Gesundheitsprävention für Ältere im öffentlichen Grün?

Fitness- und Bewegungsparcours

von:
Gesundheit Generationenparks
Der gemischte Parcours in Darmstadt. Der Sportbund bietet angeleitete Übungsstunden für Ältere an. Foto: Annina Kreißl

Bewegung und gesunde Ernährung können erheblich dazu beitragen, im Alter länger gesund und fit zu bleiben. Um Bewegung besonders bei der älteren Generation zu fördern, gibt es inzwischen unterschiedliche Ansätze. Eine Möglichkeit ist, Ältere mit Hilfe von Outdoor-Parcours zu mehr Bewegung und Sport zu motivieren. So sind seit einigen Jahren Fitness- und Bewegungsparcours, Generationenparks oder auch sogenannte "Seniorenspielplätze"1) in Mode gekommen. Auch Studien des Hessischen Sozialministeriums belegen, dass regelmäßiges Training an Bewegungsparcours bei älteren Menschen zu physischen und psychischen Verbesserungen führt.2) Es stellt sich daher umso dringender die Frage, ob diese neuen Outdoor-Angebote in unserem öffentlichen Raum überhaupt genutzt werden? Wenn ja, von wem? Trainieren auch ältere Menschen? Frauen gleichermaßen wie Männer? Gibt es Präferenzen bei den Gerätetypen? Welche Rahmenbedingungen müssen erfüllt sein, damit die Parcours angenommen werden? Welche Probleme gibt es?

Wer nutzt Fitness- und Bewegungsparcours im öffentlichen Grün?

Positivbeispiele

Bisherige Untersuchungen am Studiengang Landschaftsarchitektur der Hochschule Geisenheim3) von insgesamt elf Parcours4) in Deutschland haben gezeigt, dass Bewegungs- und Fitnessparcours im öffentlichen Raum durchaus gut angenommen werden, wenn die richtigen Geräte und der richtige Standort ausgewählt wurden. Wesentlich ist dabei, verschiedene Typen von Parcours zu unterscheiden, da sie jeweils unterschiedliche Zielgruppen ansprechen und entsprechend unterschiedliche Nutzerprofile aufweisen.

Die Parcours der folgenden Fallbeispiele befinden sich alle in öffentlich zugänglichen Grünanlagen. Die mit * versehenen Beispiele wurden zu dem Zeitpunkt der Evaluierungen nicht betreut, das heißt, sie waren ohne Übungsanleitungen durch Fachkräfte.5)

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Typ A: Bewegungsparcours für jüngere und ältere Erwachsene

Dieser Typ von Parcours ist ausgestattet mit "niederschwelligen" Geräten, die leicht zu handhaben sind und auch Spaziergänger zum Ausprobieren animieren. Die Geräte besitzen einen hohen Aufforderungscharakter und sind oft Geräten aus China nachempfunden. Sie werden gut von Erwachsenen, vor allem auch von Frauen angenommen. Hier trainieren nicht nur jüngere, sondern auch viele ältere Erwachsene etwa zwischen 50 und 65 Jahren, sowie Seniorinnen und Senioren (über 65 Jahre). Auch Kinder und Jugendliche, vor allem auch Mädchen, nutzen die Geräte sehr gerne. Zwei solcher Anlagen wurden im Preußenpark in Berlin und im Stadtpark in Sulzbach im Taunus untersucht,6) 2012 zusätzlich ein Parcours in Hanau7), der zu dem erwähnten Pilotprojekt des Hessischen Sozialministeriums gehört. Diese niederschwelligen Parcours zeichnen sich durch Geräte aus, an denen ohne größere Kraftanstrengung Beweglichkeit, Koordination und auch Ausdauer trainiert werden können. Durch Bewegungsführung sind die Geräte leicht handhabbar. Es gibt zudem Geräte zum Massieren von Akupunkturpunkten und zum Lockern von Muskeln. Manche Geräte sind zu zweit nutzbar und fördern so die Kommunikation untereinander. Vorteilhaft ist auch, dass die Geräte gut in bequemer Alltagskleidung nutzbar sind.

