Auf den gartenkulturellen Spuren von Kaiser Franz I.

Ein Monarch mit grünem Daumen

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Historische Parks und Gärten
Legendenbildung: Der bürgerlich gekleidete Kaiser Franz (links) fährt einen Bauer auf dem Laxenburger Teich, Gemälde von Johann Peter Krafft (Kopie), 1837. Foto: Schlossmuseum Artstetten

Erzherzog Franz - der spätere Kaiser Franz II. des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation, ab 1804 Franz I., Kaiser von Österreich - kam als erstgeborener Sohn des Großherzogs der Toskana und späteren Kaisers Leopold II. und Maria Ludovica von Spanien im Palazzo Pitti in Florenz zur Welt. Er galt bereits im Kindesalter als Thronfolger, da sein Onkel Kaiser Joseph II. kinderlos blieb. Nachdem er seine Jugendjahre in Florenz verbracht hatte, wurde er im 17. Lebensjahr nach Wien geschickt, um hier auf seine spätere Aufgabe als Monarch vorbereitet zu werden. Nach dem plötzlichen Tod seines Vaters im Jahr 1792 wählte man ihn zum Kaiser. Nach 43 Jahren Regentschaft starb Franz im Alter von 67 Jahren in Wien. An dieser Stelle soll uns nicht sein politisches Erbe interessieren, sondern seine Beziehungen zu Gartenbau und Gartenkultur - und somit sein gärtnerisches Erbe.

Mythos Gärtnerlehre

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Undatiertes, bürgerliches Portrait von Kaiser Franz I. Foto: Wikimedia, gemeinfrei
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Kaiser Franz mit den Hofgärtnern Franz Antoine Vater (d. Ä.) und Sohn (d. J.). Aus: „Der Blumenkaiser“ von Josef Pfundheller, 1881. Foto: Christian Hlavac

Ein Autor, der das Bild vom "gartelnden" Kaiser Franz deutlich prägte, war der ab 1840 als Schriftsteller und Journalist tätige Joseph Pfundheller (1813-1889). Daneben arbeitete er als Dramatiker und veröffentlichte mehrere Bühnenstücke. Deshalb verwundert es nicht, dass sein 1881 erschienenes Werk "Der Blumenkaiser", in dem er sich ausschließlich Kaiser Franz und seinen Gärten widmete, eher als Bühnenstück denn als eine seriöse Biographie wirkt. Er beschreibt die kaiserlichen Gartenanlagen, berichtet über die Arbeit von Hofgärtner Franz Antoine den Älteren und seine Mitarbeiter und entwirft ein sehr lebendiges Bild von Franz als Gärtner. Es gibt kaum eine Seite, auf der nicht auf Franz' gärtnerische Tätigkeiten hingewiesen wird und eine theatralische Geschichte erzählt wird. Pfundheller zufolge verbrachte der Kaiser einen Großteil seiner Zeit in seinen Gärten. So schreibt er beispielsweise: "Oft fand sich der eine oder der andere Bruder des Kaisers im [privaten] Garten [bei der Wiener Hofburg] ein, um entweder mit der Majestät über eine dringliche Angelegenheit zu conferieren oder Aufträge des Kaisers entgegenzunehmen. Dann traf es sich, dass der betreffende Erzherzog den Kaiser schon in der Ferne sah, der mit einem Eifer zu arbeiten pflegte, dass oft der Schweiss aus allen Poren drang. […] Eine grosse Thätigkeit entwickelte Kaiser Franz im Glashause. Dort katalogisierte er, schrieb die Namen der auszusetzenden Pflanzen auf Hölzchen oder übertrug Sämlinge und Setzlinge aus der 'Vermehrung' in Töpfe. […] Seine Blumen hütete er, wie im 'Garten', so in dem 'Gewächshause' mit Argusaugen. Niemand durfte es wagen, auch nur eine Blüthe abzuschneiden, geschweige denn ein Bouquet zu binden."

