Machbarkeitsstudie

Erkenntnisse über die Pflanzenverwendung im Frankfurter Palmgarten

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Bauwerksbegrünung
Bauwerksbegrünung
Wuchernder Wuchs von Bergenia x cordifolia, Humko am 05.09.2013.

Die Absicht, die Nord-Westgrenze des Palmengartens Frankfurt mit einem etwa 500 Meter langen und rund drei Meter hohen vertikalen Garten zu versehen, war Auslöser für die Machbarkeitsstudie "Vertikale Gärten Palmengarten Frankfurt am Main". Vier Unternehmen, alle Mitglieder der Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e. V. (FBB), nahmen an der Studie teil. Von Juni 2013 bis Mai 2014 wurden in monatlichem Turnus die Kriterien "Vegetation", "Pflege und Wartung", "Kosten", "System" und "Wasserverbrauch" als Grundlagen für die Entscheidung für eines der im Versuch stehenden Systeme dokumentiert. Auch der Witterungsverlauf wurde in die Auswertung einbezogen, was angesichts des außergewöhnlich milden Winters einen wichtigen Aspekt hinsichtlich der Aussagekraft der Ergebnisse darstellte. Bezogen auf den bereits benannten Beobachtungszeitraum mit dem milden Winter und unter Berücksichtigung der örtlichen Bedingungen erreichte das System der Firma Vertiko das beste Ergebnis.

Rahmenbedingungen der Pflanzenverwendung

Hinsichtlich der Pflanzenverwendung waren folgende Vorgaben einzuhalten (Mann, 2012): Die Anzahl der Pflanzenarten musste mindestens 15 betragen, davon sollte ein Drittel immergrün sein. Für das Bewertungskriterium "Vegetation" wurden der Bedeckungsgrad, die Vitalität, das Pflanzenvolumen, der Blühaspekt, der Verlust von Pflanzen sowie der optische Gesamteindruck der Begrünung dokumentiert und ausgewertet.

Die Standortbedingungen für die in der Studie verwendeten Pflanzen waren durch folgende Besonderheiten geprägt:

  • Die Nord-West-Ausrichtung der Lärmschutzwand bedeutete für die Pflanzen eine überwiegend absonnige bis vollschattige Lage.
  • Durch die automatische Bewässerung und Düngung waren gleiche Bedingungen für alle Pflanzen innerhalb einer Wand anzunehmen.
  • Der Wunsch, schnell einen hohen Bedeckungsgrad zu erreichen, bedingt bei Vertikalen Gärten eine relativ enge Bepflanzung der Flächen.

Bei den Pflanzenauswahlen wurden durch die Unternehmen verschiedene Schwerpunkte gesetzt. Während die Firma Humko insbesondere Sedum, Carex und Hosta mit jeweils mehreren verschiedenen Sorten einsetzte, wurde bei Optigrün immer nur eine Sorte einer Gattung verwendet. Schadenberg wiederum pflanzte neben Stauden und Gräsern auch verschiedene Gehölze und Vertiko platzierte einige Pflanzen nicht in Gruppen, sondern als Einzelexemplare in der Fläche, was dieser Pflanzung ebenfalls eine eigene Note gab.

Die gegebenen Lebensbedingungen für die Pflanzen am Standort Palmengarten wurden durch die Unternehmen unterschiedlich stark berücksichtigt. So verwendeten Humko und Optigrün jeweils zu etwa einem Drittel Pflanzen, die einen sonnig-trockenen Standort bevorzugen. Pflanzensorten mit Ausbreitungsdrang wurden in unterschiedlichen Anteilen, von rund einem Drittel bis zu etwa zwei Dritteln des jeweiligen Sortiments, verwendet.

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Bauwerksbegrünung
Triebe von Vinca major, Schadenberg am 15.01.2014.

Besondere Beobachtungen zur Entwicklung der Bepflanzungen wurden im Rahmen der Bonituren in textlicher Form erfasst und durch Fotoaufnahmen dokumentiert. Zwei Themen stellten sich dabei als besonders markant heraus. Zum einen die Dynamik beziehungsweise der Konkurrenzdruck innerhalb der Pflanzungen, zum anderen auffällige Entwicklungen wie wuchernder oder kümmerlicher Wuchs und unterschiedliche Entwicklungen innerhalb einer Pflanzensorte.

Dynamik und Konkurrenzdruck

In allen vier Pflanzungen gibt es Arten, die besonders konkurrenzstark sind, so dass sie die umliegenden Pflanzen bedrängten und über sie hinweg wuchsen. Die ersten Auffälligkeiten in dieser Hinsicht wurden bereits zwei Monate nach Beginn der Studie notiert. Teilweise wurden Pflanzen von der umliegenden Vegetation so stark überdeckt, dass sie nicht mehr sichtbar waren. Auch wurde mehrfach festgestellt, dass durch Licht- und Platzmangel bedingt die Vitalität der bedrängten Pflanzen, bis hin zum Absterben, nachließ. So zum Beispiel bei der von Cymbalaria muralis überdeckten Vegetation an der Vertiko-Wand. Die flächige Ausbreitung von Cymbalaria hatte sich bis zum Ende der Studie mindestens verdoppelt. Wie anhand der Beobachtungen an den sehr jungen Pflanzungen der Machbarkeitsstudie ersichtlich wurde, verdient der Aspekt des Konkurrenzdrucks besondere Aufmerksamkeit bei der Pflanzplanung eines Vertikalen Gartens. Die Herausforderung besteht darin, den Wunsch der Kunden und Anbieter nach einer schnellen Vollbedeckung der Fläche mit dem Streben der Pflanzen nach Ausbreitung so zu vereinbaren, dass die Begrünung auch nach Jahren noch dem ursprünglichen ästhetischen Anspruch und Planungsziel gerecht wird.

