Genese einer Erfolgsgeschichte

Grüne Oasen im Ruhrgebiet - die Revierparks

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Revierparks Stadtparks
Abb. 1: "Freiluftkegeln" im Revierpark, 1970. Foto: Regionalverband Ruhr/F. Biedermann

In den 1960er und 1970er-Jahren waren die Lebensbedingungen für die Menschen in der Emscherzone schlecht. Die aufkommende Strukturkrise der Montanindustrie hat den Emscherraum stark erschüttert. "Der Himmel über die Ruhr muss wieder blau werden" war der Wahlkampfslogan von Willy Brandt, 1961, und das politische Leitziel. Die folgenden konkreten landespolitischen Förderprogramme in NRW hießen "Entwicklungsprogramm Ruhr 1968-1973" und "Nordrhein-Westfalen-Programm 1971-1975".

"Für Land und Gemeinden gehört hierzu die Erkenntnis, dass der Freizeitwert einer Stadt und einer Region heute vielfach zum ausschlaggebenden Faktor für Wohnsitz- und Standortentscheidungen geworden ist" - mit diesen Worten gegrüßte der damalige Staatssekretär des Innenministers NRW, Dr. Stakemeier, die Besucher des Zweiten Deutschen Freizeitkongresses im September 1972 im gerade fertig gestellten Revierpark Nienhausen an der Stadtgrenze Essen/Gelsenkirchen.

Der ehemalige Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk (SVR), als Sachwalter der Raum- und Siedlungsstruktur des Ruhrgebietes, machte neben der Regionalplanung Mitte der 1960er-Jahre auch die Freiraum- und Freizeitpolitik mit zu seinem zentralen Aufgabenfeld und er entwickelte einen neuen Parktyp in Deutschland. Dieser neue Park war zwar weiter dem Wohlfahrtsgedanken des Volksparks verpflichtet, trug aber den zunehmend auf Individualisierung und Kommerzialisierung ausgerichteten Rahmenbedingungen Rechnung.

Als Prototyp dieser neuen Parks in Deutschland galten die Revierparke des Ruhrgebiets. Sie entsprachen dem Bedürfnis gemeinschaftlicher wie individueller Unterhaltung im Grünen.

Der SVR - heute Regionalverband Ruhr (RVR) - formulierte dies 1969 in der Ausschreibung des Wettbewerbs zum Bau des Revierparks Vonderort wie folgt: "Erstrebt wird ein stark begrünter Parks mit vielfältigen Sport-, Spiel- und auch Schauanlagen. Der Park soll vor allem der aktiven Freizeitgestaltung, insbesondere der individuellen und ungebundenen spielerischen Betätigung dienen. Der Park soll außerdem zum Promenieren, Spazierengehen, Zuschauen, Miterleben und Mitmachen anregen. Eine Parkpromenade und ein Fußwegenetz sollen deshalb an den besonders anziehenden Anlagen vorbei führen (wie Wellenbad, Wasserspielplatz, Kindereisenbahn, Kinderautobahn, Pferdekoppel, Blumenschau usw.). (. . . ) Nur in einem kleinen Teil des Gesamtparks werden einige Spiel- und Schauanlagen des Spielstätten- und Schaustellergewerbes für vertretbar gehalten (gewerbliche Spiel- und Schauzone). Für die Benutzung des Freizeithauses und der freien Park- und Spielzone soll kein Eintritt erhoben werden - im Freizeithaus nur bei Sonderveranstaltungen."

Auf der Grundlage von Beraterkreisen aus Wissenschaft und Praxis und Untersuchungen zum Freizeitverhalten entstand Ende der1960er-Jahre ein Freizeitkonzept, das für die Folgejahre zur Handlungs- und Finanzierungsgrundlage wurde. Das Konzept schuf eine Typologie der Freizeitlandschaft Ruhrgebiet, die sich in

  • Freizeitzentren
  • Freizeitparks (Revierparks) und
  • Freizeitstätten gliederte.

