Vom Kur-zum Freizeitpark - 36 Jahre im öffentlichen Dienst

Erinnerung eines Stadtgärtners

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Kurparks Grünflächenämter
1: Stadtpark "Warmer Damm" Blick auf Theater und vorgelagerten Bowlinggreen. Foto: Stadtarchiv Wiesbaden

Wiesbaden ist eine alte Kurstadt mit entsprechender reichhaltiger Ausstattung an Parkanlagen. Doch Kurparks des 19. Jahrhunderts erlaubten keine Freizeitnutzung im heutigen Sinne. Man ging sittsam auf Wegen spazieren, dies Gebot galt auch für Kinder. Auf jedem Rasen stand das abweisende Schild "Rasen betreten verboten". Parkwächter sorgten für entsprechende Ordnung, sie galt bis 1970. Das musste geändert werden. Ich ließ, ohne Vorankündigung, alle Verbotsschilder entfernen. Das führte zu einem Aufschrei im konservativen Wiesbaden, zu heftigen Diskussionen in der Presse und auch im Magistrat, aber der soziale Flügel setzte sich durch, die Schilder blieben weg.

An Wiesbaden ist die Volksparkbewegung vorübergegangen, man ruhte sich einseitig auf den Kurgedanken aus, obwohl die Kurparkidee ein Auslaufmodell war. Wiesbaden folgte nicht den Vorbildern Frankfurts oder auch der benachbarten Stadt Mainz, die um 1900 ihre Volksparks anlegten. Die letzte Wiesbadener Kuranlage entstand in den 1930er-Jahren mit den Reisinger-Herbert-Anlagen, die "grüne Visitenkarte" vor dem neuen Hauptbahnhof. Vom Bahnhofsvorplatz hatte der Besucher einen weiten Blick über Park und Stadt hinweg, bis in den Taunus. Das ist für eine Großstadt ungewöhnlich, in der Regel sind Bahnhofsviertel dicht bebaut.

Folgenden Umständen verdankt Wiesbaden diesen Park. Die Flächen vor dem Bahnhof waren gerade frei geworden, sollten bebaut werden, doch die Stadt hatte kein Geld. Wiesbaden hatte keine Einnahmen durch Gewerbe und Industrie, hatte einseitig auf die einst üppigen Einnahmen durch die Kur gesetzt. Ein weiterer Umstand war, dass es galt, die großzügige Spende der Stifter Reisinger und Herbert umzusetzen, mit der Auflage eine repräsentative "Brunnenanlage" zu schaffen. So entschied der Magistrat, mangels anderer Flächen, hier eine Kuranlage zu bauen. Der beauftragte Wiesbadener Gartenarchitekt Wilhelm Hirsch schuf eine langgestreckte Parkanlage, mit weitläufigen (nicht betretbaren) Rasenflächen, üppigen Stauden- und Rosenbeeten und vielen Blütengehölzen. Immerhin erhielt der Park einen Spielplatz, was für einen Kurpark schon eine Novität war.

Kurparks sind keine Freizeitparks. Dieses Manko sah auch der Stadtplaner Ernst May, der in den 1950er-Jahren für Wiesbaden den Generalplan "Das neue Wiesbaden" vorlegte. Heute sieht man die May'schen Planungsvorstellungen kritisch, denn das "Neue Wiesbaden" bedeutete den weitgehenden Abriss der Altstadt. Dazu kam es nur teilweise, Bürgerproteste verhinderten das Schlimmste. Doch aus der Sicht der Grünplanung bot der Mayplan viel Entwicklungspotenzial, neue Grünverbindungen und zwei große Volksparks sollten entstehen. Doch Jahrzehnte tat sich nichts.

