Die historische Bildsammlung am Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung der TU Berlin

Gedächtnis einer akademischen Disziplin

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Michaeli-Bad München (1954–55): "Blick v. Sprungturm auf das Wettkampfbecken u. Sprungbecken trennende Wegfläche (Bitumen eingefaßt mit Pflastersteinen)." (Kontaktabzug auf Karteikarte). Foto: Kraft (21.05.1959).

Für das Selbstverständnis einer Disziplin spielt historische Forschung eine zentrale Rolle. Dies gilt auch für die Geschichte der Ausbildungseinrichtungen. Wenn, wie im Fall der Landschaftsarchitektur in Deutschland, die akademische Ausbildung auf nur eine einzige Institution zurückzuführen ist, dann muss ein besonderes Interesse an der Sicherung der hinterlassenen Dokumente bestehen. Diese haben in ihrer Materialität - sei es Papier, Glas oder Film - eine begrenzte Widerstandsfähigkeit gegenüber unterschiedlichen Einwirkungen. Die Bewahrung historischer Dokumenten im Sinne eines kulturellen Gedächtnisses ist öffentliche Pflichtaufgabe. Um sie zu erfüllen gibt es Archive. Am Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung der TU Berlin existiert eine Sammlung an Schriftstücken und vor allem Bildern, die die kulturelle und wissenschaftliche Kompetenz der ganzen Profession kontrastreich vor Augen führen. Ihre fachgerechte Archivierung wird gerade in Angriff genommen.¹)

Geschichte und visuelle Kultur

Die traditionsreiche Berliner Ausbildungsstätte für Landschaftsarchitektur an der TU Berlin hat nicht nur durch die Lehre prägender Persönlichkeiten eine überregionale Bedeutung. Gegen Ende des ersten Weltkrieges muss der erste deutsche Hochschul-Professor für Gartengestaltung Erwin Barth (1880-1933) mit dem Aufbau einer gartenkulturellen Fotografie-Sammlung begonnen haben, die in Deutschland wohl ihresgleichen sucht. Obwohl dieser Bestand derzeit nicht die Funktionen eines Archivs erfüllt, soll er im Folgenden "Bildarchiv der Landschaftsarchitektur" genannt werden. Die Sammlung visualisiert heute in beeindruckendem Umfang die über ein halbes Jahrhundert hinweg zusammengetragenen Wissensbestände der Profession. Ihren Fortbestand betreffend besteht bereits seit einigen Jahren Anlass zur Sorge. Nun sucht man nach einem sicheren Ort für den langfristigen Verbleib.

Die Lehre im Bereich gestalterischer Disziplinen ist neben der Projektarbeit in der Regel stark an visuellen Beispielen ausgerichtet. Auch der praktisch orientierte Erwin Barth war auf die Bilder seiner Projekte als Lehrmaterial angewiesen, und er war stark darauf bedacht, sein Werk genau zu dokumentieren. Hinzu kommt, dass er mit seiner Tätigkeit als Gartendirektor der Hauptstadt am Puls der Zeit stand und innovative Lösungen schuf, die er selbstverständlich zu kommunizieren versuchte. Über fertig gestellte Objekte berichtete Barth zeitnah in Fachzeitschriften. Dabei waren seine Texte nüchtern beschreibend, nie abstrahierend-theoretisierend.²) Dies lässt sich nicht auf alle Nachfolger übertragen, aber die Rolle von Bildern ist im Entwurfsbereich auch als Grundlage von Theorie und Abstraktion grundsätzlich von hoher Bedeutung.