Das Herzstück dieses Konzeptes waren die als Revierparks bezeichneten Freizeitparks. Die volkstümliche Namensgebung spiegelte die Lage der Parks und ihre Nutzung wider. Sie wurden zum Markenzeichen eines Parkkonzeptes, das in Lage, Zielgruppe, Programm und Ausstattung an die Volksparkidee der 1920er Jahre anknüpfte. Die Revierparks wurden räumlich da platziert, wo das Ruhrgebiet in der Gemengelage von Industrie und Wohnen zersiedelt und am wenigsten attraktiv war, in der Emscherzone.

Wesentlicher Zweck der Revierparks sollten die Angebote zur Erholung und Freizeitgestaltung im freien Raum sein und dem gesundheitlichen Wohlbefinden im physischen, psychischen und sozialem Sinn dienen. Neben Eigenaktivitäten waren "nicht-rollenbestimmte" Sozialkontakte bis hin zur Animation passiver und kontaktscheuer Parkbesucher ein hoher Anspruch. Insbesondere, die zum Teil beruflich- und autobedingte Bewegungsarmut in der sich entwickelten Freizeitgesellschaft, machte Freizeitideologen und Parkplanern Sorgen. Baden und Schwimmen als Bewegungstherapie war die Antwort. Frei- und Wellenbäder wurden zum unverzichtbaren Teil der Parkplanung. Für die Revierparkplaner gehörten Sport- und Spielbereiche, ein Freizeithaus mit Saal, Lese-, Spiel- und Gruppenräumen, ein weitläufiges Wegenetz mit Ruhebereichen sowie gewerblich betriebene Schau- und Spielbereiche zur weiteren Parkausstattung.

Die Freizeitparks werden vom SVR gemeinsam mit seinen Mitgliedsstädten als Bauherr und Gesellschafter gebaut und betrieben.

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Abb. 2: Bötchenfahren im Revierpark. Foto: Regionalverband Ruhr/Vollmer
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Abb. 3: Freiluftschach in den 1970er Jahren. Foto: Regionalverband Ruhr/F. Biedermann
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Abb. 4: Wasserspielplatz im Revierpark Nienhausen. Foto: Regionalverband Ruhr/Presseamt Gelsenkirchen

Mit welcher Konsequenz die "Parkmacher" ihrer Zeit vom Konzept des Angebotes für die ganze Familie ausgingen, mag eine - heute fast anekdotisch anmutende - Text-Passage aus dem Auslobungstext zum Revierpark Vonderort verdeutlichen: "Die Revierparks sollen stark durchgrünt sein und eine heitere Atmosphäre besitzen. Sie sollen die vielfältigen Einrichtungen für die verschiedenartigsten Bevölkerungs- und Altersgruppen enthalten. Hierzu gehören beispielsweise Wasserspielplätze, Kinderautobahnen, Pferdekoppeln, Hobby-Tankstellen mit Reparatur- und Autowaschplätzen für die Parkbesucher. Ein Parkbesuch sollte nicht daran scheitern, dass ein Mitglied einer Familie Autoreparaturen oder Autowäsche betreiben will".

Auch die Errichtung der kleinen gewerblichen Spielzonen führte bei der Auslobung und Planung der Revierparks zu kontroversen Diskussionen, eine Auseinandersetzung, die heute angesichts der Dimensionen und der totalen Vereinnahmung der Besucher in den kommerziellen Freizeitparks als ein eher lächerliches Problem erscheint. Teile dieser gewerblichen Spielzonen wurden aber schon früh wieder zurückgebaut.

  • Entsiegelung und Rückbau ungenutzter Flächen
  • Artenvielfalt durch Anlage von Blumenwiesen, Staudenflächen, Gehölzrändern und Kleinbiotopen
  • Grüne Zimmer
  • Themenspielplätze
  • Trend- und Fun -Sportanlagen
  • Naturlehrpfade
  • Bessere Wege und Eingangsbereiche
  • Beschilderung, Bänke, Leuchten . . .