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Erst 1975 bewilligte der Magistrat ein erstes Teilkonzept, die erste Stufe des Volksparks Aukammtal, eine Planung von Herbert Dirks. Ein weiterer Ausbau sollte folgen, doch hatte sich zwischenzeitlich das "politische Grünklima" geändert, es kam zu einer weiteren Variante des Themas "Ökologie versus Parkkultur". Das neue Umweltamt bremste unsere Planung, nunmehr federführend für die Landschaftsplanung, entwickelten sie das Aukammtal, soweit es nicht mit Kleingärten besetzt war, zu einem naturnahen Landschaftsraum. Die Erweiterungspläne des Volksparks mussten aufgegeben werden. Nur ein Projekt konnte noch verwirklicht werden, ein Apothekergarten, geplant von Hans Wirtz, Planer des Gartenamts. Zwei weitere Gärten sollten folgen, ein Staudensichtungsgarten und ein Rosengarten, sowie Spiel- und Sporteinrichtungen, doch dazu kam es nicht mehr.

Dann bot sich eine weitere Chance: der "Alte Friedhof" an der Platterstraße konnte aufgelassen werden, die Ruhezeit der Gräber war abgelaufen. Auch hier gab es Diskussionen, manche wollten statt eines Parks ein Baugebiet. Auch war der Denkmalschutz nicht begeistert, war doch der Friedhof ein wertvoller Zeitzeuge. Doch es siegte der soziale Gedanke, es entstand ein 6 Hektar großer Spielpark, geplant von J. Beyer, Planer im Gartenamt. Es war ein riesiger Gewinn für das angrenzende dicht bebaute grünlose "Bergkirchenviertel", dessen Sanierung bevorstand. Heute ist der Park ein begehrter, viel genutzter "Familientreff". Auch dem Denkmalschutz wurde Rechnung getragen, viele der historischen Grabmale konnten erhalten werden.

Spektakulär war eine weitere Planung, der 1978 entstandene Grünzug Adolfsallee, ebenfalls eine Planung von Beyer. Durch Einziehung der mittleren Hauptfahrbahn wurde die Straße in eine 40 Meter breite Grünanlage, mit Allee, Spiel- und Ruheplätzen verwandelt. Damals bundesweit eine verkehrspolitisch aufsehenerregende Aktion.

Spielplätze

Die Ausstattung von Spielplätzen war in den 60er-, 70er-Jahren bescheiden. Die Plätze waren eng bemessen, die Spielgeräte einfach, Seriengeräte wie Wippe, Schaukel und Rutsche wurden Grundausstattung. Hier galt es neue Wege zu suchen. Es bot sich die fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Holzbildhauer Hugo Ulh, der, seiner Zeit voraus, Spiellandschaften mit hohem Spiel- und Erlebniswert entwickelt hatte. Der Umbau vieler Spielplätze begann, die Kinder waren begeistert. Ein Problem war noch die Versicherung der Spielplätze, denn die neuen Spieleinrichtungen waren in den Augen mancher Erwachsener "gefährlich". Hier hatte ich das große Glück, in der Versicherung der Stadt, dem "kommunalen Schadensausgleich", auf einen sehr verständnisvollen Partner zu stoßen, Dr. Georg Agde, der "mitspielte" und mögliche Risiken absicherte.

Die damaligen Spielplätze hatten eine sehr positive Einrichtung, alle Plätze waren mit einer Toilette ausgestattet, ein Standard, der bundesweit Seltenheitswert hatte. Das funktionierte allerdings nur, weil jeder Platz von einem Spielplatzwärter betreut wurde. Es waren in der Regel rüstige Rentner, die nicht nur Aufsicht führten, sondern Spielanregungen gaben, Streite schlichteten und notfalls auch mal ein blutiges Knie verbinden konnten. Leider gibt es diesen Standard nicht mehr, er fiel dem Sparstift zum Opfer.

