Ein neuer Landschaftspark für München Freiham

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Landschaftsparks Parks
Luftbild des neu entstehenden Münchner Stadteils Freiham mit der Lage des künftigen Landschaftsparks (grün markiert). Foto: Klaus Leidorf, Bearbeitung Astrid Hellweg

Am westlichen Stadtrand Münchens ist derzeit der neue Stadtteil Freiham im Bau. Auf einer Fläche von etwa 58 Hektar wird dabei als Teil der grünen Infrastruktur der Landschaftspark Freiham entstehen und sowohl die künftigen Anwohner als auch die angrenzenden Stadtteile mit öffentlichem Grün versorgen. Ende Juni 2017 wurde hierzu der Planungswettbewerb entschieden. Den ersten Preis in dem zweistufigen Wettbewerbsverfahren mit prozessbegleitender Bürgerbeteiligung erhielten Lützow 7 - C. Müller J. Wehberg Garten- und Landschaftsarchitekten, Berlin, die auch entsprechend der Empfehlung der Jury und der Genehmigung durch den Münchner Stadtrat mit der weiteren Planung beauftragt wurden.

Wettbewerbsaufgabe

In Freiham soll auf einer Fläche von rund 190 Hektar ein neuer Wohnstandort für circa 25.000 Einwohner entstehen (Freiham Nord). Am westlichen Rand des Wohngebietes soll der neue Landschaftspark Freiham für die angrenzenden Stadtquartiere und -bezirke einen Großteil der Freiflächenversorgung übernehmen und der Naherholung und aktiven Freizeitgestaltung dienen. Darüber hinaus wird er, wie alle anderen großen Münchner Parks, eine überörtliche Anziehungskraft entfalten und gezielt auch aus weiter entfernten Stadtquartieren und den Nachbargemeinden aufgesucht werden.

Die Stadt München hat eine bekannte Tradition der Parkentwicklung, obwohl sie heute eine der am dichtesten bebauten Großstädte Deutschlands ist. Neben den Isarauen und dem Englischen Garten prägen der Nymphenburger Park mit dem naheliegenden Hirschgarten, der Olympiapark, der Ostpark, der Westpark und der Landschaftspark Riem die Stadt. Im historischen Kontext repräsentieren alle diese Parks einen bestimmten Abschnitt der Gartenbaukunst und sind heute für die Bürgerinnen und Bürger wie auch Besucherinnen und Besucher der Stadt vielfältig nutzbarer Freiraum, ermöglichen Naturerlebnis in der Stadt und tragen zur Identität des Umfelds bei.

Der neue Landschaftspark Freiham soll diese Tradition fortsetzen und unter funktionalen, gestalterischen und ökologischen Gesichtspunkten zu einem zukunftsweisenden Landschaftspark entwickelt werden. Hierzu wurde auf Grundlage des Aufstellungsbeschlusses für einen Bebauungsplan mit Grünordnung und einer Rahmenplanung für den Landschaftspark ein landschaftsplanerischer Ideenwettbewerb einschließlich Realisierungswettbewerb für den ersten Bauabschnitt vorbereitet. Das Verfahren wurde als nicht offener Wettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren in zwei Wettbewerbsstufen gemäß den Richtlinien für Planungswettbewerbe durchgeführt.

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Der neue Landschaftspark in Freiham. Perspektive des Siegerentwurfes, Blick von Süd nach Nord. Planung: Lützow 7 – C. Müller J. Wehberg, Garten- und Landschaftsarchitekten, Berlin

Gegenstand der 1. Wettbewerbsstufe, dem "Konzeptwettbewerb" war der Entwurf eines grundlegenden landschafts- und freiraumplanerischen Gestaltungskonzeptes für den späteren Gesamtbereich des Landschaftsparks Freiham zwischen der A 99 im Westen, der künftigen Siedlungsgrenze im Osten, der S-Bahnlinie München-Geltendorf im Norden und der Bodenseestraße im Süden. Hierbei waren die Einbindung des Landschaftsparks in das Freiraumgefüge der Umgebung sowie die Anbindung an bestehende und geplante Siedlungsbereiche und die Hauptfußwege- und Radwegeverbindungen gefordert; des Weiteren ein Gesamtkonzept zur Gestaltung und Nutzung des Landschaftsparks mit Grünstrukturen und Vegetationselementen, Spiel- und Erholungsangeboten, einem zweckmäßigen Wegenetz sowie der Anbindung an die umliegenden bebauten und unbebauten Bereiche. Der neue Stadtteil Freiham soll inklusiv gebaut werden, so dass auch der Park selbstverständlich barrierefrei und inklusiv sein wird.