"Besucherrekorde im Eröffnungsmonat" - "Eine Freizeit-Lawine rollt auf uns zu" und "Zehntausende erleben feierliche Eröffnung"; so titelten 1970 WAZ, Ruhrnachrichten und Westfälische Rundschau zu den Revierparks.

Bei einer Fachtagung zum Thema Freizeit mit 390 Experten/innen aus 13 Ländern erklärt ein Fachmann aus Zürich: "Zu diesem Revierpark kann ich den Bürgern dieser Region nur gratulieren. Was hier geschaffen wird, gehört zu den Pionierleistungen von Freizeitwelten. Was hier entsteht, gibt es nirgendwo sonst bisher, in dieser menschlich schönen Form, weder in Europa noch darüber hinaus! "; (Dr. Ledermann) RPG, 1970, Westfälische Rundschau.

Durch die Schaffung mehrerer Revierparks sollte mit einer großen Bedeutung für die Teilregion "Inneres Revier" ein Additions- und Regionaleffekt erreicht werden, der die Wohnlichkeit und Attraktivität des inneren Reviers steigert, die aktive und produktive Freizeitgestaltung, Wochenend - und Tageserholung sowie die Volksgesundheit fördert, den wachsenden Freizeitbedürfnissen Rechnung trägt und den wachsenden Freizeitverkehr dezentralisiert und verkürzt.

Bedeutung der Revierparks für das Ruhrgebiet

Zukunftsweisend, nachhaltig und trendbewusst waren die in den 1960er-Jahren geplanten und in den 1970er-Jahren eröffneten Revierparks. Sie fanden durch das mutig umgesetzte Konzept, fünf große Parkanlagen in der industriell geprägten und verdichteten Emscherzone zu errichten, auch große internationale Beachtung. Für das Miteinander der verschiedenen ethnischen Kulturen im Ruhrgebiet waren und sind die Revierparks immer noch von größter Bedeutung und stehen exemplarisch für multikulturelle Begegnungsstätten.

Auf Grund ihrer Parkausstattung waren die Revierparke auf die körperlich schwer arbeitende Bevölkerung ausgerichtet. Sie dienten als Orte der Naherholung und Begegnung im Grünen.

Auch die Stadtranderholung entwickelte sich in den 1970er -Jahren rasant und die Revierparks werden zu Kinderparadiesen. Im Revierpark Gysenberg " . . . spielen in 3 Wochen 10.000 Kinder. Verbraucht werden 4000 Kaugummikugeln, 12 Meter Pflaster… " so schrieb die WAZ 1976 u. 1978.

Diese Aufgabe erfüllten sie Jahrzehnte mit Bravur. Heute haben die damals einzigartigen Parkanlagen mit ihrem umfassenden Freizeitangebot durch die Konkurrenz zu kommerziellen Freizeitparks und Trendsportanlagen aber viel an Attraktivität verloren.

Veränderte Anforderungen, Bedürfnisse und Nutzungsansprüche der heutigen BesucherInnen an die Revierparke erfordern einen Handlungsbedarf hinsichtlich der Parkausstattung.

Aus den Badelandschaften mit einfachen Bewegungstherapien der 1970er-Jahre entstanden in den 1990er-Jahren in allen Revierparks umfangreiche Wellness-Einrichtungen, Bezeichnungen wie "Solebad", "Niederrheintherme" und "Activarium" stehen für diesen Wandel.

Ein umfassender Relaunch der Revierparke zu zukunftsfähigen Freizeit- und Begegnungsorten ist nun aber angesagt.

Neugestaltung der Revierparks als Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der Metropole Ruhr

2015 bitten die Städte den Regionalverband Ruhr, sich um die Erneuerung der Parkanlagen zu bemühen. Mit Unterstützung externer Planer*innen erstellte der RVR das "Integrierte Handlungskonzept - Zukunft und Heimat: Revierparks 2020" (IHK). Es untersuchte Bestand, Schwächen und Stärken der Parks und wertete diese aus. Unter Beachtung der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Aspekte wurden so zukunftsweisende Maßnahmen mit einem Finanzvolumen von 56 Millionen Euro entwickelt.

