Bausteine zu einer Jüngeren Gartengeschichte

Freiraumplanung im 20. Jahrhundert

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Freiräume Landschaftstheorie
1 Der sanierte architektonische Garten der 1907 erbauten Villa Meyenburg in Nordhausen, den 1919 der Dresdner Gartenarchitekt Röder entwarf. Foto: Johannes Schwarzkopf

Die freiraumplanerischen Strömungen des 20. Jahrhunderts werden mittlerweile allmählich als historische Phänomene erfahrbar und wahrgenommen. Das zeigt die eigene Forschung der letzten beiden Jahrzehnte, beginnend mit der 2005 abgeschlossenen Dissertation¹, vor allem aber auch die Lehrtätigkeit an der Fachhochschule Erfurt.

Es werden immer mehr wissenschaftliche Arbeiten zu den unterschiedlichsten fachlich relevanten Aspekten in diesem Zeitraum publiziert. Noch aber bleiben diese Initiativen zum überwiegenden Teil singulär und verstreut. Bis jetzt fehlt vor allem ein wissenschaftlicher Ansatz, der diesen Zeitraum zusammenhängend betrachtet und die bereits bestehenden vielfältigen Forschungsaktivitäten systematisch bündelt. Vor allem fehlt - in der Lehre oft deutlich spürbar - eine zusammenhängende Gesamtdarstellung.

Eine neue historische Disziplin begründen?

Warum eigentlich? Was ist zu erwarten, wenn Forschungsergebnisse mehr aufeinander bezogen, miteinander verglichen werden? Zu konstatieren ist, dass dieses 20. Jahrhundert im deutschen Kulturraum - und darüber hinaus - mit einer umfassenden bürgerlichen Reformbewegung begann, die dem starken Wunsch nach gesellschaftlichen Veränderungen Ausdruck gab, auch bezogen auf private und vor allem öffentliche Freiräume. Weniger Repräsentation und mehr Funktion wurde gefordert. Ende des 19. Jahrhunderts waren es zunächst fachfremde Kritiker, die teils mit beißendem Spott auf die Erstarrung der "Landschaftsgärtnerei" Lenné-Meyerscher Prägung hinwiesen. Die Gartenreform brachte dann wieder mehr geometrische, formal-architektonische Freiraumlayouts und eine stark reduzierte Version des landschaftlichen Formenkanons. Um 1900 also ein deutlicher Auftakt, entscheidende gestalterisch-funktionale Neuerungen und eine vehemente fachliche Diskussion.

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2 Haus Schulenburg in Gera, 1913–1915 von Henry van de Velde für den Textilfabrikanten Paul Schulenburg und seine Familie erbaut, mit regelmäßig angelegtem Garten. Foto: Johannes Schwarzkopf
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3 Die Pergola im Staudengarten des Landgutes Holzdorf bei Weimar, das der Mannheimer Industrielle Dr. Otto Krebs ab 1917 als Sommersitz ausbauen ließ. Dafür verpflichtete er den Frankfurter Gartenarchitekten Franz Wirtz. Foto: Johannes Schwarzkopf
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4 Blick auf die terrassierten Gartenbereiche des Hauses Bergfried in Saalfeld. Die Gartenplanung übernahm zunächst der Dresdner Architekt Max Hans Kühne mit, ab 1926 war die Firma Ludwig Späth an der Ausführung beteiligt. Foto: Johannes Schwarzkopf

Die postmodernen Strömungen der 1980er-Jahre wiederum mit ihrer Neuentdeckung und -bewertung der lange geschmähten kompakten "Europäischen Stadt" bewirkten auch eine Aufwertung und Weiterentwicklung des hier eng eingebundenen "traditionellen" Stadtgrüns. Auch diese, bis heute fortwirkende Tendenz bildet eine Zäsur, die als abschließend eingeordnet werden kann.

Und dazwischen? Nach dem Ersten Weltkrieg wirkten die Reformtendenzen weiter, teils verwoben mit der früh von Willy Lange propagierten Naturgartenidee. Hinzu kamen in den 1920er-Jahren expressionistische sowie Gartenentwürfe im Sinne des Art déco und des Neuen Bauens. Rückblickend sind Strömungen und Gegenströmungen dieser Zeit als äußerst heterogene Melange wahrzunehmen, die gleichfalls heterogene gesellschaftliche und politische Verhältnisse spiegelte. So heterogen, dass es kaum Versuche gibt, sich an Gesamtdarstellungen zur Gartenarchitektur der Zwischenkriegszeit zu versuchen.

