Urbanes Gärtnern trifft auf öffentlichen Spielplatz

Ein SpielGarten in Bonn

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Urbanes Gärtnern wird in Bonn mit kommunaler Unterstützung in vielen Stadtteilen praktiziert. Von der reinen Lust am Gemüseanbau über sozialen bis zu politischen Beweggründen ist als Motivlage unter den Interessierten alles vertreten. Mit den Interessierten im Urban Gardening sind hier die zahlreichen Garteninitiativen gemeint, die zumeist jenseits von Haus- und Schrebergärten entstehen. Das bewirtschaftete Terrain ist dabei oftmals Teil des öffentlichen Raums, es wird gemeinschaftlich gesät und geerntet, nicht kommerziell und vor allem ökologisch vertretbar.

Einer der Startschüsse der Bonner Bewegung zum Urban Gardening war der erste Bonner Urban Gardening Tag am 14.11.2015, der gemeinsam mit der Stadtverwaltung und zahlreichen Initiativen viele Ideen für eine Gärtenzukunft in der Stadt zu Tage brachte. Insbesondere das Angebot der Stadtverwaltung, ehemalige Spielplatzflächen im Sinne der Förderung der Urban Gardening-Bewegung Interessierten zur Verfügung zu stellen, war in dieser Form neu.

Über eine interaktive Karte auf der städtischen Homepage können Bürger und Bürgerinnen seitdem eine von rund 40 freien Flächen suchen und nach einer Beratung des Amtes für Stadtgrün sowie der Unterschrift eines Nutzungsvertrages die Fläche zeitlich begrenzt für einen kleinen Beitrag pachten. Auf der Homepage gibt es zudem Fotos von den Freiflächen und Hinweise, ob man graben und Beete anlegen darf und ob es einen Wasseranschluss gibt. Die dadurch geförderten urbanen Gärten haben viele Vorteile, denn sie begegnen verschiedenen Ansprüchen der Bonner und Bonnerinnen nach Einbringung in den öffentlichen Raum. Hier können das Kümmern um die Ernährung oder Umweltbildungsinteressen von Vereinen und Gruppen, die dem Nachwuchs am praktischen Beispiel beibringen wollen, wo unsere Nahrung herkommt und wie diese gepflegt werden muss, genannt werden.

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Urbane Gärtner/innen haben aber auch Pflichten: Bei Bedarf gießen und insbesondere Müll entsorgen, Wege freihalten oder leere Blumentöpfe wegräumen. Um darüber hinaus dem gestiegenen Interesse am urbanen Gärtnern in besonders dicht bebauten Bereichen Bonns gerecht zu werden, in welchen es keine freien Flächen zur Verpachtung gibt, hat die Stadt ein Pilotprojekt gestartet. Ein aktiver Spielplatz wurde in der Überarbeitung mit dem Leitthema "Gärtnern" geplant und umgesetzt. Das Bonner Spielflächenkonzept, welches in Zusammenarbeit der beiden Ämter für Kinder- Jugend und Familie und Stadtgrün entstand und vom Rat beschlossen wurde, fordert die thematische Gestaltung von Spielplätzen und Beteiligung der Anwohner/innen, so dass hier die notwendige politische Grundlage vorhanden war.

SpielGarten: Idee und Planung

Die Bonner Altstadt, welche sich im Norden an die Haupteinkaufsstraßen anschließt, ist ein gut erhaltenes, über 100 Jahre altes Handwerkerviertel. Viele kleine Läden und Gastwirtschaften in den Untergeschossen der zumeist dreigeschossigen Wohnbauten sowie schmale Gassen mit Kopfsteinpflaster und wenig Grün, in denen dicht geparkt wird, prägen das Bild. Wie in vielen Altstadtbereichen von größeren Städten gibt es auch hier nur wenige öffentliche Grünflächen. Viele Wohnungen besitzen weder Garten noch Balkon. Daher ist es hier besonders wichtig, öffentliches Grün mit hoher Aufenthaltsqualität für alle Nutzergruppen anzubieten, auf denen man nicht nur verweilen kann, sondern auch freies, bewegtes Spielen möglich ist.

Eine der wenigen öffentlichen Freiflächen in der Bonner Altstadt ist der Spielpatz Maxstraße. Dieser befindet sich in einer schmalen Sackgasse. Gut erreichbar und doch ruhig, da hier kein Durchgangsverkehr herrscht. Vor der Umgestaltung wurde der Spielplatz nur noch wenig genutzt und war nicht mehr attraktiv. Zum einen durch den schlechten Allgemeinzustand, wie zum Beispiel marode Holzeinfassungen der Spiel- und Beetbereiche, funktionsuntüchtige Entwässerungseinrichtungen, sowie, dass nur noch wenige nicht mehr zeitgemäße Spielgeräte vorhanden waren. Zum anderen, dass der Platz von der Straße zurückgesetzt ist und durch den damaligen, vorhandenen, umlaufenden hohen Bewuchs kaum einzusehen war. Daher wurde der Platz hauptsächlich nur noch als Rückzugsort in den Abendstunden genutzt. Hier gab es zu dieser Zeit oft Konflikte mit den Anwohnern in Hinblick auf nächtliche Ruhestörungen und Probleme mit Müll.

