Friedhofsentwicklungskonzept

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Lädt zum Verweilen ein - der evangelisch-lutherische Alte Annenfriedhof. Fotos, soweit nichts anderes angegeben, Heike Richter

Gestorben wird immer! - sagt der Volksmund. Trotzdem werden Deutschlands Friedhöfe immer leerer. Fast scheint es, als bliebe die Kundschaft aus. Gestorben wird immer, aber die letzte Ruhestätte ist wesentlich platzsparender als zu der Zeit, als die Friedhöfe geplant und angelegt wurden, so auch in Dresden. Hier gibt es 58 Friedhöfe und stillgelegte Kirchhöfe mit einer Fläche von insgesamt etwa 173 Hektar. Auf 48 Friedhöfen mit einer Fläche von rund 167 Hektar finden Beisetzungen statt. Doch häufig sind Areale mit nur vereinzelten Gräbern oder gar keinem Grab wahrzunehmen. Bei der Planung der Friedhofsanlagen waren drei Quadratmeter für ein damals gängiges Einzelsarggrab vorgesehen. Mit Erlaubnis der Feuerbestattung im Jahr 1906 gewann das Urnengrab mit einem Quadratmeter kontinuierlich an Beliebtheit. Hinzu kamen bis heute andauernde Trends zu Gemeinschaftsanlagen, die noch weniger Platz benötigen. Etwa 40 Prozent der Dresdner Friedhofsfläche ist ungenutzt. Rückläufige Gebühreneinnahmen bei gleichzeitig immer größer werdenden Flächen, die von der Friedhofsverwaltung gepflegt werden müssen, führen zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten auf vielen Friedhöfen.

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Arbeitsstruktur. Abb.: Katja Porrmann
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Entwicklungsplan. Abb.: Büro Grohmann
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Im Unterschied zu den meisten deutschen Großstädten befindet sich der überwiegende Teil der Dresdner Friedhöfe in konfessioneller Trägerschaft. Von 58 Friedhöfen werden nur vier kommunal verwaltet. Im Sächsischen Bestattungsgesetz ist geregelt, dass sich "die Gemeinden an dem Kostenaufwand anderer Träger, die in ihrem Einzugsbereich einen Friedhof (...) unterhalten, angemessen zu beteiligen" haben, "soweit die Kosten nicht durch Einnahmen aus den für die Nutzer zumutbaren Gebühren gedeckt werden können".1

Dies ist auch die Ursache für eine besondere Regelung innerhalb der Landeshauptstadt. Das Amt für Stadtgrün und Abfallwirtschaft agiert als Behörde und ist verantwortlich für die gesamtstädtische Friedhofsentwicklung. Es ist für die Kriegsgräber auf allen Dresdner Friedhöfen zuständig und betreut Grabstätten bedeutender Persönlichkeiten. Hier erfolgt auch die zweckgebundene Vergabe von städtischen Haushaltsmitteln an konfessionelle Friedhofsträger nach Prioritäten, da die zur Verfügung stehenden Gelder nicht ausreichen, den tatsächlichen Bedarf an finanziellen Zuschüssen zu decken. Zusätzlich gibt es den Eigenbetrieb, das Städtische Friedhofs- und Bestattungswesen Dresden, der neben einem gewerblichen Bestattungsbetrieb auch für die Verwaltung der vier kommunalen Friedhöfe mit 42,05 Hektar und das Betreiben des Krematoriums verantwortlich ist.

Auf der Suche nach Lösungen für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten entstand in Dresden die Aufgabe, gemeinsam mit allen Verantwortlichen und unter Hinzuziehung externen Sachverstandes ein Konzept zu erarbeiten, in dem der mögliche, zukünftige Weg für eine bedarfs- und nutzergerechte Ausstattung und Unterhaltung von Friedhöfen mit der Bereitstellung der nachgefragten Bestattungsangebote aufgezeichnet wird. Das Konzept wird kein geschlossenes Planwerk, das es nur noch umzusetzen gilt, sondern eine Prozessplanung, die offene Strategien anbietet, um flexibel auf sich verändernde Situationen reagieren zu können. Es bildet die Grundlage für andere gesamtstädtische Planungen wie Flächennutzungsplan und Landschaftsplan und soll in teilräumlichen, städtebaulichen Konzepten Berücksichtigung finden.

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Viele Bäume, wenig Gräber auf dem ev.-luth. Neuen Annenfriedhof.
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Erholungspotenzial auf dem evangelisch-lutherischen Neuen Annenfriedhof.
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Waldflair auf dem städtischen Urnenhain.
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Grab des Komponisten Carl Maria von Weber auf dem Alten Katholischen Friedhof.