Um den Mangel an Spielplätzen abzumildern, kamen wir mit dem Schulamt ins Gespräch. Ziel war, die in der schulzeitlosen Zeit brachliegenden Pausenhöfe mit Spieleinrichtungen zu versehen. Es entstanden mehrere Projekte, willkommene Spielflächen, geeignet zum Radfahren und Rollern, ausgestattet mit Geräten zum Turnen und Spielen. Auch entstanden Bürgerinitiativen, die erste "Mehr Spielplätze", gründete meine Frau. Bürger griffen zu Spaten und Schaufel, bauten Spielplätze. Das Material besorgte das Gartenamt. So entstand zum Beispiel im Gartendenkmal Nerotalpark der erste Spielplatz, allerdings nur mit murrender Zustimmung der Denkmalbehörde.

Hinterhofbegrünung

In den 70er-Jahren wurde das so genannte "Hinterhof Programm" ins Leben gerufen, um die ökologische wie soziale Situation in der eng bebauten Innenstadt zu verbessern. Hausbesitzern von Mietshäusern wurden Baukostenzuschüsse und kostenlose Planung gewährt, unter der Voraussetzung, dass die Höfe autofrei gemacht wurden und dass Mieter die Höfe nutzen konnten. Außerdem gab es das Programm "Fassadenbegrünung", Interessenten erhielten kostenlos geeignete Kletterpflanzen. Für dieses neue Aufgabengebiet wurde eine Planerstelle und entsprechende Haushaltsmittel eingesetzt. Leider fiel diese Aktion dem Sparstift zum Opfer.

2: Luisenplatz. Der als Parkplatz genutzte Platz erhält 1978 wieder sein ursprüngliches historischen Aussehen (1978). Foto: Stadtarchiv Wiesbaden
1a: Stadtpark \"Warmer Damm\", Detailfoto. Foto: Stadtarchiv Wiesbaden
1b: Stadtpark \"Warmer Damm\", Detailfoto. Foto: Stadtarchiv Wiesbaden
3: Blick vom Hausberg Neroberg über Opelbad (1934) auf das grüne Wiesbaden. Foto: Stadtarchiv Wiesbaden
4: Baumsanierte Rheinstraße. Foto: Stadtarchiv Wiesbaden
5: Der etwa 13 Hektar große, über 200 Jahre alte Kurpark erstreckt sich vom Stadtzentrum bis zum Vorort Sonnenberg. Foto: Stadtarchiv Wiesbaden
6: Reisinger Anlage, Blick vom Hauptbahnhof. Foto: Stadtarchiv Wiesbaden
7a: Alter Friedhof, Detail. Foto: Stadtarchiv Wiesbaden
7b: Alter Friedhof, Detail. Foto: Stadtarchiv Wiesbaden

Epilog

Früher war alles besser, so sagt man, das mag auf manches zutreffen, zumindest war manches früher anders. Doch vieles hat sich auch zum Positiven verbessert, zum Beispiel die Entwicklung und Anerkennung des Berufsstands Landespflege und ihr gewachsener Einfluss auf die Stadt- und Landschaftsplanung. Negativ geändert hat sich allerdings auch einiges bei den Gartenämtern, denn sie sind nicht mehr Partner der Stadtplanungsämter, nicht mehr an der Stadtplanung beteiligt. Das hat erklärende Gründe, heute erfüllen Umweltämter den Part Landschaftsplanung und Grünordnung in der Bauleitplanung. Doch Landschaftsplanung und Grünordnung ist mehr als die Ausweisung von Biotopen und Ausgleichsflächen. Freiraumplanung muss ebenso die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Menschen erfüllen.

Unabhängig davon, welche Zuordnung Gartenämter in der Behördenhierarchie haben, die Pflege der Parkkultur bleibt ihre zentrale Aufgabe. Über deren Qualität muss intensiver als bisher nachgedacht werden. Ein Manko ist oft, das viele Gartenämter ihre Selbständigkeit durch Zusammenlegung mit anderen Ämtern verloren haben. Ist der leitende Amtsleiter nicht mehr vom Fach, fehlt es oft an der entsprechenden Umsetzung des grünen Anliegens. Eine Ämterzusammenlegung kann sinnvoll sein. Legt man alle "grünen Ämter" zusammen, Gartenamt, Umweltamt und wenn vorhanden Forstamt, würde man so alle grünen Kräfte bündeln und ein spezielles Know-how entwickeln. Doch wenig Sinn ergibt, wenn Gartenämter mit Tiefbauämtern oder, wie es in Wiesbaden einige Zeit lang geschah, mit den Entsorgungsbetrieben vereint werden.

