgt in sich immer auch ein Widerstandsmoment gegenüber diesen gesellschaftlichen Verhältnissen" (ebd.: 166).

Demnach kommt die symbolische Bedeutung der Vegetationsbilder im öffentlichen Raum in der Bedeutungsbeziehung von Stadt und Land zum Tragen und in Abhängigkeit davon, wie der Betrachter die jeweilige damit assoziierte Ordnung bewertet. Die derzeit beworbenen "natürlichen" Vegetationsbilder der Ansaat sind dabei artenreichen Wiesen entlehnt. Als solche sind diese Teil der charakteristischen Vielfalt bestimmter Kulturlandschaft.6) Artenreiche Wiesen bestehen hierbei entgegen der industrialisierten Landwirtschaft und begründen dadurch mit die (schützenswerte) Eigenart solcher Landschaft. Die "natürlichen" Vegetationsbilder als idealtypische Nachbildungen dieser Wiesen sind somit direkter Verweis auf die Natur dieser Landschaft und damit Träger deren Symbolik. In der Konsequenz ergibt sich daher für die Betrachtung der "Blumenwiesen" folgender Assoziationshof: Das vielfältige und markante Vegetationsbild ländlicher Natur verkörpert einen (intuitiv) als vernünftig erachteten Zustand, der dem überwiegend auf Fortschritt ausgerichteten Streben der heutigen, verstädterten Gesellschaft und der Stadt an sich entgegensteht. Wiesenhafte Vegetationsbilder stehen damit als symbolischer Verweis auf die Natur der Landschaft und eine Mensch-Natur-Harmonie. Somit fungiert die ländliche Natur in der Stadt quasi als ästhetisch-symbolische Kompensationsmaßnahme, durch die der Widerspruch aufhebbar erscheint, dass eine progressive Lebensweise letztlich die Entfremdung von der Natur sowie den Verlust des Eingebundensein in eine natürlich-vernünftige Ordnung und die Zerstörung dieser bedingt. So äußert sich der Zwiespalt des Bewusstseins der eigenen, modernen Lebensführung mit der Unvereinbarkeit moralischer Ansprüche in einer latenten Zivilisationskritik und der Idealisierung der schönen, "heilen" Landschaft vor der Stadt, die so sinnbehaftet für das "Paradies des ganzheitlichen, unzerrissenen Lebens" (Trepl 1992: 30) steht. Die Symbolik der Natürlichkeit jener Vegetationsbilder - und damit die Qualität, die die Aktualität dieser Pflanzenverwendung begründet - besteht somit darin, dass diese als "Land in der Stadt" fungiert. Hierbei transportiert auch der ökologische Wert, der durch den Artenreichtum und den Aspekt der Futterquelle für Insekten abgeleitet wird, die symbolische Bedeutung solcher Natur. So bestehen auch Insekten als Teil der "Natürlichkeit" und als Verweis auf jene vermeintliche Mensch-Natur-Harmonie und damit einen Zustand, der als vernünftig und als erhaltenswert gilt. Dies äußert sich in der Betrachtung als teleologisches Urteil dann darin, dass durch diese Symbolik der Widerspruch von Stadt und Land als (utopische) Mensch-Natur-Harmonie aufgehoben zu werden scheint, ohne dass der Stadtbewohner gemäß einer radikalen Zivilisationskritik dem Streben nach (technischem und gesellschaftlichen) Fortschritt und der Stadt an sich entsagen muss.