Von A wie Abstimmung bis Z wie Zustimmung

Durch die heterogene Struktur des Dresdner Friedhofswesens bedarf es einer umfassenden Information aller Beteiligten. Die konfessionellen Friedhofsträger agieren eigenverantwortlich und sind an die Entwicklungsvorschläge nicht gebunden. Nur ein gut abgestimmtes und von allen mitgetragenes Konzept hat Aussicht auf Beschlussfassung und Umsetzung. Erst als das grundsätzliche Einverständnis von Landeskirchenamt, Regionalkirchenamt und kirchlichen Friedhofsträgern vorlag, begann im Jahr 2012 die Konzepterarbeitung. Zwei Mitarbeiterinnen des beauftragten Landesarchitekturbüros nahmen zusammen mit den Friedhofsleitern jeden Friedhof in Augenschein. Sie erstellten Datenblätter mit den wichtigsten Parametern und zeichneten Bestands- und Entwicklungspläne. Sie analysierten Belegungsdichte, Beisetzungen pro 1000 m2)/Jahr, Zustand der Baulichkeiten, Pflegezustand, Umweltfaktoren, Anzahl der Denkmäler, Arbeitskräfte pro Hektar und Höhe der Gebühren. Parallel wurden Unterarbeitsgruppen bestehend aus Vertretern der Friedhofsverwaltungen, der Kirchenämter und der Stadtverwaltung gebildet, in denen an Leitsätzen für das Dresdner Friedhofswesen, Lösungsmöglichkeiten für den Umgang mit Denkmalen und Gräbern bekannter Persönlichkeiten und wirtschaftlichen/strukturellen Fragen gefeilt wurde. Es fanden Gespräche statt, in denen der Bedarf an Grabstätten nach Ritualen anderer Kulturen ermittelt wurde. Zwei Jahre intensive Arbeit, zwischendurch regelmäßig Berichterstattung über die Arbeitsstände in einem internen Gremium (Ämter der Stadtverwaltung) und einem externen Gremium (Kirchenämter, Friedhofsträger). Die Entwicklungsvorschläge wurden den Friedhofsträgern vorgestellt, Stellungnahmen eingeholt und ausgewertet.

Derzeit wird unermüdlich am Erläuterungsbericht getextet. Ende 2015 soll ein von allen Beteiligten mitgetragenes, zustimmungsfähiges Konzept im Entwurf vorliegen und dem Stadtrat zur Beschlussfassung gegeben werden.

Wichtige Kriterien für einen Friedhof

In einer Umfrage2 haben wir Hinterbliebene gefragt, welche Kriterien für sie bei der Auswahl des Friedhofes von Bedeutung waren. Diese Kriterien waren besonders wichtig: Eine gepflegte, grüne Anlage, der letzte Wille des Verstorbenen und die Nähe zum Wohnort. Auch relevant, aber eher nachrangig wurden genannt: Service der Verwaltung, geringe Lärmbelastung, günstige Gebühren, Anbindung an ÖPNV, kostenlose Parkplätze, vielseitiges Bestattungsangebot und Erholungspotenzial. Die konfessionelle Bindung und die Empfehlung durch Dritte spielte kaum eine Rolle.

Die Bereitstellung von Bestattungsflächen ist eine kommunale Pflichtaufgabe. Die Kirche nimmt mit dem Betreiben von Friedhöfen diese Aufgabe freiwillig wahr. Der 30 Hektar große Heidefriedhof im Norden, der sieben Hektar große Urnenhain und der direkt benachbarte 25 Hektar großen Johannisfriedhof im Süden könnten als sogenannte Zentralfriedhöfe fungieren und genügend Bestattungsfläche für Dresden bereitstellen. Dies stand jedoch nie zur Debatte. Zu Dresden gehören Stadtteilfriedhöfe: Kurze Wege, gute Verkehrsanbindung. Die Ergebnisse der durchgeführten Umfrage sprechen dafür.

