Rechtliche Grundlagen für private und öffentliche Flächen

Freiräume für Kinder und Jugendliche

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Mainz. Neustadt, Goethestr. – Gerätespielplatz im Wohnungsbau. Foto: Andreas Paul

Es gilt als unbestritten, dass Kinder und Jugendliche ausreichende Freiräume in ihrem Wohnumfeld benötigen. Für Kinder erschließt sich hier ein großer Teil der Welt. Zwischen Wohnung und öffentlichem Raum ist das nahe und weitere Wohnumfeld das "Tor zur Welt". Hier werden unterschiedlichste Sinneserfahrungen gemacht. Umwelt und Mensch treten in eine Beziehung, dies stellt einen wichtigen Raum für die Sozialisation eines Kindes dar. Es geht dabei um die noch nicht schulpflichtigen Kinder bis 6 Jahre und die Schulkinder. Gleich wichtig sind die Freiräume für Jugendliche, die oft zu wenige Angebote im öffentlichen Raum vorfinden, was auch diese Recherche der rechtlichen Grundlagen gut aufgezeigt hat.

Was dieser Beitrag nicht abdecken kann, sind die umfassenden pädagogischen, sozialen und planungsrelevanten Aspekte des Spielens. Dazu gibt es vielfältige Literatur, die eindeutig belegt, was Kinder und Jugendliche benötigen. Es geht in dem Beitrag vielmehr darum, ob unsere Gesetze, Verordnungen, Satzungen und normativen Grundlagen ausreichend qualitative und quantitative Freiräume sicherstellen oder ob hier wenig konkrete Aussagen gemacht werden im Vergleich zu anderen flächenbeanspruchenden Nutzungen.

Bei den Freiräumen geht es zum einen um die privaten Räume, wie die Grünflächen im sozialen oder freifinanzierten Wohnungsbau und zum anderen um die öffentlichen Freiräume wie Parks, Spielräume, Spielstraßen, Fußgängerzonen und anderes mehr. Bevor die konkreten rechtlichen Grundlagen angesprochen werden sollen, wird auf die allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen in Bezug auf Freiräume eingegangen.

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Freiburg-Waltershofen, Im Moos – Außenanlagen mit Spielplatz zwischen privaten Stellplätzen. Foto: Andreas Paul
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Mainz Weisenau, Paul-Gerhard-Weg – kein Witz ein Sandkasten zwischen Parkplätzen im Wohnungsbau. Foto: Andreas Paul
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Koblenz. Bundesgartenschau 2011, Schlossgarten – hier trifft man auf Jugendliche, die oft zu wenige Angebote haben. Foto: Andreas Paul

Allgemeine rechtliche Grundlagen

In der "UN-Konvention über die Rechte des Kindes", die als internationales und seit 1992 auch als deutsches Recht besteht, ist in Artikel 3 Abs. 1 zu lesen, dass "bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist". Dazu gehören unter anderem angemessene Lebensbedingungen. Auf nationaler Ebene regelt die Kinder- und Jugendhilfe nach dem Sozialgesetzbuch VIII in § 8 die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Diese Beteiligung ist mittlerweile in den Gemeinde- und Landkreisordnungen festgeschrieben. Gemeinden sind Träger der Bauleitplanung und diese berührt in der Regel die Lebensräume der Kinder und Jugendlichen und natürlich auch der Erwachsenen. Die vorbereitende Bauleitplanung (Flächennutzungsplan) regelt in § 5 Abs. 2 Nr. 5 BauGB die Darstellung von Flächen unter anderem für Spiel- und Sportflächen. Die Darstellungen sind nicht verbindlich. Erst die Festsetzungen in § 9 Abs. 1 BauGB sind verbindlich. In § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB können private und öffentliche Grünflächen wie unter anderem Parkanlagen, Spiel- und Sportplätze festgelegt werden. Allen möglichen Festsetzungen liegt das Abwägungsgebot § 1 Abs. 7 BauGB zugrunde, wo private und öffentliche Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind. Die Abwägung geht oft zu Lasten schwacher Gruppen, da sie nicht durch eine entsprechend starke Lobby vertreten werden. Wenn im Rahmen der Stadtentwicklung, sei es bei der Neuausweisung von Wohnungsbauflächen oder bei der Erneuerung, dem Umbau von Stadtvierteln von Anfang an die Ansprüche und Interessen von Kindern und Jugendlichen beachtet werden, dann können sinnvolle Angebote und vernetzte räumliche private und öffentliche Freiraumstrukturen entstehen. Voraussetzung ist die Zusammenarbeit von Betroffenen (Bürgerinnen, Bürger) und Beteiligten (Verwaltung, Wohnungsbauunternehmen, politische Vertreter und andere). Entscheidend ist die Art und Weise, wie beteiligt wird (Paul 2008).