Durch die Projektförderung "Grüne Infrastruktur NRW" kann der Regionalverband Ruhr die Revierparks revitalisieren und Maßnahmen in Höhe von rund 28 Millionen Euro umsetzen. Die Revierparks werden ökologisch aufgewertet, fit für die Zukunft gemacht und durch verschiedene Maßnahmen in ihren vielseitigen Funktionen gestärkt:

Die Neuausrichtung der Revierparks folgt dem Grundgedanken einer nachhaltigen und lebenswerten Metropole Ruhr. Dementsprechend leisten die Revierparks einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der regionalen Entwicklungsziele. Mit der Neugestaltung der Revierparks wird die Förderung zweier bedeutender Freiraumfunktionen angestrebt:

  • die Versorgung der Bevölkerung mit vielfältigen Freizeit-, Erholungs- und Naturraumangeboten innerhalb einer urban geprägten Städte-Landschaft und
  • die der Freiraumentwicklung zugunsten der ökologischen und klimatischen Verbesserung der Metropole Ruhr.

Letzteres setzt den Fokus auf die Verbesserung der Ökosystemleistungen und der Klima- und Umweltbedingungen, indem unter anderem neue Habitate für Flora und Fauna geschaffen, Rahmenbedingungen für mehr Biodiversität gewährleistet und Grünflächen miteinander vernetzt werden.

Die ökologische Aufwertung der Revierparks erfolgt durch die Anlage von neuen Lehrpfaden, Einrichtung von "Grünen Zimmern" und Anlage von "Urban Gardening-Bereichen". Es werden Maßnahmen wie zum Beispiel Entsiegelung von Flächen und Pflanzaktionen zusammen mit Schulklassen, Kindergärten, Familien und weiteren Interessensgruppen durchgeführt. Das aktive Erleben steht dabei immer im Vordergrund. Ziel ist es, für die Umgestaltung der Revierparks zu begeistern und sie Allen verständlich zu machen.

Weiterhin stehen die Revierparks mit ihren kostenfreien Freizeit- und Erholungsangeboten für eine soziale "Grüne Infrastruktur" und für gesunde Lebensbedingungen innerhalb der Städte-Landschaft "Metropole Ruhr".

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Abb. 5: Revierpark Nienhausen im Grenzbereich Essen/Gelsenkirchen. Foto: Regionalverband Ruhr/Claudia Dreysse
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Abb. 6: Winter im Revierpark Wischlingen in Dortmund. Foto: Regionalverband Ruhr
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Abb. 7: Revierpark Mattlerbusch im Grenzbereich Duisburg/Oberhausen. Foto: Regionalverband Ruhr/Claudia Dreysse

Integriertes Handlungskonzept "Zukunft und Heimat: Revierparks 2020"

Aufbauend auf die im Rahmen des IHK durchgeführte Stärken-Schwäche-Analyse der Revierparks wurde ein zukunftsweisendes Konzept entwickelt, das neben Zielen und Maßnahmen zur Qualifizierung der Revierparks auch eine Kosten- und Finanzierungsübersicht zum Inhalt hat.

Sie dient gleichzeitig als Grundlage der Akquise von Fördermitteln aus unterschiedlichen Förderprogrammen.

Ziele und Maßnahmen

Ziel ist es, alle Revierparke wieder zu zukunftsweisenden, nachhaltigen und modernen Freizeitanlagen in der Metropole Ruhr umzugestalten. Als multifunktionale Frei- und Begegnungsräume sollen sie bedeutsame Bestandteile der "Grünen Infrastruktur" werden und stehen für die Lebensqualität in der Metropole Ruhr.

Unter dem Arbeitstitel "Zukunft und Heimat - Revierpark 2020" bewarb sich der RVR mit seinem Erneuerungskonzept für die Revierparke beim Landeswettbewerb "Grüne Infrastruktur NRW" und hat Ende 2019 vom Land NRW eine Förderzusage für zahlreiche Maßnahmen in den Revierparken von insgesamt 28,6 Millionen Euro erhalten.