Zumal in diese Zeit auch die ungeliebte Phase der NS-Diktatur fällt, in der wiederum vor allem der strenge Formenkanon der Gartenreform im Wechselspiel mit scheinbar Blut und Boden-kompatiblen Naturgartenmotiven die Zensoren zufrieden stellte. Immer noch und wieder ähnliche Tendenzen also, deren Kontinuität in diese problematische Zeit hinein nur ungern hingenommen wird. Nach 1945 hatte sich Landschaftsarchitektur schließlich zunächst bis in die 1970er-Jahre nach dem neuen städtebaulichen Trend der "gegliederten und aufgelockerten Stadt" mit ihren sehr landschaftlich gehaltenen "fließenden Räumen" zu richten.² Hügel und lockere Baumpflanzungen gaben der "Stadtlandschaft" ihr Gepräge, soweit nicht Stellplatzanlagen und Stadtautobahnen die Freiräume besetzten und separierten. Bis dieses Modell auch aufgrund anhaltender Kritik, es würde die Zersiedelung der Städte bewirken und menschliche Maßstäbe missachten, von der oben angesprochenen Neuentdeckung der Werte und Strukturen der alten "Europäischen Stadt" abgelöst wurde und bis heute wird.

Waren das freiraumplanerische Strömungen, die sich aufeinander bezogen haben, die sich überlagerten, ergänzten oder einander ablösten? Schon dass diese Fragen noch jetzt so offen gestellt werden können oder müssen rechtfertigt die Forderung nach mehr Zusammenschau und Synthese, verbunden mit der Idee der Etablierung einer "Jüngeren Gartengeschichte".

Mögliche Arbeitsfelder einer Jüngeren Gartengeschichte

Im Sommer 2017 gab ein Forschungssemester Gelegenheit dazu, nach möglichen Arbeitsfeldern zu suchen - bezogen auf die Landschaftsarchitektur des deutschen Kulturraums, aber unter Beachtung internationaler Einflüsse und Verknüpfungen. Die Auszeit ermöglichte das Sondieren der mittlerweile unüberschaubaren Menge an Forschungserträgen, die sich aus unterschiedlichster Perspektive mit der Garten- und Landschaftsarchitektur des 20. Jahrhunderts beschäftigen. Ergänzt wurden die Untersuchungen durch persönliche Gespräche mit Prof. Dr. Stefanie Hennecke, Dr.-Ing. Sylvia Butenschön, Prof. Dr. habil Gert Gröning und Prof. Dr. Joachim Wolschke-Bulmahn. Essenz dieser aufschlussreichen Dialoge und einer ausgiebigen Literatursichtung war das Herausarbeiten besagter Arbeitsfelder als erster "Bausteine" einer Jüngeren Gartengeschichte.

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5 Impressionen aus dem Erfurter egapark, 1961 Areal der 1. Internationalen Gartenbauausstellung der sozialistischen Länder, mit Alice Lingners zentralem Blumenbeet und sanierten bauzeitlichen Ausstattungselementen. Foto: Johannes Schwarzkopf
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6 Impressionen aus dem Erfurter egapark, 1961 Areal der 1. Internationalen Gartenbauausstellung der sozialistischen Länder, mit Alice Lingners zentralem Blumenbeet und sanierten bauzeitlichen Ausstattungselementen. Foto: Johannes Schwarzkopf

Im Zentrum steht natürlich die Auseinandersetzung mit den oben schon grob skizzierten Fragestellungen nach der gestalterisch-funktionalen Entwicklung der Landschaftsarchitektur des 20. Jahrhunderts. Insgesamt beschränkt sich die Forschung hierzu immer wieder auf einzelne Zeitabschnitte oder Regionen. Bisher scheint noch völlig der Impuls zu fehlen, nach Zusammenhängen über größere Zeiträume hinweg zu suchen beziehungsweise sich an entsprechenden Gesamtdarstellungen zu versuchen. Eine gute Übersicht zum gesamten Zeitraum der Betrachtung bieten hingegen aktuellere Überblickswerke zur Baukultur, die den Bereich der Freiraumplanung allerdings bedauerlicher- und unverständlicherweise nur schlaglichtartig beleuchten.³ Als integraler Bestandteil der Baukultur wird sie noch lange nicht wahrgenommen.