Spezielle rechtliche Grundlagen

Welche Gesetze und möglicherweise Normen gibt es, die konkret die Qualität und Quantität von Spielräumen für Kinder und Jugendlichen beschreiben und definieren? Hier müssen die privaten und öffentlichen Spielräume unterschieden werden.

Private Spielflächen

Für die privaten Spielflächen findet man in den Landesbauordnungen Hinweise und Aussagen. Würde man die entsprechenden Paragraphen der Länder durch ein Sieb geben, dann blieben wenige qualitativ gute Hinweise übrig. Von 16 Bundesländern fordern immerhin zehn Landesbauordnungen (LBO) einen privaten Spielplatz für nicht schulpflichtige Kinder ab drei Wohnungen. Die LBO von Baden-Württemberg fordert sogar Spielflächen ab zwei Wohnungen. Es gibt auch Landesbauordnungen die dies erst ab der sechsten bzw. zehnten Wohnung in einem Gebäude als Auflage in der Baugenehmigung festlegen, was wenig Verantwortung des Gesetzgebers gegenüber Kindern beweist. In 13 Gesetzen wird die Möglichkeit eröffnet, auch in "unmittelbarer Nähe" den Kinderspielplatz nachzuweisen.

Das kann in Einzelfällen sinnvoll sein. Aber was bedeutet in unmittelbarer Nähe? Die DIN 18034 "Spielplätze, Freiräume zum Spielen" definiert die Erreichbarkeit für Kinder unter sechs Jahren in der Fassung von 1971 (galt bis 1988) eine Entfernung von 100 m Fußweg in Sicht- und Rufweite der Wohnungen. In der Fassung 1988 und 1999 erhöht sich die Entfernung auf 200 m. Bei der heutigen Lärmbelastung in der Stadt kann man von einer Wohnung oder anderen Beobachtungspunkten bei 200 m Entfernung nicht mehr von "Rufweite" reden. Da die DIN 18034 gerade neu aufgelegt wird, sollten die alten 100 m wieder aufgenommen werden, da Kleinkinder sich in der Regel im unmittelbaren Wohnumfeld aufhalten und sich dort sicher fühlen. Ganz wenige Bauordnungen gehen über diese oben aufgeführten Angaben hinaus.

Hamburg fordert ab drei Wohnungen zehn Quadratmeter pro Wohneinheit (WE) oder mindestens 100 Quadratmeter Spielfläche. Es ist der höchste Wert aller Landesbauordnungen. Die meisten Länder haben keine Mindestgrößenangaben und überlassen es den Gemeinden, dies in einer Satzung zu regeln. Meist liegt der Wert bei vier Quadratmeter pro Wohneinheit (WE). Darauf wird später noch eingegangen. Hamburg hat aber zugleich den Hinweis im Gesetz, das Unterschreitungen in der Spielfläche möglich sind. Interessant wäre einmal eine Debatte über die Flächengröße von Stellplätzen für PKW auf privaten Grundstücken, wenn der Platz nicht ausreichen würde. Auch hier könnte man Unterschreitungen anregen und festlegen, das zum Bespiel nur Kleinwagen mit einer maximalen Länge von vier Meter auf dem Grundstück parken dürften. Der Aufschrei wäre vorprogrammiert. Aber warum müssen sehr oft bei der Flächenaufteilung zwischen Stellplatznachweis und Spielfläche die Kinder den Kürzeren ziehen? Der ruhende Verkehr benötigt neben der überbaubaren Fläche auf Grundstücken einen sehr hohen Flächenanteil. Hierzu einige Zahlen: 1960 gab es vier Kinder/ein Pkw, aktuell sind es ca. ein Kind/fünf Pkws (Paul 2006, S. 93). Für diese Fahrzeuge benötigt man eine Bruttofläche von 25 Quadratmeter pro Pkw inklusive Bewegungsflächen. In den Stellplatzverordnungen der Länder werden je nach Größe der Wohnungen ein bis zwei Stellplätze pro Wohneinheit (WE) festgelegt. 1,5 Stellplätze pro Wohneinheit (WE) ist ein Durchschnittswert. Dies bedeutet einen Wert von 37,5 Quadratmeter pro Wohneinheit für Stellplätze. Dies ist fast der zehnfache Wert wie er für Spielfläche pro Wohneinheit (WE) gefordert wird, geht man von den gängigen vier Quadratmeter Spielfläche pro Wohneinheit (WE) aus.