Was tun mit dem Übermaß an Friedhofsfläche? Schlecht belegte Friedhöfe "einfach" zu schließen und zu entwidmen, scheitert häufig an einer sinnvollen Nachnutzungsmöglichkeit. Zudem befinden sich auf 36 Friedhöfen Kriegsgräber mit dauerndem Ruherecht, die Wege zu diesen Gräbern sind auf unbestimmte Zeit verkehrssicher zu halten, auch wenn auf dem Friedhof keine Bestattungen mehr erfolgen. Ebenso sind die Vorgaben des Sächsischen Denkmalschutzgesetzes weiterhin zu beachten, auch wenn ein Friedhof geschlossen wird. Bis ein Friedhof entwidmet werden kann, vergehen mindestens 20 Jahre, in denen der Friedhof ohne wesentliche Einnahmen gepflegt werden muss. Die Ausweisung von Bauland kam nur in einem Einzelfall auf einer Fläche, die noch nicht pietätsbehaftet ist, in Betracht. So genannte "Leise-Parks" mit Integration von denkmalgeschützten Grabmalen ist ein schönes Entwicklungsziel, aber auch nur an den Standorten, an denen ein Park benötigt wird. Prekär sind oftmals Friedhöfe, die schlecht zu erreichen sind und kein Wohnumfeld haben. Dort besteht in der Regel auch kein Bedarf für einen Leise-Park. Kurzum: Die Suche nach geeigneten Arealen zur Friedhofsflächenreduzierung war schwierig und lief fast nur darauf hinaus, Abteilungen von Friedhöfen zu schließen und Grünflächen mit mittlerem bis extensiven Pflegeaufwand zu entwickeln und die Beisetzungen auf ein Kerngebiet zu konzentrieren. Denn am besten werden die Gräber angenommen, die in Bereichen stehen, die gut belegt sind und damit "belebt" wirken.

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Imposante denkmalgeschützte Wandgräber auf dem evangelisch-lutherischen Johannisfriedhof.
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Gefahr in Verzug auf dem Neuen Jüdischen Friedhof. Foto: Heike Richter
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Sicherungsmaßnahmen auf dem städtischen Nordfriedhof. Foto: Katja Porrmann

Naturschutz - Lebensraum

Die Dresdner Friedhöfe beherbergen ein reiches Grün- und Naturvorkommen. Verschiedenste Sträucher wie Weißdorn, Haselnuss, Jasmin, Holunder und Flieder, Hecken, ein umfangreicher alter Rhododendronbestand, Bäume unterschiedlichster Art, eine meist jahreszeitliche Wechselbepflanzung auf den Gräbern, großzügige Rasenflächen und selten gewordene Pflanzen in naturbelassenen Bereichen prägen das Erscheinungsbild. Die Friedhöfe sind Lebens- und Zufluchtsraum für Vögel, Insekten und Wildtiere sowie wertvolle Erholungsräume für die Menschen und nehmen damit einen wichtigen Platz in der Stadt Dresden ein.

Es gibt kaum einen Friedhof in Dresden, auf dem keine alten Bäume stehen. Größtenteils unberührt und geschützt vor der wechselvollen Entwicklung der Stadt Dresden konnten junge Bäume in Ruhe alt werden und sind nun markanter Blickfang. Im Bewusstsein um diesen einmaligen "grünen Schatz" arbeiten die Friedhofsträger eng mit den zuständigen Behörden und Naturschutzverbänden zusammen, planen gemeinsam zum Beispiel in spezifisch angepassten Gehölzschutzkonzeptionen, Erhaltungs- und Pflegemaßnahmen.

Wer im zeitigen Frühjahr einen Friedhof besucht, kann neben der erwachenden Natur mit zart sprießendem Grün und ersten Blüten mit etwas Glück ein Konzert verschiedenster balzender Vogelarten erleben, das durchaus mit einem Sinfonieorchester mithalten kann. Denn Grün- und Buntspechte, Kleiber, Grünfinken, Rotschwänze, Eichelhäher, Tauben, Meisen, Amseln, Singdrosseln, Buchfinken, Falken und Zilpzalp sind nur einige der Gäste und Dauerbewohner unserer Friedhöfe, ebenso wie die eine oder andere obdachlos gewordene Fledermaus.3

Friedhöfe haben daher eine große Bedeutung für den Naturschutz, den Grünverbund und die Biotopvernetzung. Diese Funktionen sollen zukünftig weiter verstärkt werden durch Anlegen von Kompensationsflächen, Entwicklung von Biotopflächen und Baumpflanzungen als Ersatzmaßnahmen auf Friedhofsflächen.

Erinnerungskultur - eine Frage der Ehre

Auf jedem der 58 Dresdner Fried- und Kirchhöfe ruhen herausragende Künstler, Wissenschaftler und Denker vergangener Zeiten. Viele von ihnen hatten lokale Bedeutung, oftmals erzählen die Inschriften auf ihren Grabsteinen interessante Details der Ortsgeschichte. Andere sind landesweit bekannt und einige brachten es zu Weltruhm.