Die Dichte systematischer gartenhistorischer Untersuchungen ist bezogen auf die Gartenreform um 1900 mit dem Fokus Privatgarten und die Fortentwicklung dieses Trends bis in die 1920er-Jahre hinein am größten, hier mit Schwerpunkt auf dem öffentlichen "sanitären Grün" der Städte.4 Die 1930er-Jahre in Deutschland haben eine breite Aufarbeitung hinsichtlich fachpolitischer Auswirkungen des Nationalsozialismus erfahren, die Auseinandersetzung mit gestalterischen Trends dieser Phase erfolgte hingegen erst in jüngerer Zeit. Inzwischen rückt auch die Freiraumplanung der 1950er- und 1960er-Jahre in den Fokus der Betrachtung, auch unter dem wichtigen Gesichtspunkt der möglichen Denkmalwürdigkeit. Hervorzuheben ist hier die Veröffentlichung Öffentliche Grünanlagen der 1950er- und 1960er-Jahre. Qualitäten neu entdecken.5 Dennoch bleibt noch sehr viel offen, beispielsweise der Einfluss der Vorkriegsströmungen auf diesen "Neubeginn" nach 1945. Die größten Lücken zeigt die Rückschau ab den 1970er-Jahren, auch Freiräume der Postmoderne beziehungsweise der städtebauliche Aufwärts- und Verdichtungstrend im Nachgang der politischen Wende wurden noch nicht aus historischer Perspektive untersucht.

Wenn gestalterisch-funktionale Strömungen nachgezeichnet werden sollen, dürfen auch baulich-konstruktive Fragestellungen nicht vergessen werden. Ein weiteres Arbeitsfeld der Jüngeren Gartengeschichte, allerdings nicht aus rein technischer und landschaftsbaulicher Perspektive. Vielmehr geht es um die wechselseitige Abhängigkeit baulich-konstruktiver Möglichkeiten und entsprechender Entwurfslösungen im Verlauf des Betrachtungszeitraums, auch mit Rücksicht auf die Kostenfrage, das heißt die Ökonomie des baukonstruktiven Entwerfens. Und natürlich sind die Trends der Material- und Pflanzenverwendung in größeren zeitlichen Zusammenhängen nachzuzeichnen, was möglicherweise ebenfalls Kontinuitäten und Brüche sichtbar macht, die bisher nicht wahrzunehmen sind.

Schließlich ist der Fragenkomplex zu bearbeiten, womit Landschaftsarchitekten und -architektinnen im Laufe des Betrachtungszeitraums überhaupt beauftragt wurden oder mit welchen Themen sie sich in Behörden auseinandergesetzt haben. Der Fokus dieses nächsten Arbeitsfeldes liegt bei den Planungs- und Bauaufgaben sowie Freiraumtypologien, die im Betrachtungszeitraum ganz augenscheinlich Entwicklungen erfahren haben. Auch dazu fehlen allerdings systematische Untersuchungen, die Innovationen und Kontinuitäten sichtbar machen könnten. Nach ersten Sondierungen ist die Gestaltung der großen kommunalen Friedhöfe eine dieser Aufgaben, zu deren Lösung übrigens auffallend oft Wettbewerbsverfahren ausgelobt wurden.6 Spätestens in seinem Verlauf und vor allem nach Ende des Ersten Weltkriegs kamen Soldaten- und Opferfriedhöfe dazu, die den horrenden Mengen an Getöteten ethisch, gestalterisch und strukturell in unterschiedlicher Weise zu begegnen versuchten. Auch den über die bekannten Freiraumtypen der Volksparks und Siedlungsfreiräume hinausgehenden Ausprägungen des "sanitären Grüns" der Weimarer Republik und der nachfolgenden Phasen muss mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. In Bearbeitung ist beispielsweise aktuell die Beteiligung der Gartenarchitektinnen und -architekten an Planung und Bau der Spiel- und Sportparks beziehungsweise der Sommerbäder. Auch die Entwicklung der Freiräume von öffentlichen Bauten, Krankenhäusern und Kasernen wäre systematische Betrachtungen Wert, um nur einige weitere zu nennen.

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7 Der traditionell architektonisch gefasste Erfurter Hirschgarten nach der 2009 abgeschlossenen Neugestaltung durch das Berliner Atelier Loidl. Foto: Johannes Schwarzkopf
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8 Der Erfurter Theaterplatz als Beispiel für dem Modell der „Europäischen Stadt“ verpflichtetes städtebauliches Agieren der 1990er-Jahre. Freiraumplanung: WES & Partner. Foto: Johannes Schwarzkopf