Fallbeispiel Preußenpark* in Berlin

Im Preußenpark in Berlin befindet sich ein Bewegungsparcours mit acht Geräten. An drei Untersuchungstagen wurden an jeweils neun Stunden insgesamt 128 Erwachsene sowie 48 Kinder und 39 Jugendliche gezählt, die die Geräte nutzten. Der Parcours wird gut von jüngeren und älteren Erwachsenen zum Trainieren angenommen. Insgesamt waren 60 Prozent aller Besucher Erwachsene, wobei davon fast die Hälfte (46 Prozent) zu den Älteren, zwischen etwa 50 bis 70 Jahren, gehörte. Nicht nur der Anteil der Älteren ist an diesen Geräten sehr hoch, sondern auch der Anteil der Frauen: so trainierten hier rund 60 Prozent Frauen und 40 Prozent Männer. Die Geräte sind ab 150 Zentimeter Körpergröße nutzbar. Die Erwachsenen trainierten hier im Durchschnitt etwa eine halbe Stunde.

Es wurden 28 Personen interviewt: nach eigenen Aussagen kommen fast alle regelmäßig ein bis drei Mal pro Woche, manche sogar täglich zum Trainieren. Die Mehrheit kommt aus dem näheren Umfeld: Zweidrittel benötigen maximal 15 Minuten für den Weg von Zuhause zum Parcours. Die meisten kommen zu Fuß (Zweidrittel der Befragten), ein Teil mit dem Fahrrad (etwa ein Viertel) und Einige auch mit dem ÖPNV. Viele verbinden das Training mit einem Spaziergang im Park oder mit Walking oder Radfahren. Der Parcours regt auch zur Kommunikation an, denn man trifft hier Gleichgesinnte. Zeitweilig kamen auch Kinder und vor allem Jugendliche am Parcours vorbei und nutzten die Geräte für kürzere Zeit. Besonders jugendlichen Mädchen gefielen Geräte, wie der Beintrainer, die man zu zweit nutzen und sich dabei wunderbar unterhalten kann.

Die Lage des Parcours im Preußenpark ist ebenfalls sehr vorteilhaft: er liegt in einem waldartigen Bereich, etwas abseits von der intensiv genutzten Liegewiese und in ausreichender Entfernung zu einem großen gut besuchten Kinderspielplatz. Zugleich ist der Parcours gut einsehbar, sodass keine "Angsträume" entstehen.

Fallbeispiel Pilot-Parcours im Schlosspark Hanau

Der Pilotparcours des Hessischen Sozialministeriums zur Förderung der Beweglichkeit von älteren Menschen im Schlosspark in Hanau gehört ebenfalls zu dem niederschwelligen Typ A. Er besteht aus acht Geräten und weist ein vergleichbares Nutzerprofil auf: hier trainierten während des Untersuchungszeitraumes sehr viele jüngere und ältere Menschen. Der Anteil der älteren Erwachsenen und Senioren beträgt etwa 40 Prozent aller erwachsenen Nutzer/innen. Außerdem lag auch hier der Anteil der weiblichen Nutzer mit rund 58 Prozent deutlich über dem der männlichen (etwa 42 Prozent). Die absoluten Zahlen (siehe Tabelle Abbildung 3) liegen ebenfalls sehr hoch, was auch damit zusammenhängen dürfte, dass 2011 sehr viel Öffentlichkeitsarbeit betrieben wurde. Viele Erwachsene trainierten bis zu 30 Minuten oder auch länger. Zusätzlich fanden zweimal wöchentlich vom Sportbund angeleitete Übungsstunden für Seniorinnen und Senioren statt. Da an den Schlosspark eine Schule angrenzt, waren vormittags - begrenzt auf Pausenzeiten - oft auch viele Kinder und Jugendliche am Parcours.