Zu den bekanntesten in Dresden beigesetzten Persönlichkeiten gehören unter anderem der Bildhauer Balthasar Permoser (1651-1732), der Komponist Carl Maria von Weber (1786-1826) jeweils auf dem Alten Katholischen Friedhof, Maler wie Adrian Ludwig Richter (1803-1884) auf dem Neuen Katholischen Friedhof und Caspar-David Friedrich (1774-1840) auf dem Trinitatisfriedhof und die Wissenschaftler Heinrich Barkhausen (1881-1956) auf dem Urnenhain Tolkewitz und Manfred von Ardenne (1907-1997) auf dem Waldfriedhof Bad Weißer Hirsch.

Es gibt kein Gesetz, das die Gräber dieser Berühmtheiten über die Mindestruhezeit hinaus schützen würde. Für eine Stadt ist es eine Frage der Ehre, ihrer verdienstvollen Persönlichkeiten würdevoll zu gedenken und damit auch deren Ideenreichtum, Mut, Schöpferkraft und Menschlichkeit für die nächsten Generationen lebendig zu halten.

Zuerst bemühen sich Friedhofsträger und Stadt stets, Nachfahren oder Institutionen für die Unterhaltung der Gräber zu gewinnen. Das gelingt nicht immer. Für die Friedhofsträger sind Pflege und Instandhaltung dieser Gräber eine zusätzliche finanzielle Last. Derzeit wird die Pflege von knapp 300 Gräbern mit 10,23 Euro pro Quadratmeter im Jahr mit städtischen Mitteln unterstützt. Ein Tropfen auf den heißen Stein.

Das Amt für Stadtgrün und Abfallwirtschaft fragte alle Friedhofsverwaltungen nach ihren Vorschlägen für Gräber besonderer Persönlichkeiten. Entstanden ist eine Liste mit mehr als 500 Namen. Mitarbeiter des Amtes für Kultur und Denkmalschutz, des Stadtmuseums und des Stadtarchivs haben sich mit den Biografien dieser Personen beschäftigt. Es gilt, Kategorien zu finden, Prioritäten zu setzen und eine praktikable Lösung für den Umgang mit diesen Gräbern vorzuschlagen. Werden es die TOP 100/200 oder 300 Gräber, deren Erhaltung und Pflege zukünftig von der Stadt finanziert wird?

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Analyse Anzahl der Denkmäler. Abb.: Büro Grohmann
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Baumgräber auf dem städtischen Heidefriedhof.
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Aufbahrungstisch gen Mekka – Muslimisches Grabfeld auf dem städtischen Heidefriedhof.

Denkmale - verpflichtendes Erbe

52 der 58 Dresdner Friedhöfe stehen in ihrer Gesamtheit oder in Teilen unter Denkmalschutz. Diese hohe Zahl an denkmalgeschützten Anlagen zeigt die große Bedeutung, die der Denkmalschutz bei der Betrachtung der Friedhöfe spielen muss.

Dresden besitzt eine kostbare Grabkultur. Von Meisterhand geschaffene Figuren aus Sandstein und Marmor, einzigartig gestaltete Wandgräber und Grabmale aus dem Barock sind authentische Zeitzeugen der Vergangenheit und spiegeln die Entwicklung kulturhistorischer Werte der Stadt und Region wider. Rot-weiße Flatterbänder, bröckelnde Engelsgesichter und provisorisch abgestützte Grabsteine machen deutlich, dass das letzte Nutzungsrecht dieser denkmalgeschützten Grabstellen meistens schon lange ausgelaufen ist, sie sind ins Eigentum des Friedhofsträgers übergegangen.

In unserer heutigen Zeit überwiegen kleine Gräber mit kleinen Grabsteinen und Gemeinschaftsanlagen. Umso wichtiger ist es, die noch vorhandenen Beispiele vergangener Friedhofskultur auch für nachfolgende Generationen zu bewahren. Die Kosten für die Erhaltung und Sanierung der historischen Grabmale sind für den einzelnen Friedhof nicht zu erbringen. Fördermittel des Freistaates Sachsen und der Stadt sind begrenzt.

Der Sanierungsaufwand für Einzelgrabdenkmäler auf elf Friedhöfen wurde exemplarisch erfasst und dann auf alle Friedhöfe hochgerechnet. Benötigt werden ca. 4,5 bis 5 Millionen Euro für die nächsten 20 Jahre, das heißt etwa 225.000 Euro brutto im Jahr.

Auf einigen Friedhöfen ist zusätzlich ein erheblicher Sanierungsbedarf bei den baulichen Einrichtungen zu konstatieren. Förderprogramme können aufgrund des hohen Eigenanteils nur selten in Anspruch genommen werden. Ein Abbruch dieser Objekte kommt aus Denkmalschutzgründen nicht in Frage. Vielmehr werden in einigen Fällen kurzfristige Erhaltungsmaßnahmen notwendig werden, um wertvolle Kulturgüter nicht zu verlieren.