Auffällige Pflanzenentwicklungen

Während der Bonituren fielen folgende Entwicklungen besonders auf: Wuchernder Wuchs, kümmerliches Gedeihen und unterschiedliche Entwicklungen innerhalb einer Pflanzensorte. Ein Beispiel für wuchernden Wuchs waren die Bergenien der Humko-Wand, die überdimensional große Blätter entwickelten. Bei Optigrün fanden sich große Vitalitätsunterschiede sogar bei direkt nebeneinander stehenden Pflanzen, so zum Beispiel bei Arabis. Ein extremer Entwicklungsunterschied war bei Vinca major an der Schadenberg-Wand zu verzeichnen. So wuchsen die Exemplare unten links in der Wand deckend und entwickelten sehr große Blätter, von oben rechts hingen bis zu drei Meter lange, dünne Triebe herunter.

Bei Humko schien sich eine Tendenz abzuzeichnen: Im oberen Bereich der Wand führten vor allem Trockenheit oder Nässe (Störungen in der Bewässerungsanlage) zu Ausfällen, im unteren Teil waren in erster Linie Probleme mit Wuchern, Konkurrenzdruck, Wurzelschäden und Krankheiten gegeben. Unterschiedliche Entwicklungen innerhalb einer Pflanzensorte waren sehr häufig bei Optigrün zu beobachten. Dabei waren überwiegend die weiter oben stehenden Pflanzen vitaler und blühten stärker als die weiter unten stehenden Exemplare. Bei der Vertiko-Wand stand im unteren Rahmen dauerhaft Wasser. Dadurch war das Trägermaterial in diesem Bereich durchnässt. Dies führte dazu, dass einige Pflanzen hier kleiner blieben als die darüber wachsenden, so bei Tiarella und Carex hachjoensis.

Aufgrund der automatischen Bewässerung und Düngung ist man geneigt anzunehmen, dass alle Pflanzen innerhalb eines Vertikalen Gartens unter den gleichen Bedingungen wachsen und sich daher gleichmäßig entwickeln. Wie die Erfahrungen der Machbarkeitsstudie zeigen, ist dies keineswegs so. Verschiedenste Einflüsse, wie unterschiedliche Lichtverhältnisse in verschiedenen Bereichen einer Wand, eine ungleichmäßige Verteilung des Wassers im Trägersystem oder Störungen in der Bewässerungs- und Düngeautomatik können zu Wuchern, Verkümmern oder ungleichmäßiger Entwicklung in der Bepflanzung eines Vertikalen Gartens führen.

Zusammenfassung

Von Juni 2013 bis Mai 2014 wurde an der nord-westlich gelegenen Lärmschutzwand des Palmengartens Frankfurt am Main die Machbarkeitsstudie Vertikale Gärten durchgeführt. Vier Unternehmen, alle Mitglieder der Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e. V. (FBB), stellten sich dem Wettbewerb. Um abschließend eine Empfehlung für eines der vier Systeme aussprechen zu können, wurden durch die Hochschule Geisenheim unter anderem monatliche Bonituren der Bepflanzungen vorgenommen und die protokollierten Pflanzendaten ausgewertet. In diesem Zusammenhang wurden verschiedene Erkenntnisse über die Entwicklungen der Pflanzengemeinschaften gewonnen.

Besonders markant erschienen hierbei die Dynamik bzw. der Konkurrenzdruck unter den Pflanzen sowie besonders auffällige Entwicklungen wie wuchernder oder kümmerlicher Wuchs und unterschiedliche Entwicklungen innerhalb einer Pflanzensorte.

Es wurde offensichtlich, dass Platzmangel innerhalb der Pflanzengemeinschaft schon nach kurzer Zeit zu einem Verdrängungswettbewerb unter den Pflanzen und somit zu einer Reduzierung der Sortenvielfalt und einer Veränderung der ursprünglichen Optik der Wand führen kann. Außerdem können unterschiedliche und schwankende Standortbedingungen innerhalb eines Systems zu unerwünschten differenten Entwicklungen von Pflanzen führen. Die Herausforderung der Pflanzplanung besteht daher darin, mit der Auswahl geeigneter Sorten diesen Entwicklungen zu begegnen, um dauerhaft den ästhetischen optischen Anspruch der Begrünung zu erhalten.

B.Eng. Susanne Gunkel, Prof. Dr. Stephan Roth

Literatur

Mann, G. (2012): Machbarkeitsstudie Palmengarten Frankfurt, Protokoll Vor-Ort-Termin am 23.10.2012.

Mann, G. (2012): Machbarkeitsprüfung Palmengarten Frankfurt, Besprechungsprotokoll 26.11.2012, 12.00-13.00 Uhr, Krauchenwies.

Prof. Dr.-Ing. Stephan Roth-Kleyer
Autor

Professur für Vegetationstechnik

Hochschule Geisenheim University

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