Typ B: Fitnessparcours für Sportliche

Dieser zweite Typ von Parcours und von Geräten spricht eine andere Zielgruppe von Nutzern an als der oben beschriebene Typ A. Auch ihn findet man heute recht häufig im öffentlichen Grün - der Prototyp wurde bereits vor zehn Jahren in München in den Isarauen und in vielen kleineren Münchner Grünanlagen aufgestellt.8) Die Geräte wurden ursprünglich für Sportler entwickelt und werden - so zeigen Untersuchungen von 2008 in den Isarauen in München oder auch im Freizeitgelände Spießfeld bei Dieburg - auch gut von dieser Zielgruppe angenommen. Die Geräte sind geeignet für unterschiedliche Arten von Krafttraining, ebenso können Gleichgewicht und Koordination geübt werden. Diese Art von Parcours wird im Allgemeinen ergänzt durch Laufstrecken zum Training von Ausdauer. Infotafeln geben differenzierte Anleitungen zu Übungsvarianten und Leistungssteigerungen. Dieser Typ von Parcours spricht eher Erwachsene der jüngeren und mittleren Altersgruppen an, ebenso deutlich mehr Männer als Frauen.

Fallbeispiel Sport-Parcours in den Isarauen*

Über 30 Geräte auf Rasenflächen bieten vielfältige Möglichkeiten zum Training. Die etwa 120 kartierten Individualsportler, die an drei Untersuchungstagen dort trainierten, waren meist zwischen etwa 20 und Anfang 40 Jahre alt. Das heißt, die Nutzer waren im Durchschnitt deutlich jünger als bei den Parcours des Typs A. Im Allgemeinen trainierten deutlich mehr Männer (70 Prozent) als Frauen (30 Prozent) an diesen Geräten. In geringerem Umfang gehörten auch ältere Personen zu diesen sportlich Ambitionierten (10 Prozent). Besonders Geräte für Krafttraining und Balancierstrecken waren bei den Erwachsenen beliebt, Frauen und Männer zeigen dabei unterschiedliche Präferenzen. Während Männer besonders gerne Armmuskeln trainieren, sind für die Idealfigur der Frauen Rumpfmuskeln entscheidender. Die Geräte sind auch bei Kindern zum Turnen recht beliebt. In den Isarauen kamen am Wochenende zahlreiche Familien, lagerten auf den Rasenflächen, machten Picknick, während ihre Kinder an den Geräten spielten.

Der Generationen-Parcours liegt in einem öffentlichen Park, angrenzend an Wohnbereiche mit sozialem Wohnungsbau. Die Nutzung wurde ebenfalls an drei Tagen vor Ort analysiert. Der Parcours wurde überwiegend von Kindern zum Spielen und Bewegen genutzt, jedoch spielten auch viele der begleitenden Erwachsenen mit den Kindern an den Geräten oder probierten zumindest einmal die Geräte aus. An den drei Untersuchungstagen wurden etwa 200 Kinder und Jugendliche gezählt und rund 100 Erwachsene. Während die meisten Erwachsenen mit Kindern kamen und den Parcours "etwas" nutzten, gab es auch einige Erwachsene, jüngere und ältere, die explizit zum Trainieren kamen.

Es wurden deutlich mehr Frauen (58 Prozent) als Männer (42 Prozent) gezählt, was sowohl mit den niederschwelligen Geräten zusammenhängt, wie auch mit der Tatsache, dass die Begleitpersonen der Kinder eher weiblich waren. Etwa ein Drittel der Erwachsenen waren Ältere, meist Großeltern der Kinder.

Bei Erwachsenen, insbesondere bei Frauen, sind vor allem der Rad-, Bein- und Ganzkörpertrainer beliebt. Nicht genutzt von den Erwachsenen wurden zwei Geräte für Krafttraining (Typ B). Die Älteren nutzten bei der Balancierstreckye nur die feststehenden Bereiche. Für sie wären am Motorik-Park Stangen zum Festhalten von Vorteil.