Trotz der Anekdoten und den Dialogen in direkter Rede ist das Werk von Joseph Pfundheller nicht gänzlich als Produkt seiner Phantasie einzustufen, da er auf Erzählungen von Hofgartendirektor Franz Antoine den Jüngeren zurückgreifen konnte, die einen gewissen Realitätsgehalt gewährleisten. Die gärtnerischen Neigungen und Interessen von Kaiser Franz waren aber auch durch die patriotische Presse in Umlauf. Bis in unsere Zeit wird daher Kaiser Franz in der Literatur als "Blumenkaiser" bezeichnet.

In diese anekdotenhafte Geschichtsschreibung passt die Legende um eine Gärtnerlehre. Seit einigen Jahrzehnten findet man in der Populär- und Fachliteratur die perpetuierte und nie mit Primärquellen versehene Behauptung, Kaiser Franz hätte eine Gärtnerlehre absolviert. Nach altem Brauch hätten nämlich alle männlichen Habsburger ein Handwerk erlernen müssen. Trotz intensiver Suche lässt sich aber keine einzige Primärquelle finden, die diese Lehre bestätigen würde. Die Rahmenbedingungen der damaligen Ausbildung von Erzherzögen, wie zum Beispiel der extrem straff organisierte Stundenplan, zeigen, dass alles gegen und nichts für eine geregelte Ausbildung von Franz als Gärtner spricht. Er dürfte als Kind und Jugendlicher Interesse am Thema gehabt, die Boboli-Gärten in Florenz als persönlichen Lernort und Experi-mentierfeld genutzt und sich so ein hohes Wissen an Botanik und Gartenbau angeeignet haben. Damit wurde eine Basis für das lebenslange Interesse an Botanik, Gartenbau und Landwirtschaft geschaffen. Dieses äußerte sich auf vielfältige Weise: Zum einen kümmerte er sich aktiv um die Gartenkunst und Gartenpflege in eigenen Anlagen, zum anderen förderte er Bereiche wie die Blumenmalerei und die wissenschaftliche Sammlung und Dokumentation von Pflanzen. 1807 begründete Franz das botanische Hofkabinett, und 1812 ließ er an der kaiserlichen Akademie der bildenden Künste in Wien einen Lehrstuhl für Blumenmalerei einrichten. Daneben finanzierte der Kaiser die Stelle eines "Hofbotanikmalers", der in seinem Auftrag Pflanzen detailliert illustrierte. Die Werke gingen in dessen Privatbibliothek ein, in der Franz einen beachtenswerten Bestand an botanischen Werken besaß. Am stärksten äußerte sich die Pflanzenliebe in der Anlegung und Pflege seiner zahlreichen privaten Gartenanlagen in Wien und dem heutigen Niederösterreich. Im Vergleich zu seinen Nachfolgern investierte Franz nachweislich viel Geld in den Kauf, den Erhalt und vor allem die gärtnerische Ausgestaltung seiner Anwesen.

