Freiraumplanung und Stadtgrün in Berlin

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Berlin Freiraumplanung
Tempelhofer Feld – Drachensteigen. Foto: Lichtschwärmer

Berlin ist eine wachsende Stadt. Seit 2011 stieg die Einwohnerzahl um mehr als 250.000 Menschen. Aktuell wird für den Zeitraum von 2017 bis 2030 ein Zuwachs um weitere 180.000 Bewohner prognostiziert. Zum einen wird der Druck auf den Wohnungs- und Arbeitsmarkt in der Folge enorm hoch und zum anderen wird die Flächenkonkurrenz insbesondere in einem Stadtstaat in einem hohen Maße angeheizt. In der Koalitionsvereinbarung und in den Richtlinien der Regierungspolitik hat sich Berlin das Ziel gesetzt, auch die grüne Infrastruktur zu stärken und eine Charta für das Berliner Stadtgrün zu erstellen. Die Charta verfolgt einen integrierten Ansatz, der interdisziplinär und zukunftsgerichtet mit den Herausforderungen einer umweltgerechten und lebenswerten Stadtentwicklung umgeht. Das Ergebnis der Charta für das Berliner Stadtgrün ist eine Selbstverständigung der Stadtgesellschaft und eine Selbstverpflichtung des Senats, die bis zum Jahresende 2019 durch die Gremien des Landes beschlossen werden sollen.

Berlin plant integriert bei klarer Aufgabenteilung!

Stefan Tidow, Staatssekretär der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, hat die Zukunftsfähigkeit und Sicherung des Stadtgrüns auf die Agenda gesetzt. Die Trennung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt in zwei Häuser stärkt dabei aus seiner Sicht den Stellenwert des Grüns in der Stadt, weil Umweltthemen wieder eine eigenständige Stimme in der Stadt haben. Diese neue Aufteilung markiert deutlich die Wertschätzung des Berliner Stadtgrüns in seinen verschiedenen Ausprägungen und es rückt die Arbeit an seinem Bestand in den Fokus. Nicht zuletzt die zunehmende Flächenkonkurrenz in der wachsenden Stadt macht diese Chance, der grünen Agenda in der Berliner Stadtlandschaft eine Stimme zu geben, erforderlich.

Die Anspannung auf dem Wohnungsmarkt in Berlin ist deutlich spürbar: Niemand zieht mehr um, wenn er oder sie dies nicht muss. Allein im Planungshorizont von 2017 bis 2021 sollen jährlich jeweils 20.000 Wohnungen errichtet werden. Damit gehen rasante Veränderungsprozesse einher und es entsteht eine Flächenkonkurrenz, wie sie Berlin lange Zeit nicht mehr erfahren hat. Der Druck auf die Grünflächen, auf Wälder, Parks, Friedhöfe und Kleingärten steigt, da alle Flächennutzungen einen Beitrag zur Lösung des Wohnungsproblems beitragen sollen: Nachverdichtungen allerorten. Dies stellt Berlin vor die Herausforderung, eine neue Balance zwischen grauer und grüner Infrastruktur herzustellen und die Akzeptanz der Bevölkerung zu suchen. Dazu gehören heute ganz selbstverständlich und unbestritten die Berücksichtigung einer soziokulturellen Freiraumplanung, naturschutzfachlicher und klimaschutzpolitischer Belange, der Ansätze des Ressourcenschutzes sowie der Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Es ist eine Frage des zu findenden Maßes und dies ist nicht wissenschaftlich ableitbar. Es bedarf eines Interessenausgleichs zwischen dem Bedarf an Wohnraum und dem Bedarf an Grünflächen in Form einer Selbstverständigung darüber, was die Lebensqualität der Stadt verlässlich für die Zukunft sichert.