Der Pilotparcours des Hessischen Sozialministeriums im Bürgerpark in Darmstadt stellt eine Weiterentwicklung dieses Typus B dar (vgl. unten "Öffentlichkeitsarbeit motiviert Ältere: Pilotparcours im Bürgerpark in Darmstadt, ein 'gemischter' Parcours").

TYP C: Bewegungsparcours für Familien, Jung und Alt gemeinsam

Es gibt immer wieder die Idee, Bewegungsparcours für die gemeinsame Nutzung von Jung und Alt zu gestalten, das intergenerative Spielen zu fördern. Hier steht vor allem der soziale Aspekt im Vordergrund, aber auch die Bewegungsförderung bei Jung und Alt ist ein Anliegen. Ein gelungenes Beispiel wurde 2010 in Nürnberg untersucht.

Fallbeispiel Nürnberg-Langwasser9)

Diese Anlage besteht aus überwiegend niederschwelligen Geräten des beschriebenen Typs A sowie einer mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden entwickelten Balancierstrecke, Motorik-Park genannt. Ergänzt wird das Angebot mit weiteren Geräten, wie zum Beispiel einer Schaukel, die auch für Erwachsene nutzbar ist. Im Vorfeld wurden Wünsche und Ideen der Anwohner und sonstigen Akteure durch Beteiligungsprojekte ermittelt. Vermieden werden sollte auf alle Fälle, dass der Parcours einem Spielplatz ähnelt - das hatte man bereits aus dem Beispiel in Nürnberg-Eibach (siehe unten) gelernt.

Zusammenfassend kann man sagen, dass bei einem solchen Typ von Parcours wie in Nürnberg-Langwasser vor allem das Miteinander, das gemeinsame Nutzen und Spaß Haben von Familien, Eltern und Kindern, Großeltern und Enkelkindern, positiv ist. Das Training an den Geräten spielt hier eine untergeordnete Rolle.10)

Negativbeispiele oder was nicht funktioniert

Fallbeispiel Nürnberg-Eibach

Ein sehr frühes Pilotprojekt in Nürnberg-Eibach aus dem Jahr 2006 belegt, wie "Jung und Alt" nicht funktioniert:11) Bei diesem ersten Ansatz für intergenerative Plätze wurden Bewegungsgeräte für Erwachsene mitten in ein Spielplatzgelände für Kinder integriert. Die sicherlich gute Idee war, dass Kinder spielen und Erwachsene nebenbei etwas für sich und ihre Gesundheit tun und an Geräten trainieren könnten. Jedoch funktioniert dieser Ansatz nicht: Die Geräte, die eigentlich für Erwachsene gedacht waren, wurden in Eibach ausschließlich und mit großer Begeisterung von (Klein-)Kindern genutzt. Durch die Lage direkt an einem Spielplatz kam es so zu Verdrängungen durch die vielen Kinder. Zudem waren die Geräte ungeeignet für Ältere oder Ungeübte, denn die Geräte erfordern ein hohes Maß an Reaktionsvermögen oder auch Kraft (sie gehören im Prinzip zu Typ B), sodass sie - zumal ohne Anleitung - insbesondere für Ältere sehr anspruchsvoll sind. Deutlich wurde hier auch, dass "unsportliche" Erwachsene und ältere Menschen im öffentlichen Raum und noch dazu in Anwesenheit von Kindern Angst haben, sie könnten sich blamieren, wenn sie versuchen über schwierige Wackelbrücken zu balancieren oder an Reckstangen Klimmzüge zu machen.

Vergleichbare Ergebnisse brachte auch die Nutzungsanalyse eines solchen Parcours im Waldspielpark Schwanheim in Frankfurt a. M., wobei hier der damals sehr gelobte Parcours von Nürnberg-Eibach Pate stand und hier ebenfalls Kombinationsgeräte in ein Spielgelände integriert wurden. Ebenso zeigen Beispiele aus Wien, dass es nicht sinnvoll ist, Bewegungs- und Fitnessparcours für Erwachsene in Spielbereiche für Kinder zu integrieren. Darüber hinaus dürften einzelne, frei stehende Geräte den Bedürfnissen von Erwachsenen, die an den Geräten trainieren wollen, eher entsprechen als Kombinationsgeräte, bei denen man sich physisch doch sehr nahe kommt.