Großgrundbesitzer

Es fällt auf, dass Kaiser Franz über viele Jahrzehnte vor allem im westlichen Niederösterreich (Donauraum) sowohl Schlösser samt Gärten als auch Wirtschaftshöfe aufkaufte. Alleine neben dem Schlossgut Artstetten (Bezirk Melk) erwarb Kaiser Franz im Zeitraum von 1796 bis 1828 im Umkreis von weniger als 20 Kilometern 15 Schlösser mit Gärten und Parks. Das Geld für den Ankauf der Liegenschaften stammte aus seinem Privatvermögen, welches zum Teil aus dem Erbe seines Großvaters Franz Stephan von Lothringen stammte. Dieser hatte die Trennung von kaiserlichem Staatsvermögen und Privatvermögen der Familie Habsburg-Lothringen eingeführt. Einige der im Besitz von Kaiser Franz befindlichen Schlösser waren unbewohnt oder beherbergten nur einen Verwalter. Sie dienten über die Jahre unterschiedlichen Funktionen: als Wohnungen für Familienmitglieder oder als Beamtenwohnungen, als Jagdschloss, Witwensitz oder als privater Rückzugs- und Erholungsort. Manche der Schlösser wurden später zu landwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Versuchsanstalten umgewandelt; einige wenige blieben bis heute privat, wie zum Beispiel Persenbeug oder Artstetten. Welche Gründe Kaiser Franz für seine Ankäufe auch besessen haben mochte, viele seiner Besitzungen umfassten jedenfalls Gartenanlagen, die gestaltet und regelmäßig gepflegt werden mussten. Ein Hauptaugenmerk bei der Gartenpflege lag zweifelsohne auf den Gartenanlagen in der Residenzstadt Wien. Vor allem jene im Hofburgkomplex erhielten viel Aufmerksamkeit und Fürsorge. Laut Pfundheller verbrachte Kaiser Franz viele Stunden persönlich in diesen Anlagen. Einer dieser privaten kaiserlichen Gärten war der heute vollkommen vergessene Terrassengarten im südöstlichen Bereich des Hofburgkomplexes. Die Terrasse gewährte einen weiten Blick in Richtung Vorstädte, war selbst aber nicht einsehbar. Zudem grenzte sie unmittelbar an Privaträume, wodurch er raschen Zugang ins Freie beziehungsweise in die Glashäuser hatte. Im Zentrum der Anlage befand sich das Glashaus. Sein Mittelbau diente als Blumensalon. Die beiden Flügelbauten dienten als Aufstellungsort für exotische Pflanzen und Tiere. Es befanden sich besonders Fettpflanzen und eine Abteilung mit brasilianischen Vögeln und Tieren in der Anlage. Ebenso bevölkerten Papageien, Affen, Schildkröten und Krokodile den Glashauskomplex. Entlang der südlich orientierten Fassade waren Blumenkästen und Mistbeete aufgestellt. Da sich die Gewächshäuser beim Tod von Kaiser Franz in schlechtem Zustand befanden und mit dem Kaisergarten bei der Burg eine neue, prachtvolle Anlage vorhanden war, wurde der Terrassengarten zwei Jahre nach dem Ableben von Franz abgetragen.

"Wunderkammer" Kaisergarten

Die Entwicklungsgeschichte des heute als Wiener Burggarten bekannten Parks begann während der Napoleonischen Kriege, als Napoléon Bonaparte 1809 vor dem Abzug seiner Truppen die sogenannte Burgbastei sprengen ließ. Kaiser Franz beauftragte, eine neue architektonische Lösung für den frei gewordenen Raum vor der Hofburg zu finden. Die Verteidigungsanlagen wurden weiter auf das Gelände des unverbauten Glacis´ hinaus verschoben. Den vermehrten Platz nutzte man auch für die Anlage von zwei neuen Gartenanlagen: Im Westen entstand der öffentlich zugängliche Volksgarten und im Osten ein neuer Hofgarten, der den bestehenden Terrassengarten ergänzen sollte. Dieser neue Hofgarten, der auch "Kaisergarten" genannt wurde, war ausschließlich der privaten Nutzung durch den Kaiser vorbehalten. Umgesetzt wurde der Grundplan für diesen privaten Garten von 1818 bis 1820 durch den Hofgärtner Franz Antoine den Älteren. Der auf einer etwa dreieckigen Grundfläche gelegene Garten enthielt drei parallel geführte Alleen, mehrere terrassierte, gerade geführte Wege, eine Achse mit mittlerem Springbrunnen und in den so entstandenen Quartieren etliche geschlängelte Wege. Im Sommerhalbjahr dienten große Bereiche dieses teils regelmäßig bepflanzten, teils im Landschaftsgartenstil gehaltenen Gartens der Aufstellung zahlreicher Kübelpflanzen der Glashausanlage, darunter eine Sammlung von Neuholländern. Die an der Umfassungsmauer etagenförmig angelegte Anlage enthielt auch eine Sammlung von in Österreich heimischen Baumsorten, insbesondere Obstbäumen.