Ein nächstes mögliches Arbeitsfeld der Jüngeren Gartengeschichte hat bereits eine tiefere, aber durchaus noch ergänzungswürdige historische Aufarbeitung erfahren: die Gartendenkmalpflege, die sich spätestens mit der Abdankung der Fürstenhäuser nach Ende des Kaiserreichs zu etablieren begann und um deren Ziele zunächst hart gerungen wurde. Von behutsamer Sicherung als Kulturdenkmale bis zur Umwidmung als Volksparks schien zunächst vieles möglich, bevor sich das Anliegen, historische Gärten zu schützen und denkmalgerecht zu entwickeln, lange nach 1945 in Gesetzen und Institutionen beider deutscher Staaten niederzuschlagen begann. Im Kontext der Jüngeren Gartengeschichte böte sich die Chance, diese "Spezialdisziplin" nicht wie so oft isoliert zu betrachten, sondern ihre wichtige Rolle als planerisches Instrument wahr- und ernst zu nehmen.

Nicht nur bezogen auf das 20. Jahrhundert macht sich gartenhistorische Forschung oft an Biografien - meist herausragender - Fachleute fest. Umso überraschender sind die vielen fehlenden biografischen Ansätze, die als weiteres Arbeitsfeld einer Jüngeren Gartengeschichte identifiziert werden können. Schlüsselstellungen könnten Untersuchungen zum Lebenswerk freiraumaffiner Architekten wie Max Laeuger, Peter Behrens oder Hans Poelzig oder eine ebensolche Untersuchung zu Werk und Ausstrahlung Paul Schultze-Naumburgs einnehmen. Noch fehlen unter anderem auch Biografien Ludwig Späths und der Gartenarchitekten und -architektinnen Gustav Allinger, Max Bromme, Camillo Carl Schneider, Otto Valentien, Ruth Pniower, Adolf Haag, Gerda Gollwitzer, J. P. Grossmann, Reinhold Hoemann, Wilhelm Hübotter, Otto Rindt, Hermann Schüttauf, Günther Grzimek und Hans Schiller oder der Gartendirektoren Carl Heicke, Hermann Kube oder Alfred Hensel. Aber nicht nur zahlreiche Einzelbiografien fehlen, sondern auch die Erforschung historischer "Netzwerke" wie gestalterischer Schulen, Arbeitsgemeinschaften und -kreise. Wer hatte mit wem studiert, wer war zusammen in derselben berufsständischen Vereinigung, hat gemeinsam publiziert etc.?

Weiterhin werden in der gartenhistorischen Forschung - nicht zuletzt im Kontext bereits geleisteter biographischer Aufarbeitungen - immer wieder gesellschaftliche und transformatorische Fragestellungen behandelt, wenn auch noch nicht im Sinne eines Gesamtüberblicks. Viele Aspekte dieses Fragenkomplexes sind allerdings bisher kaum beleuchtet worden. Das betrifft einerseits die Erforschung religiöser, quasi-religiöser oder religionsähnlicher Einflusssphären der jüngeren Gartenentwicklung, auch im Zusammenhang mit ideologischen Strömungen. Weiterhin muss, auch mit Blick auf die Naturschutz- und die Ökologiebewegung, die Verknüpfung der Sphären Technik und Garten stärker wahrgenommen und untersucht werden, da gerade mit Blick auf das 20. Jahrhundert Technikakzeptanz und Technikfeindlichkeit als Indikatoren gesellschaftlicher Prozesse zu werten sind. Beides Haltungen, die sich bei näherem Hinsehen in freiraumplanerischen Konzepten oft deutlich abzeichnen. Als transformatorischer Prozess ist schließlich das Aufnehmen von Anregungen aus Malerei, Bildhauerei und Literatur auf der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten in der Landschaftsarchitektur anzusprechen. Umgekehrt aber auch die Frage nach der Rezeption von Freiraumplanung durch die Bildenden Künste, zum Beispiel zur Rolle gestalteter Freiräume als Motive der Malerei. Von besonderem Interesse kann mit Blick auf die Theaterbühne als Experimentierfeld und das neue Medium Film auch das mögliche, vielleicht unerwartete Interagieren dieser Bereiche mit der Landschaftsarchitektur sein. Schließlich geht es hier wie dort immer auch um Raumbildung und Rauminszenierung.