Die gesellschaftliche Anerkennung und Wertstellung des öffentlichen Grüns war noch nie so hoch wie heute. Grün hat einen wichtigen Stellenwert in der Stadtplanung, in der Gesellschaft. Immer mehr erkennt man, was eine grüne Stadt an Lebensqualität bedeutet, dass im Wettbewerb der Städte, im Werben um Arbeitskräfte, die Wohnqualität, insbesondere die Ausstattung mit Grün, eine zunehmend wichtige Rolle spielt. Und doch bleibt der Eindruck, dass diese positive Einschätzung zu wenig den Gartenämtern zu Gute kommt, die eigentlich in der Ämterhierarchie eine Spitzenposition einnehmen müssten. Ihre finanzielle Ausstattung müsste so bemessen sein, dass sich ihre Parks im besten Pflegezustand darstellen. Doch dem ist meist nicht so. Ihr baulicher Zustand, ihre pflanzliche Ausstattung lässt oft zu wünschen übrig.

Während man Baudenkmale mit Millionen saniert, vermisst man dieses Engagement bei Gartendenkmalen, überhaupt bei Parkanlagen. Analysiert man die Pflanzenausstattung in Vielfalt und Qualität, stellt man fest, dass die gärtnerische Qualität im Laufe der Jahrzehnte sehr stark abgenommen hat. Diesen Qualitätsschwund müssen Gartenämter deutlich machen, müssen mehr an ihrem Image arbeiten, selbstkritische Analysen durchführen. Bedingt durch den Klimawandel wird zwar mehr Grün gefordert, Grün als Sauerstoffspender und Temperaturminderer, doch das genügt nicht. Dieses Ziel würde man auch durch Aufforstung erreichen oder man ließe Parks sich zu Biotopen entwickeln.

Doch der entscheidende Wert der Parkkultur sind die kulturellen und sozialen Werte. Diese Werte müssen in die Tagespolitik eingeführt werden. Der "Gartengedanke", der soziale wie kulturelle Wert des Gartens, muss in den öffentlichen Raum übertragen werden. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an den Slogan "Die Stadt als Garten", ein Begriff den Kaspar Klaffke, seinerzeit Gartenamtsleiter in Hannover, im Expo-Jahr 2000 sehr erfolgreich in die Debatte einbrachte. "Stadt als Garten", "Gartendenken und Gartenerleben", damit kommt zum Ausdruck, mehr Lebensqualität, intensiveres Naturerleben in den städtischen Freiräumen, Gärten, Parks, Plätzen oder Fußgängerbereiche zu bringen.

Die Stadtbewohner*innen erleben Natur im eigenen Garten oder, die große Mehrheit, ersatzweise im Stadtpark, im städtischen Freiraum. Gartendenken bedeutet alle Sinne in den Menschen anzusprechen. Gärten und Parks sind mehr als Biotope für Pflanzen und Tiere, sie sind darüber hinaus Psychotope, Orte, die unverzichtbar für die psychische wie physische Gesundheit des Menschen sind. Ohne Gartenkultur verkümmert die menschliche Seele. Im Naturraum erleben Bürger*innen die sinnlich wahrnehmbare Vielfältigkeit der Natur, die vier Jahreszeiten, die Veränderungen mit ihren vielfältigen Formen und Farben, den immer wieder bezaubernden Austrieb der Gehölze und Stauden, den Duft der Blüten und Blätter, auch der Erde, die Geräusche der Blätter, des Wassers, der Gesang der Vögel. Im Garten oder Park erfahren sie den Ausgleich zum hektischen Alltag, nehmen sie Anteil am "wachsen und vergehen", was letztlich auch an die eigene Vergänglichkeit erinnert.