Eine Befragung von 180 Frankfurterinnen und Frankfurtern12) im Alter zwischen 50 und 90 Jahren im Jahr 2008 ergab, dass mehr als doppelt so viele der Älteren einen Bewegungsparcours ausschließlich für Erwachsene einem intergenerativen Parcours vorziehen würden. Dennoch können - wie das Beispiel von Nürnberg-Langwasser zeigt - intergenerative Nutzungen unter sozialen Aspekten durchaus positiv und gewünscht sein.

Fallbeispiel "Bewegungsinsel" am Hogenbergplatz, München

Ein anderes lehrreiches Beispiel war die Evaluierung der "Bewegungsinsel13) am Hogenbergplatz in München, einer kleinen Grünanlage mitten in einem Gründerzeitviertel. Die fünf Geräte stammen aus dem gleichen Programm wie beim Parcours in den Isarauen, es sind jedoch hier - außer dem Gerät für Dehnen - ausschließlich Geräte für Krafttraining aufgestellt. Dieser Parcours wurde an drei Tagen gerade mal von neun Erwachsenen für kürzere Zeit genutzt; im Allgemeinen diente er Kindern zum Turnen. Warum wird er von Erwachsenen nicht besser angenommen? Es gibt dafür hauptsächlich zwei Gründe: zum einen wurde aus Interviews vor Ort deutlich, dass die Lage im Eingangsbereich der Grünanlage als störend empfunden wird, ebenso die Sitzbänke direkt neben dem Parcours, die wie Zuschauerbänke dastehen. Beides führt dazu, dass man sich beim Benutzen der Geräte wie auf einem Präsentierteller fühlt - ein ungutes Gefühl, wenn man doch eigentlich Sport treiben oder etwas für seine Gesundheit tun will. Erschwerend kommt bei den "Bewegungsinseln", von denen mehrere in München existieren, hinzu - so das zuständige Sportamt - dass hier Geräte mit Aufforderungscharakter fehlen, wie etwa die Wackelbrücken oder Balancierstrecken in den Isarauen. Das Sportamt wollte solche Geräte ergänzen, was bisher aber wohl aus Kostengründen noch nicht erfolgte.

Fazit: Standorte sind neben der Auswahl der Geräte-Typen entscheidend, ob Bewegungs- und Fitnessparcours überhaupt (auch) von Erwachsenen angenommen werden.

Öffentlichkeitsarbeit motiviert Ältere: Pilotparcours im Bürgerpark in Darmstadt, ein "gemischter" Parcours

Der zweite 2011 errichtete Pilotparcours des Hessischen Sozialministeriums befindet sich in Darmstadt im Bürgerpark. Dieser Parcours kann als "gemischter" Parcours bezeichnet werden. Er besteht aus insgesamt elf hochschwelligen und niederschwelligen Geräten14), das heißt, aus Geräten des Typs B, ergänzt um Geräte des Typs A. Der Parcours wurde durch breite Öffentlichkeitsarbeit in Darmstadt und Umgebung bekannt gemacht, bei der vor allem die Zielgruppe der Älteren angesprochen wurde. Außerdem bot der Sportbund 2012 in Darmstadt für Seniorinnen und Senioren täglich vormittags eine durch Fachpersonal angeleitete Übungsstunde an.

