Die Landesgartenschau im rheinland-pfälzischen Landau

Entfaltung einer Landschaft

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Landesgartenschauen und Grünprojekte
Luftbild des Gartenschauareals. Foto: Ralf Mohra

Das Gelände der Rheinland-Pfälzischen Landesgartenschau 2015 markiert den Übergang von der Stadt zur Landschaft. Die Gestaltung thematisiert die Geomorphologie des Oberrheingrabens. Landau in der Pfalz liegt nahe der heutigen französischen Grenze. Als Teil des Oberrheinischen Grabenbruchs ist die Südpfalz eine einzigartige Kulturlandschaft mit Wein- und Tabakanbau, morphologisch geprägt von der Rheinebene und dem Mittelgebirgszug des Pfälzer Waldes, der sie flankiert. Das Landauer Stadtbild erzählt von der Tradition einer Garnisonsstadt mit immer wieder wechselnden Zugehörigkeiten zwischen Deutschland und Frankreich. Noch bis Ende der 1990er-Jahre wurden die Militärliegenschaften von der damaligen alliierten Besatzungsmacht Frankreich genutzt. Nach dem Abzug der Franzosen fielen so mehrere innerstädtische Konver-sionsflächen an die Stadt Landau, die sukzessive mit neuen Nutzungen in das Stadtgewebe integriert werden.

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Landesgartenschauen und Grünprojekte
Lageplan Projektgebiet. Abb.: A24 Landschaft

Die Landesgartenschau Landau 2015 erschließt zwei Konversionsflächen und verbindet diese miteinander: das 24 Hektar große Areal der ehemaligen Kaserne "Estienne et Foch" am südlichen Stadtrand, das in ein Wohngebiet umgewandelt wird, und das zur Kaserne gehörende "Kohlelager" nahe des markanten Gleisbogens, der Landau im Süden umschließt. Dort entsteht auf gut sieben Hektar ein Sport-, Spiel- und Freizeitcampus mit gesamtstädtischer Anziehungskraft. Mit der teils temporären Inszenierung der Landesgartenschau auf zukünftigen Baufeldern und der Anlage eines öffentlichen Stadtparks, dem "Südpark", schafft die Freiraumarchitektur ein attraktives Umfeld für Wohnen und Freizeit schon während der Bauzeit, die in mehreren Bauabschnitten bis 2020 geplant ist. In inzwischen "klassischer" Weise wird eine attraktive Lage am Park geschaffen.

Das Event Gartenschau sorgt für eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit. Auch in Landau dient das Instrument der Gartenschau so einer nachhaltigen Stadtentwicklung, verbunden mit einem wirksamen Standortmarketing. Ursprünglich für das Jahr 2014 geplant, musste die Eröffnung der Landesgartenschau wegen Kampfmittelfunden auf dem Gelände um ein Jahr verschoben werden. Für die Besucher ergibt sich daraus aber unter anderem der Vorteil, dass die Pflanzflächen teilweise bereits ein Jahr länger eingewachsen sind.

Das Kasernenareal wurde für die Neubebauung klassisch blockweise unterteilt. Das entstehende Raster der Erschließungsstraßen wird durch einen gezielten Einsatz markanter Baumarten strukturiert und aufgewertet. Blühende Gehölze gliedern das Quartier von Nord nach Süd und Struktur gebende Arten in Ost-West-Richtung. Die Landschaftsachse mit Linden (Tilia cordata 'Erecta') und ein Baumhain mit Gleditschien (Gleditsia triacanthos 'Skyline') heben sich als Sonderstrukturen deutlich ab und betonen die Eigenständigkeit der zentralen Achse. Das Erschließungskonzept des Wohnquartiers stärkt den Fuß- und Radverkehr, der ruhende Verkehr ist überwiegend in Tiefgaragen organisiert.