Neue Wertschätzung durch Stärkung der finanziellen und personellen Ressourcen

Ein wichtiger Meilenstein für die neue Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz war es, im Landeshaushalt 2018/2019 verstärkt Mittel für eine Reihe von Maßnahmen zur Förderung von Grün und zur Bewältigung der großen Aufgaben in der Stadtentwicklung bereitzustellen.

Dabei wurde auf die bereits vorhandenen Programme und Vorhaben aufgebaut:

  • der Strategie Stadtlandschaft,
  • dem Landschaftsprogramm mit seiner gesamtstädtischen Ausgleichskonzeption,
  • der Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt,
  • dem Landschafts- und Artenschutzprogramm,
  • dem Kleingartenentwicklungsplan,
  • dem Friedhofsentwicklungsplan oder
  • dem Stadtentwicklungsplan Klima.

In den Haushaltsplanberatungen wurde nicht nur erreicht, dass deutlich erhöhte Haushaltsmittel im Rahmen der Strategie Stadtlandschaft bereitgestellt wurden, die gerade zur Stärkung des Bestands an Grünanlagen und Stadtbäumen zum Einsatz kommen sollen, sondern zum ersten Mal seit vielen Jahren wurden auch zusätzliche Personalstellen für diese Aufgaben geschaffen. So wird es unter anderem eine Stelle zur Umsetzung der Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt geben, einen festen Ansprechpartner für Urban Gardening sowie eine Stelle zur Unterstützung des 1000 Grüne-Dächer-Programms.

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Strategie Stadtlandschaft Berlin. Abb.: bgmr Landschaftsarchitekten / Projektbüro Friedrich von Borries
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Stadtbaumkampagne. Abb.: Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz

Es werden bereits jetzt eine Vielzahl im Stadtbild sichtbarer Maßnahmen zum Stadtgrün umgesetzt, die künftig unter das Dach einer Charta für das Berliner Stadtgrün eingeordnet werden können - vom Ausgleichs- und Kompensationsmanagement über das Handbuch gute Pflege, die Stadtbaumkampagne, bis hin zur Umsetzung der Strategie Stadtlandschaft.

Die bewährte Strategie Stadtlandschaft baut auf bestehenden Stärken Berlins auf und entwickelt drei Leitbildthemen, die sich als Aktionsprogramme im Haushalt widerspiegeln:

