Clementine Kinderhospital mit grünem Patio für viele Nutzungen

Ein Innenhof als Kindertrost

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Innenhöfe Landschaftsarchitektur
Die Kunst am Bau im Hof würdigt die ­ehemalige Vorsitzende des Stiftungsvorstands. Dr. Barbara Reschke schied nach ­14 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit im Jahr der Hofeinweihung aus dem Gremium aus. Foto: Thomas Herrgen

Weinende Kinder, besorgte Mütter und Väter, Visiten, Diagnosen und kleine Krankenbettchen, das ist der Alltag in Kinderhospitälern überall. Mit Süßigkeiten, Luftballons, manchmal auch Clowns soll den kleinen Patienten das Leben im Krankenhaus halbwegs angenehm gestaltet werden. Dass auch ein Garten, der gezielt Kinder anspricht zu einer kinderfreundlichen Atmosphäre beitragen kann, bewies das Clementine Kinderhospital in Frankfurt am Main. Es realisierte bis 2011 eine Art "Märchengarten" für seine kleinen Patienten. Inzwischen ist die Anlage gut eingewachsen, sie funktioniert und erfüllt genau ihren Zweck.

Die Aufgabe für Landschaftsarchitekten, Freiräume für Kinder zu planen, ist eine Herausforderung, birgt aber auch viel Potenzial. Die Entwerfenden können ihrer Phantasie freien Lauf lassen und mit ein bisschen Glück auch ungewöhnliche Ideen umsetzen, wie bei der Neugestaltung der Freianlagen des Frankfurter Kinderhospitals.

Das in die Jahre gekommene Krankenhaus war seit 2004 für insgesamt zehn Millionen Euro erweitert, umgebaut und modernisiert worden. Auch der hinter dem Eingangsfoyer liegende, etwa 400 Quadratmeter große Hof sollte in diesem Zusammenhang eine signifikante Aufwertung erfahren. So entschied sich der Bauherr für einen beschränkten Wettbewerb mit drei eingeladenen Teams, bestehend aus Architekten, Künstlern oder Designern und Landschaftsarchitekten. Der daraus hervorgegangene Siegerentwurf eines Teams der Technischen Universität Darmstadt mit dem Titel "el recreo" - Ort der Erholung oder Pausenhof - gewann unter anderem mit der Idee, den Hof mit einander gegenüber stehenden echten und imitierten Bäumen, konkret mit Silhouetten aus Metall auszugestalten.

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Innenhöfe Landschaftsarchitektur
Kunstwerke aus Metall spiegeln als Silhouetten ihr jeweiliges grünes Pendant. Auch die Bänke wurden eigens für das Projekt entworfen und nehmen die Materialität der Kunst auf. Foto: Thomas Herrgen
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Das Spielpferdchen Josephine mit Rutsche und Klettereinrichtung, das zuvor im Innenraum stand, fand nun einen zentralen Platz im Hof auf Kunstrasen (inkl. Fallschutz). Die kleinen Patienten haben ihre Freude daran. Foto: Thomas Herrgen

Sonnenlicht und Schatten bei Tag, sowie Spots bei Nacht sollten die Kulissen rund um die Uhr in Szene setzen. Eigenwillige Bänke, ein aus dem Bestand vorhandenes Spielgerät und thematische Pflanzbeete ergänzten das Konzept. Im Mai 2011 wurde der 28 mal 14 Meter große Hof hinter dem gläsernen Eingangsfoyer eingeweiht und erfreut sich seither großen, vor allem kindlichen Zuspruchs. Er ist zugleich Trost und Hoffnung für die kleinen Patienten. Mit seinen Schriftzügen, Kulissen, Pflanzen und dem Spiel-Pferd "Josephine" ist er ein Ruhepol und Kraftquell, ein Stück Poesie mitten in der turbulenten Stadt. Wer den Außenraum betritt, vermutet fast, sich in einem "Märchenwald" zu befinden. Nach mehreren Jahren ist er nun eingewachsen und funktioniert genau so, wie es das Konzept vorsah.

