Kurpark, Kurpromenade und Rathausplatz

Gartenschau Bad Herrenalb 2017

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Landesgartenschauen und Grünprojekte
Renaturierte Alb im Kurpark. Foto: bbzl

Zu den Besonderheiten Bad Herrenalbs gehört eine grüne Stadtmitte, die sich um einen langgestreckten Auenbereich entwickelt hat. Die Fläche wurde ursprünglich landwirtschaftlich genutzt und schrittweise zu einem Kurpark umgebaut. Mit dem Wettbewerb zur Gartenschau 2017 plant Bad Herrenalb eine umfassende Erneuerung ihres Stadtzentrums. Anknüpfungspunkte dazu sind die naturräumlichen Gegebenheiten - Heilklima und Wasser; der Lauf der Alb, sowie die angrenzenden Landschaftsräume. Neben Wiesen- und Waldbereichen gehört dazu auch die unmittelbar an die Stadt angrenzende Berglandschaft des Schwarzwaldes.

Aufgabe

Die Aufgabenstellung des Wettbewerbs für die Daueranlage der Gartenschau formulierte eine Reihe von städtebaulich-freiräumlichen Defiziten. Darüber hinaus forderte sie zu einer Auseinandersetzung mit der besonderen städtebaulichen und landschaftlichen Lage der Stadt auf. Der über die Jahre gewachsenen Siedlungsstruktur fehlte an vielen Stellen der Zusammenhang. Die einzelnen Stadt- und Grünräume lagen vereinzelt nebeneinander. Die uneinheitliche Wirkung des Stadtraums wurde zusätzlich unterstrichen durch ein Nebeneinander aus unterschiedlichen Möblierungs- und Ausstattungselementen, Materialien und Gehölzpflanzungen. Die Innenstadt, insbesondere die Kurpromenade, wurde beeinträchtigt durch eine hohe Verkehrsbelastung sowie wenig großzügige und oft nicht barrierefreie Fußgängerbereiche. Fehlplatzierte und konfliktträchtige Parkierungsanordnungen behinderten zudem die Fußgänger und verschlechterten Attraktivität und Aufenthaltsqualität.

Entsprechend wurde nach einem Entwurfsansatz gesucht, der die Teilbereiche der Stadt zu einem einheitlichen, qualitätvollen Stadtraum verknüpft und damit ihre Erkennbarkeit und Attraktivität wieder erhöht. Die Aufwertung der Räume sollte anhand bestimmter Merkmale geprüft werden. Dazu gehörten unter anderem: die Schaffung von Alleinstellungsmerkmalen, die freiräumlich-städtebauliche und verkehrsräumliche Qualität sowie die gestalterische und funktionale Qualität. Wesentlich war eine Stärkung des Zusammenhangs zwischen Kurpromenade und Park. Die grüne Mitte und die besondere Tallage der Stadt sollten stärker akzentuiert werden.

Ursprünglich wurde die grüne Mitte stark durch die Alb geprägt. Inzwischen verlief sie allerdings an vielen Stellen als kanalisierter Fluss. Im Bereich des Kurparks der Stadt verschwand der Wasserlauf hinter Einfassungen und einer wenig geschickten Modellierung. In diesem Zusammenhang waren künftig Stadtraum und die Wasserläufe von Alb und Gaisbach wieder stärker miteinander zu verknüpfen. Insbesondere sollten die Gewässer wieder sichtbar und erlebbar werden.

Landschafts- und stadträumliche Lage

Zwischen Landschafts- und Stadtentwicklung von Bad Herrenalb bestehen enge Wechselbeziehungen. Die Stadt liegt in einem langgestreckten Talraum. Zu den ältesten Siedlungsbausteinen gehören der Klosterbezirk und, außerhalb der Klostermauern liegend, eine Mühle sowie ein Viehhof. Sie waren entlang des Verlaufs des Alb-Flusses und der Hauptstraße miteinander verbunden. Topografische Lage, Siedlungskerne, Wasser- und Wegeverbindungen sowie die dazwischen liegenden Flächen bildeten einen Zusammenhang in Landnutzung, Bewirtschaftung und Energiegewinnung. Im Zuge des Verstädterungsprozesses entstanden innerhalb des kleinteiligen landwirtschaftlichen Parzellierungsgerüstes hangbegleitende Siedlungsbänder. Dagegen blieben die ehemaligen Weideflächen des Klosters in der Tallage weitgehend unbebaut und wurden ab Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem Kur- und Erholungspark transformiert.