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Der Wiener Burggarten (einst der private Hofgarten) mit dem neuen Palmenhaus. Foto: Christian Hlavac
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Die Wiener Burg im Jahre 1825 (Ausschnitt mit dem privaten Hofgarten, dem heutigen Burggarten), Lithographie von Franz Orlitsek. Aus: Wien, seine Geschicke und seine Denkwürdigkeiten, 1825. Foto: Christian Hlavac
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Die Wiener Burg im Jahre 1825 (Ausschnitt mit dem Volksgarten), Lithographie von Franz Orlitsek. Aus: Wien, seine Geschicke und seine Denkwürdigkeiten, 1825. Foto: Christian Hlavac
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Theseustempel im Wiener Volksgarten. Foto: Christian Hlavac
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Strelitzia juncea, Johann Jebmayer für das Florilegium B des Kaiser Franz, nach 1824. Die dargestellte Pflanze blühte 1824 im kaiserlichen Reservegarten auf der Landstraße. Foto: ÖNB

Der optische und botanische Höhepunkt dieses Hofgartens war das von Louis Remy entworfene Glashaus. Mit einer Länge von 130 Metern wurde es zwischen 1820 und 1822 als der Hofburg vorgelagerter, nordöstlicher Abschluss errichtet. Es gliederte sich in fünf Bereiche: in den Mittelbau mit dem Blumensaal, in zwei gläserne Seitenflügel - die eigentlichen Pflanzenhäuser - und in die beiden Kopfbauten. Die Pflanzenhäuser enthielten einheimische und exotische Pflanzen, vor allem aber eine Vielzahl an Pelargonien, die zu jener Zeit zu den Modepflanzen zählten. Die Pflanzen im Glashaus waren teils auf Stellagen, teils direkt in die Erde gepflanzt. Um 1830 enthielt der Gewächshäuserkomplex auch die "Vegetation des Vorgebirges der guten Hoffnung und der Inseln von Australasien [sic]". Palmen und andere Gewächse standen zu jener Zeit frei in der Erde. Der Salon im Mitteltrakt war mit einem Blumentheater von mehreren tausend Töpfen versehen. Sitzmöglichkeiten luden zur Rast ein und ermöglichten das Beobachten frei umherfliegender Singvögel.

Kaiser Franz war, wie zeitgenössische Quellen zeigen, sehr oft in seinem Hofgarten und den Gewächshäusern anzutreffen. So schrieb Carl Ritter zwei Jahre vor dem Tod des Kaisers: "Allerhöchstseine Majestät unser allergnädigster Kaiser bringen hier selbst fast täglich ein Paar Stunden der Erholung zu, und beschäftigen sich als ausgezeichneter Kenner mit Ihren lieblichen Pflanzenkindern." Vor allem ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es zu Veränderungen in den Außenbereichen. Kaiser Franz Joseph I. ließ den Remy'schen Gewächshäuserkomplex 1901 abreißen und an seiner Stelle das noch heute bestehende Palmenhaus nach Plänen von Friedrich Ohmann errichten.

Volksgarten

Die durch die Abtragung der Befestigungsanlagen an der Hofburg gewonnene Freifläche wurde ab 1817 auch zum Bau des sogenannten Volksgartens genutzt. Als "Volk" meinte man damals den Adel und das aufstrebende Bürgertum. Entgegen der vorherrschenden Mode des Landschaftsgartens wurde der neue, nach den Plänen von Louis Remy angelegte Volksgarten im regelmäßigen Stil entworfen. Am 1. Mai 1823 wurde der Garten der Öffentlichkeit übergeben. Es ist somit der älteste eigens für die Öffentlichkeit bestimmte Garten Wiens und gleichzeitig ein frühes Beispiel für eine öffentliche Grünanlage in Europa. Durch eine Toranlage gelangten die Spaziergänger in den Garten auf den heute noch vorhandenen halbkreisförmigen Platz, in dessen Mitte man ein Bassin mit Springbrunnen anordnete. Von dort gehen fünf radial angeordnete Alleen in den Garten, dessen Rasenkompartimente mit regelmäßigen Baumpflanzungen aus Linden, Spitzahornen, Ulmen und kanadischen Pappeln sowie einigen kleineren Blumenpflanzungen versehen waren. Der zentrale Blickpunkt der Anlage war und ist noch heute der 1823 vollendete Theseustempel. Der Volksgarten dürfte als beliebter Ort für Spaziergänge der oberen Gesellschaftsschicht der befestigten Stadt rasch an Bedeutung gewonnen haben. Trotz der Umbauten und Erweiterungen - wie der Errichtung des secessionistischen Denkmals für Kaiserin Elisabeth - haben sich die Grundstrukturen des Volksgartens bis heute erhalten.