Im direkten Vergleich mit anderen Disziplinen oder - wenn man möchte - Kunstrichtungen spielen Bilder in der Gartengeschichte noch aus einem weiteren Grund eine hervorgehobene Rolle. Während Gebäude oder Gemälde im Wesentlichen lange Zeiten überdauern können, sind Gärten durch das lebendige Material in extremer Weise zeitlicher Veränderung unterworfen. Haben sie einen geplanten Zustand nach Jahren erst einmal erreicht, sind sie weiterhin von sensibler Pflege abhängig um zu überdauern. Fotografien sind oft die einzigen verlässlichen Zeugnisse für ein tatsächlich gebautes beziehungsweise gepflanztes Werk. Dies gilt auch für Landschaftsbilder, die insbesondere durch Meliorationsmaßnahmen im zwanzigsten Jahrhundert in kürzester Zeit grundlegend verändert wurden - von kriegsbedingten Veränderungen der Siedlungen ganz zu schweigen. Aus Sicht der historischen Forschung haben fotografische Bilder also eine potenzierte Bedeutung: Sie sind zentrales Quellenmaterial und Kommunikationsmittel mit vielschichtigem Informationsgehalt. Durch die Digitalisierung ist es heute selbstverständlich geworden, oft ohne bewusste Wahl des Bildausschnittes, Unmengen von Bildern zu produzieren. Das Fachwissen von Fotografen für alltägliche Aufgaben fotografischer Dokumentation in Anspruch zu nehmen, wie es bis in die 1990er Jahre hinein noch üblich war, erscheint heute anachronistisch. Bilder sind allgegenwärtig. Die Besonderheit und der historische Wert einer fotografischen Sammlung geraten somit schnell aus dem Blick.

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Gesamteindruck Diaschrank. Foto: L. Hopstock
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Dias aus der Sammlung des Fachgebiets Objektplanung/Entwerfen. Bilder aus Hans Loidls Vorlesung mit Zeichnungen aus seinem bekannten Skript. Foto: L. Hopstock
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Entwurf Garten Leni Riefenstahl von Heinrich Wiepking, "Variante 3", 1934 (Kontaktabzug auf Karteikarte).

Die Landschaftsarchitektur an der TU Berlin

Im internationalen Vergleich kann Deutschland für die noch sehr junge akademische Disziplin Landschaftsarchitektur eine relativ lange Tradition vorweisen. Die Anfänge der Hochschul-Ausbildung in Berlin wurden in den letzten Jahren mehrmals dargestellt und sollen hier nur zusammenfassend in Erinnerung gerufen werden.³)

Wer den Berufswunsch Gartenarchitekt hegte, konnte zunächst gärtnerische Lehranstalten besuchen. Älteste darunter war die auf 1823 und Peter Joseph Lenné zurückgehende königliche Gärtnerlehranstalt in Preußen, später insbesondere unter ihrer Bezeichnung aus den späten 1920er Jahren als "LuFA" (Lehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau Berlin-Dahlem) bekannt. 1927 wurde Erwin Barth eine Honorar-Professur für Gartengestaltung im Studiengang Architektur an der Technischen Hochschule Charlottenburg angetragen. Im September 1929 - vorangegangen waren jahrelange Debatten über das Für und Wider einer akademischen Ausbildung von Gartenarchitekten - wurde er zusätzlich als erster Professor und Direktor des neu gegründeten "Institut für Gartengestaltung" an die Landwirtschaftliche Hochschule Berlin berufen.

Neben der Harvard University entstand damit einer der weltweit frühesten vollwertigen Studiengänge für dieses Berufsbild an einer akademischen Einrichtung. Die Ausbildungsmöglichkeit an der LuFA blieb bestehen und bildete den Vorläufer des heutigen Studiengangs an der Beuth Hochschule für Technik Berlin. Nach Barths Suizid, kurz nach Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933, wurde der die NS-Ideologie unterstützende Heinrich Friedrich Wiepking (1891-1973) sein Nachfolger.4) Ende 1934 wurde die Landwirtschaftliche Hochschule in die Berliner Universität integriert. Im Februar 1945 meldete Wiepking sich bei der Universität ab und begab sich mit Teilen seiner Lehrmaterialien in seine alte Heimat Niedersachsen. Trotz seiner mit extremem Rassismus durchsetzten Fachpublikationen konnte er sich in Hannover der Gründung der Hochschule für Gartenbau und Landeskultur widmen, die 1948 eröffnet und 1952 als Fakultät in die Technische Hochschule Hannover eingegliedert wurde.5)