Förderung je Revierpark:

  • Mattlerbusch 5,6 Millionen Euro
  • Vonderort 5,5 Millionen Euro
  • Nienhausen 6 Millionen Euro
  • Gysenberg 5,5 Millionen Euro
  • Wischlingen 6 Millionen Euro

Der Rückbau nicht mehr benötigter Wege und Plätze, die ökologische Aufwertung durch biodiverse Maßnahmen sowie die barrierefreie Umgestaltung der Parkanlagen sind wesentliche Bestandteile der Revitalisierung in allen fünf Revierparks. Parallel dazu werden digitale Informationen, die vor allem einer barrierefreien Orientierung dienen, zur Verfügung gestellt. Naturerlebnis und Umweltbildung nehmen zukünftig einen großen Stellenwert in den Revierparks ein, um die Menschen in der Region und in den Revierparks für Umweltthemen weiter zu sensibilisieren.

Die Planungen der Maßnahmen in den einzelnen Revierparks erfolgen in 2020 und 2021; die Arbeiten zur Umgestaltung beginnen 2022 und sollen bis zum Frühjahr 2023 fertiggestellt werden, so der Regionalverband Ruhr in Essen.

Neben den für alle fünf Revierparks geltenden Entwicklungszielen und -maßnahmen legt das IHK auch für jeden Revierpark individuelle Themenschwerpunkte und parkspezifische Mottos mit besonderen Sport-, Spiel- und Naturerlebnisangeboten fest:

Revierpark Mattlerbusch:

Mit einer deutlichen Erweiterung und Aktualisierung der vorhandenen Angebote bietet der Revierpark seinen Besuchern/innen zukünftig "Einen Tag Ferien". Ein zentraler Spiel- und Bewegungsbereich sowie das interkulturelle Gärtnern werden hier zum neuen Anziehungspunkt.

Revierpark Vonderort:

Der Revierpark wird zum "Park in Bewegung". Innovative und moderne Multifunktionsflächen laden zukünftig ein, neue Fun- und Trendsportarten auszuprobieren. Gleichzeitig eröffnen die Stationen des Bewegungs- und Naturlehrpfads die Möglichkeit, die umgebene Flora und Fauna kennenzulernen.

Revierpark Nienhausen:

Unter dem Titel "Wasserpark" wird für die Besucher/innen ein besonderer Ort mit Angeboten für das gemeinschaftliche Erleben von Natur und Umwelt entwickelt und somit die Basis für die spielerische und anschauliche Vermittlung natur- und umweltrelevanter Bildungsinhalte und Erlebnisse geschaffen.

Revierpark Gysenberg:

Mit dem Konzept "Natur und Tivoli" wird der Revierpark zu einem attraktiven Anziehungspunkt und Lernort inmitten eines grünen und artenreichen Parks umgestaltet.

Ein naturpädagogischer Schwerpunkt im Süden des Parks und das Tivoliband mit seinen vielfältigen Attraktionen für Sport, Spiel und Freizeit im nördlichen Parkteil werden den BesucherInnen zur Verfügung gestellt.

Revierpark Wischlingen:

Unter dem Titel "Park erleben - Natur erlernen" werden im Revierpark das Naturerlebnis und Umweltbildungsangebote in den Vordergrund gerückt. Eine Aussichtsplattform mit Blick in das angrenzende Naturschutzgebiet Hallerey, die naturnahe Umgestaltung des vorhandenen Wasserspielplatzes sowie ein "Grünes Klassenzimmer" werden Teil eines Natur-Loops und laden Groß und Klein ein, sich spielerisch mit dem Thema Natur auseinanderzusetzen.

Umsetzung weiterer Maßnahmen

Parallel zur Umsetzung der Maßnahmen in den Revierparks werden vom RVR zur Zeit zusätzliche Förderzugänge und Finanzierungsmöglichkeiten für die Realisierung weiterer IHK-Maßnahmen geprüft, dazu gehören zum Beispiel neue Sportanlagen im Revierpark Vonderort.