Besondere Herausforderungen an die Planung stellten dabei folgende Rahmenbedingungen dar:

  • Der langgestreckte, schmale Grundstückszuschnitt mit zwei Kilometer Länge und 200 bis 400 Meter Breite sowie ein zehn Meter hoher Lärmschutzwall als westliche Begrenzung zur Autobahn A 99.
  • Die den Park mittig in Ost-West-Richtung querende, tiefer gelegte, künftige Erschließungsstraße zwischen neuem Wohngebiet und Autobahn A 99, die mit zwei 60 Meter breiten, zirka sechs Meter über Geländeniveau hinausragenden Landschaftsbrücken überquert wird.
  • Bis zu zwei Meter hohe Niveauunterschiede entlang der neuen Stadtkante im Nordosten des Planungsgebietes, die einen barrierefreien Übergang zwischen tieferliegendem Parkgelände und Stadtquartier erfordern.

An Nutzungen waren Spielflächen, insbesondere für Jugendliche und Schulkinder, eine Kleingartenanlage mit 150 Parzellen, Flächen für Urban Gardening und Planungsvorschläge zum Thema Wasser gewünscht. Die Errichtung eines funktionsfähigen Badesees wurde im Vorfeld wegen einer notwendigen Mindestfläche von fünf Hektar auf dem schmalen Grundstück für nicht sinnvoll erachtet, weil andere Nutzungen dadurch zu stark eingeschränkt worden wären.

Gegenstand der 2. Stufe waren die Überarbeitung des Gesamtkonzeptes aus der 1. Stufe und der Realisierungswettbewerb für den ca. 20 Hektar umfassenden 1. Bauabschnitt im Süden des Landschaftsparks. Dabei waren eine differenziertere Darstellung, insbesondere in Bezug auf Materialien, Ausstattungs- und Gestaltungselemente und Übergänge zwischen unterschiedlichen Nutzungen gefordert und in einem detaillierteren Maßstab als in der 1. Wettbewerbsstufe darzustellen.

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Gesamtübersicht zur grünen Infrastruktur in Freiham und Umgebung. Grafik: Danilo Nagorni, München

Bürgerbeteiligung

Im Vorfeld und prozessbegleitend zum Wettbewerb wurde eine intensive Beteiligung aller relevanten Gruppen der Stadtgesellschaft durchgeführt, damit Inhalte und Gestaltung der Planung sowie deren Umsetzung dem Bürgerwillen entsprechen und auf eine größtmögliche Akzeptanz stoßen. Mit der Durchführung der Bürgerbeteiligung wurden das Institut für Demokratie- und Partizipationsforschung der Bergischen Universität Wuppertal (Forschungsteil Bürgerbeteiligung) und die Gesellschaft für Bürgergutachten aus München beauftragt.

Die Bürgerbeteiligung sollte sowohl der stadtweiten Bedeutung als auch dem Umstand, dass das Neubaugebiet Freiham erst in den kommenden Jahren entstehen wird, Rechnung tragen. Hierzu wurden verschiedene Module durchgeführt, deren Ergebnisse in die Auslobung eingeflossen sind:

  • Informationsabend und -tag mit interessierten Bürgern und der Möglichkeit, Wünsche und Ideen einzubringen
  • schriftliche Befragung in Form eines Fragebogens "Zur Gestaltung von Parkanlagen in München" von 1000, per Zufall ausgewählten Bürgern aus ganz München
  • Interviews von Fokusgruppen: a) mit Kindern und Jugendlichen und b) mit Personen mit Migrationshintergrund (Nicht-EU-Staatsbürgerschaft)
  • Grundlagenworkshop einer "Bürgergruppe", bestehend aus Einwohnern, die im Zufallsverfahren aus den vier nächstliegenden Stadtbezirken zu Freiham gewonnen wurden sowie einigen Vertretern von Vereinen und Organisationen aus den Stadtbezirken, weil es im Neubaugebiet noch keine Einwohner gab.

Im Rahmen des Wettbewerbsverfahrens folgten weitere Module. Diese waren ein erster moderierter Dialog zwischen der Bürgergruppe und der Jury im Vorfeld der Preisrichtervorbesprechung für die erste Stufe des Wettbewerbs sowie ein zweiter moderierter Dialog nach der Preisgerichtssitzung der 1. Wettbewerbsstufe, um die Ergebnisse zu diskutieren.