Durch diese besondere Stadtentwicklung ist Bad Herrenalb geprägt von grünen Räumen im Zentrum der Stadt: Die Stadtmitte wird nicht durch einen zentral gelegenen, baulich gefassten Platz bestimmt, sondern durch einen langgestreckten grünen Korridor. Landschaftsarchitektonische Interventionen bieten deshalb eine Reihe von Möglichkeiten, Bad Herrenalb als Kur- und Tourismusort in Zukunft nachhaltig aufzuwerten.

Das städtebaulich-freiräumliches Konzept

Zu den wichtigsten Zielen gehören die Aufwertung des Zentrums, eine Akzentuierung und Öffnung der Wasserläufe sowie die Neugestaltung der Kurpromenade und der städtischen Freiflächen. Die Gartenschau bildet hierzu Anlass und Auftakt. Unter Einbeziehung der beschriebenen landschafts- und siedlungsmorphologischen Elemente werden drei übergeordnete räumliche Leitmotive umgesetzt.

1. Topografie begleitende Linien wie Wege, Böschungen, Höhensprünge sollen akzentuiert werden, um den Talraum als zusammenhängenden, langgestreckten Korridor zu betonen.

2. Zwischen Stadt, Park und den umgebenden Landschaftsräumen sollen Wege- und Sichtbeziehungen stärker die Querbezüge inszenieren.

3. Die Gliederung und Neuordnung des Kurparks greift landschaftstypische Gehölz- und Wegestrukturen auf.

Entwicklung der Teilbereiche

Für die Daueranlage wurden innerhalb des Gesamtgefüges der Stadt eine Reihe von Eingriffen vorgenommen. Sie betreffen die Bereiche Rathausplatz und Kurpromenade, den Kurpark sowie unterschiedliche Platzräume und Schwellensituationen. Die Grünfläche der Schweizerwiese nimmt dagegen - nur temporär umgestaltet - Teile der Gartenschau auf. Entsprechend gibt es hier keine wesentlichen Veränderungen.

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Landesgartenschauen und Grünprojekte
Wiesenstege im Kurpark. Foto: bbzl
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Kurhausvorplatz. Foto: Gartenschau Bad Herrenalb 2017

Die Kurpromenade bildet das räumliche Rückgrat der Stadt. Durch die Auslichtung des Baumbestandes öffnet sie sich jetzt zum Kurpark und zur Alb. Breitere Gehwege und neue Platzflächen, eine eigene Möbelserie und die Einbeziehung der bestehenden Geländeunterschiede betonen die Promenade als eigenständiges Element im Stadtgefüge. Promenade und Plätze sind mit einem einheitlichen Belag gepflastert. Belagsstruktur und das gewählte Naturstein-Material nimmt Bezug auf die umgebenden Fassaden. Ein durchgehendes Plattenband führt vom Beginn der Promenade über den Vorplatz am Kurhaus und den Rathausplatz bis zum Torbogen in das Klosterviertel. Die weitgehend übereinstimmende Materialverwendung verbindet die Stadträume untereinander.

Der vorher eher introvertierte, durch historischen Baumbestand geprägte Kurpark wird zur Promenade hin durch Auslichtungen geöffnet. Die Park-Erschließung ist neu geordnet: Zwei Hauptwege begleiten dazu jeweils Alb und Albkanal. Ihr Verlauf lehnt sich an Topografie und Albverlauf an. Sie sind entsprechend als langgestreckte Bögen konzipiert. Am Übergang zur Schweizerwiese wurde der Kurpark erweitert: Anstelle eines Parkplatzes verknüpft nun das Park-Entreé zur Schweizerwiese. Angeknüpft an den baumbestandenen, naturnahen Waldhang an der Südseite werden dem Kurpark zwei unterschiedliche Atmosphären zugeordnet. Damit entsteht ein Gegenüber aus naturnahen Bereichen mit Ufer- und Waldwiesen und gepflegten Rasenflächen mit bestehenden Solitärgehölzen. Entlang des Flusslaufs treffen die beiden Teilräume aufeinander. Ihr Zusammenspiel lässt sich entlang des Uferwegs und der Wiesenpfade erleben.