2012 wurde die Nutzung dieses "gemischten Parcours" evaluiert und führte zu einem zum Teil überraschenden Ergebnis. Der Pilotparcours wird insgesamt - wie auch der in Hanau - sehr gut angenommen. Aufgrund von umliegenden Schulen wird er in Pausen auch gerne von Kindern und Jugendlichen genutzt. Vor allem die Balancierstrecke und die Geräte für Krafttraining sind bei jungen Männern sehr beliebt und dienen ihnen in den frühen Abendstunden auch als Treffpunkt. Es trainierten aber auch sehr viele Erwachsene; viele von ihnen kamen sogar in Sportkleidung. Das Training dauerte oft bis zu 30 Minuten, bei etwa 20 Prozent der Erwachsenen durchaus auch bis zu einer Stunde und länger. Überraschenderweise war bei diesem Parcours der Anteil der Älteren, die den Parcours außerhalb der betreuten Stunden nutzt, sehr hoch, vergleichbar mit niederschwelligen Parcours (vgl. Tabelle). Jedoch - und diese Zahlen entsprechen wiederum den Sportparcours (Typ B) - lag insgesamt der Anteil der männlichen Nutzer mit rund 62 Prozent deutlich vor dem der weiblichen (etwa 38 Prozent).

Interessanterweise variieren jedoch die Genderanteile, das heißt, das Verhältnis von weiblichen zu männlichen Nutzern, je nach Altersgruppe sehr stark: während bei den Jugendlichen die Männer mit 80 Prozent absolut dominieren, liegt der Anteil der Frauen bei den älteren Erwachsenen und Senioren sogar etwas über dem der Männer. Der Parcours entspricht - bis auf die Altersgruppe der Älteren - in seiner Nutzerstruktur dem Parcours Typ B. Jedoch gleichen die hohen Anteile der Älteren und insbesondere auch der hohe Anteil der älteren Frauen dem Typ A. Wie lassen sich diese Ergebnisse interpretieren? Die positiven Zahlen bei den Älteren hängen einerseits sicherlich mit dem zusätzlichen Angebot von niederschwelligen Geräten zusammen, denn sie, so ergaben Umfragen, gehören zu den Lieblingsgeräten der Erwachsenen. Aber ausschlaggebend dürfte vor allem die breite Öffentlichkeitsarbeit sein, die die Älteren mobilisiert hat. Neben den individuell trainierenden Älteren besuchten in Darmstadt zudem noch 20 bis 40 Seniorinnen und Senioren pro Woche die angebotenen Übungsstunden.

Fazit: Öffentlichkeitsarbeit und angebotene betreute Übungsstunden und Einführungskurse scheinen sich positiv auf die Motivierung älterer Menschen auswirken zu können!

Schlussfolgerungen

Aus bisherigen Untersuchungen lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen:

Zwei Aspekte sind entscheidend für eine gute Nutzung von Bewegungsparcours: das ist zum einen die richtige Auswahl von Gerätetypen, zum anderen spielt der richtige Standort eine entscheidende Rolle, ob ein Parcours überhaupt angenommen wird. Je nach Zielgruppe - sportliche Nutzer, weniger sportliche Nutzer, jüngere, ältere Menschen, Frauen und Männer, Familien (intergenerative Nutzung) - sollten die Gerätetypen sorgsam ausgewählt werden. Für sinnvolle Trainingseinheiten bedarf es zudem einer sorgfältigen Auswahl unterschiedlicher Geräte und auch einer Mindestanzahl von fünf bis sechs Geräten, denn niemand nimmt Wege in Kauf, um an zwei oder drei Geräten zu trainieren. Bei der bedarfsgerechten Auswahl der Geräte empfiehlt es sich, Physiotherapeuten oder Sportfachkräfte zu Rate zu ziehen. Ebenso sorgfältig sollten die Standorte gewählt werden: sie sollten einerseits "sicher" sein, das heißt, sozial kontrolliert und einsehbar, aber andererseits auch keine "Präsentierteller" darstellen. Außerdem sollten sie gut und barrierefrei erreichbar sein und möglichst zentral in den Kommunen liegen.

Nicht ratsam ist - so die bisherigen Erfahrungen - die Kombination mit Kinderspielplätzen, da es so zur Verdrängung besonders älterer Menschen kommt, die die Geräte dann nicht mehr nutzen. Wenn intergenerative Bewegungsangebote gewünscht werden, sollten die Zielgruppen im Vorfeld intensiv einbezogen, Wünsche abgewogen und die Parcours so gestaltet werden, dass sie als Bewegungsparcours für alle erkennbar sind und nicht die Anmutung von Kinderspielplätzen haben. Ausreichend Kinderspielplätze sind in der Umgebung ebenfalls wichtig, sonst werden die Parcours zu Ersatzspielplätzen für Kinder.