Die Situation in Berlin seit Kriegsende ist komplex.6) Nachfolger Wiepkings wurde Georg Béla Pniower (1896-1960). Dieser veranlasste um 1949 einen Transfer des Institutes an die Ost-Berliner Universität, während es den verbliebenen Lehrkräften Jürgen Barth (1911-2001, Sohn von Erwin Barth)7) und Erwin Kemmer (1895-1976, Professor für Obstbau) gelang, Teile des Lehrmaterials vor dem Abtransport zu bewahren und einen Studiengang in West-Berlin zu erhalten, der sich schließlich 1951 an der TU Berlin konstituierte. Im selben Jahr wurde die Forschungsabteilung aus der weiterhin bestehenden LuFA herausgetrennt und in die TU Berlin eingegliedert. Das Promotionsrecht wurde der neuen Fakultät jedoch erst in den 1970er Jahren verliehen.8)

Erster Professor am neuen Institut für Gartenkunst und Landschaftsgestaltung der TU Berlin wurde 1952 Gustav Allinger (1891-1974)9). Herta Hammerbacher (1900-1985), die sich ebenfalls beworben hatte, wurde auf eine Professur im Studiengang Architektur berufen und hielt ebenfalls einzelne Lehrveranstaltungen in dem von Allinger geleiteten Institut ab. Auf Allinger folgte 1961 Hermann Mattern (1902-1971), der von der Hochschule für Bildende Künste Kassel nach Berlin wechselte. Mattern verfolgte eine deutliche Differenzierung des Curriculums10) und holte auch Julius Posener für eine Vorlesung zur Baukunst und Siedlungsgeschichte an sein Institut. Matterns Nachfolger wurde Hans Kiemstedt, der nur wenige Jahre darauf von Hans Loidl abgelöst wurde. Aus der Zeit Loidls stammen die jüngsten Bilder des Archivs.

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Sammlung Herta Hammerbacher, Bild Nr. X 22, "Waldfriedhof Stockholm, Gedenkstätte m. Freitreppe, Gunnar Asplund" Foto: H. Hammerbacher (o.D.)
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Bild aus einem fahrenden Auto auf der Reichsautobahn Berlin–Stettin. Foto: Gustav Allinger, 1940er Jahre (?)
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Karteikarte mit Bild Nr. 53.461. Kritik Gustav Allingers (?) eines von Hammerbacher und Edvard Jacobson entworfenen Bereiches im Hansaviertel. Foto: v. Weiss (08.08.1957)

Struktur des Bildarchivs und überlieferte Katalogisierung

Das "Bildarchiv der Landschaftsarchitektur" umfasst in etwa 3000 Glasplatten-Dias (davon 200 farbig) im Format 8,5x10 Zentimeter, rund 4800 Glas-Negative im Format 9x12 Zentimeter, sowie etwa 3600 schwarz-weiße und farbige Kleinbild-Diapositive im Format 24x36 Millimeter. Von Hermann Mattern sind zusätzlich drei Mikroboxen mit Bildnegativen erhalten. Hinzu kommt die Sammlung von Herta Hammerbacher mit eigener thematischer Ordnung, welche 1969 von der Architekturfakultät übergeben wurde und deren Bestand aus circa 1650 großformatigen Glasplatten-Dias sowie 2000 Kleinbild-Dias und dazugehörigen Karteikartenkästen inklusive Negative besteht. Außerdem im Bildarchiv erhalten ist Julius Poseners Diasammlung, die in einem eigenen Diaschrank aufgestellt ist und den Inhalt der berühmten Vorlesungen des Architekturhistorikers widerspiegelt. Neben diesen umfangreichen Beständen existieren Fragmente einer "Sammlung Schultze-Naumburg" (23 Glasplatten-Dias, Format 8,5x10 Zentimeter) und ein Teil des Bildernachlasses von Wolfgang Sörrensen (1882-1965), einem der wenigen Kunsthistoriker Deutschlands, die sich auf das Gartenthema spezialisiert haben. Über mehrere Jahrzehnte hielt er Vorlesungen, die auch bei Studierenden der Gartenarchitektur beliebt waren. Schließlich enthält ein separater Leuchtschrank rund 1000 Dias aus Hans Loidls Entwurfslehre, darunter thematisch unterschiedene Vorlesungen mit Zeichnungen aus dem in Fachkreisen bekannten "Loidl-Skript".¹¹)