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Mainz, Goethestr. – Extensivierung von Rasenflächen, ein besonderes Spielerleben im Wohnungsbau. Foto: Andreas Paul
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Mainz, Martin-Luther-King Siedlung – fehlt der Bolzplatz, dann ist die Schaukel der Torersatz. Foto: Andreas Paul
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Hanau – Auf Grund fehlender Ballspielbereiche benutzen Kinder private Parkplätze als Fußballfläche, Karl-Bierschenk-Straße. Foto: Andreas Paul
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Mainz Mombach, Westring – Schaukeln und Fußball auf der gleichen Fläche im Wohnungsbau. Foto: Andreas Paul

Da fallen sogar die zehn Quadratmeter pro Wohneinheit (WE) aus Hamburg bescheiden aus. Diese Zahlen sagen auch etwas über die Wertschätzung gegenüber Kindern in unserer Gesellschaft aus. Wenn die Fahrzeuge in einer Tiefgarage untergebracht werden, dann sieht es schon einwenig besser aus. Seitdem aber der § 19 Abs. 4 Nr. 3 BauNVO dahingehend verändert worden ist, dass die zulässige Grundfläche bis zu 50 Prozent überschritten werden darf, bleibt auch hier für Kinder nicht mehr viel Platz.

In der Berliner LBO gibt es als einzigem Land den Hinweis, dass ab 75 Wohneinheiten (WE) auch Spielbereiche für ältere Kinder nachgewiesen werden müssen. Jugendliche werden nach bisherigem Kenntnisstand in den Landesbauordnungen nicht erwähnt.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass bis auf wenige Landesbauordnungen genauere Angaben zu Qualität und Quantität der privaten Spielflächen im Wohnungsbau fehlen.

In einer Internetrecherche wurde weiter untersucht, ob es für den Wohnungsbau auf Landesebene präzisere Verordnungen oder Erlasse zu den privaten Spielflächen gibt. Grund für die Recherche war eine Kinderspielplatzverordnung des Landes Hessen von 1977, die ausführliche Hinweise zu folgenden Punkten gab:

  • Zur Lage eines Spielplatzes innerhalb einer Wohnanlage und zu öffentlichen Straßen
  • Abstände zu Stellplätzen und Tiefgaragenabluftöffnungen
  • Größe von fünf Quadratmeter pro Wohneinheit (WE)
  • Beschaffenheit eines Spielplatzes einschließlich Größenangaben
  • Ausstattung (Spielgerätearten, Anzahl, Sitzgelegenheiten für Erwachsene)

Diese Verordnung ist im Rahmen der "Verwaltungsvereinfachung" 2002 aufgehoben worden.

Bei der Internetrecherche konnten keine weiteren "Kinderspielplatzverordnungen" der einzelnen Bundesländer gefunden werden. Es wurden alle Innenministerien und sonstigen zuständigen Behörden der Länder diesbezüglich angefragt. Die Anfragen haben ergeben, dass keines der Bundesländer in Deutschland eine eigene "Kinderspielplatzverordnung" erlassen hat. Fast jede Antwort verweist auf die Paragraphen der jeweils gültigen Landesbauordnung. Schleswig-Holstein besaß ein Kinderspielplatzgesetz und eine dazugehörige Landesverordnung, die vor 18 Jahren aufgehoben worden ist. Im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, heißt es, sei eine solche Verordnung kurzzeitig Diskussionsgegenstand gewesen, nachdem ein tödlicher Unfall auf einem Spielplatz eingetreten war. Das Thema sei jedoch nicht weiter verfolgt worden. Im Stadtstaat Hamburg gibt es ebenfalls keine Verordnung, jedoch eine Verwaltungsvorschrift, ein sogenannter "Bauprüfdienst", der den Paragraphen der Bauordnung zusammenfasst, aber nicht bindend ist. "Dieser Bauprüfdienst erläutert die Anforderungen an die Herstellung von privaten Kinderspielflächen gemäß § 10 der Hamburgischen Bauordnung". Im Bundesland Niedersachsen hat eine Kinderspielplatzverordnung bestanden, die allerdings im Rahmen des "Vorschriftenabbaus und zur größeren Selbständigkeit bei den bauplanerischen Regelungen der Kommunen zum 01.01.2009 aufgehoben wurde". In der LBO von Niedersachsen findet man überhaupt keine Angaben zu privaten Spielflächen. Im Rahmen dieses Beitrages wird auf Grund des Umfangs der Informationen nicht auf alle Bundesländer eingegangen.