Die ehemalige militärische Nutzung ist nach wie vor in den erhaltenen, denkmalgeschützten Gebäuden der ehemaligen Kaserne ablesbar. Neben den Bauwerken hat die militärische Nutzung auch eine einzigartige Landschaft hinterlassen: das FFH- und Naturschutzgebiet Ebenberg. Der ehemalige Truppenübungsplatz der Franzosen wurde schon seit 1828 militärisch genutzt und ist somit seit fast 200 Jahren von einer landwirtschaftlichen Nutzung ausgeschlossen. Die weiten Offenlandbereiche mit Magerrasen und Halbtrockenrasen sind heute eines der bedeutendsten Naturschutzgebiete von Rheinland-Pfalz. Aufgrund der sensiblen Vegetation und Fauna ist der Ebenberg für Besucher nicht betretbar. Im Randbereich des Naturschutzgebietes haben sich auf dem Kasernengelände bedeutende Bestände von Mauereidechsen entwickelt.

Landesgartenschauen und Grünprojekte
Blick von der Landschaftsrampe auf das FFH- und Naturschutzgebiet Ebenberg. Fotos, soweit nichts anderes angegeben, Hanns Joosten
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Aussichtspunkt mit Aussichtsturm, Architekt Joachim Swillus.
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Großzügige Rasenflächen im Südpark – die Gestaltsprache thematisiert die tektonischen Verwerfungen des Oberrheinischen Grabenbruchs.
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Das große Wasserbecken mit Schilffilter als Auftakt des Südparks.

Übergänge zwischen Stadt und Landschaft

Die Gestaltung der Landesgartenschau bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Stadt und Natur. Der Übergang aus der Stadt in die Naturlandschaft ist in der 740 Meter langen Hauptachse, der "Landschaftsachse", thematisiert. Motive aus der Geologie und der Kulturlandschaft des oberrheinischen Grabenbruchs prägen die Gestaltung der Freiräume. Den Abschluss markiert ein Aussichtspunkt mit Blick über den Ebenberg, eine arkadische Sehnsuchtslandschaft, die aber unerreichbar bleibt.

Entlang der Achse nimmt die Gestaltungsintensität der Freiräume ab, sie erscheinen "landschaftlicher". Bestandsmaterialien werden in den neuen Freianlagen wiederverwertet. Zentrale Naturschutzanliegen wurden hier in die Gestaltung integriert. Das Pflaster der Kaserne findet Verwendung im Südpark und Trockenmauern aus Abbruchmaterialien der Kaserne bilden neue Habitate für die Mauereidechsen. Die Biotopstrukturen für Mauereidechsen mit Sandstreifen, Schotterflächen und Mauern bieten ein attraktives Beispiel, wie Naturschutzbelange in ein anspruchsvolles gestalterisches Gesamtkonzept einbezogen werden können.

Den Auftakt zum Gartenschaugelände bildet ein neuer, stadtseitiger Platz vor dem Kasernentor, der als Shared Space ein großzügiges Entree schafft. Die riegelartige Bebauung der Kaserne zur Stadt hin wirkt eher geschlossen. Der zentrale Torbau wird nun mit einer Treppenanlage inszeniert und markiert so einen deutlichen Übergang von "außen" nach "innen", in den ehemaligen Kasernenhof hinein. So gelangt man auf den großen, offenen und gegenüber dem Niveau der seitlich angrenzenden Quartiersstraßen höher gelegenen Theodor-Heuss-Platz. Der Blick führt direkt in den anschließenden Südpark und bis zum 25 Meter hohen Aussichtsturm, der am Ende der Landschaftsachse den Übergang in die Landschaft markiert.

Ein neuer Park

Als Ansatz der Gestaltung für den Südpark sind die tektonischen Verwerfungen des Oberrheinischen Grabenbruchs leitend. Das Bild der Bruchkanten, Aufstülpungen und Schichtungen findet sich in der Gestaltsprache wieder.

Die umgebende Bebauung, teils denkmalgeschützter Bestand, teils Neubauten, bilden attraktive Raumkanten für den zentralen Park, stellen jedoch ein recht heterogenes Bebauungsbild dar. Ein rahmender Bodenbelag aus Natursteinpflaster schafft ein verbindendes Element.