Der Host'sche Garten

Ein Garten, der sich nicht in unmittelbarer Nähe des Hofburgkomplexes befand, in dem sich Kaiser Franz aber intensiv mit Pflanzen aus dem eigenen Kaiserreich beschäftigten konnte, war der sogenannte Host'sche Garten. Er wurde bereits 1793 in kaiserlichem Auftrag südöstlich des Oberen Belvederes im Bereich des einstigen Küchengartens anlegt. Bei dem Garten handelte es sich um einen botanischen Garten, dessen Sammlungsschwerpunkt auf der Flora der habsburgischen Kronländer lag. Da er durch den Leibarzt von Kaiser Franz, Nicolaus Thomas Host (1761-1834), angelegt wurde, erhielt er später den Namen "Host'scher Garten". Obwohl der Garten öffentlich nicht zugänglich war, konnte er bei Nachfrage besichtigt werden. Ab 1865 wurde das ursprünglich ebene Terrain des Gartens mit Felsen versehen und der Garten als verkleinertes Abbild einer alpinen Landschaft gestaltet. Aus dieser Sammlung heraus entwickelte sich unter anderem der heutige Alpengarten Belvedere.

Der kaiserliche Reservegarten

Um genügend Platz für die reichen Obstbestände der kaiserlichen Gärten und vor allem die zahlreichen exotischen Pflanzen zu haben, wurde 1804 der sogenannte Reservegarten auf der Landstraße nahe bei Wien angelegt. Da es einen Mangel an Vermehrungsflächen für die Pflanzen im Kaisergarten bei der Hofburg gab, wurden neben weiten Freiflächen auch notwendige Vermehrungshäuser und große Glashäuser für Warmpflanzen eingerichtet. Die erste ausführliche Beschreibung des Gartens lieferte der Mediziner Joseph August Schultes im Jahr 1818. In seinem Bericht streicht er vor allem den Reichtum an Obstbäumen und Reben hervor: In dem "ungeheuren Obstgarten" wurden demnach "alle in dem Klima von Wien gedeihenden Obstsorten gezogen. […] Dieser Obstgarten, vielleicht der größte in irgend einer Hauptstadt in Europa, wird von den wohlthätigsten Folgen für die Monarchie, indem Pfropfreiser von allen Sorten an die Freunde der Obstbaumzucht in der Stadt und auf dem Lande abgegeben werden."