Im Zuge der Untersuchung wurde weiter gefragt, welche Satzungen es zu privaten Spielflächen in Städten gibt.

Die bisherigen Ergebnisse der Untersuchung beziehen sich nur auf die gesetzlichen Regelungen der privaten Spielflächen im Wohnungsbau. Bis auf die Berliner LBO mit dem Hinweis, dass ab 75 Wohneinheiten (WE) Spielbereiche für ältere Kinder nachgewiesen werden müssen, findet man in den anderen Ländern keine Aussagen.

Damit werden Schulkinder und Jugendliche nicht beachtet. Was die Gesetze nicht leisten, haben in der Vergangenheit die Verordnungen der Länder genauer geregelt. Heute hat keines der sechzehn Bundesländer eine Verordnung oder "genauere" Vorschriften erlassen. Diese Aufgabe wird den Kommunen zugesprochen, in deren Ermessen es liegt, ob eine Satzung zum Thema Kinderspielplatz erlassen wird oder nicht. In der Recherche zu den Satzungen der sechzehn Bundesländer in Deutschland wurde der Schwerpunkt auf die Großstädte, Landeshauptstädte und Mittelstädte (20.000 bis 100.000 Einwohner) gelegt. Das Ergebnis zeigt, dass lediglich die Landeshauptstädte Bremen, Dresden, Düsseldorf und Potsdam über eine Kinderspielplatzsatzung verfügen.

Hinsichtlich der mittelgroßen Städte kann kein aussagekräftiges Fazit gezogen werden, da es nicht möglich war, für jedes Bundesland eine Mittelstadt mit gleichzeitig geltender Kinderspielplatzsatzung ausfindig zu machen. Exemplarisch können lediglich die folgenden Mittelstädte Bamberg, Gera, Henningsdorf, Höxter, Rüsselsheim und Stade genannt werden, in denen jeweils eine Spielplatzsatzung existiert. Weiterhin wurden bei der Internetrecherche häufig Kinderspielplatzsatzungen für Städte mit einer Einwohnerzahl von mehr als 100.000 Einwohnern gefunden. Dennoch lässt es sich abschließend nicht begründet behaupten, ab welcher Stadtgröße eine Stadt über eine Kinderspielplatzsatzung verfügt oder nicht. Es ist jedenfalls nicht festzustellen, dass das Vorhandensein einer Kinderspielplatzsatzung mit der Größe einer Stadt in Zusammenhang steht. Auffällig war jedoch, dass die Gemeinden des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen über die meisten Kinderspielplatzsatzungen zu verfügen scheinen. Jedenfalls waren die im Internet recherchierten Satzungen zum größten Teil aus Gemeinden in Nordrhein-Westfalen. Zu wenige Satzungen beziehen Schulkinder ab einer Größe von 75 Wohnungen mit ein. Die Forderung nach Angeboten für Jugendliche findet man selten. Die Satzung von Potsdam verlangt "Freizeitflächen für Jugendliche" in Wohnanlagen ab 400 Bewohner, also ab ca. 200 Wohnungen.

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Freiburg, Vauban, Vaubanallee – Naturbereich beim öffentlichen Spielraum am Siedlungsrand. Foto: Andreas Paul
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Freiburg, Vauban, Vaubanallee – Kletterfelsen im wohnungsnahen Spielbereich. Foto: Andreas Paul
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Freiburg Vauban, Vaubanallee – Sandkasten in unmittelbarer Nähe der Wohnung. Foto: Andreas Paul

Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass wir unter dem Diktat der Verdichtung (s. Änderung der BauNVO) der Städte und überwiegend ökonomischer Interessen den Flächenanteil und die Qualität für sinnvolle Spielflächen aus den jeweiligen rechtlichen Grundlagen herausgenommen haben, zugunsten anderer Interessen, um unter anderem mehr Wohnungen auf einem Grundstück bauen zu können. Die Rahmen gebenden Kinderspielplatzverordnungen auf Ebene der Bundesländer fehlen. Verwundert hat die Tatsache, dass gerade in Landeshaupt- bzw. Großstädten überwiegend keine Spielplatzsatzungen existierten. Dabei haben wohnungsnahe Kinderspielplätze in dicht besiedelten Städten eine sehr große Bedeutung, da diese Städte oft über wesentlich weniger Frei- und Spielraum verfügen. Landeshauptstädte könnten hier eine Vorbildfunktion für die übrigen Städte und Gemeinden übernehmen.

