Zum 100. Geburtstag 1,7 Millionen Euro investiert

Erneuerung des Planschbeckens im Hamburger Stadtpark

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Wasserbau und Wassernutzung
Das Planschbecken im Hamburger Stadtpark - im Hintergrund der Flughafen. Foto: LKA 38

Wer die seltene Gelegenheit hat, Hamburg mit dem Flugzeug von Süden über die Landebahn 15/33 zu erreichen, genießt eine herrliche Aussicht. Der Anflug erfolgt mitten über die Stadt und ermöglicht einen Blick auf fast alles, wofür Hamburg als "Grüne Stadt am Wasser" berühmt ist. Wenige Augenblicke vor dem Aufsetzen kommt dann eines der bekanntesten, wohl auch am meisten besuchte Gartendenkmal der Stadt in den Blick - der Hamburger Stadtpark.

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Als die Reformbewegung Anfang des 19. Jahrhunderts mit der Volksparkidee die Gartenkunst erreichte, fand sie auch in Hamburg Anhänger. Die vom Bürgertum geprägte Stadt verfügte zu dieser Zeit über keine nennenswerten öffentlichen Parkanlagen außerhalb der ehemaligen Wallanlagen und kämpfte gerade mit den sozialen und hygienischen Folgen ihres rapiden Wachstums - 1892 forderte eine Choleraepidemie mehr als 8000 Tote. In der Stadt existierten daher schon seit 1896 Überlegungen zur Anlage eines Stadtparks, ohne dass sich die Vertreter der unterschiedlichen Stilrichtungen auf einen Entwurf einigen konnten. Der als progressiv geltende Direktor der Hamburger Kunsthalle, Alfred Lichtwark, forderte seit langem als Verfechter der Reformgartenbewegung eine geometrische Gestaltung des zukünftigen Stadtparks und schrieb 1910: "Wir brauchen einen Park zum Aufenthalt, nicht bloß zum gelegentlichen Spazierengehen".

Bereits seit 1908 war Fritz Schumacher in Hamburg als Baudirektor tätig. Ihm gelang es 1910 in Zusammenarbeit mit Fritz Sperber, dem Leiter des Ingenieurswesens, die bisherigen Entwürfe in einer mehrheitsfähigen Planung zusammenzuführen, die schon deutlich vom neuen Stil geprägt war.

Rückgrat dieser Planung war die auch heute noch dominante Hauptachse zwischen Wasserturm und der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Stadthalle, in der mit der großen Festwiese und dem Stadtparksee die markantesten Großformen des Parks liegen. Die mehr als zwölf Hektar große Festwiese ist seitdem der Mittelpunkt des Parks und bildet mit ihrer Weite schon optisch einen Kontrast zu der Enge der umgebenden Wohnquartiere. Als riesige Volkswiese war sie eines der großzügigsten freiraumplanerischen Angebote, welches die Stadt ihren Bürgern machen konnte. Wer heute die Festwiese an einem schönen Sommertag aufsucht, merkt schnell, mit welcher Selbstverständlichkeit dieses Angebot bis in die Gegenwart genutzt wird.

In den umgebenden Gehölzbeständen platzierte Schumacher eine Vielzahl von geo-metrischen, unterschiedlich nutzbaren Funktionsräumen, die für ihn mit dem Begriff Erholung im Zusammenhang standen.

Dem Planschbecken kam dabei eine große Bedeutung zu, da es in besonderer Weise für die Volksparkidee und den sozialen Anspruch der Planung stand und auch heute noch das am stärksten frequentierte, kostenlose Freizeitangebot des Parks ist. Bereits 1919 wurde im Rahmen von Notstandsarbeiten nördlich der großen Festwiese mit dem Bau eines flachen, um einen Sandstrand ergänzten Lehmbeckens begonnen. Umschlossen war es von einem breiten, beidseitig von geschnittenen Linden gesäumten Weg. Zusammen mit einem ersten Gebäude bildete sich so das charakteristische, als eigenständige, transparente Form innerhalb der großzügigen Parklandschaft erkennbare Oval, das man auch heute noch gut aus dem Flugzeug wahrnehmen kann.

Im Krieg wurde das Café zerstört und in den kalten Nachkriegswintern reduzierten sich in dem mit Nissenhütten übersäten Stadtpark auch die Lindenreihen rund um das Planschbecken, womit die Anlage ihre formale Stringenz verlor. Aufgrund veränderter Planungsansätze wurden nach dem Krieg an vielen Stellen im Stadtpark die strengen Pflanzungen nicht ersetzt und so blieben auch die am Planschbecken noch erhaltenen Linden Fragmente.

Mit dem beginnenden Wiederaufbau Anfang der 1950er-Jahre nahm man den Betrieb wieder auf. Veränderte Nutzungsgewohnheiten führten jedoch damals dazu, dass das Planschbecken, nun in Gestalt eines Spielplatzes, über seine ursprüngliche Form hinaus wuchs. Erste Spielgeräte wurden auf den Rasenflächen außerhalb des Umweges aufgestellt und erweiterten sich im Laufe der Jahrzehnte zum größten Spielplatz im Stadtpark. Mit seinem umfassenden Angebot ist er sicherlich auch der attraktivste.