Parkpflegekonzept

Zur nachhaltigen Sicherung der umgesetzten Maßnahmen wird durch den RVR auch ein Handlungsleitfaden für eine Kostenoptimierung in der zukünftigen Parkpflege erstellt.

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Abb. 8: Lage der fünf Revierparke in der Metropole Ruhr. Abb.: Regionalverband Ruhr

Bedeutung der Revierparke für die Gartendenkmalpflege

Die Revierparks sind nach dem Freizeitkonzept des SVR in den 1970er-Jahren entstanden und waren in Deutschland richtungsweisendes Vorbild für andere Freizeitanlagen und wurden international anerkannt. Aufgrund der zentralen Lage der Revierparke zu den Wohngebieten der Kernzone des Ruhrgebiets sind sie Orte unverzichtbarer Alltags- und Lebenskultur und spielen für das Miteinander der verschiedenen ethnischen Kulturen im Ruhrgebiet eine große Bedeutung. Sie stellen einzigartige Zeitdokumente der Park- und Siedlungsgeschichte des Ruhrgebiets dar.

Mit den fünf Revierparks hat der ehemalige SVR an die Volksparkidee der 1920er-Jahre angeknüpft, die eine Parkgestaltung propagiert hatte, die nicht mehr vorrangig städtischer Repräsentation und den Aktivitäten bürgerlicher Gesellschaftsschichten diente, sondern vielfältigere Funktionen erfüllte. Über die Integration von Spielplätzen und Sportanlagen waren die Volksparke städtische Einrichtungen zur Erholung und Freizeitgestaltung für eine breite Bevölkerung. Die Revierparke im Ruhrgebiet verkörpern ebenfalls historisch bedeutende Elemente und Strukturen, die aus der Volksparkidee der 1920er-Jahre überliefert wurden. Sie sind einzigartige Werke der Geschichte der deutschen Gartenarchitektur aus den 1960er/1970er-Jahre, denn derartige Freizeitparke mit vergleichbarer programmatischer Ausrichtung, Größe und Ausstattung sind in keiner anderen Region Deutschlands jemals geschaffen wurden.

Darüber hinaus sind die Revierparke mit ihren charakteristischen Merkmalen ein Dokument für die deutsche Sozialgeschichte der 1960er und 1970er-Jahre, denn keine weiteren Parkanlagen sind auf der Grundlage von wissenschaftlichen Untersuchungen zum Freizeitverhalten der Bevölkerung in Deutschland geschaffen worden.

Die in den 1970er-Jahren realisierten Revierparks sind als neuer Parktyp anzusehen, denn sie berücksichtigten die veränderten Bedürfnisse der Freizeitgesellschaft mit ihrer Tendenz zur Individualisierung; sie boten und bieten bedarfsorientierte Angebote zur Erholung und Freizeitgestaltung im Grünen. Sie sind darüber hinaus auch öffentliche Orte der Begegnung und des gesellschaftlichen Miteinanders. Ein wichtiger Aspekt dieses neuen Parktyps war und ist heute die Gesundheitsförderung. Die Bevölkerung des Ruhrgebiets litt durch den Wandel des Arbeitslebens und die steigende Motorisierung damals wie heute unter Bewegungsarmut. Revierparks förderten und fördern aber die Bewegung im Freien und das individuelle Ausüben von Sportarten unabhängig von Vereinen.

Stellvertretend für alle Revierparke sind besonders die Revierparke Vonderort und Gysenberg als Zeitdokumente der Park- und Sozialgeschichte sowie der Gartenarchitektur des Ruhrgebietes hervorzuheben.

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Abb. 9: Gestaltungsplan von Gustav Wörner, Landschaftsarchitekt, Wuppertal. Abb.: Regionalverband Ruhr

Revierpark Vonderort

Bei der Planung des Revierparks Vonderort im Grenzbereich von Oberhausen und Bottrop als dritte Anlage dieses Parktyps im Ruhrgebiet konnten bereits erste Erfahrungen berücksichtigt werden, die bei der Anlage der Revierparke in Herne (1970) und in Gelsenkirchen (1972) gemacht worden sind.