Unter den Namen, die auf Abzügen und in Listen als Fotografen aufgeführt sind, finden sich vor allem Dozenten und Assistenten wie Hans Nimmann (Assistent Allingers in den 1950er Jahren), Dieter Enke (Assistent für Baukonstruktion bei Mattern) und Helmuth Weckwerth (Oberingenieur Ende der 1960er Jahre). Auch von Jürgen Barth stammen zahlreiche Aufnahmen und Beschriftungen auf Karteikarten. Es ist jedoch nur schwer nachvollziehbar, wie sich das Archiv nach und nach aufgebaut hat. Die detaillierteste Darstellung liegt in Form unveröffentlichter Arbeitsunterlagen vor, die Clemens Alexander Wimmer in seiner Funktion als Tutor am Fachgebiet Darstellung und Gestaltung (Prof. Falk Trillitzsch) im Juni 1982 zusammengestellt hat. Diese hat Wimmer freundlicherweise den Autoren übergeben¹²). Ganz zu Beginn, unter Barth, wurde das Bildmaterial chronologisch in der Reihenfolge seines Zugangs aufgenommen. Aus dieser Zeit ist wenig erhalten. Bereits bei einer Neusortierung unter Wiepking 1935 scheinen einige Diapositive von Barth ausgesondert worden zu sein. Auffällig ist, dass ganze Bestandsätze aus der Zeit Wiepkings fehlen, die möglicherweise im Zuge der Entnazifizierung entfernt wurden. Dennoch ist noch historisch wertvolles Material aus der Zeit des Nationalsozialismus vorhanden, wie beispielsweise Bilder von der Sommerblumenschau am Funkturm 1934 oder vom Bau der Reichsautobahn.

Unter Allinger fand eine große Umstrukturierung in stärker differenzierte Sachthemen statt. Er legte zunächst Ober- und Untergruppen fest und nummerierte diese mit Haupt- und Unterzahlen. Die Obergruppe "Garten" beinhaltete beispielsweise den "Bauerngarten", "Dachgarten", "Fabrikgarten" und "Schulgarten". Das Material umfasst unter anderem zahlreiche internationale Objekte der Landschaftsarchitektur, diverse Landschaften, Ausstellungen, Exkursionen und Berliner Grünanlagen. In den 1950er Jahren wurde auf Betreiben des Assistenten Jürgen Barth hin ein Fotolabor eingerichtet und ein Fotograf mit Namen Bahr eingestellt, der vor allem Reproduktionen von Publikationsabbildungen und Plänen anfertigte.¹³) Ab den 1960er Jahren wurden Kleinbilddias angefertigt, die in zunächst sechs Diaschränken mit hinterleuchtbaren Registergittern gemäß der thematischen Ordnung einsortiert wurden. Ausgewählte Kontaktabzüge sind auf beschrifteten Karteikarten aufgeklebt, nach Sachthemen geordnet, in 70 Schubfächern vorhanden. Sie wurden meistens mit laufender Nummer, Motiv, Fotograf, Jahreszahl und Quelle (bei Reproduktionen) versehen. Hermann Mattern (Lehrstuhlinhaber 1961-1970) sortierte das gesamte Bildarchiv thematisch-alphabetisch in Haupt- und Nebengruppen um. Bilder fand man ohne Hilfe des Karteikartensystems direkt in der Registerleiste des Dia-Leuchtschrankes, was die Vorbereitung von Vorlesungen erleichterte. Anschließend wurden keine Negative mehr gefertigt und keine Listen mehr geführt.