  • Schöne Stadt: Ein Netz aus bestehenden Grünflachen und als öffentliche Freiräume nutzbaren Straßen wird zum Grundgerüst der "Schönen Stadt". Schwerpunkte liegen in gegenwärtig bioklimatisch belasteten und sozial benachteiligten Gebieten, aber auch in der Pflege des gartenkulturellen Erbes. Durch die Aufstockung der Mittel können aber auch im Aktionsprogramm Schöne Stadt die Grünanlagensanierungen vorangetrieben werden. So kann die Realisierung mit einer europäischen Förderkulisse (BENE) durch mehr Eigenmittel schneller ins Werk gesetzt werden. Dies ist eine Form der Umsetzung im Huckepack mit Programmen anderer Träger, wie sie die Strategie Stadtlandschaft vorgedacht hat. Gerade in einer wachsenden und sich demographisch wandelnden Stadt mit sozialen Problemen ist es wichtig, dass die Grünanlagen sich den verändernden Anforderungen angepasst werden.
  • er Stadtentwicklungsplan Klima sieht vielfältige Maßnahmen vor, die die Stadträume und die grüne Infrastruktur gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels nachhaltig widerstandsfähig machen sollen. Ziel ist es, auch in Berlin Maßnahmen für eine "Schwammstadt" umzusetzen, um dem Zusammentreffen von Hitze- und Trockenperioden zu begegnen. Im Sommer soll mehr Wasser in der Stadt zur Verdunstung über Boden und Pflanzen und damit zur Kühlung zur Verfügung stehen. Kombiniert mit Schattenspendern, hellen Oberflächen und vor allem mit Hilfe von Maßnahmen zur Starkregenvorsorge soll die Stadt für den Klimawandel fit gemacht und zur grünen Infrastruktur werden. Es sollen stadtgestalterisch anspruchsvolle Lösungen bei der Straßen- und Grünflächensanierung unter Berücksichtigung der notwendigen wasserwirtschaftlichen Maßnahmen gesucht werden. Dieses interdisziplinäre Zusammenwirken erfordert ein vollständiges Umdenken der bisher unabhängig agierenden Fachdisziplinen.
  • Produktive Landschaft: Die Berliner Stadtnatur ist nicht nur schön, sondern auch ein ökonomisch und sozial produktiver Raum. "Produktive Landschaft" verbindet Kleingärten, Landwirtschaft und Selbstversorgungswirtschaft mit der Do-it-Yourself-Kultur und einem ökologisch motivierten Lebensstil. Das Aktionsprogramm "Urbane Natur" wird für das Pilotprojekt "Wald.Berlin.Klima" im Grunewald die Unterhaltung der Ausstellung und den umgebenden Waldumbau finanzieren. Zudem wird die Berliner Strategie zur biologischen Vielfalt vorangebracht, etwa durch Projekte wie Naturerfahrungsräume, Fledermaus- und Amphibienschutz oder die bestäuberfreundliche Stadt. In Kooperation mit der Deutschen Wildtierstiftung und dem Pilot-Bezirk Charlottenburg Wilmersdorf wurde beim Bundesamt für Naturschutz ein Antrag zur Förderung der Biologischen Vielfalt "bestäuberfreundliche Stadt" eingereicht. Ziel ist es, bei einer erfolgreichen Umsetzung diesen gezielten Umbau von geeigneten Grün- und Freiflächen auf andere Bezirke zu übertragen.
  • Urbane Natur: Berlin besitzt mit seinen Natur- und Landschaftsräumen in enger Verflechtung mit der Stadt ein breit gefächertes hochwertiges Flächenpotenzial. "Urbane Natur" steht für Naturerleben mitten in der Stadt und zielt gleichzeitig auf die Förderung der biologischen Vielfalt, die Versorgung mit sauberem Trinkwasser und kühler Luft. Das Aktionsprogramm Produktive Landschaft zur weiteren Stärkung bürgerschaftlichen Engagements, zum Beispiel im Bereich Urban Gardening, braucht ebenso Mittel, wie Maßnahmen für Bienen. Vor dem Hintergrund des vorliegenden Antrags der Regierungsfraktionen zur Entwicklung einer Strategie für Bienen und Bestäuber (Imkerei - Berufs- und Hobbyimkerei) ist geplant, auch für dieses Ziel Maßnahmen zu ergreifen, unter anderem Schulungen und Öffentlichkeitsarbeit. Das erfolgreiche Projekt Berliner Hofgärten wird weiter unterstützt.

Erfolgreiche Programme der letzten Jahre können ebenfalls mit verstärktem Mitteleinsatz fortgeführt werden:

  • die Stadtbaumkampagne
  • das Mischwaldprogramm
  • das Grünanlagensanierungsprogramm
  • das Aktionsprogramm Produktive Landschaft mit dem erfolgreichen interdisziplinären Projekt "Berliner Hofgärten"
  • und diverse Pilotprojekte wie zum Beispiel die "Bestäuberfreundliche Stadt in Charlottenburg-Wilmersdorf" oder die Stadtwildnis im Park am Gleisdreieck.