Anmerkungen

Der vorliegende Beitrag entstand im Kontext der Masterarbeit des Verfassers. Diese wurde am Fachgebiet Landschaftsbau, Landschaftsmanagement und Vegetationsentwicklung der Universität Kassel verfasst und von Prof. Dr. Stefan Körner und M.Sc. Nora Huxmann betreut.
1 Vorgefertigte Ansaatmischungen wurden als "Öko-" oder "Blumenwiesen" in Deutschland bereits in den 1970er-Jahren angeboten. Sie fanden jedoch nicht in jenem Umfang im öffentlichen Raum und durch die Gartenämter Verwendung und führte auch nicht zu einer vergleichbaren Resonanz (vgl. Hard 1997: 104).
2 Im Raum der Schwäbischen Alb.
3 Auch für das Programm der Romantik war die Vorstellung und Darstellung von idealer Landschaft wesentlich (etwa durch Caspar David Friedrich). Dies betraf jedoch vor allem die nicht kultivierte Natur als Wildnis. Diese bestand in der Romantik als Sinnbild, durch das eine Sehnsucht nach dem Transzendenten aufrecht erhalten wurde. Die kultivierte, das heißt, die rational durchdachte und "entzauberte" Natur konnte diese Sehnsucht nicht transportieren. (vgl. Trepl 2012: 119-131)
4 In diesem Denkmuster erklären sich dann Synonyme wie dem des Asphaltdschungels oder der Betonwüste.
5 Siehe hierzu: Körner (2001): Theorie und Methodologie der Landschaftsplanung, Landschaftsarchitektur und Sozialwissenschaftlichen Freiraumplanung vom Nationalsozialismus bis zur Gegenwart. Dissertation. - Schriftenreihe der Fakultät Architektur Umwelt Gesellschaft - Nr. 118. Berlin.Körner, S./Eisel, U./Nagel, A. (Hrsg.) (2003): Naturschutzbegründungen. Bonn.
6 Wie dargestellt, gibt es nicht eine Ideallandschaft. Schöne Landschaft ist gewachsene und entsprechend dem Land und deren Bewohnern sinnvoll kultivierte Natur, so dass sich Eigenart und Vielfalt je nach Region (etwa der Toskana etc.) in anderer Weise ausdrücken.

Literatur

Hard, G. (1997): "Was ist Stadtökologie?" - Argumente für eine Erweiterung des Aufnahmehorizonts ökologischer Forschung. S. 100-113. In: Erdkunde. 1997, Band 51.
Kirchhoff, T. (2012): Natur - Landschaft - Wildnis. Unter: www.bpb.de/gesellschaft/umwelt/dossier-umwelt/76052/natur-landschaft-wildnis [Zugriff: 27.11.2015]
Lange, V. (2012): Blumenwiesen in Kassel - Attraktive und pflegeleichte Blühflächen für die Stadt. In: Stadt + Grün. 2012, Jg. 61, Nr. 9. Berlin. S. 33-37.
Rücker, K. (2012): Mössingen macht's möglich. Großflächige Blumenansaaten. In: Gartenpraxis. 38. Jahrgang. Heft 9. 70-75.
Stadt Mössingen (o.J.a): www.blumenstadt.eu. Die Anfänge der Blumenstadt Mössingen. www.blumenstadt.eu/moessingen/anfaenge.html [Zugriff: 26.03.2014]
Stadt Mössingen (o.J.b): www.blumenstadt.eu. Mössingen, die Blumenstadt. www.blumenstadt.eu/moessingen/blumenwiesen.html [Zugriff: 26.03.2014]
Tessin, W. (1981): Anmerkungen zur ästhetischen-symbolischen Funktion städtischen Grüns. In: Das Gartenamt, 30 (1981).
Trepl, L. (1992): Natur in der Stadt. In: Deutscher Rat für Landespflege (1992). Heft 6, Meckenheim. S. 30-32.
Trepl, L. (1998): Die Natur der Landschaft und die Wildnis der Stadt. (in leicht abgewandelter Form erschienen in: Kowarik, I./E. Schmidt/B. Sigel (Hrsg.) (1998): Naturschutz und Denkmalpflege. Zürich. S.77-88). Unter: www.wzw.tum.de/loek/publikationen/abstracts/224.pd... [Zugriff: 15.03.2014]
Trepl, L. (2012): Die Idee der Landschaft. Bielefeld.


Dipl.-Ing. Alexander Siebert
Autor

Landschaftsarchitekt und MSc. Landschaftsbau in Kassel

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