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9 Der Musentempel im Schlosspark Tiefurt bei Weimar, der ab 1775 als Landschaftsgarten gestaltet wurde und sich heute in der Obhut der Klassik Stiftung Weimar befinde Foto: Johannes Schwarzkopf
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10 Der ursprünglich barocke Schlossgarten Hildburghausen, ab 1800 landschaftlich umgestaltet und 1927 durch den ehemaligen Weimarer Hofgärtner Otto Sckell saniert – somit ein frühes Beispiel für gartendenkmalpflegerische Aktivitäten in Deutschland. Foto: Johannes Schwarzkopf

Ein weiterer, in dieser Zusammenstellung letzter Baustein zu einer Jüngeren Gartengeschichte kann die Auseinandersetzung mit der Entwicklung und Einordnung der Profession sein. Es fällt auf, dass zu Beginn des Betrachtungszeitraums sowohl die Etablierung der sich jetzt erst so nennenden Gartenarchitekten wie die Erstarkung der kommunalen Gartenverwaltungen steht. Hinzu kommt seit den 1920er-Jahren die Stärkung des gesamten Berufsfeldes durch die akademische Verankerung an den Hochschulen. Weiterhin fällt auf, dass dort über viele Jahrzehnte geführte Diskurse offenbar nicht ausreichen, um die Sphären der Landschafts-, der Freiraum- und der Ausführungsplanung wirklich zufriedenstellend zu verknüpfen. Auch bezogen auf ihre divergierenden Werthaltungen wäre eine systematische Auseinandersetzung mit deren Entwicklung hilfreich. Ansätze zur Professionsgeschichte liegen allerdings in gewissem Umfang vor. Sie wurden vor allem im Zusammenhang mit Jubiläen berufsständischer Vereinigungen wie der DGGL initiiert, beleuchten als klassische Kompendien mit Beiträgen zahlreicher Autoren und Autorinnen die Entwicklung allerdings eher schlaglichtartig.7

Perspektiven der Etablierung

Soweit der skizzenhafte Versuch, zu einer Jüngeren Gartengeschichte ebenso bereits Erarbeitetes zusammenzutragen wie die augenfälligsten Forschungslücken zu nennen. Wobei eingeräumt werden muss, dass in der Flut an Publikationen auch leicht etwas zu übersehen ist. Hier könnte am ehesten ein ständiger Dialog einschlägig Forschender Abhilfe schaffen, für den allerdings noch keine Plattform gefunden wurde. Eine Gelegenheit zum Austausch junger Forschender wird jedoch das 12. Gartenhistorische Forschungskolloquium bieten, das am 25. und 26. November 2019 an der Fachhochschule Erfurt stattfindet und in dessen Call for Papers es heißt: "Im Jahr des Bauhausjubiläums 2019 sind vor allem Beiträge zur Erforschung gartenarchitektonischer und fachverwandter Strömungen der Umbruchsphase zur Moderne (ca. 1890-1930) beziehungsweise des davon geprägten weiteren 20. Jahrhunderts willkommen."

Anmerkungen

1 Veröffentlicht 2006 unter dem Titel "Der Wettbewerb in der Gartenarchitektur. Vergleichbarkeit als Chance." als Band 13 der Edition Stadt und Region im Leue Verlag Berlin.

2 Siehe hierzu Göderitz, Johannes/Rainer, Roland/Hoffmann, Hubert (1957): Die gegliederte und aufgelockerte Stadt. Herausgegeben von der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung. Tübingen.

3 Siehe beispielsweise Durth, Werner/Sigel, Paul (³2016): Baukultur. Spiegel gesellschaftlichen Wandels. 3 Bände. Berlin.

4 Der Begriff nimmt Bezug auf Martin Wagners 1915 eingereichte Dissertation mit dem Titel "Das sanitäre Grün der Städte, ein Beitrag zur Freiflächentheorie".

5 Siehe Butenschön, Sylvia/Gaida, Wolfgang/Gotzmann, Inge/Grunert, Heino/Kellner, Ursula/Krepelin, Kirsten (Hg.) (2016): Öffentliche Grünanlagen der 1950er- und 1960er-Jahre. Qualitäten neu entdecken. Leitfaden zum Erkennen typischer Merkmale des Stadtgrüns der Nachkriegsmoderne. Berlin.

6 Siehe Schwarzkopf 2006, S. 170 ff.

7 Siehe vor allem Gröning, Gert/Wolschke-Bulmahn, Joachim (1987): DGGL, Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftspflege e. V. Ein Rückblick auf 100 Jahre DGGL. Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftspflege. Band 10 der Schriftenreihe der DGGL. Berlin sowie: Gartenkunst und Landschaftskultur. 125 Jahre DGGL - Eine Standortbestimmung. DGGL-Jahrbuch 2012, 39 Textbeiträge. München 2012.

Prof. Dr.-Ing. Johannes Schwarzkopf
Autor

Professor für „Gartendenkmalpflege und Freiraumplanung“

Fachhochschule Erfurt

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