Sommerzeit, Grillzeit, Immissionszeit

Gemeinde ist nicht für jeden Lärm verantwortlich

Recht und Normen
Im Sommer stehen Freizeitaktivitäten unter freiem Himmel hoch im Kurs. Nicht selten kommt es dabei zu Immissionen, die von Nachbarn als störend empfunden werden. Foto: Sikeri, Flickr, Creative Commons

Im Sommer stehen Freizeitaktivitäten unter freiem Himmel hoch im Kurs. Nicht selten kommt es dabei zu Immissionen, die von Nachbarn als störend empfunden werden. Die Nachbarn wenden sich dann häufig nicht an die Nutzer, sondern an den Betreiber der störenden Anlage oder Einrichtungen, im vorliegenden Fall an die Gemeinde als Grillplatzbetreiberin.

Der Nachbar und Grundstückseigentümer störte sich daran, dass es auf dem Grillplatz an einigen Tagen zur Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen, zu Lärmbelästigungen durch elektronische Musikanlagen und elektronisch verstärkte Instrumente kam.

Die Klage vor dem Verwaltungsgericht, nach der es die Gemeinde unterlassen sollte, dass von dem Grillplatz an Sonn- und Feiertagen nach 14.00 Uhr und nachts zwischen 20.00 Uhr und 8.00 Uhr Lärm durch elektronisch verstärkte Musik und Instrumente auf das Grundstück des Nachbarn gelangen, wurde vom Verwaltungsgericht abgewiesen. Mit Beschluss vom 19.04.2017, Az.: 10 S 2264/16 wies der VGH Baden-Württemberg auch dem Antrag des Nachbarn auf Zulassung der Berufung ab.

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Gemeinden sind nur für den Lärm verantwortlich, die durch eine bestimmungsmäßige Nutzung der Anlage verursacht werden. Foto: uschi dreiucker, pixelio.de

Der VGH Baden-Württemberg hielt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts für zutreffend. Das Verwaltungsgericht sei davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Unterlassen von schädlichen Umwelteinwirkungen gegen den Betreiber einer öffentlichen Einrichtung, wie hier die Gemeinde als Grillplatzbetreiber, nur für Immissionen bestehe, für die der Betreiber verantwortlich sei. Dies seien in erster Linie nur die durch die bestimmungsgemäße Nutzung der Anlage verursachten Immissionen. Für Störungen durch Nutzungen außerhalb dieses Rahmens sei der Anlagenbetreiber nur verantwortlich, wenn sich in dem bestimmungswidrigen Verhalten eine mit der Einrichtung verbundene besondere Gefahrenlage realisiere und damit der Fehlgebrauch bei einer wertenden Betrachtungsweise als zurechenbare Folge der Schaffung beziehungsweise des Betriebs der Einrichtung anzusehen sei.

Für den vom Nachbarn beanstandeten Lärm in Form von elektronisch verstärkter Musik in den Nachtstunden sei das Verwaltungsgericht zu Recht von einer fehlenden Verantwortlichkeit der Gemeinde ausgegangen. Die Argumentation des Klägers, durch Tische, Bänke und die Grillstelle lade der Grillplatz geradezu ein, lautstark zu feiern, konnten das Verwaltungsgericht und den VGH Baden-Württemberg nicht überzeugen. Einen Zusammenhang zwischen der Nutzung des Grillplatzes und dem Abspielen von elektronisch verstärkter Musik zur Nachtzeit sei nicht erkennbar. Die Lärmerzeugung habe mit der bestimmungsgemäßen Nutzung des Grillplatzes nichts mehr zu tun, vielmehr handele es sich um einen Missbrauch, wie er überall in öffentlich zugänglichen Flächen vorkommen könne.

Der VGH Baden-Württemberg konnte auch nicht erkennen, warum die Lage des Grillplatzes zu seinem Missbrauch anreizen sollte. Der Kläger hatte argumentiert, ein zur Nachtzeit ausbleibender Anliegerverkehr und fehlende soziale Kontrolle zögen potentielle Störer aufgrund der Abgeschiedenheit des Ortes an. Dem folgten die Verwaltungsgerichte nicht, denn aus ihrer Sicht war nicht zu erkennen, dass sich der streitgegenständliche Grillplatz von anderen Grill-, Spiel- oder Bolzplätzen im Außenbereich unterscheidet.

Zudem waren die von der Gemeinde bereits ergriffenen Schritte zur Verhinderung von Lärmbelästigungen in der Nachtzeit nach der Bewertung der Verwaltungsgerichte ausreichend. Der Grillplatz lag im Geltungsbereich einer Polizeiverordnung des städtischen Forstamtes über das Verhalten im Wald. Dort war ein Verbot der Nutzung elektronisch verstärkter Musikinstrumente, Musikgeräte sowie Lautsprecheranlagen und Verstärkeranlagen ausgesprochen sowie die Verursachung von zu Störungen der Waldgemeinschaft führendem Lärm an Grillstellen im Wald nach 22.00 Uhr untersagt. Entsprechende Verbote waren mit Bußgeldandrohung versehen. In der Vergangenheit waren am streitgegenständlichen Grillplatz auch bereits Bußgelder verhängt worden und entsprechende Schilder mit Hinweis auf die Polizeiverordnung angebracht worden.

Auch ein strukturelles Vollzugsdefizit war für den VGH Baden-Württemberg nicht erkennbar. Die vom Kläger aufgelisteten wenigen Störungen zeigten nach Ansicht des Gerichts vielmehr, dass die bereits ergriffenen Maßnahmen effektiv waren.

Schließlich vertrat der Kläger die Ansicht, der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg sei in einem Urteil vom 11.04.1994, Az.: 1 S 1081/93 davon ausgegangen, bei Grillplätzen sei wegen ihrer Zweckbestimmung des Feierns von Grillfesten für die Frage der Zurechnung von Immissionen keine Differenzierung zwischen bestimmungsgemäßem und missbräuchlichem Gebrauch geboten. Dem widersprach der VGH Baden-Württemberg jedoch, denn auch in diesem Urteil aus 1994 sei keine pauschale Zurechnung jedweder rechtswidrigen Nutzung erfolgt, sondern auch vorausgesetzt worden, dass sich in dem rechtswidrigen Verhalten eine mit der Einrichtung verbundene besondere Gefahrenlage realisiere.

Im Ergebnis ist es für lärmgeplagte Nachbarn daher nur schwer möglich, den Betreiber einer öffentlichen Einrichtung für Lärmbelästigungen in Anspruch zu nehmen. Dies ist nur bei rechtswidriger Störung trotz bestimmungsgemäßer Nutzung oder dann möglich, wenn die rechtswidrige Störung in der bestimmungsgemäßen Nutzung angelegt ist und diese zurechenbar ist.

SMNG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Dr. N. Crass, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht.

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