Gegliederte Flächen im Entwurf

Architekt Oliver Hantke schwebte eine gegliederte, strukturierte Fläche mit kulissenhaften Einbauten vor. Streifenartige Beete innerhalb einer befestigten Fläche lieferten die Grundstruktur. Hantke und Rainer Kurka steuerten gemeinsam die Idee der Baumsilhouetten bei, die an die kindliche Abstraktion beim Malen und Zeichnen von Bäumen erinnern sollen. Schließlich war es an Landschaftsarchitektin Lydia Specht (Büro "Die Grille"), den Pflanzbeeten Leben einzuhauchen und für die drei Metallbäume jeweils ein echtes Pendant zu finden. Die Idee überzeugte und wurde zwischen Oktober 2010 und Mai 2011 umgesetzt. Dabei kam es auch mehrfach zu Änderungen. Etwa der ursprünglich vorgesehene Plattenbelag, ein Kunststein aus eingefärbtem Weißzement, dessen Farbe an Travertin erinnern sollte, wurde ersetzt durch einen kleinformatigen Pflasterstein aus Beton mit Natursteinvorsatz (Hersteller: Rinn Beton). Auch die Lage der Beete wurde mehrfach verschoben und ein neues "Dornenbeet" hinzugefügt. Es liegt vor den Besprechungszimmern der Ärzte und soll neugierige Augen und Ohren fernhalten. Die Bepflanzung selbst hält jedoch auch (essbare) Früchte und interessante Blühaspekte bereit.

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Zur Hofeinweihung 2011 wurden noch Stauden hinzu gepflanzt, hier unter anderem Knifofien. Foto: Thomas Herrgen
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Bäume und Gehölze, wie diese Hortensie strukturieren und gliedern den relativ kleinen Raum, der dadurch größer wirkt. Foto: Thomas Herrgen
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Das breite „Dornenbeet“ vor den Arztsprechzimmern war initial mit stacheligen und dornigen Kleingehölzen sowie Stauden bepflanzt worden. Der inzwischen üppige Bewuchs soll allzu neugierige Ohren auf Abstand halten. Foto: Thomas Herrgen

Ausstattung mit Bänken wie "Wurzeln"

Das spielerische Hauptelement des Hofes ist das "Pferd Josephine", eine Spiel- und Rutschskulptur, die vorher im Foyer (innen) stand, deren Material aber auch für draußen geeignet ist. Sie erhielt im Umfeld einen Kunstrasenbelag, der mit einem weichen Unterbau auch als Fallschutz dient. Die Bänke im Hof sind eine Sonderanfertigung, basierend auf einem eigenen Entwurf der Planer. Sie sollen die Wurzeln der Hofbäume symbolisieren, die sich durch den Belag nach oben gewölbt haben. Die Metallbänke stehen zum Teil kommunikativ einander gegenüber. Die drei Metallsilhouetten als tragendes Element im Hof sind individuell verschieden. Sie stehen für eine Bambus-Gruppe, für einen Laubbaum (Ahorn) und für einen Nadelbaum (Ginkgo). Im Innern der hohlen Metallbäume mit Ausstanzungen, im Belag und in den Pflanzflächen sorgen Strahler für die Inszenierung bei Nacht, des direkt an das Foyer angrenzenden Freiraums. Sie komplettieren die Ausstattung und sorgen auch für die notwendige Sicherheitsbeleuchtung, denn der Innenhof ist zugleich auch ein Durchgangsaußenraum, mit verschiedenen Verbindungswegen zwischen den Krankenhaustrakten.