Insgesamt 32 Hektar Fläche standen für den Entwurf der beauftragten Landschaftsarchitekten Rose-Marie und Gustav Wörner, Wuppertal, zur Verfügung. Der südlich der Bottroper Straße gelegene Teil des Revierparks Vonderort stellt mit seinen aus den 1970er-Jahren noch teilweise vorhandenen Elementen und Strukturen ein herausragendes Beispiel für die Geschichte der deutschen Gartenarchitektur der 1960er/1970er-Jahre. Er liefert darüber hinaus ein qualitätsvolles Beispiel für eine Parkgestaltung der Nachkriegsmoderne unter Einbeziehung überlieferter Elemente und Strukturen der Vorgängeranlage aus den 1920er-Jahren.

Der Revierpark Vonderort spiegelt somit die damaligen Erkenntnisse zum Freizeitverhalten bestimmter Bevölkerungsgruppen in der sich entwickelnden Freizeitgesellschaft des Ruhrgebietes und dokumentiert dieses spezielle Thema der deutschen Sozialgeschichte in den 1960er und 1970er-Jahre.

Revierpark Gysenberg

Der erste Revierpark im Ruhrgebiet, der nach dem neuen Freizeitparkkonzept des damaligen SVR realisiert wurde, war der 1970 fertiggestellte Revierpark Gysenberg. Ein im Bereich des Herner Gysenbergs bereits existierender Waldpark aus den 1920er-Jahren mit verschiedenen Freizeiteinrichtungen und ein frei zugänglicher Tierpark wurden in den neuen Park mit dem vom SVR festgelegten Revierparkprogramm integriert.

Nach den Entwürfen des Essener Landschaftsarchitekturbüros Rose-Herzmann entstand eine Landschaft aus Terrassen, Rabatten und einer großen Rasenfläche, die der Topografie des Ruhmbachtales folgte.

Auch der Revierpark Gysenberg stellt mit seinen aus der Entstehungszeit noch teilweise vorhandenen Elementen und Strukturen ein gutes Beispiel für die Geschichte der deutschen Gartenarchitektur der 1960er/1970er-Jahre dar. Auch der Revierpark Gysenberg stellt - wie der Revierpark Vonderort - ein Beispiel für eine Parkgestaltung der Nachkriegsmoderne dar. Er spiegelt unter Einbeziehung überlieferter Elemente und Strukturen aus der in den 1920er-Jahren stammenden Vorgängeranlage ebenfalls die damaligen Erkenntnisse zum Freizeitverhalten bestimmter Bevölkerungsgruppen in der sich entwickelnden Freizeitgesellschaft des Ruhrgebietes in den 1960er und 1970er-Jahren.

Die Revierparke Vonderort und Gysenberg haben somit das Potential als einmalige Beispiele und als Zeitdokumente der Park - und Siedlungsgeschichte und der Gartenarchitektur der 1960er/1970er-Jahre des Ruhrgebiets anerkannt zu werden.

Ausblick

Dass im Rahmen der zukunftsfähigen Neuausrichtung der Revierparke auch Kompromisse mit der Denkmalpflege gefunden werden können, zeigt die Zusammenarbeit zwischen der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Oberhausen und dem RVR. Mit der abgestimmten Planung konnte ein sachgerechter Kompromiss zwischen den unterschiedlichen an die Planung herangetragenen Belangen (Nachhaltigkeit, Denkmalschutz, Förderfähigkeit etc.) gefunden werden. Die Planung stellt aus Sicht der aller Beteiligten einen gangbaren Weg dar, den Park im angestrebten Sinne fortzuentwickeln, ohne die Belange des Denkmalschutzes außer Acht zu lassen.

Es wäre daher wünschenswert, wenn auch bei den Umgestaltungsarbeiten in den anderen vier Revierparken ein für alle Seiten tragbarer Weg gefunden wird, der sowohl die erforderlichen Nutzungsänderungen, aber auch die notwendigen gartendenkmalpflegerischen Belange bei den Aus- und Umbaumaßnahmen berücksichtigt.