Partizipation, kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit und das Angebot betreuter, angeleiteter Einführungskurse und Übungsstunden sind auf alle Fälle empfehlenswert, wenn man die älteren Menschen motivieren will, mehr für ihre Gesundheit zu tun.



Anmerkungen

An den Forschungsprojekten arbeiteten mit: Dipl. Ing. Jessica Jacoby, Dipl. Ing. Annina Kreißl, Elke Meurer und Florian Leitner.

Die Studien zur Nutzung von Bewegungsparcours (2008, 2010 und 2012) stehen als download auf der Homepage der Autorin, Hochschule Geisenheim, zur Verfügung.

1) Der Begriff "Seniorenspielplatz" sollte nicht verwendet werden, da er besonders von den Älteren selbst abgelehnt wird.

2) Vgl. Hessisches Sozialministerium (Hg.), Bewegung für Gesundheit im Alter. Leitfaden für die Einrichtung von Bewegungsparcours. Wiesbaden 2012 (die Broschüre ist kostenfrei beim Hess. Sozialministerium erhältlich). Das Hess. Sozialministerium startete 2011 ein Pilotprojekt mit zwei unterschiedlich ausgestatteten Parcours, einen in Hanau, einen in Darmstadt. 2011 wurden physische und psychische Auswirkungen bei regelmäßigem Training von älteren Menschen untersucht.

3) Der Studiengang Landschaftsarchitektur gehörte bislang zur Hochschule RheinMain (ehemals FH Wiesbaden) und seit 2013 zur neugegründeten Hochschule Geisenheim.

4) Im Rahmen eines Kooperationsprojektes der damaligen FH Wiesbaden (Hochschule RheinMain) mit dem Frauenreferat und dem Grünflächenamt Frankfurt a. M. wurden 2008 die ersten sechs dieser Anlagen hinsichtlich ihrer Nutzung untersucht. Weitere Untersuchungen folgten 2009/10 in Sulzbach, Warburg und Nürnberg; 2012 wurde die Nutzung der beiden Pilotparcours des Hessischen Sozialministeriums in Darmstadt und Hanau evaluiert (in Kooperation mit Hess. Sozialministerium).

5) Die Nutzung der Parcours wurde mittels empirischer Methoden (Zählungen, Kartierungen, Interviews) evaluiert.

6) Die Geräte waren von den Herstellern Playfit und Awis. Es gibt aber auch andere Hersteller mit vergleichbaren Geräten, wie Erlau, Richter, Saysu und andere.

7) Geräte von Playfit.

8) Geräte von Playparc; vergleichbare Geräte zum Teil auch von anderen Herstellern, wie zum Beispiel Lappset und andere.

9) Geräte von Giro Vitale, Kompan und Playparc; Planung Landschaftsarchitekturbüro malik + riede

10) Nach DIN 79000 "Standortgebundene Fitnessgeräte im Außenbereich - Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren" sind Bewegungs- und Fitnessparcours erst ab 14 Jahren nutzbar, was damit zu tun hat, dass die Geräte für bestimmte Körpergrößen ausgelegt sind. Für Parcours, die generationsübergreifend genutzt werden sollen, müssen die Geräte daher aus sicherheitstechnischen Gründen auch nach den entsprechenden DIN bzw. EN - Normen für Kinder-Spielplatzgeräte zertifiziert sein.

11) Dieser Parcours wurde als "Seniorenspielplatz" bekannt.

12) Vgl. Studie Hottenträger; Jacoby und andere 2008

13) Geräte von Playparc

14) dto.

Prof. Dr. Ing. Grit Hottenträger
Autorin

Hochschule Geisenheim, Zentrum für Landschaftsarchitektur und Urbanen Gartenbau

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