Zudem wurden zwischen der 1. und der 2. Wettbewerbsstufe und nach Abschluss des gesamten Wettbewerbs Informationsveranstaltungen mit der gesamten Öffentlichkeit durchgeführt.

Durchgängig in allen Veranstaltungen der Bürgerbeteiligung stellte sich heraus, dass aus Sicht der Bürger der Park vor allem "naturnah, natürlich und lebendig" gestaltet werden soll, mit Gehölzstrukturen, großen Bäumen und Wasser als Gestaltungs- und Spielangebot. Er sollte außerdem vielseitig und in verschiedene Zonen für unterschiedliche Nutzungen wie Naturerleben, Ruhe, Gärtnern, Spiel und Spaß, Sport und Bewegung "gegliedert" sein. Diese Vielfalt gilt ebenso für die Bedürfnisse der unterschiedlichen Nutzergruppen wie für Jugend, Familie und Senioren. Auch auf Freiräume, die nicht mit speziellen Nutzungen belegt sind, wurde großer Wert gelegt. Barrierefreiheit sollte gewährleistet sein, und tendenziell war ein natürlich gestalteter Park eher gewünscht als strengere Formen.

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Verfahrensschema zur Darstellung der Verknüpfung des Planungswettbewerbs mit der Bürgerbeteiligung. Abb.: Eigene Bearbeitung
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Perspektive des Siegerentwurfes, Blick von Ost nach West. Planung: Lützow 7 – C. Müller J. Wehberg, Garten- und Landschaft­architekten, Berlin

Ergebnisse der beiden Wettbewerbsstufen

Für die 1. Wettbewerbsstufe (Konzeptwettbewerb) wurden, neben zehn gesetzten Landschaftsarchitekturbüros mit einschlägigen Erfahrungen in der Planung von Parkanlagen, in dem vorgeschalteten EU-offenen Bewerbungsverfahren 30 weitere Teilnehmer ausgewählt, von denen letztlich 28 am Verfahren teilnahmen.

Die Jury wählte in der Preisgerichtssitzung der ersten Stufe hiervon sechs Arbeiten der nachstehend in alphabetischer Reihenfolge genannten Büros für die Teilnahme an der zweiten Wettbewerbsstufe (Realisierungswettbewerb für den ersten Bauabschnitt) aus:

  • Hager Partner AG, Zürich;
  • hutterreimann Landschaftsarchitekten GmbH, Berlin;
  • KLA kiparlandschaftsarchitekten GmbH, Duisburg;
  • Lützow 7 C. Müller J. Wehberg Garten- und Landschaftsarchitekten, Berlin;
  • realgrün Landschaftsarchitekten, München;
  • Franz Reschke Landschaftsarchitektur, Berlin;

Aus diesen sechs verbliebenen Arbeiten prämierte das Preisgericht in der Jurysitzung der zweiten Wettbewerbsstufe mit einer Stimmenverteilung von 11:2 die Arbeit des Büros Lützow 7 C. Müller J. Wehberg Garten- und Landschaftsarchitekten mit dem ersten Preis. Das Preisgericht empfahl, dass der Entwurf der weiteren Bearbeitung zugrunde gelegt werden soll. Der Entwurf des Büros Franz Reschke Landschaftsarchitektur wurde mit dem zweiten Preis prämiert, der Entwurf von hutterreimann Landschaftsarchitekten GmbH erhielt den dritten Preis.

Der Entwurf von Lützow 7 entwickelt eine abwechslungsreiche Landschaft mit vielfältigen Szenarien und Landschaftselementen, ohne Monotonie. Der Lärmschutzwall schirmt den Park im Westen zur Autobahn hin ab. Er wird wie selbstverständlich in die Topografie des Parks einbezogen. Es wird eine Vielzahl an Spiel-, Sport- und abwechslungsreichen Nutzungsmöglichkeiten geschaffen.

Die Wettbewerbsjury formulierte ihre Beurteilung der Planung wie folgt (Auszug): "Am Übergang von der Landschaft in den neu entstehenden Stadtraum von Freiham schaffen die Verfasser mit einer Abfolge aus unterschiedlichen Wäldchen, Gehölzgruppen, Lichtungen, Streuobstwiesen und offenen Wiesen eine vielfältig gestaltete und angenehm proportionierte Parklandschaft. Die vorgeschlagene Zunahme der Nutzungsintensität von West nach Ost hin zu den künftigen Baugebieten ist stringent.