Für neue Programme wie das 1000-grüne-Dächer-Programm wurden erstmals Mittel bereitgestellt. Ebenso für die Realisierung neuer Trinkwasserbrunnen mit den Berliner Wasser Betrieben BWB als ein Element der Anpassung der Stadt an den Klimawandel. (Mehr Beispiele findet man im Aktionsprogramm Urbane Natur für die Umsetzung von Maßnahmen der Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt, einschließlich Naturerfahrung und Archeprojekt Beweidung.) Das im Landschaftsprogramm verankerte Freiraumsystem der Stadt, das über Grünverbindungen aus dem Umland, einem äußeren Ring aus Wäldern und offenen Landschaften, einem inneren Ring aus Parks, Kleingärten, Friedhöfen und Sportflächen sowie einem Achsenkreuz durch die 20 grünen Hauptwege bis in die Kernstadt verbunden ist, sollte durch Lückenschlüsse weiter komplettiert werden. Auch dafür lohnt sich der Einsatz weiterer Mittel. Für die In-Wertsetzung des städtischen Grüns im Hinblick auf die Erfordernisse der wachsenden Stadt und deren Resilienz in Bezug auf neue Anforderungen sind Haushaltsmittel bewilligt worden. Sie können dazu beitragen den Charakter des Berliner Grüns zu stärken und Identität zu schaffen.

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Europacity. Foto: Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Fotografin: Sandra Marinyok
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Großer Tiergarten mit Potsdamer Platz. Foto: Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Fotograf: Dirk Laubner

Die große Fülle ausgearbeiteter und großenteils durch die Gremien beschlossener planerischer Ansatzpunkte und stadtentwicklungspolitischer Instrumente, mit denen dem Stadtgrün eine Zukunft gegeben und die stadt- und landschaftsplanerisch wichtigen Koordinaten festgelegt wurden, sind die Grundlage für die Weiterentwicklung des Stadtgrüns. Sie werden durch die jetzigen Entscheidungen des politischen Raums in Wert gesetzt. Es geht dabei ganz konkret um das Stadtgrün als Teil des Kulturerbes, der Baukultur, als vielgenutztes Erholungsgrün, die Verbindung von Grün und Wasser, Wald- und Seenlandschaften, das geschützte und ungeschützte Naturgrün, das selbstgemachte Grün der Urban Gardener sowie der organisierten Kleingärtner und auch das Grün als Ort des Lernens, das Grün der Sportanlagen sowie der Landwirtschaft. Dies gilt es, in der Substanz zu stärken, an den Klimawandel und veränderte Nutzungen anzupassen, damit dieser Wert für die Zukunft erhalten wird und er auch in das Bewusstsein der Nutzenden vordringt. Mancher Umgang der Stadtgesellschaft zeugt derzeit noch von einem Mangel an Wertschätzung, dem es für die Zukunft abzuhelfen gilt.

Reinigung in ausgewählten Parkanlagen durch die Berliner Stadtreinigung (BSR)

Wie bereits ausgeführt, ist Berlin eine stetig wachsende und sich verändernde Metropole. Besonders in den letzten zehn Jahren hat sich die Hauptstadt spürbar gewandelt: Die Zahl der Touristen ist im Jahr 2015 auf rund zwölf Millionen Gäste mit etwa 30 Millionen Übernachtungen angestiegen, die Ladenöffnungszeiten haben sich verlängert und die To-Go-Mentalität hält immer mehr Einzug in den Berliner Alltag. Die Nutzung des öffentlichen Raums hat sich kontinuierlich verstärkt, Getränke und Speisen werden nicht mehr nur zu Hause oder im Restaurant konsumiert, sondern immer häufiger auch draußen im Grünen. Öffentliche Flächen, wie zum Beispiel Parkanlagen, dienen nicht mehr nur dem sonntäglichen Spaziergang, sondern sind zugleich Treffpunkt, Pausenraum, Erlebnisort und Wohnzimmer. Das zeigt sich beispielsweise auch in der stärkeren Verschmutzung durch Feinmüll wie Zigarettenkippen, Scherben und Kronkorken. Nicht nur die Nutzungsintensität, sondern auch das Nutzerverhalten hat sich geändert.