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Klosterareal. Foto: Gartenschau Bad Herrenalb 2017
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Wiesenblumen Impressionen. Foto: Gartenschau Bad Herrenalb 2017
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Rathausplatz mit Ufertreppenanlage. Foto: Hans Joosten
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„Möbelfamilie“ am Rathausplatz. Foto: Gartenschau Bad Herrenalb 2017

Eine wichtige Vorgabe war, die Alb "als blaues Band" wieder besser erlebbar zu machen. Der früher stark verbaute Wasserlauf am Rathausplatz öffnet sich nun mit einer breiten Ufertreppe. Im Kurpark entstand aus dem kanalisierten Gewässer ein mäandrierender, naturnaher Fluss mit einem differenziert ausgebildeten Uferbereich. Mit der intensiven Verknüpfung zwischen Parkflächen, wertvollem alten Baumbestand und Wasserlage ergeben sich nun unterschiedliche Aufenthalts- und Erlebnisqualitäten. Durch eine stärkere Abwechslung der Strömungsgeschwindigkeit und die Integration weicher, naturnaher Böschungsbereiche entwickelt sich zudem eine größere biologische Vielfalt. Insgesamt haben sich die ökologische Durchgängigkeit und Qualität des Gewässers deutlich verbessert.

Als besonderes Element im Stadtraum wird der Zusammenfluss von Gaisbach und Alb zu Beginn der Kurpromenade inszeniert: Eine Treppen- und Sitzstufenanlage umfasst dazu den Zuflussbereich und vergrößert die Wasserfläche der Alb. Gleichzeitig betont sie damit den Eingang zum Kurpark. Von der Stufenanlage aus ist ein attraktiver landschaftlicher Blick auf die gegenüberliegende Hügelkette möglich.

Möbelfamilie

Um Zusammenhang und Nutzbarkeit der öffentlichen Räume zu verbessern, wurde speziell für Bad Herrenalb eine eigene "Möbelfamilie" entworfen. Als "Familie" mit unterschiedlichen Aneignungs- und Sitzangeboten richtet sich die Serie an Nutzer mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Angesichts einer sich wandelnden "Tourismuslandschaft" werden damit bewusst verschiedene Altersgruppen angesprochen. Frei gruppierbar, ermöglicht die Möbelserie die Schaffung von unterschiedlichen Sozialsituationen und Gruppenzusammenhängen. In "Ensembles" aus unterschiedlichen Sitzobjekten bilden sie jeweils eigene Teilräume aus. Im Gegensatz zur klassischen Parkbank lassen sich auf diese Weise unterschiedliche Begegnungsanlässe initiieren.

Vor Ort wurde jede Möbelgruppe an die jeweilige räumliche Situation angepasst, das heißt, jede Sitzgruppe ist einzigartig und bildet unterschiedliche Situationen. Viele Möbel sind so platziert, dass sie gleichzeitig auch auf besondere landschafts- und stadträumliche Merkmale verweisen. Mit der Wahl einer "Möbelfamilie" wird die Monotonie eines stets wiederkehrenden, als Parkbank eher unflexibel nutzbaren Ausstattungselementes vermieden. Die Serie beinhaltet einen Sessel mit Armlehnen und altersgerechtem Sitzwinkel, einen Sessel ohne Armlehnen, eine Bank sowie zwei Hocker verschiedener Breite. Ursprünglich war vorgesehen, diese Möbelserie auch für den Kurpark zu verwenden. Hier hat die Stadtverwaltung auf Basis einer eigenen Ausschreibung eine abweichende Möbelserie ausgewählt. Anders als ursprünglich geplant unterscheidet sich damit die Möblierung von Plätzen und Park.

Anlässlich der Gartenschau 2017 sollen die neue grüne Mitte, die Kurpromenade und der Rathausplatz mit den Bürgerinnen und Bürgern und Gästen eingeweiht und gefeiert werden. Zu den Bausteinen der Veranstaltung gehören blühende Ausstellungsbereiche, Fachbeiträge der gärtnerischen und landwirtschaftlichen Interessenverbände sowie ein umfassendes Veranstaltungsprogramm. Das Programm soll Anwohnerinnen und Anwohner sowie Gäste gleichermaßen anziehen und ihnen Gelegenheit geben, Bad Herrenalbs Stadt- und Landschaftsräume zu erleben.

Die Landesgartenschau entstand in den Jahren 2014 - 2017 nach den Plänen von bbzl - landschaften städtebau im Auftrag der Stadt Bad Herrenalb.

Planungsbüros Daueranlage:

Freianlagen und Rahmenplan: bbzl böhm benfer zahiri - landschaften städtebau, Berlin, Prof. Ulrike Böhm, Prof. Katja Benfer, Dr. Cyrus Zahiri

Wasserbau: Landschaft planen+bauen, Berlin

Verkehrsanlagen: ISAPLAN Ingenieur GmbH, Leverkusen

Bauleitung: RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten, Bonn, Hamburg, Mannheim

Planungsbüro Ausstellungsplanung: Stefan Fromm Landschaftsarchitekten, Dettenhausen

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Landschaftsarchitektin

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