1962 wurde das Becken mit einer Dichtung aus Gussasphalt samt umlaufender Fußwaschrinne versehen und erhielt dadurch seine feste Größe und Lage, anders als sein Vorgänger, dessen Wasserfläche abhängig vom Wasserstand schwankte.

Zunehmende Probleme mit der Dichtung führten dazu, dass nach dem Jahr 2000 erste Überlegungen für eine perspektivische Erneuerung der gesamten Anlage angestellt wurden. Angesichts stark steigender Kosten für die Befüllung des Beckens mit Trinkwasser fiel im Jahr 2005 die Entscheidung für eine Umstellung der Anlage auf Brunnenwasser. Heute gibt lediglich ein unscheinbarer, von Hecken gerahmter, Treppenabgang neben dem Café-Gebäude einen Hinweis auf ein unterirdisches Bauwerk, dessen Kubatur der eines kleinen Reihenhauses entspricht. Neu gebohrte Brunnen im Bereich benachbarter Sportplätze liefern seither das Wasser für die dort untergebrachte insgesamt 750.000 Euro teure Wasseraufbereitungsanlage. Bevor das Brunnenwasser in den Beckenkreislauf eingespeist werden kann, müssen allerdings in einem ersten Schritt Eisen und Mangan ausgefällt werden. Im Kreislauf selbst wird das Wasser dann durch zwei mehr als 20 Kubikmeter große Filter gereinigt. Zusätzlich wird der pH-Wert eingestellt und das Wasser mit Hilfe von Chlor desinfiziert.

Aufgrund der Bedeutung des Planschbeckens als einem zentralen Ausstattungselement des Hamburger Stadtparks beauftragte die Hamburger Bürgerschaft den Fachbereich Stadtgrün des Bezirksamtes Hamburg-Nord damit, neben verschiedenen Themengärten auch das Planschbecken selbst bis zum 100. Geburtstag des Parks im Jahre 2014 zu erneuern. Hierfür stellte sie zusätzliche Mittel in Höhe von 1,5 Millionen Euro bereit. Der Bezirk ergänzte diese Mittel um weitere 200.000 Euro und beauftragte die Ingenieure des Fachbereichs Stadtgrün mit der Planung.

Schnell wurde klar, dass eine kleine redaktionelle Änderung der DIN 18034 große Auswirkungen haben würde. Während bisher das Wort "sollte" eine Überschreitung der zulässigen Wassertiefe von maximal 40 Zentimeter im begründeten Einzelfall zugelassen hatte, verhinderte ein "darf nicht" dies fortan. Das bisherige Becken war bis zu 70 Zentimeter tief. Das veränderte Profil zog eine komplette Neuberechnung der Hydraulik des Beckens nach sich. 47 speziell für den Einbau im Boden und in den geneigten Flächen konstruierte Einströmdüsen aus V4A, vier große Abläufe für das Oberflächenwasser, ein Grundablass und 850 Meter neu unter dem Betonbecken verlegte Leitungen sorgen nun dafür, dass alle Beckenbereiche optimal durchströmt werden.

Das neue Becken ist, zumindest in Teilbereichen, auf das Vorgängerbauwerk aufgesetzt und mit annähernd 3100 Quadratmetern für eine WU-Betonwanne ungewöhnlich groß. Die Dimension des Beckens, aber auch seine Lage in der Einflugschneise machten es erforderlich, die eingesetzte Betonpumpe bei der Flugsicherung anzumelden. Auch wenn 120 Tonnen Stahl die Risse in der 25 Zentimeter starken Schicht aus WU-Beton C 35/45 auf maximal 0,15 Millimeter beschränken sollen, so muss ein derartiges Becken doch "frei arbeiten" können. In einem ersten Schritt wurde daher das Profil aus 5 Zentimeter Beton C 8/10 als Sauberkeitsschicht erstellt, auf dem dann Folien als Gleitschicht verlegt wurden. An Tagen mit einer großen Temperaturspreizung kann man am umlaufenden Pflasterweg durchaus eine Ausdehnung des Beckens um mehr als zehn Millimeter beobachten. Es war daher auch erforderlich, Rissbildungen an den in den Untergrund eingebundenen Einlaufkästen, in denen dann die Einströmdüsen montiert wurden, zu verhindern. Die 47 maßgefertigten Edelstahlkästen wurden daher in eine Dämmschicht eingepackt, die entsprechende Bewegungen aufnehmen kann.