Die Altstadt ist ein sehr beliebter Wohnort. Das Interesse, sich für den Stadtteil zu engagieren und Plätze sowie Straßen attraktiv zu gestalten, ist hoch. So wurden von Anwohnern in einigen Straßenzügen Baumbeete in die Pflege übernommen und über bereits mehrere Jahre mit bunten Blumen bepflanzt, einfache Rasenstreifen wurden mit Blumenzwiebeln bestückt. In einem kleinen Bereich auf dem Spielplatz Maxstraße hatten Anwohner begonnen, mit selbst gezogenen bunten Pflanzen den wenig attraktiven Spielplatz mit einfachen Mitteln aufzuwerten.

Um den Spielplatz Maxstraße für Kinder wieder attraktiv herzurichten, wurde eine Neugestaltung unumgänglich. Hierbei sollte die Chance genutzt werden, nicht nur einen Ort für Kinder, sondern einen multifunktionalen Raum zu schaffen, in dem ein vielfältiges Miteinander von unterschiedlichen Nutzern möglich ist. Gerade eine zusätzliche Belebung der Fläche durch offene Gartentreffs, die in Vorbesprechungen durch die aktiven Anwohner angeregt wurden, wurde für die weiteren Planungen gerne aufgegriffen. Denn diese Unterstützung ist in Hinblick auf eine erhöhte Sozialkontrolle in diesem Bereich der Altstadt nicht nur wichtig, sondern auch notwendig.

Bevor die konkrete Entwurfsplanung gestartet wurde, fanden gemeinsame Veranstaltungen der Stadt Bonn, zusammen mit dem angrenzendem Jugendzentrum sowie der nahegelegenen Grundschule statt. Weiterhin wurden Anwohner und mehrere Initiativen aus der Altstadt, die großes Interesse an Gartenprojekten hatten, zu Ortsterminen und Befragungen eingeladen.

Vor dem Hintergrund, dass als Pilotprojekt in Bonn erstmals ein Kinderspielplatz zusammen mit "Urban Gardening" auf einer Fläche im Einklang genutzt werden sollte, lag es nahe, das Thema "SpielGarten" nicht nur inhaltlich, sondern auch gestalterisch auf die Gesamtfläche zu projizieren, um einen Ort mit hohem Wiedererkennungswert zu schaffen.

Die Grundstruktur des Entwurfes "SpielGarten" basiert daher auf der Optik eines klassischen Bauerngartens. Zentrale Gestaltungselemente sind hier geometrisch angelegte Nutzungsfelder, die zwar offen zugänglich sind, optisch jedoch durch bauliche Elemente, wie Sitzmauern aus Naturstein oder ein farblich abgestuftes Wegekreuz klar differenziert sind. Da der Spielplatz ganz unterschiedlichen Ansprüchen durch urbanes Gärtnern, Kleinkindspiel oder auch Bewegung für Jugendliche unterliegt, können hier die einzelnen Felder entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen genutzt werden.

Umlaufend befinden sich die Flächen, die gärtnerisch genutzt werden können. Diese bilden einen außergewöhnlichen, bunten Rahmen und sind so angeordnet, dass die Pflanzen nicht überrannt werden.

In der Mitte des Platzes wurde ein zentraler Treffpunkt mit Sitzbänken und einem Tisch, der unter anderem auch zum Topfen genutzt werden kann, geschaffen. Wichtiges Thema bei der Umgestaltung war auch die Barrierefreiheit. Gerade, da auch viele ältere Menschen animiert werden sollen bei den Gartenprojekten mitzuwirken, wurde bei der Planung darauf geachtet, dass grundsätzlich alle Bereiche mit Rollstuhl und Rollator erreicht werden können und auch der Tisch von zwei Seiten unterfahrbar ist.

In dem Nutzungsfeld hinter dem Hauptzugangsbereich wurde ein Sandspielbereich für Kleinkinder angelegt, zusammen mit einer Wasser-Handradpumpe. Diese bietet gerade in den Sommermonaten ein großes Sandmatschvergnügen für Kinder. Zusätzlich kann hier für das Gärtnern so wichtiges Gießwasser entnommen werden.

Besonderer Wert wurde weiterhin auf eine gute Einsehbarkeit der gesamten Spielplatzfläche gelegt. Der Strauchunterwuchs wurde entfernt, so dass der Spielplatz größer sowie heller und freundlicher wirkt. Hierbei wurde mit den zukünftigen Gärtnern abgestimmt und vertraglich festgelegt, dass auch die neu angelegten Pflanzungen weder giftig noch höher als einen Meter sein dürfen, so dass der Spielplatz auch langfristig gut einsehbar bleibt und keine Angsträume entstehen.