Es sind die ästhetischen Werte die erfreuen, es ist die Freude an der Kunst der Garten- und Parkgestaltung, die sich in der Zusammenstellung von Pflanzen, ihren Artenreichtum, seien es Sommerblumen, Stauden und Gehölze ausdrückt. Es ist der Reiz weitläufiger Rasenflächen, die "Seele eines Parks", die optisch den Park vergrößern, zum Lagern einladen. Gartenkunst ist eine räumliche Kunst, ist das Geschick, Gartenräume in einen gestalterischen Zusammenhang zu bringen, eine Kunst, die der Englische Garten zur Perfektion gebracht hat. Die Pflege der Gartenkultur ist somit ein humanes Anliegen und ist damit eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe und Verpflichtung.

Unsere Städte werden immer mehr verdichtet, ihre ökologischen Ausgleichsräume verringert. Umso mehr muss auf die Qualität der verbleibenden Freiräume geachtet werden, denn Freiräume prägen das Bild einer Stadt. Eine Stadt erlebt man in ihren Freiräumen. Parkanlagen, Grünzüge, Straßenbäume, insbesondere Alleen gliedern eine Stadt. Parkanlagen sind damit auch wichtige kulturelle wie geschichtliche Zeitzeugen. Der Zeitgeist mag immer wieder neue Stilrichtungen ins Spiel bringen, unberührt hiervon bleibt das Verhältnis "Mensch und Natur".

Gartenkultur hat eine lange Tradition. Es ist der uralte Traum ein Stück Land zu bewirtschaften, sei es im eigenen Garten, im Kleingarten, in Projekten wie "urban gardening". Der alte Flughafen "Tempelhofer Feld", im Herzen der Stadt Berlin, ist hier ein typisches Beispiel. Den Berlinern war es bei einer Abstimmung wichtiger diesen Freiraum zu erhalten, hier zu gärtnern, ihre Freizeit zu gestalten, als, wie es geplant war, teilweise einer Bebauung zuzustimmen.

Diesen Gartentraum zu pflegen, zu deuten, in der Gesellschaft zu verbreiten, das ist die Uraufgabe der Gärtner, eines Gartenamtes. Es ist eine Aufgabe, die weit über die tägliche Parkpflege hinausgeht. Dafür muss geworben werden, durch Parkführungen, Kurse und Schulungen, durch entsprechende Hinweise im Park wie Beispielpflanzungen, Schaubilder Pflanzenetikettierung. Natur und Parkkultur müssen erklärt werden, zum Beispiel die biologische Leistung eines Baumes, seine Sauerstoffproduktion, seine Fähigkeit CO2 zu verarbeiten, aber auch hunderten von Lebewesen, Insekten, Pilzen und Flechten Lebensraum zu bieten.

Hier hat die Deutsche Gartenbaugesellschaft (DGG), in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Naturschutz das zukunftsweisende Projekt "Tausende Gärten Tausende Arten" aufgelegt, mit der Zielsetzung, mehr insektenfreundliche Wildflora in Gärten und Parks anzupflanzen. Gartenämter sollten diese Aktion neben anderen ökologischen, sozialen und kulturellen Themen in geeigneter Form umsetzen. Der GALK-Altpräsident Heiner Baumgarten wirbt in diesem Zusammenhang mit dem Begriff "Park für Bildung". Je mehr der Bürger über seinen Park weiß, seine Geschichte kennt, seine Ausstattung schätzt, desto mehr setzt er sich dafür ein. In Wiesbaden hatte über einige Jahre hinweg eine kleine Gruppe von Architekten und Landschaftsarchitekten, in Zusammenarbeit mit der Tageszeitung "Wiesbadener Kurier" sehr erfolgreich so genannte "Sehgänge" durchgeführt. Es waren Führungen durch Stadtquartiere und Grünanlagen, mit Hinweisen auf ihre Geschichte, ihre Bedeutung, ihren gestalterischen wie kulturellen Wert.