Die Pflanzenhäuser voll "Eleganz und Reinlichkeit" beeindruckten auch den Geographen Carl Ritter, der 1833 einen Beitrag über "Gärten und Gartenkunst in Österreich" vorlegte. In diesem berichtete er voller Bewunderung von den vielen exotischen Pflanzen im Reservegarten: "Keiner von den k.k. Gärten ist so wenig gekannt als eben dieser, welcher aber durch den erst vor ein paar Jahren vollendeten Bau der sehr ansehnlichen Glashäuser, und die unermeßlichen Pflanzenschätze, welche darin aufbewahrt werden, unsre ganze Aufmerksamkeit verdient. Dort bewundern wir die Feinheit und Zartheit der Pflanzen aus Neuholland [Australien] und den übrigen Insel-Gruppen des stillen Oceans; das pittoreske der sonderbar gestalteten Fettpflanzen dem Vorgebirge der guten Hoffnung angehörig, die alle mehr einer gemäßigteren Zone angehören; hier aber werden wir mit einer neuen Pflanzenwelt, mit der Vegetation der heißen Zone, mit den Bäumen und Pflanzen der Länder unter dem Aequator bekannt. Hier sehen wir den Kaffehbaum mit Früchten beladen, das Zuckerrohr, das Bambusrohr, die Baumwolle, den Indigo, den Cacao, die indischen Gewürzpflanzen, das Campecheholz, den Mahagonie; aber auch einen Theil des Obstes der heißen Zone, als: die Bananenfrucht, die Mammea, die Cocos, die Anninen (Annona), die Jambusen (Eugenia) u.s.w., die bis jetzt nur den Botanikern, unter dem Publicum aber noch wenig bekannt sind, und eine Menge fremdartig gestalteter Waldbäume. […] Strelitzien blühen fast das ganze Jahr hindurch, selbst die seltene Strelitzia juncea blühte schon einige Mahle. Das von den Chinesen so allgemein geschätzte Nelumbium Speciosum entzückt alle Jahre durch seine schönen rosenfarbigen Blumen das Auge des beschauenden."

Unter dem Nachfolger von Kaiser Franz, Ferdinand I., wurden 1837 Teile des Gartens samt Glashäusern sowohl der eben gegründeten k. k. Gartenbaugesellschaft als auch der 1808 gegründeten k. k. Landwirtschaftsgesellschaft zur Verfügung gestellt. Letztere nutzte ihren rund 70.000 Quadratmeter großen Teil des Gartens für eine Obst- und Rebenschule sowie als Anbaufläche für neuartige Gewächse. Die Nutzung des Areals durch die beiden Gesellschaften war jedoch nur von kurzer Dauer: Bereits 1859 wurde der Garten von ihnen geräumt. Da das Gartenpalais 1945 durch Bomben zerstört und das Gelände anderwärtig verbaut wurde, gingen alle Reste der Anlage unwiederbringlich verloren.

Ritteratmosphäre in Laxenburg

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Der Rittergau mit der Franzensburg in Laxenburg. Foto: Stadt Baden/Christian Freydl/Christian Hlavac 2015
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Der Turnierplatz von Laxenburg. Foto: Christian Hlavac

Ab dem 14. Jahrhundert war die aus Wasserschloss, Wirtschaftshof und Mühle bestehende Anlage Laxenburg (Niederösterreich) im Besitz der habsburgischen Landesfürsten, die sie nach mehrmaligem Umbau als "Frühlingsresidenz" nutzten. Ab Ende des 18. Jahrhunderts kaufte Kaiser Franz neuerlich Flächen zu, ließ umfangreiche Parkgestaltungsmaßnahmen im landschaftlichen Stil vornehmen und ein Ensemble nach mittelalterlichem Vorbild errichten. Unter ihm wurde der Park vollendet, der heute 250 Hektar umfasst.