Pflanzenvielfalt auf kleinstem Raum

Neun verschiedene Beete beleben den ansonsten versiegelten Hof. Je nach Lage und/oder Funktion erhielten die Stauden- und Gehölzflächen eigene Namen. Gleich hinter dem Foyer, das bodentiefe Glasflächen hat, liegt das "Fenster Beet". Es ist geprägt von Anemone japonica 'Honorine Jobert' (Japan-Anemone), Cimicifuga racemosa var. cordifolia (Silberkerze), Helleborus niger (Christ-Rose), verschiedenen Hosta (Funkien), Lilium regale (Königs-Lilie) und den Bodendeckern Luzula nivea (Schneemarbel) und Vinca minor 'Alba' (Kleines Immergrün, weiß blühend). Im Frühling setzen zahlreiche Zwiebeln Tulipa greigii 'Pinocchio' blühende Akzente. Entsprechend seinem Namen wachsen im "Dornen Beet" vor allem Rosen mit Duftaspekt (R. 'De Rescht', R. multiflora), mediterrane, duftende Halbsträucher und Kräuter, so etwa Thymian und farbenfrohe Blüher wie die Spornblume (Centranthus ruber). Sie füllen die Ritze zwischen der groben Steinschüttung und lassen das Beet als aufgebrochene Kruste mit Spontanvegetation erscheinen. Das schattige Pendant vor der Hauswand gegenüber ist das "Farn-Beet". Zwei weitere Beete betonen den Sommer- (z. B. Veronica und Achillea) und den Herbstaspekt (Astern). Die drei "Baumbeete" sind durch ihren jeweiligen Hauptakteur gekennzeichnet, einen Ginkgo (Ginkgo biloba), einen Kugelahorn (Acer platanoides 'Globosum') und verschiedene Bambus (Phyllostachys und Pseudosasa), unterpflanzt mit Stauden, Gräsern und Frühlingszwiebeln.

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Im Pflanzplan spiegelt sich der unterschiedliche Charakter der neun Einzelbeete nach Lage, Zweck und Ausschmückung wider. Zur Eröffnung waren über die Pflanzenliste im Plan hinaus spontan noch zusätzliche Stauden eingebracht worden. Abb.: Pflanzplan, Landschaftsarchitektin Lydia Specht

Nutzung nicht nur als Spielplatz

Der unter anderem vom Foyer des Haupteingangs aus erschlossene Hof ist zunächst ein ganz profaner fußläufiger Verkehrsweg, der als Verteiler in die Krankenhaustrakte fungiert. Alle Strecken können aber auch im Innern des Gebäudes, etwa bei Regen und Kälte bewerkstelligt werden. Für Eltern und Kinder dient der Hof auch als Aufenthaltszone für die ambulanten Sprechstunden und er ist mit seinen Bänken damit quasi auch ein "Wartezimmer im Freien". Die wichtigste Funktion ist jedoch die als Außenraum bei Besuchen, wenn Angehörige zu ihren Kleinen ins Krankenhaus kommen. Dürfen die Patienten aus medizinischer Sicht nach draußen, nutzen sie den Hof als Spielplatz, klettern im Josephine-Pferd, spielen Verstecken oder mit dem Ball. Für andere ist er - wenn gerade nicht (geräuschvoll) gespielt wird, eine Oase der Ruhe und im Sommer, bei großer Hitze spendet er durch verschattete Bereiche eine erfrischende Abkühlung. Nicht zuletzt ist er aber auch ein Erfahrungsraum für Kinder mit all seinen Pflanzen, Blüten, Früchten, auch Dornen und den Silhouetten, die wie vergrößerte Scherenschnitte von Kindern wirken.

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Bei Dunkelheit setzen Lichtspots die scherenschnittartigen Silhouetten und den gesamten Hof in Szene. Foto: Oliver Hantke

Kosten und Unterhaltung

Der Hof war von Beginn an als pflegeleichte Anlage konzipiert. Durch die Installation einer automatischen Bewässerung als Tropfrohrsystem kann während des Jahres auf manuelle Wassergaben verzichtet werden. Die Staudenbeete sollten, so die Planungsabsicht, mit der Zeit so dicht werden, dass mittelfristig auch das Jäten entfallen könne. Das wurde mit gewissen Abstrichen erreicht. Um das Wachstum der Bäume in Relation zur jeweiligen Silhouette zu begrenzen, wurden sie von Anfang an regelmäßig zurückgeschnitten. Die befestigten Pflasterflächen können leicht abgekehrt oder mit Wasser abgespritzt werden. Der Hof ist nicht unterkellert, alle Bäume haben somit Erdanschluss. Die Gesamtkosten von etwa 110.000 Euro inklusive der Kunstwerke, bei 400 Quadratmetern Fläche ergeben einen Index von 275 Euro pro Quadratmeter. Die Folgekosten für Pflege, Strom und Wasser variieren, liegen jedoch im Bereich des prognostizierten, niedrigen Niveaus. Der Hof ist zu Ehren der ehemaligen Vorsitzenden des Stiftungsvorstands als "Dr. Barbara Reschke Garten" benannt. Nach 14 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit schied Reschke 2011, im Jahr der Hofeinweihung, aus dem Gremium aus. Ein Schriftzug mit Libellen und Punkten ziert die Wand am Eingang zum Hof und unterstreicht den poetischen Charakter der Freianlage.