Kataloge existieren hauptsächlich aus drei verschiedenen Phasen, wobei alte Bestände immer wieder in die neuen Kataloge übertragen wurden. Der älteste Nachweis, ein Ringordner, stammt aus Allingers Zeit und dokumentiert die Themenkategorisierung mit oft ausführlicher Kommentierung der Bildinhalte. Er enthält außerdem Bestelllisten; Pflanzenbilder wurden beispielsweise häufig aus den Niederlanden angefordert. In neueren Katalogen wurden die Daten in vorgedruckte Tabellen übertragen, wobei sukzessive die Kommentare zu Stichworten reduziert wurden. Didaktische Kommentare oder Wertungen des Abgebildeten wie im gezeigten Beispiel sind zwar oft auf den Karteikarten vermerkt, aber in Allingers frühesten Aufzeichnungen noch ausführlicher dokumentiert. Dies macht deutlich, warum die Aufbewahrung der älteren Kataloge wichtig ist, obwohl die Nummerierung nicht mehr mit der aktuellen Ordnung übereinstimmt.

Einige Professoren wie Hans Kiemstedt, Helmut Weckwerth oder Jürgen Wenzel ordneten in den 1970er Jahren ihr Lehrmaterial weiter in das System ein. Zuletzt beschäftigte sich am Fachgebiet Objektplanung/Entwerfen bei Hans Loidl (Lehrstuhlinhaber 1982-2003) ein Mitarbeiter auf einer temporären Stelle mit der Bildsammlung. Er sollte den Bestand besser nachvollziehbar machen und stellte offensichtlich eine Mischordnung zwischen Allingers und Matterns System her. Eine nachvollziehbare Gesamtordnung ist gewahrt, aber die gezielte Suche nach einzelnen Motiven gestaltet sich schwierig.

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Ausschnitt Diplomarbeit 1969/70 (Olaf Hoerschelmann). In der Linienführung scheint sich der Einfluss des Lehrers Hermann Mattern bemerkbar zu machen.
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„Durch Faschinen mit senkrechten Eisenstäben u. Pflanzung gesicherter exponierter 60º Hang“, Horb (Württemberg). Foto: Hans Nimmann (26.05.1956)

Neben der Bildsammlung existieren am Berliner Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung noch weitere wertvolle Dokumente. So sollen ein laufender Meter Ordner mit Abzügen (DIN A4) abfotografierter Diplomarbeiten von 1955 bis 1974 - unter Allinger und Mattern angefertigt - ebenso in das Archiv übergehen, wie sechs laufende Meter jüngere Diplomarbeiten und acht laufende Meter Projektberichte einiger Fachgebiete seit Ende der 1960er bis in die 2000er Jahre. Mit dem Weggang Matterns war die einheitliche thematische Entwurfs-Aufgabenstellung für Abschlussarbeiten abgeschafft worden und eine individuelle Themenwahl hielt Einzug. Da der Zeit der Ökobewegung und der Postmoderne in der historischen Forschung zukünftig sicherlich erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet werden wird, ist die Sicherung der entsprechenden Dokumente bereits heute dringend zu bedenken.