Die Revierparke der Metropole Ruhr haben es verdient!

Zwischen 1970-1979 wurden nach diesem Freizeitkonzept die folgenden fünf Revierparks realisiert:

  • 1967: Erste Verhandlungen zwischen Städten und SVR zur Einrichtung der fünf Revierparkanlagen.
  • 1970: Eröffnung Revierpark Gysenberg in Herne.
  • 1972: Eröffnung Revierpark Nienhausen im Grenzbereich Essen/Gelsenkirchen.
  • 1974: Eröffnung Revierpark Vonderort im Grenzbereich Bottrop/Oberhausen.
  • 1979: Eröffnung Revierpark Wischlingen in Dortmund.
  • 1979: Eröffnung Revierpark Mattlerbusch im Grenzbereich Duisburg/Oberhausen.


Literatur

Gaida, Wolfgang; Grothe, Helmut: Barocke Pracht, Bürgerstolz und Orte des Wandels - Gärten und Parks im Ruhrgebiet, Essen; Klartext Verlag, Essen, 2010.

Gaida, Wolfgang; Grothe, Helmut: Vom Kaisergarten zum Revierpark - Einstreifzug durch historische Gärten und Parks im Ruhrgebiet; Bottrop, Verlag Peter Pomp, 1997.

Grothe, Helmut: Die Revierparks im Ruhrgebiet - eine Erfolgsgeschichte in Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, Heft 1/2003, Herausgeber: Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, Forum Geschichtskultur an Ruhr und Emscher e. V.; Seite 38 bis 41; Klartext-Verlag, Essen, 2003.

Mittelbach, Heinz Arno: Die Planung von Erholungs- und Freizeitanlagen für das Gebiet des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk; Deutscher Rat für Landespflege, Heft 19, Oktober 1972; Seite 38-40; Schriftenreihe des deutschen Rates für Landespflege; Bonn-Bad Godesberg.

Mittelbach, Heinz Arno: Revierparks: Freizeitkombinate in Das Gartenamt Heft 8-Jahrgang 1969, Seite 345-354.

Regionalverband Ruhr: Freizeit-/Tourismuskonzept Metropole Ruhr; Regionalverband Ruhr, Essen, 2018.

Regionalverband Ruhr: Konzepte der Revierparke Mattlerbusch, Vonderort, Nienhausen, Gysenberg und Wischlingen; Regionalverband Ruhr, Essen, 2021.

Regionalverband Ruhr: Revierparks 2020; Förderbescheide "Grüne Infrastruktur NRW"; Essen, 2019.

Regionalverband Ruhr::Zukunft und Heimat: Revierparks 2020; Kurzfassung der Entwicklungsziele und geplante Maßnahmen; Essen, 2018.

Regionalverband Ruhr: Ausstellung "Revierparks in der Metropole Ruhr - Parkanlagen im Wandel", Essen , 2021.

Revierpark Gysenberg in Herne GmbH: 10 Jahre Revierpark Gysenberg in Herne 1970-1980; Herausgeber: Revierpark Gysenberg in Herne GmbH; o. J.

Revierpark Gysenberg in Herne GmbH: Der Gysenberg - Vom Rittersitz zum Revierpark; Herausgeber: Revierpark Gysenberg in Herne GmbH, 1983.

Rose-Herzmann, Helga: Freizeitangebote zum Miterleben und Mitmachen; Deutscher Rat für Landespflege, Heft 19, Oktober 1972; Seite 41-45; Schriftenreihe des deutschen Rates für Landespflege; Bonn-Bad Godesberg.

Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk: Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für einen Freizeitpark im Grenzbereich der Städte Essen und Gelsenkirchen (Revierpark Nienhausen); Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk, Essen; Juli 1968.

Dipl. Ing. Wolfgang Gaida
Autor

Landespflege - Ehemals beim Regionalverband Ruhr (RVR) als Leiter RVR-Besucherzentrum Emscher Landschaftspark in Oberhausen tätig

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