Zusätzliche Highlights bilden die neuen thematisch abgestimmten Spielgeräte. Ein Spielhaus für Kleinkinder mit einem "Möhren"-Pfosten und Kürbisdach, Balanciergemüse in Form von Tomaten und Zucchini sowie ein überdimensionierter Gartenzwerg runden das Gesamtbild ab und bieten Kindern aller Altersklassen motorische Herausforderungen.

Als SpielGarten bietet der Spielplatz in der Maxstraße Kindern und Anwohnern in einem dicht bebauten Gebiet in der Bonner Altstadt Raum, Natur zu erleben. Er ist nicht nur Platz zum Toben und Spielen, sondern ein innerstädtisches Kleinod, das seinesgleichen sucht.

SpielGarten: Unterhaltung und Betrieb

Als einer von insgesamt 285 öffentlichen Spielplätzen der Bundesstadt Bonn ist der Spielplatz Maxstraße eine große Besonderheit, da er auf einer Fläche Spielen und öffentliches Gärtnern vereint.

Vor der Planung stellten sich die Fragen: Würde es möglich sein, allen Ansprüchen gerecht zu werden und einen Platz zu schaffen, den sowohl Kinder, Jugendliche, Eltern, als auch Gärtner und Anwohner gleichermaßen in Rücksicht aufeinander als ihren neuen SpielGarten annehmen? Kann Gärtnern und Spielen nebeneinander funktionieren? Nach fast zwei Jahren Inbetriebnahme lässt sich feststellen: Es funktioniert und sogar gut!

Durch die offene Gestaltung des Spielplatzes fühlen sich die Nutzer der Anlage sicher. Die Erweiterung des Spielangebotes bietet nun Anreiz für unterschiedliche Altersgruppen. Über die Installation der wartungsarmen Wasserhandradpumpe freut sich die Stadt als Betreiber genauso wie die spielenden Kinder an heißen Tagen und die Gärtner zum Wohle der Pflanzen in den Hoch- und Blumenbeeten. Die Wasserhandradpumpe ist zudem so konzipiert, dass sie in der Frostperiode mit wenigen Handgriffen abgebaut werden kann.

Bereits kurz nach Eröffnung des Spielplatzes wurden erste Wünsche der urbanen Gärtner an das Amt für Stadtgrün getragen: Hochbeete, Kompostkiste und Halterungen für Gießkannen sollten ergänzt werden. Da es sich bei dem Platz in erster Linie um einen Spielplatz handelt, werden außergewöhnliche Anforderungen an die Wartung und Unterhaltung des Platzes gestellt. Daher wurden die Wünsche mit den Empfehlungen aus der DIN 1176 :2017 abgestimmt. Denn als Betreiber der Anlage obliegt der Stadt Bonn die Verkehrssicherungspflicht. Dies ist eine Verpflichtung zur Wartung und Kontrolle, die im BGB § 823 Schadensersatzpflicht, Absatz 1 geregelt ist. Routinemäßig wird die gesamte Anlage einschließlich der Gärtnerflächen mit Blick auf die DIN1176 :2017 durch geschultes städtisches Personal kontrolliert (visuelle Routineinspektion, operative Kontrolle, Jahreskontrolle).

Besonders die Pflanzenauswahl muss regelmäßig durch Fachpersonal überprüft werden. Der entstehende Grünabfall verbleibt auf dem Gelände und wird, um keine unerwünschten Tiere anzulocken, in einem geschlossenen Komposter verwertet. Hier zeigte sich, dass das Aufnahmevermögen schon in der ersten Pflanzperiode knapp bemessen war.

Der SpielGarten ist ein junges Projekt, dessen Spielgeräte und gärtnerischen Nutzflächen rege und mit Begeisterung angenommen werden. Zu außergewöhnlichen Vandalismusschäden ist es seit Eröffnung des Platzes nicht gekommen. In seiner Gesamtheit finden sich im neugestalteten SpielGarten Maxstraße eine Fülle von Möglichkeiten, die unter Berücksichtigung der Spielplatznorm und der Verkehrssicherungspflicht allen Benutzern eine sichere Freiheit für Spielen und Gärtnern bietet.

Für die Zukunft bleibt zu bilanzieren, dass aus der Vision eines SpielGartens erfolgreiche Realität geworden ist. Sicher auch als Muster für weitere Vorhaben in Bonn.

Dipl.-Ing. David Baier
Autor

Landschaftsarchitekt, Stellv. Amtsleiter und Abteilungsleiter im Amt für Stadtgrün der Stadt Bonn

Dipl.-Ing (FH) Sabine Berger
Autorin

Landespflegerin, Technische Mitarbeiterin

Amt für Stadtgrün der Stadt Bonn
Dipl.-Ing (FH) Kirsten Sump
Autorin

Landschaftsarchitektin, Technische Mitarbeiterin

Amt für Stadtgrün der Stadt Bonn

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