Dokumente einer holistischen Lehre

Es wird deutlich, dass das Archiv indirekt das Erbe nicht nur der Entwurfstradition, sondern aller heute an der TU existierenden Fachgebiete für Landschaftsarchitektur und Landschaftsplanung darstellt. Bis gegen Ende der 1960er Jahre waren die Fachrichtungen auf wenige Lehrstühle konzentriert; die Planung spaltete sich erst danach personell von der "Gartenarchitektur" ab und wurde in den 1970er Jahren de facto zu einer eigenständigen Fachrichtung innerhalb der Disziplin. Zuletzt war noch in der Person Matterns das Planerische - mit der von ihm so benannten "Landschaftsaufbauplanung" - in Personalunion mit dem Landschaftsarchitektonischen vertreten worden. Neben ihm behandelte sein Kollege Jürgen Barth in der Lehre schwerpunktmäßig Fragen der Regionalplanung. Das ehemals sehr viel holistischere Selbstverständnis der Institutsleiter spiegelt sich beispielsweise in Wiepkings Exkursions-Dokumentation von 1936 mit Bildern Rügener Landschaftselemente oder Allingers Dokumentation verschiedener Vegetations- und Landschaftstypen unter Rubriken wie "Vom Chiemsee zum wilden Kaiser" oder "Waldbilder aus verschiedenen deutschen Landschaften" wider. Grundsätzlich ist hierbei natürlich die zum großen Teil durch völkische Ideologie geprägte Perspektive zu berücksichtigen. Auch ingenieurbiologische Themen wie "Bodenerosionskontrollmaßnahmen" tauchen vielfach auf Bildern des Archivs auf, ebenso wie Siedlungstypen, darunter aus Büchern abfotografierte "Bauernhöfe und ländliche Siedlungen". Daneben sind auch historische Gärten und Parks gut vertreten.

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„Villa d’Este, Cypressen-Rondell“. Foto: Erwin Barth (o. D.)

Eine zentrale Aufgabe des Fotografen Bahr war es, im Auftrag der verschiedenen Dozenten Bildmaterial für Vorlesungen zu reproduzieren, weshalb die Bildsammlung auch serienweise Abbildungen aus der Fachliteratur enthält - interessante Indizien für die Erforschung der konkreten Lehrinhalte. So lässt sich unter anderem der Einfluss heute fast vergessener Referenzliteratur der Moderne ablesen, die beispielsweise mit Garret Eckbos "Landscape for Living" (1940) und Christopher Tunnards "Gardens in the modern landscape" (1956) in der Rubrik "Federzeichnungen von Gärten und Pflanzen" auftauchen.

Die Zukunft des Bildarchivs

Angesichts der finanziell angespannten Lage an den Hochschulen, kann und muss die Erforschung der Professionsgeschichte heute auch immer als ein Beitrag zur langfristigen Sicherung des Studiengangs gesehen werden. Im Interesse einer solchen Aufarbeitung bleibt zu hoffen, dass die Bildsammlung zu einem echten, also Forschern zugänglichen, katalogisierten und digitalisierten "Bildarchiv der Landschaftsarchitektur" wird. Gegenwärtig ist das gesamte Material in einem Nebenraum gelagert und Lichteinwirkung, Staub und schwankenden Temperaturen ausgesetzt. Bis zum Frühjahr 2013 soll für die Bildsammlung eine archivarische Lösung gefunden werden, eine Übernahme durch das Hochschularchiv der TU Berlin scheint möglich. So wäre eine zentrale Anlaufstelle für Gartenhistoriker in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Architekturmuseum der TU Berlin geschaffen, und die einmalige Sammlung könnte endlich eine ihrem wissenschaftlichen Wert entsprechende Ausstrahlung entfalten.



Anmerkungen

1) Der herzliche Dank der Autorin und des Autors geht an Herrn Dr. Dietmar Land, Herrn Prof. Jürgen Wenzel und Herrn Dr. Clemens Alexander Wimmer für ihre wertvollen Hinweise.

2) Jürgen Wenzel, persönliches Gespräch, 14.12.2012.