Die Verfasser beziehen sich bei der Gestaltung der Parklandschaft auf vorhandene landschaftliche Motive aus Moosschwaige und Aubinger Lohe und entwickeln ein überzeugendes Vegetationskonzept. Im Westen öffnen sich naturnah zusammengesetzte Wälder in Fortsetzung der Grünfinger zu Lichtungen, die überzeugend zwischen dem Park und der offenen Landschaft vermitteln. Sehr gut gelungen sind auch die Übergänge vom Park zur angrenzenden Wohnbebauung und zum Sportpark. Dem Sportpark ist ein "Foyer" aus Bäumen vorgelagert, das die Freihamer Allee einbindet und Spiel- und Aufenthaltsangebote aufnimmt. Der Wohnbebauung direkt vorgelagert ist ein Obstbaumfilter, der wie selbstverständlich auf die unterschiedliche Höhenlage der Baufelder zu reagieren vermag. Das westlich angrenzende, teils baumüberstandene Band nimmt mit respektvollem Abstand zur Wohnbebauung eine Vielfalt öffentlicher Einrichtungen und Spielbereiche auf, ohne dass Konflikte mit der Bebauung zu erwarten wären.

Das vielfältige Wegenetz führt die Freihamer Allee geschickt weiter. Neben dieser neuen Parkpromenade werden geschwungene Fußwege und eine Vielzahl von Querungen vorgeschlagen, die den Park sehr gut an den neuen Stadtteil und an die Umgebung anbinden, abwechslungsreiche Raumerlebnisse im Park vermitteln und unterschiedliche Geschwindigkeiten der Fortbewegung konfliktfrei erlauben. Die Anforderungen an Barrierefreiheit und Inklusion erfüllt der Entwurf wie selbstverständlich.

Angesichts des zu erwarteten Nutzungsdrucks macht die Arbeit eine Vielzahl von Angeboten. Unterstützt durch Erdmodellierungen entwickeln die Verfasser differenziert gestaltete, besondere Orte. Begrüßt werden die Aussichtspunkte, insbesondere der "Alpenblick", der sich geschickt aus der Landschaftsbrücke heraus entwickelt".

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Lageplan zum Gesamtkonzept des Siegerentwurfes. Planung: Lützow 7 – C. Müller J. Wehberg, Garten- und Landschaftsarchitekten, Berlin

Fazit und weiteres Vorgehen

Das Baureferat Gartenbau der Stadt München hat beim Verfahren zum Wettbewerb Landschaftspark Freiham erstmalig einen Planungswettbewerb direkt mit einer Bürgerbeteiligung begleitet. Das heißt, Planer, Jury und Bürger traten während des Planungsprozesses an verschiedenen Stellen in direkten Dialog miteinander. Zwar ließ das Interesse der Ehrenamtlichen am Ende des Prozesses im Vergleich zum Beginn etwas nach; dennoch lässt sich konstatieren, dass für Planer und Jury die Beiträge der Bürger ein wertvolles Instrument waren, um authentische Meinungen, Wünsche und Feedbacks künftiger potenzieller Nutzer zu erhalten. Der natürliche Charakter des prämierten Siegerentwurfes entspricht stark den Wünschen der Bürger.

Nun geht es weiter mit der Erstellung der Vorplanung für die südliche Hälfte (28 Hektar). Diese wird dann voraussichtlich 2019 dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorgelegt und im Detail mit dann schon vorhandenen Anwohner/innen weiterentwickelt, insbesondere was die konkrete Ausstattung der besonderen Orte und der Spiel- und Sportbereiche anbelangt. Die Fertigstellung des 1. Bauabschnittes ist für 2022 geplant. Der Herstellungszeitpunkt des nördlichen Parkabschnittes ist noch offen, weil die Stadt in diesem Bereich nur teilweise eigene Grundstücke besitzt.

 Andreas Herrmann
Autor

Landeshauptstadt München, Baureferat, Hauptabteilung Gartenbau

 Eva Prasch
Autorin

Landeshauptstadt München, Baureferat, Hauptabteilung Gartenbau,

Dr. Ulrich Schneider
Autor

Landeshauptstadt München, Baureferat, Hauptabteilung Gartenbau

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