Warum sind Spielplatzsatzungen zu empfehlen?

Sie versuchen über die Landesbauordnungen hinaus präzisere Angaben zur Qualität und Quantität zu machen. Über eine Satzung können die oft "wachsweichen" Auflagen der Landesbauordnungen ergänzt werden. Für das Wohl der Kinder können bessere Ergebnisse erzielt und in der Baugenehmigung detaillierter gefordert werden. Folgende Punkte sollten in einer Satzung bzw. Landesverordnung stehen:

  • Spielflächen ab drei Wohneinheiten
  • 7 Quadratmeter pro Wohneinheit, mindestens 100 Quadratmeter nutzbarer Spielfläche
  • Hinweise zu Spielangeboten mit Größenangaben in Quadratmetern
  • Besonnte und halbschattige Spielbereiche
  • Sitzmöglichkeiten für Kinder und Erwachsene
  • Beachtung spezieller Bedürfnisse von Mädchen und Jungen
  • Ab 50 Wohneinheiten Angebote für Schulkinder
  • Ab 75 Wohneinheiten Angebote für Jugendliche einschließlich einer Ballspielfläche
  • Beachtung künstlicher, naturnaher und natürlicher Flächen
  • Barrierefreie Gestaltung
  • Mindestabstand zu Stellplätzen und Entlüftungsanlagen von Tiefgaragen von zehn Meter
  • Wenn in Rufnähe (75 Meter Entfernung, nur bei Sicherstellung einer sicheren Fußwegeverbindung ohne Straßenquerung) ein größerer und nach Alterklassen differenzierter Spielraum vorhanden ist, kann auf einen Spielplatz nach LBO verzichtet werden. Bau- und Unterhaltungskosten werden vom jeweiligen Bauträger anteilig übernommen.
  • Aufzählung der giftigen Pflanzen, die nicht verwendet werden dürfen
  • Verweise auf die gängigen Normen

Öffentliche Spielflächen

Aus dem vorangegangenen Kapitel geht deutlich hervor, dass öffentliche Spielräume von größter Wichtigkeit für Schulkinder und Jugendliche sind. Bisher ging es fast ausschließlich nur um die nicht schulpflichtigen Kinder. Es geht um sichere und erreichbare Erfahrungs- und Aufenthaltsräume im Wohnumfeld, die bei schlüssiger Stadtentwicklung oder Stadtreparatur ein vernetztes Grün- und Freiraumsystem darstellen können.

Es geht um sogenannte Streifräume, wo Kinder unterschiedlichen Alters und Geschlecht verschiedene gebaute, naturnahe und natürliche Flächen vorfinden. Je nach Differenzierung und Umfang des Planungsansatzes haben diese Freiräume ausreichend Angebote für Jugendliche und auch Erwachsene. Es wird viel zu oft sektoral gedacht und gehandelt (Paul 2011, S. 43). Viele Flächen können bei sinnvoller Gestaltung und Beachtung funktionaler Erfordernisse von unterschiedlichen Altersgruppen genutzt werden. Durch die fortschreitende Verstädterung sind öffentliche Grün- und Spielflächen nötig. Wie in den "allgemeinen rechtlichen Grundlagen" anfangs erwähnt, können im Bebauungsplan Park-, Spiel- und Sportflächen festgesetzt werden. Aber wer bezahlt die Spielflächen. In § 127 Abs. 2 Nr. 4 BauGB (Erhebung des Erschließungsbeitrages) steht, dass "Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen" über den Erschließungsbeitrag abgerechnet werden können. Bis zum Inkrafttreten des BauGB zum 01. Juli 1987 konnten Spielplätze als Teil der Erschließung abgerechnet werden. Was für eine rechtlich und vor allem politisch völlig unverständliche Entwicklung in einem solch reichen Land wie Deutschland. Danach besteht keine Gleichwertigkeit zum Beispiel zwischen den Belangen der Erschließung, also Straßenausbau, Wasserversorgung, Abwasser, Energie und den Belangen für Kinder und Jugendliche. Bis heute hat dies noch keine Politikerin und kein Politiker als Thema bei einer Novellierung des BauGB eingebracht. Eine Möglichkeit der Abrechnung über den Erschließungsbeitrag Spielangebote abzurechnen beschreibt der Praxiskommentar zum BauGB (Gronemeyer 1999, S. 751): "Kinderspielmöglichkeiten sind für eine Gemeinde nach heutigem Recht nur noch beitragsfähig, wenn sie einen unselbstständigen Bestandteil einer Grünanlage im Sinne des Abs. 2 Nr. 4 (Anm. Verf.: § 127 Abs. 2 Nr. 4 BauGB) bilden (BVerwG, NVwZ 1995, 1217). Da häufig Kinderspielplätze mit Grünanlagen kombiniert werden, wäre also unter engen Voraussetzungen auch noch der Kinderspielplatz selbst abrechenbar, wenn die Spielgeräte und Spielmöglichkeiten sich als untergeordnete Bestandteile einer Grünanlage darstellen (BVerwG, NVwZ 1996, 804)."