3) Siehe beispielsweise: Land, Dietmar/Wenzel, Jürgen: Heimat, Natur und Weltstadt. Leben und Werk des Gartenarchitekten Erwin Barth. Leipzig 2005, S. 421-450; Kühn, Norbert: "100 Jahre Königliche Gärtnerlehranstalt in Berlin-Dahlem - Ein Rückblick in die Geschichte der Ausbildung von Landschaftsarchitekten", Stadt+Grün, 12/2003, 27-34.

4) Wiepking führte bis 1945 den Doppelnamen Wiepking-Jürgensmann.

5) Über die Auseinandersetzung mit Wiepkings faschistischem Denken siehe beispielsweise: Greiner, Johann: Leserbrief zum Wiepking-Preis, Garten+Landschaft, 105, 01/1995, 8; Ursula Kellner: Heinrich Friedrich Wiepking (1891-1973). Leben, Lehre und Werk, Dissertation an der Universität Hannover 1997. S. 1-2; Kellner, Ursula: "Mit Blick auf eine Ausweitung der Arbeitsfelder - Ein Studium in der Zeit gesellschaftlichen Umbruchs in den 70er Jahren", Stadt+Grün, 10/2007, 15-17. Kellner, U.: Heinrich Friedrich Wiepking […], 1997, S. 280.

6) Wimmer hat sie klar zusammenfassend dargestellt. Seine Publikation hierzu fungiert als Hauptquelle für die folgenden Textabschnitte: Wimmer, Clemens Alexander: Die Bibliothek des Berliner Instituts für Landschafts- und Freiraumplanung und seiner Vorgänger seit 1929. Ein Beitrag zur Geschichte der Berliner Lehre und Forschung im Fach Garten- und Landschaftsarchitektur, in: Heinrich, Fritz/ Peschken, Goerd (Hg.) Zwölf Aufsätze für Vroni Heinrich zu Gartenkunst und Landschaftsplanung, Band S21 der Schriftenreihe "Landschaftsentwicklung und Umweltforschung" der Fakultät Architektur Umwelt Gesellschaft, Berlin: Universitätsverlag der TU Berlin 2012, S. 29-46.

7) Zusammenfassend über Jürgen Barth und sein Verhältnis zu den Professoren: von Krosigk, Klaus: "Professor Jürgen BARTH † - Ein Nachruf", Stadt+Grün, 09/2001, 652-653.

8) Jürgen Wenzel, persönliches Gespräch, 14.12.2012.

9) Auch Allinger war im Dritten Reich als überzeugter Nazi aufgetreten, siehe: Gröning, Gert/Wolschke-Bulmahn, Joachim: Grüne Biographien. Biographisches Handbuch zur Landschaftsarchitektur des 20. Jahrhunderts in Deutschland (Patzer: Berlin, Hannover 1997), S. 15-19.

10) Zur Lehre Matterns siehe: Hopstock, Lars: "Zwischen Bauhaus und Studium generale: Hermann Mattern (1902-1971) als Lehrer", Stadt+Grün, 07/2012, 22-27.

11) Eine überarbeitete Version wurde von Callwey publiziert: Loidl, Hans/ Bernard, Stefan: Freiräume(n). Entwerfen als Landschaftsarchitektur. München et. al.: Birkhäuser 2003

12) Wimmer, Clemens Alexander: Arbeitsunterlagen für eine Reorganisation der Fotosammlung, unveröffentlichtes Manuskript, Juni 1982. Das FG wurde nach der Emeritierung von Prof. Trillitzsch nicht wiederbesetzt.

13) Nachfolgerin wurde die Fotografin Schleifer; die Stelle existierte bis vor kurzem am Fachgebiet für Freiraumplanung/Entwerfen (Prof. Gieseke).

Dr. Lars Hopstock
Autor

Landschaftsarchitekt, Akademischer Mitarbeiter BTU Cottbus-Senftenberg

Dipl.-Ing. Kristina Schönwälder
Autorin

Landschaftsarchitektin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Landschaftsarchitektur, TU Berlin

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