Die heute noch in Resten erhaltene barocke Gestaltung entstand in der Zeit von Maria Theresia und deren Ehemann Franz Stephan von Lothringen um die Mitte des 18.Jahrhunderts. Sie bestand aus einem sechsstrahligen Waldstern, dem Alleestern und einem barocken Kanal. Als neues Zentrum der Anlage wurde unter dem "Blumenkaiser" Franz der sogenannte "Rittergau" errichtet, der durch neogotische Bauten geprägt ist. Die "Gotische Brücke" führt zu der aus mächtigen Felssteinen gebauten "Felsengrotte" am Ufer des großen Teiches. Nicht unweit davon wurde das optische Herzstück des Rittergaues geschaffen: die Franzensburg. Ab 1798 entstand diese künstliche Burganlage in Form einer "gothischen Burgveste". Die vielfältige Einrichtung der pseudomittelalterlichen Burg besteht aus Originalstücken, die aus vielen Teilen der Monarchie zusammengetragen und im Inneren und Äußeren der Burg eingebaut wurden. Kurios wirkt heute der Turnierplatz, ein "Carroussel-Platz in altdeutscher Art", mit dessen Bau im Jahre 1798 begonnen wurde. Auf diesem ummauerten Platz ließ man Ritterspiele und Turniere in Kostümen abhalten. Der "Rittergau" sollte die jahrhundertelange Tradition habsburgerischer Herrschaft vermitteln. In Zeiten der Französischen Revolution und des von Napoléon infrage gestellten Vielvölkerreichs setzte Kaiser Franz auf Tradition und Kontinuität der Habsburgerherrschaft, die er mit mittelalterlichen Gebäuden versinnbildlichte. Vielleicht wollte sich Kaiser Franz als Ritter der Neuzeit sehen - als Symbol des kraftvollen Handelns in einer finsteren Zeit. Die Bauwerke des Rittergaus gaben jedenfalls auch Hinweise auf die Tugenden des Herrschers: Die 1801 bis 1804 errichtete Meierei ließ die vorbildhafte und rentable landwirtschaftliche Nutzung unter der verantwortungsvollen Leitung des Herrschers deutlich werden. Sinn der Meierei war es, dem einfachen, ländlichen Leben zu huldigen, den Besuchern einen landwirtschaftlichen Musterbetrieb zu zeigen und sie mit Produkten daraus zu versorgen. Dazu passte auch die 1808 errichtete Obstbaumschule mit Samenschule, Blumengärten und Blumenglashaus, welche 1907 aus Gründen der Unrentabilität aufgelöst wurde.

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Panorama von Persenbeug mit Schloss (links) und Garten (Mitte). Foto: Stadt Baden/Christian Freydl/Christian Hlavac 2015

Obstgarten Persenbeug

Das auf einem Fels stehende Schloss Persenbeug (Niederösterreich) kaufte Kaiser Franz im Jahre 1800. Ab diesem Zeitpunkt diente es ihm fast jedes Jahr als Sommersitz und Übernachtungsmöglichkeit bei Reisen Richtung Linz. Wie der schmale, rechteckige Garten genau ausgesehen hat, ist heute nur mehr schwer zu eruieren. Wie bei anderen Gärten war Kaiser Franz offensichtlich auch in Persenbeug die Förderung der Obstbaumkultur wichtig: Er ließ einen umfangreichen symmetrisch aufgebauten Zier- und Nutzgarten samt Obstbaum-Pflanzschule anlegen, um die ländliche Bevölkerung mit Edelreisern zu versorgen. Sein großes Interesse an der Kultur von Obstbäumen zeigen auch seine Kontakte mit anderen Fachleuten, so zum Beispiel mit Pater Rupert Helm, Pomologe und Verwalter einer großen Obstbaumschule in Leesdorf bei Baden (Niederösterreich), welche Kaiser Franz mehrmals besuchte. Diese Kontakte, die - teils heute noch vorhandenen - Gärten, die unter seiner Ägide entstanden, und seine Förderung der Pomologie und Landwirtschaft zeugen von seinem persönlichen Einsatz für Gartenbau und Gartenkunst. In dieser Hinsicht sollte die bisherige Bezeichnung "Blumenkaiser" für Kaiser Franz durch "Gartenbaukaiser" ersetzt werden.

Literatur

Hlavac, Christian, Göttche, Astrid (2016): Die Gartenmanie der Habsburger. Die kaiserliche Familie und ihr Gärten 1792-1848. Amalthea Verlag. Wien.

Pfundheller, Josef (1881): Der Blumenkaiser. Verlag Manz. Wien.

Riedl-Dorn, Christa (1989): Die grüne Welt der Habsburger. Botanik-Gartenbau-Expeditionen-Experimente. Naturhistorisches Museum Wien (Hrsg.). Wien.

Dr.- Ing. Christian Hlavac
Autor

Gartenhistoriker und Gartentouristiker am Zentrum für Garten, Landschaft und Tourismus, Wien

Zentrum für Garten, Landschaft und Tourismus

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