Durch diesen Wandel verbunden mit einem immer weiter zunehmendem Abfallaufkommen im Stadtgrün sind die Bezirke zunehmend gezwungen, nennenswerte Anteile des für die gärtnerische Pflege der öffentlichen Grünflächen gedachten und begrenzten Budgets für die Reinigung und Abfallbeseitigung auszugeben. Schätzungen zufolge werden zwischen fünf und sechs Millionen Euro von den Bezirken für diese Aufgabe für die von ihnen unterhaltenen ca. 2500 öffentlichen Grünanlagen Berlins ausgegeben. Hinzu kommen die Aufwendungen auf den rund 1850 öffentlichen Spielplätzen der Bezirke. Das durch solche nicht-gärtnerische Leistungen belastete Grünpflegebudget führt stadtweit zu Einschränkungen in der fachgerechten gärtnerischen Pflege. Entsprechende Verringerung der Bepflanzung, Pflegedefizite und sogar Verwahrlosungstendenzen ziehen durch den "Broken-Windows-Effekt" noch mehr Vermüllung und Vandalismus nach sich.

Zuständig für die Pflege und Unterhaltung der öffentlichen Grünflächen sind grundsätzlich die Bezirksämter, hier die Straßen- und Grünflächenämter (SGÄ). Die Unterhaltung des Stadtgrüns schließt eine notwendige Reinigung und Abfallbeseitigung mit ein. Im öffentlichen Straßenland einschließlich des Straßengrüns ist dagegen auf Grundlage des Straßenreinigungsgesetzes die BSR für die Reinigung und Abfallbeseitigung zuständig. Die Berliner Forsten bewirtschaften den Erholungswald, was ebenso die Reinigung und Abfallbeseitigung umfasst.

Die sehr unterschiedlichen finanziellen und personellen Rahmenbedingungen der Straßen- und Grünflächenämter aber auch die Gestaltung und Nutzung der ausgewählten Parkanlagen führten zu unterschiedlichen Lösungen bei der Reinigung und Abfallbeseitigung in Grünanlagen einschließlich von Spielplätzen. Während in zwei Bezirken fast ausschließlich alle Leistungen durch eigenes Personal erbracht wurden, wurden in drei Bezirken die Leistungen ausschließlich durch Vergabe organisiert, was aber auch eigenes Personal zur Organisation, Kontrolle und Abrechnung der Fremdleistungen erfordert. Die anderen fünf Bezirke hatten Mischformen dieser beiden Varianten.

Zur Verbesserung der Stadtsauberkeit im Stadtgrün wurde eine Rahmenvereinbarung zur Durchführung, Evaluierung und Abrechnung neuer Aufgabenstellungen für die BSR abgeschlossen. In Bezug auf die Reinigung in Park- und Grünanlagen wurde vereinbart, dass die Berliner Stadtreinigungsbetriebe, BSR, im Rahmen eines Pilotprojekts die Reinigung von zwölf ausgewählten Parkanlagen in zehn Bezirken im Einvernehmen mit den für die Pflege zuständigen Bezirksämtern übernimmt.

Die vorliegenden Ergebnisse zeigen deutlich, dass für einen verbesserten Sauberkeitszustand in Berlin - ganz unabhängig von den jeweils Ausführenden - ein deutlich verstärkter Ressourceneinsatz unabdingbar ist. Für diesen Zweck müssen erheblich mehr Finanzmittel als bisher bereitgestellt werden. Wichtig ist aber, dass dies nicht zu Lasten einer qualifizierten gärtnerischen und naturschutzfachlichen Grünpflege geschieht.

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Bank mit Mülleimer am Hertzbergplatz in Berlin. Foto: Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Fotograf: Ulrich Reinheckel
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Pflegearbeiten am Falkplatz. Foto: Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Fotograf: Ulrich Reinheckel

Handbuch gute Pflege

Die Notwendigkeiten der letzten Jahre, gerade auch im Bereich der Grünflächenunterhaltung zu sparen, hat zu einem massiven Mangel in der Unterhaltung und beim Personal geführt. Dies hat zu immer deutlicher sicht- und spürbar werdenden Qualitätsverlusten geführt.