Ein großes Wasserbecken bildet den städtebaulichen Übergang vom Quartiersplatz und gleichzeitig Auftakt und Herz des Parks. Gefasst von schmalen Stahlkanten, schiebt es sich bis zu 75 Zentimeter hoch aus der Platzebene heraus. Mit üppig bepflanzten, die stille Wasserfläche durchziehenden Beeten entsteht ein "Wassergarten", begehbar durch ein Holzpodest, auf dem man verweilen und entspannen kann. Der Wassergarten ist nicht nur ein atmosphärischer Mittelpunkt, sondern die mit Schilf bepflanzten Bodenfilter reinigen auch das Wasser des Beckens.

Die großzügigen Rasenflächen des Parks sind von Stahlrahmen gefasst und leicht gekippt. Sie werden von Pflanzbändern mit Schotterflächen als Versinnlichung der geologischen Vielfalt der Rheinebene durchzogen, auf denen sich eine entsprechende Flora entfaltet. Begleitet von Blütengehölzen (Acer cappadocicum 'Rubrum', Cercidiphyllum japonica, Cercis siliquastrum und Albizia julibrissin), bieten Holzdecks geschützte Bereiche des Aufenthalts.

Nach Westen fasst den Park ein lichter Baumhain aus einer dreifachen Gleditschienreihe. Die Bäume bilden einen vereinenden Rahmen für die entstehende Mischung aus Alt- und Neubauten. Eine Abfolge aus Rasen und wassergebundenen Promenadenflächen zieht sich unter dem Blätterdach hindurch und bietet schattige Aufenthaltsorte und vielfältige Spielmöglichkeiten für alle Altersstufen. Generationsübergreifende Koordinations-, Balancier- sowie Fitness- und Geschicklichkeitselemente, Boule- und Schachspiel sind hier zu finden. Ein Spielplatz im Süden des Parks verdichtet das Thema der Tektonik zu einer Spiellandschaft. Aufgefaltete Holzspielobjekte zum Klettern und Rutschen verstärken diesen Effekt. Eine Sprudelwand mit Wasserdüsen lässt einen attraktiven Wasserspielbereich mit Matschrelief entstehen.

Ein kleiner Platz schließt den Südpark im Süden ab. An dessen östlicher Seite wird die "Landschaftsachse" als Verlängerung der begleitenden Erschließungsstraße in die Landschaft hinein fortgesetzt. Hier entlang finden sich intensiv gestaltete Gartenkabinette. Sie präsentieren einige Themengärten der Landesgartenschau.

Landesgartenschauen und Grünprojekte
Neue Sporthalle mit erhaltenswerter Sukzessionsvegetation.
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Das umgestaltete Kohlelager nimmt die lineare Struktur der Gleisanlagen sowie Sukzessionsflächen in die Gestaltung auf.

Die Landschaftsachse

Nördlich des Gleisbogens bilden die "Gärten der Partnerstädte" von Landau den Auftakt. Als Ergänzung zum gastronomischen Angebot der in einem ehemaligen Kasernengebäude eingerichteten Vinothek, die die "Weinstadt" Landau präsentiert, bieten der Schach- und der Mühlegarten Raum für festliche Aktivitäten im Freien. Die dauerhaft angelegten "Südpfalzgärten" thematisieren die räumliche Abfolge von der Rheinebene mit Industrie über die differenzierten Kulturlandschaften bis zu den Höhenlagen des Pfälzer Waldes. In verfremdeter Form zeichnen Rheingarten, Industriegarten, Ölgarten, Gemüsegarten, Mandelgarten, Weingarten, Garten für Tabakkultur und Waldgarten diese Abfolge nach.

Musterbiotope mit Trockenmauern und Trockenrasengesellschaften vermitteln die reichhaltige Biotopstruktur der Kulturlandschaft. In einem Kleinkindspielbereich finden sich roter Sand und Quader aus recyceltem roten Backstein, die einen Bezug zu den roten Sandsteinfelsen der Umgebung herstellen.