Die bisherige, rund um das Becken verlaufende "Fußwaschrinne" ist entfallen. Um trotzdem den Sandeintrag in das Becken zu begrenzen, wurde der unmittelbar um das Planschbecken verlaufende Fußweg auf drei Meter verbreitert. Für die Freunde des "gepflegten" Matschens wurde zudem im Sandbereich eine separate Wasser-Matschanlage errichtet, die unabhängig von der Wassertechnik des Beckens betrieben werden kann. Durch das Aufsetzen des Beckens wurde zudem das starke Gefälle in dem umliegenden Sandspielbereich ausgeglichen, da die etwa 40 Zentimeter hohe Ansicht der Stützmauer des äußeren Umweges erhalten blieb. Die Stützmauer selbst wurde entsprechend der Konstruktion der 1920er-Jahre wieder als Betonmauer ausgeführt, allerdings kamen nun Beton-Werksteine zum Einsatz.

Historisch befand sich der zentrale Zugang zum Planschbecken am Treffpunkt der beiden seinerzeit asphaltierten Corso-Straßen des Stadtparks. Heute ist insbesondere der ehemalige Bolivar-Ring nur noch fragmentarisch zu erkennen. Im Rahmen der Arbeiten wurde jedoch der ehemalige Haupteingang bis zur ersten Corso- Straße, dem heutigen Spielwiesenweg, wieder hergestellt.

Die beiden in den 1920er-Jahren von dem äußeren Umweg in die Sandspielfläche hineinragenden Bastionen, die mit ihrem aufwändigen Klinkermauerwerk ebenso wie die damaligen Gebäude dem Krieg zum Opfer fielen, wurden neu interpretiert. Als Reminiszenz wurden nun zwei wiederum unterschiedlich dimensionierte Bastionen angelegt, die sich jedoch in ihrer Gestaltung und Ausstattung an die aktuelle Formen- und Materialsprache des äußeren Umweges anpassen. Es fiel zudem der Entschluss, mit elf neuen Linden den nur noch in Resten vorhandenen, äußeren Lindenring zu schließen, während der innere Ring Geschichte bleiben muss.

Erstmalig wurde zudem, entsprechend dem Ergebnis des Beteiligungsverfahrens, ein barrierefreier Zugang zum Planschbecken errichtet, der zugleich auch als Pflegezufahrt dient. Die Rampe, die den äußeren Umweg mit dem Fußweg um das Planschbecken verbindet, nimmt außerdem einen Überlaufschacht DN 2000 auf, in dem die Wasserhöhe des Beckens reguliert wird.

Das sprühende Fabeltier am Beckenrand zieht mit seiner markanten, wasserspeienden Form viele Kinder an. Es ist ein 1994 erstellter Nachguss eines ursprünglich 1930 von Richard Haizmann geschaffenen Kunstwerkes, das er damals für einen Spielplatz im angrenzenden Stadtteil Barmbek schuf. Haizmanns Original wurde von den Nazis als "entartete Kunst" zerstört. Die Skulptur steht nun in einem eigenen "Teppich" aus synthetischem Fallschutz und wurde in einen normgerechten Sicherheitsabstand zum Becken versetzt. Damit der Wasserstrahl weiterhin das Becken erreicht, erhielt die Figur eine eigene Zuleitung mit Druckerhöhung, was als Nebeneffekt wiederum den Spielwert erhöht.

Ergänzend wurde im Beckenumfeld nahezu das komplette Spielangebot erneuert. Optisch sticht dabei ein Spielschiff hervor, das 1998 von einem Mitarbeiter der Gartenbauabteilung nach dem Vorbild eines Fischdampfers entworfen und nun saniert wurde. Ein Beschäftigungsträger, der aus einer ehemaligen Werft hervorgegangen war, beteiligte sich damals an diesem Projekt. Die "raue Seeluft", aber auch viele "kleine Seebären" machten nach 16 Jahren eine gründliche Überarbeitung erforderlich, sodass der Dampfer im Mai 2014 unter einem mit Planen verhängten Gerüst verschwand und bis auf den blanken Stahl abgestrahlt wurde. Anschließend wurden vier Schutzschichten aufgetragen. Drei von ihnen entsprechen den Anforderungen des konstruktiven Ingenieurbaus, lediglich die Deckschicht weicht davon ab und erfüllt die Anforderungen der Spielzeugnorm.

Wenige Tage vor der offiziellen Geburtstagsfeier des Stadtparks am 5. Juli 2014 konnte das neue Planschbecken eingeweiht werden und übernimmt seitdem wieder seine Funktion als selbstverständlicher Zielpunkt sommerlicher Ausflüge von Schulklassen, Familien oder Freunden. Und wenn dann die Windrichtung wieder einen Anflug über die Landebahn 15/33 erforderlich macht, werfen die Passagiere einen Blick auf den Stadtpark und sein erneuertes Planschbecken, während unten die Köpfe immer noch staunend in den Nacken gelegt werden.

Autor

Landschaftsarchitekt HAK, Bezirksamt Hamburg-Nord, Fachbereich Stadtgrün, Sachgebietsleiter Planen und Bauen

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