Eine qualifizierte Pflege zum nachhaltigen und dauerhaften Erhalt des Stadtgrüns ist jedoch unverzichtbar. Mit der Strategie Stadtlandschaft und der Berliner Strategie für die Biologische Vielfalt gibt es Leitlinien und Zielvorgaben für einen qualitätsvollen Umgang mit dem öffentlichen Grün, bei dem auch naturschutzfachliche Aspekte beachtet werden. Ergänzend wurden in einem "Handbuch Gute Pflege" ressortübergreifend Standards für eine qualitativ hochwertige gärtnerische Grünflächenpflege gesetzt. Diese Standards berücksichtigen die speziellen Anforderungen der Gartenkunst einschließlich der Bewahrung des gartenkulturellen Erbes und der Gartendenkmalpflege ebenso wie die Belange des Natur- und Artenschutzes.

Das Handbuch Gute Pflege (HGP) formuliert die Qualitätsanforderungen für Pflegestandards in der Grün- und Freiflächenpflege und beschreibt die notwendigen Pflegemaßnahmen für die vegetativen Flächentypen (Pflegekategorien) des Grünflächeninformationssytems (GRIS) einschließlich empfohlener Änderungen/Anpassungen der bisherigen Inhalte. Für drei Pflegestufen werden die jeweiligen Pflegemaßnahmen (z. B. Mähen, Wässern, Düngen, Gehölzschnitt, korrigierende Eingriffe/Entfernung unerwünschten Aufwuchses) orientiert am Berliner Standardtätigkeitenkatalog (StTK) in Häufigkeiten aufgeführt, auf die sich die Fachleute im Prozess der Handbucherstellung verständigt haben, und die den Empfehlungen der Fachliteratur gemäß getroffen wurden. Inwieweit die Häufigkeitswerte tatsächlich für typische Berliner Grünanlagen zutreffend eingeordnet und welche Aufwendungen damit tatsächlich verbunden sind, soll durch Erprobung und Erfahrung validiert werden. Für verschiedene Flächentypen (Pflegekategorien) sind darüber hinaus einige der Häufigkeitswerte mit Bezug auf die drei Pflegestufen zu ergänzen.

Für die Klärung der Fragen, welche finanziellen und personellen Ressourcen erforderlich werden, um dies nachhaltig umsetzen zu können, wurde die Finanzierung bezirklicher Pilotflächen zur Anwendung des Handbuchs Gute Pflege ab diesem Jahr ermöglicht. Für die Bezirke stehen insgesamt 1,2 Millionen Euro für die Finanzierung der Pilotprojekte zur Verfügung. Ähnlich dem Projekt Reinigung der Grünanlagen durch die Berliner Stadtreinigung wird hier zusätzlich eine begleitende Evaluation erfolgen, um erkennen zu können, wie der Mitteleinsatz für die gute Pflege durch die Bezirke optimiert werden kann.

Dieses Jahr wird die bereits im Rahmen des Arbeitsprozesses zum Handbuch Gute Pflege vorgesehene Umsetzung und Erprobung auf zunächst einzelnen Flächen in Berliner Grünanlagen systematisch erfasst und dokumentiert - hinsichtlich des zeitlichen und personellen sowie kostenmäßigen Aufwandes und des erreichten Pflegezustands.

Dies wird das Wissen dafür liefern, Sorge dafür tragen zu können, dass die Ressourcen für eine wirklich qualifizierte Grünflächenpflege zur Verfügung stehen. Die bezirklichen Fachämter sollen in die Lage versetzt werden, das öffentliche Grün überall gut zu pflegen.