Dies ist zumindest ein gewisser Lichtblick.

An dieser Stelle ist das Berliner "Gesetz über öffentliche Kinderspielplätze" erwähnenswert. In § 4 Abs. 1 wird ein Richtwert an öffentlichen Spielflächen von ein Quadratmeter nutzbarer Fläche je Einwohner festgelegt. In § 8 Abs. 1 Nr. 1-3 werden des Weiteren Richtwerte für die Größe verschiedener Spielflächen angegeben. Das Gesetz gilt in Berlin als Grundlage für den Spielplatzentwicklungsplan und als Nachweis der Spielplatzversorgung der ganzen Stadt. Die Stadt Berlin kann bis heute etwas mehr als 0,6 Quadratmeter öffentlichen Spielraum pro Einwohner nachweisen. Richtwerte erscheinen als eine wichtige Kenngröße, um den Versorgungsgrad an öffentlich notwendigen Flächen zu beziffern. Der auf eine Stadt bezogene Wert sagt aber nichts darüber aus, wie die einzelnen Flächen den Wohnquartieren zugeordnet sind.

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Mainz, Goetheplatz – Wasserspielplatz in einem Stadtviertel mit dem geringsten öffentlichen Freiraumanteil/Einwohner. Foto: Andreas Paul
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Hanau, Bürgerpark am Hochgericht – wegbegleitende Spielangebote in einem Grünzug. Foto: Andreas Paul
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Leipzig, Thonberger Park – untergeordnete Spielangebote in einer Parkanlage. Foto: Andreas Paul
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München, IGA 2005 – Spielband mit verschiedenen Angeboten, eine gestalterisch sehr formale Lösung. Foto: Andreas Paul

Dies kann hier nicht weiter vertieft werden. Der Hinweis sei aber erlaubt, dass in den 70er Jahren die DIN 18034 in der Fassung von 1971 den Bedarf an Spielflächen für alle Altersgruppen genau beschrieben und in Richtwerten benannt hat. Dazu kamen Tabellen über Spielarten, Spielbereiche und Ausstattungsmerkmale, die nur hätten weiterentwickelt werden müssen. Ähnliches kann man in den Richtlinien für Erholungs-, Spiel- und Sportanlagen der Deutschen Olympischen Gesellschaft aus den 70er Jahren nachlesen.

Die genauen Hinweise der DIN 18034 in der Fassung von 1971 sind fast alle mittlerweile aus den Nachfolgenormen herausgenommen worden. Auf Grund der häufig anzutreffenden Defizite im Bereich öffentlicher Spielräume wird man das Gefühl nicht los, dass bewusst diese Werte verschwunden sind, um nicht vor Gerichten Verbesserungen durchsetzen zu können.

Trotz dieser Einschätzung gibt es gute Beispiele, wie die Stadt Karlsruhe, die einen hohen Versorgungsgrad an öffentlichen Spielflächen Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts erreicht hat. Es wurde eine Bruttofläche von 2,46 Quadratmeter pro Einwohner 1997 nachgewiesen (Schmidt 2002, S. 24). Dieser Wert liegt relativ nah an den von der DIN 18034 in der Fassung von 1971 veröffentlichen Richtgrößen. Die Stadt München hat auch einen Wert von 2,5 Quadratmeter Nettospielfläche pro Einwohner als Richtwert. In einer noch nicht abgeschlossenen Recherche im Lehrgebiet Freiraum- und Projektplanung im Studiengang Landschaftsarchitektur über die Situation der Freiräume der Stadt München fanden sich nur die Anzahl von Spielflächen, aber keine absoluten Zahlen, um die tatsächlichen Flächen mit dem Richtwert vergleichen zu können. Beispielhafte Broschüren zu öffentlichen Spielangeboten weist unter anderem Oldenburg westlich von Bremen auf, gleiches gilt für Hannover. Hannover gibt zumindest die Größe der verschiedenen Spielräume an. Städte sollten die absoluten Zahlen der verschiedensten Flächennutzungen transparent darstellen, dann kann man Tendenzen in der Stadtentwicklung besser nachvollziehen. Des Weiteren sind die Städte zu erwähnen, die Kinder- und Jugendstadtpläne herausgeben, in denen das gesamte Angebot einer Kommune zu finden ist, diese sind in der Regel auch im Internet abrufbar. Es handelt sich dabei um eine wichtige Öffentlichkeitsarbeit der öffentlichen Verwaltung, die oft von ihr unterschätzt und aus Personalmangel nicht gemacht wird.