Die Landschaftsachse steigt an ihrem Ende in der Landschaftsrampe auf vier Meter an und kulminiert im skulptural gestalteten Aussichtsturm, einer neuen Landmarke im Süden der Stadt. Vom Turm bieten sich weite Ausblicke über das Gartenschaugelände und die Stadt bis hin zur Höhenkulisse des Pfälzer Waldes sowie auf die besonderen Vegetationsformationen des Ebenbergs. Die einmalige Chance, in dem Bauwerk der Landschaftsrampe ein Naturschutzzentrum mit direktem Bezug zum Ebenberg einzurichten, wurde von den Naturschutzverbänden leider nicht genutzt.

Die Landschaftsachse kreuzt den Gleisbogen an der neuen "Brücke Süd" als Erschließung des Wohnparks. Eine weitere neue Brücke überquert den Birnbach, der im Süden der Stadt verläuft. Wie selbstverständlich wird der Bach mit dem Rhein- und dem Bachgarten in die Gartenabfolge entlang der Landschaftsachse integriert. Im Bachgarten senken sich Rasenstufen mit einzelnen Sitzblöcken aus Beton zum Ufer hin ab und bieten zahlreiche Aufenthaltsmöglichkeiten mit Blick auf den terrassierten Rheingarten, der mit Flusskies und Gräserpflanzungen gestaltet ist.

Sport, ehemalige Gleise und geschützte Biotope

Ein Weg entlang des renaturierten Birnbaches verbindet die Landschaftsachse über einen bestehenden Grüngürtel mit dem ehemaligen Kohlelager der Kaserne. Das Sportzentrum mit gesamtstädtischer Anziehung verfügt über eine neue Sporthalle, ein Kunstrasen-Großspielfeld, zwei Kleinspielfelder und eine Beachballanlage. Bei der Umsetzung des Kunstrasenspielfeldes wurde mit Kork ein innovatives und umweltfreundliches Material für die Füllung verwendet.

Die Struktur der Gleisanlagen mit einer erhaltenswerten Sukzessionsvegetation bilden das Grundgerüst im zentralen Aufenthaltsbereich des Sportcampus. Die Gestaltung nimmt in ergänzender Bepflanzung, Wegen und Spiel- und Sitzelementen die Linearität der Gleisanlagen auf und bindet vorgefundene Relikte ein. Als verbindende Materialsprache für das Areal wird Holz eingesetzt. Spielinseln greifen Themen des Kohlelagers wie Lagerschuppen oder Schütten auf. Eine attraktive Skateanlage mit Pool ist in das lineare System integriert. Zusammen mit einer Finnbahn und einer Dirtbahn ergänzt sie das "klassische" Angebot an Spiel- und Sportflächen um Trendsportarten für alle Altersgruppen. Die neuen Nutzungen sind behutsam in den Bestand integriert, so dass ökologische Belange berücksichtigt sind und die landschaftsästhetische Qualität des Kohlelagers dennoch zum besonderen Erlebnis wird.

Die temporären Ausstellungsbeiträge der Gartenschau bespielen die zukünftigen Baufelder und werden vollständig wieder rückgebaut. Hier stehen die Pflanze und die gärtnerische Tradition der Pfalz im Vordergrund - sowohl im Zierpflanzen- als auch im Nutzpflanzenanbau. Gartenkabinette, zum Teil von renommierten Gartenkünstlern wie Le Balto oder Thilo Folkerts gestaltet, setzen Akzente und verbinden das traditionelle Ausstellungsprogramm einer Gartenschau mit zeitgenössischer Gartenkunst.

Autor

Inhaber von A24 LANDSCHAFT

A24 LANDSCHAFT Landschaftsarchitektur GmbH
Dipl.-Ing. Vera Hertlein-Rieder
Autorin

Dipl.-Ing. Landschaftsplanung bei der SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten

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