Gesamtstädtische Ausgleichskonzeption

Planerisch ist Berlin mit der Verabschiedung des Berliner Landschafts- und Artenschutzprogramms 2016 einen wesentlichen Schritt weiter gekommen. Die strategischen Ziele des Artenschutzes wurden aktualisiert und für andere Planungen im Land Berlin so aufgearbeitet, dass sie umgesetzt werden können. Für uns sind Aussagen zum Biotopverbund ein wesentliches Thema, neben flächendeckenden Entwicklungszielen für die gesamte Stadt. Er ist nicht nur in Schutzgebieten, sondern entlang von Verbindungsbiotopen durch die Stadt von hoher Bedeutung.

In Berlin wurde bereits eine gesamtstädtische Ausgleichskonzeption erarbeitet, damit der Anteil der Grünflächen nicht unter dem Bebauungsdruck leidet. Und damit das Bauen stadtverträglich gestaltet werden kann.

Berlin Freiraumplanung
Das Berliner Freiraumsystem, 2014. Abb.: Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
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Bestäuberfreundliche Stadt – Perspektive der Otto-Suhr-Allee. Abb.: Gruppe F

Strategie zur biologischen Vielfalt

Ganz konkret hat Berlin mit der Strategie zur Biologischen Vielfalt eine Grundlage dafür geschaffen, Lebensräume, Ökosysteme, Tier- und Pflanzenarten und deren genetische Ressourcen im Einklang mit der Fortentwicklung der Stadt - jetzt mit dem Bevölkerungswachstum und dem hohen Bedarf an Wohnraum - zu erhalten. Trotz großer Anstrengungen ist es in Berlin bisher nicht gelungen, den Artenverlust, den Verlust von Lebensräumen und den Verlust des Genpools zu stoppen. Hierfür ist nicht nur der Einsatz von Naturschützern, der unteren wie auch oberen Naturschutzbehörden erforderlich, sondern das bürgerschaftliche Engagement.

Biologische Vielfalt ist auch eine Notwendigkeit für die Existenz des Menschen. Die Biologische Vielfalt ist unsere Grundlage und ohne sie ist das Leben um ein Vielfaches ärmer. Erst die Vielzahl von den sogenannten Ökosystemdienstleistungen - das sind die Serviceleistungen der Natur - ermöglicht es, auch in einer großen Stadt ein Leben mit der Natur führen zu können.

Zum einen ist das Bewusstsein in allen Politikbereichen zu verankern und danach zu handeln und zum anderen ist es wünschenswert, die Biologische Vielfalt in Berlin für die Bürger erlebbar und zugänglich zu machen!

Eine besonders wichtige Rolle spielt hier die Umweltbildung für Kinder und Jugendliche. Wichtig war und ist uns in Berlin zudem die Einrichtung von Naturerfahrungsräumen. Drei konnten in den letzten Jahren neu eingerichtet werden: In Pankow, in Spandau und auf dem IGA Gelände. Alle werden sehr gut angenommen; das macht deutlich, wie wichtig solche Räume in der Stadt sind. Weitere werden folgen.

Stadtbaumkampagne

Seit 2012 stellt der Senat im Rahmen der Berliner Stadtbaumkampagne zusätzliche Finanzmittel zur Verfügung, um den Berliner Straßenbaumbestand mit Hilfe von Spenden zu erhalten. Die Resonanz bei den Berlinerinnen und Berlinern ist so groß, dass die Spenden nun die Eine-Million-Euro-Marke überschritten haben.

Doch gerade das Beispiel der Stadtbaumkampagne zeigt, wie notwendig die Verstärkung der Haushaltsmittel ist. Mit dem was noch im letzten Jahr eingesetzt wurde, konnten jährlich acht Bauabschnitte angegangen werden. Durch die Preissteigerungen in einem durch Baumaßnahmen geprägten Berlin und einer glücklicherweise guten Auslastung der Betriebe könnten nur noch sechs Bauabschnitte pro Jahr umgesetzt werden. Durch die Aufstockung der Mittel kann dies nicht nur aufrecht erhalten werden, sondern wie es übereinstimmender Wunsch vieler ist, sogar eine Aufstockung erfolgen und auch aufwändiger herzustellende Baumstandorte in Angriff genommen werden.