Ergebnis und Ausblick

Die Untersuchung, die nicht alle Städte und Gemeinden in Deutschland berücksichtigen konnte, kommt zu dem Ergebnis, dass im Bereich der privaten Spielflächen im Wohnungsbau große Unterschiede in der Qualität der Aussagen bei den Landesbauordnungen festzustellen sind. Diese sind zu einem Teil sehr dürftig, bis auf die oben beschriebenen guten Beispiele. Auf Grund der nicht mehr bestehenden Kinderspielplatzverordnungen gibt es auf Landesebene keine qualitativen und quantitativen Hinweise für die privaten Spielflächen. Die Satzungen der Städte und Gemeinden, die nicht alle bundesweit eingesehen worden sind, versuchen zum Teil die fehlenden Aussagen auf Landesebene über Anzahl, Größe, Ausstattung und Anforderungen auszugleichen. Hier sollten sich die Gemeinden und Städte stärker engagieren und bestehende Satzungen auf Inhalte und Wirksamkeit überprüfen bzw. Satzungen auf den politischen Weg bringen (siehe Vorschläge Seite 55). Da der Stellplatznachweis für Fahrzeuge fast immer schwerer wiegt als die private Spielfläche, geht es bei den Auflagen der Baugenehmigung selten um gleichberechtigte Interessen. Des Weiteren werden die Auflagen des Bauscheins nicht ausreichend und zum Teil gar nicht nach Fertigstellung der Baumaßnahmen durch die Bauaufsicht kontrolliert.

Die Qualität und Quantität öffentlicher Spielflächen ist abhängig von einer in die Stadtplanung und die Stadtreparatur integrierten Freiraumplanung. Hier geht es vor allem um Schulkinder und Jugendliche. Da diese Gruppen in der Regel im direkten Wohnumfeld keine Angebote finden, ist es zwingend erforderlich, dass Flächen vorgehalten werden. Diese können wie oben beschrieben zu einem großen Teil nicht aus dem Erschließungsbeitrag finanziert werden. Dies muss wieder möglich sein, denn Kinder und Jugendliche stellen die Zukunft einer Gesellschaft sicher. Der § 127 BauGB muss novelliert werden, in dem der öffentliche Spielplatz wieder in den Paragraphen aufgenommen wird.

Die sogenannten "weichen Standortfaktoren" werden oft verhandelt und die "harten Fakten" wie zum Beispiel die vorgeschriebenen Parkplätze, die bis auf ein Zehntel hinter dem Komma genau berechnet werden, stehen nicht zur Disposition. Auch die überbaubare Fläche wird als feste, fast "gottgegebene" Größe hingenommen, sie wird selten verhandelt. Hier ist ein Umdenken nötig zu Gunsten von Kindern und Jugendlichen. Stadtentwicklung, vor allem in den Ballungsräumen, sollte vom Freiraum her entwickelt werden. Der demografische Wandel, das Stadtklima und der Schutz der Biodiversität sind weitere Faktoren, warum das Thema hochaktuell ist.

Auf Grund der schon lange bekannten Defizite öffentlicher Freiflächen für Kinder und Jugendliche haben sich neben den nicht ausreichenden gesetzlichen und normativen Grundlagen neue Planungsansätze entwickelt. Dazu gehört die von Rheinland-Pfalz vor circa zehn Jahren initiierte und entwickelte Spielleitplanung, die mittlerweile bundesweit große Beachtung gefunden hat. Es handelt sich dabei um einen integrativen Beteiligungs-, Planungs- und Umsetzungsansatz. Bei diesem Prozess ist viel Engagement und Zeitaufwand aller Betroffener und Beteiligter nötig. Im Sinne einer Bürgergesellschaft ist dies positiv zu sehen (Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz und Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend Rheinland-Pfalz 2004).