Entwicklung und Stand heute

Sechs Jahre nach seiner Einweihung hat sich die Pflanzung im Hof, wie zu erwarten, üppig entwickelt. Der Bambus ist fast so hoch wie seine zugehörige Metall-Silhouette, Ahorn und Ginkgo sind gut gewachsen, auch deshalb, weil der Hof nicht auf einer Tiefgarage liegt und die Gehölze tief ins Erdreich wurzeln können. Das "Dornenbeet" wird seinem Namen jetzt tatsächlich gerecht. Die Rosen, Halbsträucher und Kräuter sind darin so stark gewachsen, dass sie die Steine weitgehend kaschieren. Manche Stauden in den anderen Beeten sind jedoch verschwunden, durch Konkurrenzdruck oder Verschattung. Das Baumbeet unter dem (Kugel-)Ahorn ist nahezu völlig vegetationsfrei und die Tropfrohre der automatischen Bewässerung liegen frei, so auch im Beet gegenüber. Hier könnte durchaus mit Schattenstauden nachgepflanzt werden. Das helle Kleinpflaster, die weißen Metallbänke und -baumsilhouetten zeigen hingegen noch immer die gleiche Optik wie zu Beginn, mit einem gewissen Patinaansatz. Baulich wurde nichts verändert, ergänzt oder gar entfernt und so funktioniert der grüne Innenhof nach wie vor als das, wofür er angelegt wurde, als geschützter Raum und Oase für Spiel, Erholung und Kindertrost.

Projektdaten

  • Lage: Clementine Kinderhospital Dr. Christ'sche Stiftung,
    Theobald-Christ-Straße 16, DE-60316 Frankfurt am Main
  • Größe: Innenhof ca. 400 m²
  • Bauherr: Verein Frankfurter Stiftungskrankenhäuser e. V.,
    Nibelungenallee 37-41, DE-60318 Frankfurt am Main
  • Besonderes: Ergebnis eines Einladungswettbewerbs
    zwischen den Professionen Hochbau Architektur, Landschaftsarchitektur und Kunst
  • 3 Teilnehmer:
  • 1. msm architecture design consultancy, Darmstadt
  • 2. Neuhahn und Kresse Landschaftsarchitekten, Darmstadt
  • 3. Technische Universität Darmstadt
  • Planung: künstlerisch gestalteter Innenhof:
  • HOAI-LPH 1-3 TU Darmstadt/Oliver Hantke und Prof. Ariel Auslender,
    FG Plastisches Gestalten, FB 15 TU Darmstadt
  • HOAI-LPH 5-8 Landschaftsarchitektur:
  • Arbeitsgemeinschaft üD studio / Oliver Hantke, die-grille / Lydia Specht
  • Pflanzplanung: Lydia Specht, Landschaftsarchitektin Frankfurt am Main
  • Skulpturen: Oliver Hantke und Rainer Kurka
  • Hochbau: msm architecture design consultancy, Darmstadt
  • Fachbeteiligte: Beleuchtung: Planung und Bau Fa. Eilingsfeld, Frankfurt am Main
  • Statik (Skulpturen): Bollinger und Grohmann, Frankfurt am Main
  • Ausführung: Landschaftsbau/Bewässerung: Säger Landschaftsbau, Darmstadt
  • Pflanzenlieferung:
  • Bäume: Bruns, Bad Zwischenahn
  • Stauden: Fehrle Stauden, Schwäbisch Gmünd
  • Bauzeit: Landschaftsbau > 11/2010 bis 05/2011
  • Hochbau > 2004 bis 2011
  • Kosten: Innenhof ca. 110.000,- EUR
  • [Gesamtprojekt inkl. Hochbau ca. 10 Mio. EUR]



Weitere Informationen

www.clementine-kinderhospital.de

www.ckh-stiftung.de

www.architektur.tu-darmstadt.de

www.uedstudio.com

www.die-grille.net

Dipl.-Ing.(FH) Thomas Herrgen
Autor

Landschaftsarchitekt

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