Die Pflanzung eines Baumes am Straßenstandort kostet rund 1800 Euro, einschließlich der Kosten für den Baum selbst, der Pflanzung und der dreijährigen Entwicklungspflege. Sobald 500 Euro an Spendengeldern für einen Baum zusammengekommen sind, gibt die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz den Rest dazu. Wer 500 Euro oder mehr spendet, kann sich einen Standort im Internet unter www.berlin.de/stadtbaum anhand von Listen und einer Karte aussuchen. Der betreffende Baum erhält ein Baumschild mit dem Namen des Spendenden, sofern dieses gewünscht wird.

Die große Spendenbereitschaft für die Stadtbaumkampagne zeigt, dass den Menschen das Stadtgrün am Herzen liegt. Durch das Engagement für die Stadtbaumkampagne sorgen viele dafür, dass Berlin auch weiterhin eine grüne Metropole bleibt.

Die Charta für das Berliner Stadtgrün wird entwickelt

Angesichts der verstärkten Konkurrenz um die Verteilung der Flächen und des steigenden Nutzungsdrucks auf die öffentlichen Räume wurde in den Richtlinien der Regierungspolitik für Berlin das Ziel gesetzt, die grüne Infrastruktur zu stärken und eine durch das Abgeordnetenhaus verabschiedete Charta für das Berliner Stadtgrün mit den Themenschwerpunkten Flächensicherung im Zusammenspiel mehrerer Senatsverwaltungen eine Steigerung der Nutzbarkeit aber auch der Wertschätzung des Stadtgrün und eine Verbesserung der Bewirtschaftung des Stadtgrüns mit dem Ziel einer qualitativ guten Pflege zu erarbeiten.

Dies erfolgt in dem Bewusstsein, dass das Stadtgrün, also die öffentlichen Freiräume gerade in der wachsenden Stadt Gestaltungsräume und Verhandlungsraum der Zukunft sind. Für diesen Selbstverständigungsprozess über das Stadtgrün und die Transformation der Stadt bedarf es Allianzen mit der Stadtgesellschaft. Um diese zu aktivieren, sind Information und Transparenz notwendig. Eine große Herausforderung liegt darin, die an sich schon komplexen Zusammenhänge der Stadtentwicklung transparent und erzählend darzustellen, um einen breiten Dialog mit der Stadtgesellschaft zu ermöglichen. Es gilt, mit Bürgern von Berlin und insbesondere den Akteuren vor Ort, aber auch mit Experten darüber zu sprechen, wie man einen integrierten, interdisziplinären Ansatz entwickelt, der die Herausforderungen einer umweltgerechten und lebenswerten Stadtentwicklung zukunftsgerichtet angeht.

Die Charta fokussiert auf die grüne Flächenkulisse des Flächennutzungsplanes, lässt aber weitere Flächenpotenziale und Mehrfachnutzungen nicht außer Acht. Für die Charta ergeben sich drei Themenschwerpunkte:

  • Flächensicherung und die damit zusammenhängenden Aushandlungsprozesse im Rahmen der Standortentwicklungen
  • die Funktion und die Nutzung des Stadtgrüns der öffentlichen Räume
  • Flächenmanagement zum Erhalt und zur Qualifizierung des Stadtgrüns.

Das Ergebnis der Charta für das Berliner Stadtgrün ist eine Selbstverständigung der Stadtgesellschaft und eine Selbstverpflichtung des Senats. Das Ziel ist eine verlässliche Balance zwischen der Sicherung und Entwicklung des Stadtgrüns und den baulichen Entwicklungspotenzialen der Stadt.

Dipl.-Ing. Ursula Renker
Autorin

Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Abt. III, Ref. III C – Freiraumplanung und Stadtgrün

 Klaus Wichert
Autor

Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr, und Klimaschutz, Abt. III, Ref. III C – Freiraumplanung und Stadtgrün

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