Die Erhaltung von Kultur, hier der Gartenkultur, ist somit eine bedeutende gesellschaftliche Aufgabe. Gartenämter sind prädestiniert, diese Positionen zu besetzen, mit Leben zu erfüllen. Sie müssen all denen ihre Partnerschaft anbieten, die in Grünbereichen tätig sind oder sein wollen. Wo sind die vielen Schulgärten und auch Kindergärten geblieben? Gartenämter, die "Konferenz der Stadtgärtner*innen" sind aufgerufen, entsprechende Vorschläge zu machen. Hilfreich ist hier eine gute Öffentlichkeitarbeit. Jedes Gartenamt sollte einen Beauftragten für diesen Bereich haben, jeden Tag müssten Zeitungen über das Thema Grün berichten.

Letztlich sei daran erinnert, dass der Begriff "Kultur" sich aus der in Jahrtausenden Jahren im Rahmen menschlicher "Bodenkultur" entwickelt hat. Das Wort "colere" bedeutete nicht nur pflegen, den Acker bebauen und wohnen, sondern auch "verehren", die Ehrfurcht und Dankbarkeit für die Natur, die den Menschen ernährt und erfreut. Hier hat die Gesellschaft einen hohen Nachholbedarf, hier können sich Gartenämter verdient machen, ihr "Produkt Gartenkultur" geschickt vermarkten. Dann wäre die Frage, wo Gartenämter in der Behörden-Hierarchie am besten aufgehoben wären, zweitrangig. Ihrer kulturellen Bedeutung nach könnte sie gleichermaßen gut in einem Kulturdezernat aufgehoben sein, ihrer sozialen Bedeutung auch in einem Sozialdezernat, ihrer ökologischen in einem Umweltdezernat. Denkt man an die bestmögliche planerische Umsetzung, wäre das Planungsdezernat die richtige Adresse.

Gemessen an ihrem Wirkungsfeld erfüllen Gartenämter Querschnittsaufgaben, ökologische, kulturelle wie soziale. Wo auch immer sie angesiedelt sind, für ihr Image sind sie in erster Linie selbst verantwortlich. Wenn sie erfolgreich ihr "Produkt Grün" der Gesellschaft zur Verfügung stellen, dann werden sie auch über die notwendige Ausstattung verfügen. Denn die Bürger*innen wünschen sich eine "grüne Stadt". Eine entsprechende Antwort hierzu hat Heike Appel, Leiterin des Gartenamts Frankfurt am Main formuliert: "Eine Stadt muss vom Grün her geplant werden."

Literatur

  • de la Chevallerie, Hildebert (1984): Aspekte integrierter Stadtplanung aus der Sicht der Landschaftsplanung. Aufgaben eines Grünflächenamtes in einem Baudezernat. In: Adam/Grohe. Ökologie und Stadtplanung, Deutscher Gemeindeverlag.
  • de la Chevallerie, Hildebert (1976): Mehr Grün in die Stadt. Freiraumplanung im Wohnung- und Städtebau. Bauverlag Wiesbaden und Berlin.
  • May, Ernst (1963): Das Neue Wiesbaden. Herausgegeben vom Magistrat der Landeshauptstadt Wiesbaden.
  • Grzimek, Günther (1973): Gedanken zur Stadt- und Landschaftsarchitektur seit Friedrich Ludwig v. Sckell. Verlag Georg D. W. Callwey München.
  • Gartenlust und Stadtbaukunst Friedrich Ludwig v. Sckell 1750-1823. Bayerische Akademie der Schönen Künste, Landeshauptstadt München, Baureferat und Referat für Stadtplanung und Bauordnung Bundesgartenschau München 2005, hrsg. von Hypovereinsbank.

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