Bestattungskultur - Individualismus und Pluralismus

"Auch hinsichtlich des Friedhofs- und Bestattungswesens wirkt sich der Trend zur Individualisierung aus und werden Liberalisierung und Deregulierungen eingefordert. Persönliche Optionen treten an die Stelle von gemeinschaftsbildenden Traditionen. Neue spezifische "Produktangebote" erobern eine Marktlücke, die auf Grund sich lockernder familiärer und sozialer Bindungen entstanden ist."4 Wie kann man angemessen auf Entwicklungen in der Trauerkultur reagieren? Friedhöfe haben ihre Monopolstellung längst verloren: Bestattungswälder, Seebestattungen oder das Verstreuen von Asche sind nachgefragte Alternativen. Um "Abwanderungen" vom Friedhof zu vermeiden, müssen Bestattungsangebote geschaffen werden, die der heutigen Trauerkultur gerecht werden. Während es auf dem städtischen Heidefriedhof schon die Möglichkeit der Baumbestattung gibt, denken nun auch einige kirchliche Friedhofsträger darüber nach, ob sie Beisetzungen am Fuße von Bäumen anbieten können. An ausreichend Bäumen und Friedhöfen mit Waldcharakter wird es nicht scheitern. "Ein Friedhof ist ein Stück Natur mitten in der Stadt. Er holt genau das in die Stadt, was der Bestattungswald außerhalb zu bieten vermeint."5

Mit zunehmender Zahl der Migranten in Dresden und unter dem Aspekt größtmöglicher Integration entstand die Frage nach dem Bedarf von Bestattungsmöglichkeiten nach den Ritualen anderer Religionen. Im Gespräch am Tisch der Ausländerbeauftragten mit Vertretern der verschiedenen Religionen haben wir erfahren, welche genauen Bedürfnisse bestehen und haben anschließend geprüft, wie diese im Rahmen der Gesetze erfüllt werden können. So konnte auf dem kommunal verwalteten Heidefriedhof im Jahr 2012 ein muslimisches Grabfeld und in diesem Jahr eine buddhistische Anlage eröffnet werden. Sowohl die muslimischen als auch die buddhistischen Interessensvertreter wirkten bei der Gestaltung der Anlagen intensiv mit.

Fazit

Unsere Erfahrung aus der Arbeit ist, dass ein Friedhofsentwicklungskonzept nur zusammen mit allen Verantwortlichen aufgestellt werden kann. D i e Lösung für den Umgang mit Friedhofsüberhangflächen wird das Dresdner Friedhofsentwicklungskonzept nicht liefern können. Aber es benennt die konkreten Probleme und zeigt gangbare Wege auf. "Gestorben wird immer!" - und ein Friedhof ist der optimale Ort für die letzte Ruhestätte, auch wenn er sich den Veränderungen in der Trauerkultur öffnen muss.


ANMERKUNGEN


1 Sächsisches Gesetz über das Friedhofs-, Leichen- und Bestattungswesen (Sächsisches Bestattungsgesetz - SächsBestG) vom 08.07.1994 (SächsGVBl. S. 1321), zuletzt geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 13.12.2012 (SächsGVBl. S. 725).
2 223 Befragte auf 25 Friedhöfen, Umfragezeitraum November 2014 bis März 2015.
3 Die Fledermaus Kleine Hufeisennase kommt im Dresdner Elbtal vor und führte im Jahr 2007 zu
einem dreimonatigen Baustopp der umstrittenen Waldschlösschenbrücke.
4 Simone Meinel, Dresden: Zur christlichen Bestattungskultur angesichts neuer Herausforderungen, Vortrag gehalten auf der Sitzung der Kirchenleitung am 27.09.2010 in Dresden, zitiert aus http://www.evlks.de/doc/Zeichen_der_Hoffnung_Vortrag.pdfwww.evlks.de/doc/Zeichen_der_Hoffnung_Vortrag.pdf
5 Ev.-luth. Pfarrer Michael Gärtner, zitiert in den Dresdner Neuesten Nachrichten vom 24.03.2015, S. 19 zum Thema Pro und Contra Bestattungswald.

 Katja Porrmann
Autorin

Leiterin Stabsstelle Grundsatz

Amt für Stadtgrün und Abfallwirtschaft Dresden
 Detlef Thiel
Autor

Vorsitzender des GALK-Arbeitskreises Kleingärten, Leiter des Amtes für Stadtgrün und Abfallwirtschaft Dresden

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