Notwendig sind aber eindeutige Aussagen in den Landesbauordnungen und in den Satzungen der Gemeinden und Städte bezogen auf die privaten Spielflächen. Des Weiteren ist der § 127 BauGB zu novellieren in Bezug auf die Finanzierung der öffentlichen Spielflächen durch den Erschließungsbeitrag. Es geht darum, den berechtigten Interessen von Kindern und Jugendlichen ein größeres Gewicht in den rechtlichen Grundlagen zu geben. Sie sind gleichwertig gegenüber anderen privaten und öffentlichen Ansprüchen. Erinnert sei an die vielen gerichtlichen Auseinandersetzungen über Kinderlärm. Erst seit 2011 durch Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes ist "Kinderlärm", der von ausgewiesenen Bereichen wie Schulen, Kindergärten und Spielräumen ausgeht, zu tolerieren.

Anmerkungen

Wenn Städte und Gemeinden im Sinne der Verbesserungsvorschläge des Artikels Satzungen zu privaten Kinderspielplätzen oder Gesetze zu öffentlichen Spielflächen haben sollten, so nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf: andreas.paul@hs-rm.de.

Literatur

BauGB - Baugesetzbuch. In der Fassung vom 23. Sept. 2004, zuletzt geändert durch Art 1 G v. 22.07.2011.

BauNVO - Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (Baunutzungsverordnung). In der Fassung vom 23. Januar 1990, zuletzt geändert durch Art. 3 Investitionserleichterungs- und WohnbaulandG v. 22.04.1993.

Berlin: Gesetz über öffentliche Kinderspielplätze (Kinderspielplatzgesetz). In der Fassung vom 20. Juni 1995.

DIN 18034 Spielplätze für Wohnanlagen. Flächen und Ausstattungen für Spiele im Freien. Planungsgrundlagen. November 1971.

DIN 18034 Spielplätze und Freiräume zum Spielen. Anforderungen und Hinweise für die Planung und den Betrieb. November 1999.

DIN 18034 Spielplätze und Freiräume zum Spielen. Anforderungen für Planung, Bau und Betrieb. Entwurf. Februar 2012

Gronemeyer, S. (Hrsg.) (1999): Baugesetzbuch. Praxiskommentar. Wiesbaden.

Kinderspielplatzverordnung (KSpVO) von Hessen vom 29. Juli 1977; aufgehoben 2002.

Kinder- und Jugendhilfe. Sozialgesetzbuch VIII (SGB). In der Fassung vom 08. Dezember 1998, zuletzt geändert durch Art. 2 G v. 22.12.2011.

Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz und Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend Rheinland-Pfalz (2004): Spielleitplanung - ein Weg zur kinderfreundlichen Gemeinde und Stadt. Mainz - 224 S.

Paul, A. (2006): Modernisierte Freiräume im Geschosswohnungsbau. Aktuelle Freiraumentwicklung bei Umbaumaßnahmen von unterschiedlichen Wohnbausiedlungen im sozialen Wohnungsbau unter sich verändernden Nutzungsansprüchen am Beispiel der Wohnbau Mainz. Grundlagen, Untersuchungen, Ergebnisse, Empfehlungen. Abschlußbericht für die Wohnbau Mainz GmbH. Wiesbaden - 197 S.

Paul, A. (2008): Projektentwicklung und Kommunikation. In: Agde, G. und andere: Spielplätze und Freiräume zum Spielen. Berlin Seite 75-81.

Paul, A. (2011): Praxisnahe Projekte für Studierende. Angehende Landschaftsarchitekten entwickeln Konzepte in Hanau Freigericht. Stadt + Grün 60 Nr. 8 S. 43-47.

Schmidt, H. (2002): Spielen in Karlsruhe. Kinderspielflächenentwicklungsplan, Planungsbeteiligung, Kinderspielplatzwettbewerb. Stadt + Grün 51 Nr. 4, S. 21-28.

UN-Konvention über die Rechte des Kindes. Verabschiedet durch Vollversammlung der Vereinten Nationen am 20. November 1989 und am 05. April 1992 in Deutschland in Kraft getreten.

Nicht im Einzelnen sind im Literaturverzeichnis die LBOs und Spielplatzsatzungen aufgeführt. Stand der Recherche Januar 2012.

Prof. Andreas Paul
Autor

Lehrgebiet Freiraumplanung/Projektplanung

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